Bartók, Béla: Die Streichquartette

  • Ich oute mich als Bartok Verächter. Dass Konzert für Orchester und die Klavierkonzerte natürlich ausgenommen. Aber eine Aufführung von "König Blaubarts Burg" im Rahmen eines Abonnemntkonzerts geriet für mich geradezu zu einer Tortur, die mir sicher dereinst vom Fegefeuer abgezogen wird.


    ch besitze seit einer gefühlten Ewigkeit die Aufnahmen mit dem Alban Berg Quartett, bin mir aber nicht sicher ob ich sie je komplett gehört habe.

    Unabhängi davon erblickt ich ein Sonderangebot mit der abgebildeten Aufnahme (Tokyo String Quartet) und setzte sie auf meine Bestelliste. Da war auch ein mehr als positive Rezension von Dr. Gerhard Pätzig in Fono- Forum ausschalggebend.

    Nei der Telefonischen Bestellung stellte sich heraus, daß das Sonderangebet nicht mehr gültig war (oder ich hatte mich geirrt. Ich bat daher die Aufnahme von der Liste zu streichen, wa zugesagt wurde. Bei der Lieferung fand ich sie indes im Paket - zum teureren Preis.

    Nun werde ich sie wohl oder übel anhören und vermutlich auch mit der das Alban Berg quartetts vergleichen

    Mir ist aufgefallen daß diese Aufnahme im gesamte Thread nicht erwähnt wurde. Kennt sie dennoch jemand und kann sie einschätzen?


    Zitat

    G. Pätzig in FonoForum 7 / 81:"Der Rezensent tut sich schwer, angesichts dieser Produktion nicht in den Sog firmen-eigener Anpreisungen und Werbebegeisterung zu geraten. Was indes die Mitglieder des Tokyo String Quartet an Klangsinn, Werkreflexion, Spielgenauigkeit, 'ungarischer' Einfühlsamkeit, Stil- und Form-
    strenge - kurz: Bartok-Kompetenz - auf internationalem Niveau beisteuern, darf den herkömmlichen Begriff einer Musikkritik zugunsten einer Musiklaudatio für die volle Dauer dieser drei erregenden Langspielplatten (CD's) außer Kraft setzen.


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Also dass man die Quartette Bartoks als recht dornig empfindet, kann ich nachvollziehen. Aber Blaubart ist doch mindestens zur Hälfte noch nahe an Strauss und Debussy, sehr atmosphärisch, m.E. gar kein Vergleich zu der "Härte" der ersten beiden Klavierkonzerte oder Streichquartette, bes. 3+4.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)


  • Tja, das kommt drauf an, wie man seinen Bartók hören will. (Vermeintlich) idiomatisch, aber auch ein wenig verharmlost, wie mit dem Ungarischen Streichquartett - oder geschärft im Kontext der Moderne, wie beim Emerson Quartet (wobei ich hier 3, 4, 5 am gelungensten finde). Letzteres Ensemble hat allerdings kein allzugutes Standing im Forum...


    Vielleicht sich das ja mit den Jahren geändert.


    Ich bin durch Zufall auf eine Aufnahme eines jungen Schlagzeugers gestoßen, der sich mit dem fünften Satz des vierten Streichquartets auseinandergestzt hat. Seine Begleitung zeigt interessante rhythmische Strukturen auf, die man eventuell überhören kann. Die Emersons "begleiten", die ja gerade ein sensibles Händchen für Rhythmisches haben.


    Mir hat das Anhören Spaß gemacht.



    Es gibt den Satz noch einmal in der Version Bartok minus One ;) auch direkt im Web. Vergleichshören ist interessant.


  • Eine Liveeinspielung des vierten Streichquartettes von Bartok mit dem Quatuor Ébène findet sich im Web, die sehr hörenswert ist.





    Der Schlagzeuger Christian Tamblay hat seine Version noch einmal verfeinert. Hier im Livezusammenspiel mit dem Pyxis String Quartet. Libve ist nun doch noch einmal eine etwas andere Nummer


  • Nun werde ich sie wohl oder übel anhören und vermutlich auch mit der das Alban Berg quartetts vergleichen

    Mir ist aufgefallen daß diese Aufnahme im gesamte Thread nicht erwähnt wurde. Kennt sie dennoch jemand und kann sie einschätzen?

    Ich habe die Aufnahme schon länger, aber persönliche Einschätzungen sind so eine Sache. Das Tokyo String Quartet war weltweit etabliert, also technisch ein Spitzenquartett. es hat sich 2013 aufgelöst nach über 40 Jahren. Die Bartok Einspielungen des Quartettes gehören nicht zu meinen Lieblingen, deswegen sind sie seltener gehört. Ich habe mir eben noch einmal jeweils den ersten Satz des fünften und des vierten Quartettes angehört und finde sie ausgezeichnet gespielt. Wer allerdings gerne die folkloristische Note bei Bartok hören möchte, sollte wahrscheinlich eher zum Takacs Quartet oder dem Ungarischen Streichquartett greifen.


    Auf welch hohen Niveau alle diese Ensembles spielen, wird man vielleicht gewahr, wenn man eine Einspielung aus dem Curtis Institute of Music hört. Alle hier Musizierenden beherrschen ihr Instrument sicher ausgezeichnet, trotzdem kommt dieses Zusammenmusizieren, was man von den erstklassigen Formationen gewöhnt ist, nicht wirklich zustande.


  • Ich habe vor einigen Wochen mal etliche Einspielungen des dritten, teils auch anderer Quartette gehört; zum wirklich systematischen Vergleichen aller bin ich aber nicht gekommen. Tokyo auf DG war vor ca. 25 Jahren meine erste Aufnahme. Es ist/war eine hoch angesehene Einspielung, die häufig empfohlen wird. Sie ist auch sehr gut, aber ein bißchen "neutral"; klangschön, weder das "Ungarische" noch das Moderne überbetonend.


    Am besten fand ich beim Wiederhören ihre Einspielungen des 2. und 6. Quartetts. Das 1. ist eh nicht mein Favorit, das braucht etwas "Unterstützung" vom Interpreten, die die nüchterne Tokyo-Lesart nicht unbedingt geliefert hat.

    3-5 sind kaum zerstörbar, aber da bieten andere Aufnahmen intensivere und ausdruckstärkere Interpretationen. Wobei gerade im recht dornigen 3. Quartett die eher neutrale des Tokyo den Zugang evtl. auch erleichtern kann.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Na hier fehlt doch noch die Meinung von David Hurwitz. Er denkt allerdings auch, dass sich keine Formation an diese Quartette traut, wenn sie sie nicht erstklassig einspielen können. Vieles ist eben einfach auch Geschmack.


    Hier kommt seiner


  • Es sind in diesem an sich recht kleinen Thread schon viele Einspielungen genannt worden, unter denen sich auch meine Favoriten befinden, so dass ich sie nicht extra noch einmal aufführen muss ...


    Die Bartók Streichquartette erfreuen sich einer ungebrochenen Einspielhistorie. Ich finde allein in den letzten 10 Jahren um die zehn Gesamteinspielungen :)


    Eine klanglich, wie auch interpretatorisch sehr schöne ist die der holländischen Ragazze Damen ... Verglichen mit dem Emerson Quartett spielen sich nicht ganz so dynamisch, dafür holen sie an ein paar Stellen lyrische Qualitäten der Musik heraus, die man in der Emerson Aufnahme nicht so deutlich findet. Wie oben schon David Hurwitz sagt, ist es schwer in dieser Menge erstklassiger Einspielungen immer differenzieren zu wollen.


    So ganz platt formuliert gibt es in dieser Einspielung keine Extreme. Sie zeichnet sich durch ein wundervoll ausbalanciertes Spiel der vier Mitglieder und einen sehr schönen Quartettklang an sich aus. Es ergibt sich ein fast "mozartisches" Formgefühl.




    Hier ein kleiner Beitrag der Cellistin zur Vollendung der Einspielung im letzten Jahr



    Hier eine Liveeinspielung des ersten Satzes des ersten Quartettes