Ich besitze diese Aufnahme mit Kurt Sanderling, die mir ausgezeichnet gefällt, wobei ich jedoch auch einräumen muss, dass ich keine Aufnahme zum Vergleich kenne. Ungeachtet dessen scheint mir hier ein sehr eindrucksvolles Dokument gelungen zu sein, dass die Musik in ihrer Tiefe und schmerzlichen Schönheit, mit ihrem schwelgenden und auch dramatischen Charakter wunderbar zum Klingen bringt. Die Tontechnik ist ebenfalls sehr gut, das detailreiche orchestrale Geschehen wird klar und plastisch abgebildet. Eine wunderschöne, tiefgehende, klangmächtige Musik, die an vielen Stellen majestätisch, an anderen verträumt und melancholisch klingt.
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Ich kenne Naxos/Schwarz nicht, aber wenn sie so gelobt wird, ist das Risiko bei einer einzigen Naxos-CD ja begrenzt. Es spricht aber auch nichts gegen etwa die Roschdestwjenskij, die Brilliant herausgebracht hat (ursprgl. Chandos?) oder andere auf zwei CDs, denn warum sollte das Beiwerk (Steppenskizze, Polowetzer Tänze usw.) "unerwünscht" sein? Das sind zwar leichtere, aber nicht ganz grundlos sogar bekanntere Werke als die Sinfonien...
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Sinfonie Nr.2 mit Martinon
Zitat von JosefAlexander Borodin
Symphonie Nr. 2 h-Moll
London Symphony Orchestra
Jean Martinon
Aufnahme: Kingsway Hall, London, 3/1958
Borodins Zweite ist in meiner Beliebtheit sehr stark aufgestiegen. Eine meiner favorisierten russischen Symphonien. Und die klassische Einspielung unter Martinon ist sicherlich unter den allerbesten "westlichen" Interpretationen.
Ich bin überrascht diese Aufnahme von 1958 beim Label mercury zu sehen, lieber Josef.
Meine westliche Favoritenaufnahme ist nämlich die mit
Martinon / LSO auf Decca 1961:
Decca, 1957 (Polowetzer Tänze), 1961 (Nr.2), 1955 (Nr.3), ADD
Die Zweite mit Martinon, die Dritte mit Ansermet in einer seiner ersten Steroaufnahmen, sowie Fürst Igor und die Polowetzer Tänze fetzig und ebenso fabelhaft mit Solti.
Bereits 2013 schrieb ich zu diesen Aufnahmen:
Zitat von teletonEigentlich schade, dass dieser Borodin-Thread seit 2010 so wenig Resonanz zeigt. Ich schätze die Borodin-Werke ausserordentlich (und zudem einen riesen Batzen mehr als die Sinfonischen Glasunow-Langeweiler).
*** Aber mit Glasunow habe ich dennoch einen wichtigen Namen erwähnt, denn der hat die Sinfonie Nr.2 zusammen mit Rimsky-Korsakow orchestriert; und die Sinfonie Nr.3 vervollständigt und orchestriert.
Die Sinfonie Nr.2 ist für mich der Inbegriff der russischen Sinfonik des 19.Jhd.
Selbst Dirigenten, wie Karajan und E. + C. Kleiber (mit seinem knappen CD-Reperoire) hatten dieses Werk in ihrem CD-Reperoire und erkannten den musikalischenen Wert.
Meine favorisierten Aufnahmen sind
Swetlanow (Melodiya, 1966, ADD) ------------ 9:05 - 5:28 - 16:50 (3.+4.Satz ein Track)
Roshdestwensky (Brillant, 1993/94, DDD) -- 8:17 - 5:50 - 8:35 - 6:52
Ansermet (Decca, 1955 Stereo, nur auf LP) ------- 7:15 - 5:29 - 6:20 - 6:48
Nun habe ich mir eine dritte Aufnahme auf CD zugelegt, die schon wegen der viel flotteren Spielzeiten bereits ungehört überrascht:
Martinon / LSO (Decca, 1961, ADD) --------- 6:44 - 4:38 - 7:44 - 5:58
Im Prinzip gibt es bei jeder der gennanten Aufnahmen etwas, was nicht ganz exakt gelungen ist; sei es die Durchhörbarkeit, die Präsenz der Pauken, oder die Ausdruckskraft.
Die Martinonaufnahme erweist sich als Hammerinterpretation. Der zügig straffe Zugang schon im ersten Satz überzeugt ungemein - Martinon geht im 1.Satz dierkt ab wie die Post, wirkt aber trotzdem nicht gehetzt und macht das russische Hauptthema zum Grossereignis - Megaklasse. Hier finde ich nur Schade, das die betonende wichtige Paukenstelle zu Beginn gleich durch die Blechbläser quasi überlagert wird - ansonsten absolut packend.
Ein superspitziges Scherzo folgt.
Das Andante zügig ohne lange zeitraubende Plänkeleien sehr schön in Klang gesetzt um dann in das wuchtige Finale mit Saft und Kraft einzumünden.
Sehr räumliches Klangbild, das die Instrumente sehr sauber ortbar und deutlich ins Stereopanorama setzt.
Die Sinfonie Nr.3 ist hier in der ausgezeichneten Ansermet-Aufnahme von 1955 zu hören. Ansermet war ja in sachen Stereo einer der Vorreiter und legt hier eine ersten Stereo-Aufnahmen vor (seine Erste war Antar) - ein unglaublich sauberes Klangbild fast ohne Rauschen - einfach Klasse. Es ist die gleiche Aufnahme wie auf meiner Decca-LP.
Wäre interessant zu erfahren, ob die mercury - Aufnahme der Sinfonie Nr.2 Vorzüge gegenüber der Decca-Aufnahme hat !?
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Hallo Wolfgang,
zur Qualität der Martinon-Aufnahme hast Du ja bereits alles gesagt. Sowohl interpretatorisch als auch klanglich ein Hörvergnügen der Extraklasse.
Die LP-Erstausgabe kam 1959 bei RCA Victor in der berühmten Reihe "Living Stereo" heraus. Entstanden ist die Einspielung tatsächlich bereits im März 1958 in der Kingsway Hall in London. Der Klang ist spektakulär, wie man aus der Serie gewohnt ist. Wieso die Aufnahme auf CD zunächst unter dem Decca-Label erschien, erschließt sich mir nicht unbedingt. Auf LP fand man sie nach meinen Recherchen nie unter Decca. Das ändert am Inhalt natürlich erst einmal nichts.Ob die hybride SACD-Ausgabe, jetzt wieder korrekt unter RCA Victor (die Verlinkung zu jpc geht scheinbar wieder), noch besser klingt als die Decca-Ausgabe, kann ich mangels Vergleich nicht beurteilen. Was ich aber schon sagen kann, ist, dass der Klang phantastisch ist und in seiner Plastizität viele heutige Aufnahmen übertrifft. Man merkt einfach sehr genau, wie akribisch damals eingespielt wurde, ohne Zeitdruck und ohne Kosten zu scheuen. Deswegen bleiben solche Einspielungen dann auch Jahrzehnte lang Felse in der Brandung. Ich habe soeben mit der wirklich auch exzellenten älteren Swetlanow-Aufnahme aus den 60er Jahren verglichen: Klanglich kommt die nicht an diese Klarheit bei Martinon heran.