Ich hab es geschafft.
Mein Examen ist durch, mit 2 bestanden.
So und jetzt folgt erstmal ein Bericht des Examen bzw. eine widerliche Selbstbeweihräucherung und hemmungslose Selbstbespiegelung. :beatnik:
Eigentlich war das Examen schon für September geplant, aber das ganze war durch das deutsche Hochschulgesetz unglaublich kompliziert gemacht worden.
Das Examen in „bildender Kunst“ ist auch etwas anders, als man das von anderen Studiengängen her kennt.
Der erste Schritt ist die Anmeldung des Examens, dies sollte 3 Monate vor der Prüfung geschehen sein, das beinhaltet einmal die Einhaltung der Anmeldefrist und das Suchen zweier Professoren, die sich als Prüfer verpflichten lassen.
Ich wählte Professor Stoya, bei dem ich eben studiert hatte und als unabhängigen Prüfer Professor Hemken.
Die Prüfung selbst besteht aus zwei Bereichen, laut Vorschrift:
1. der schriftliche Teil
2. der praktische Teil
Dass diese Formalien nicht immer einzuhalten sind dürfte im Bereich Kunst auf der Hand liegen. Daher gibt es auch schriftliche Arbeiten die nur aus ein oder zwei Sätzen bestehen.
Dann kommt hinzu, der praktische Teil soll eine Ausstellungssituation sein, das kann stattfinden wann, wo und wie man will.
Aber das Prüfungsgespräch darf nur im Prüfungssemester stattfinden – daher ist es angenehmer Ausstellung und Prüfungsgespräch gleichzeitig stattfinden zu lassen.
Nun ja, die Performance fand ja August / September statt, ich machte dann eben noch eine Ausstellung in der Kunsthochschule damit nicht noch irgendwas unerwartetes dazwischen kommt.
Das war die einfachste Lösung und das hat sich dann auch ausgezahlt.
Mein Studium ist ja nun etwas seltsam verlaufen, und das würde ich gerne noch mal etwas ausbreiten.
Ich hatte 2003 die Fachoberschule für Gestaltung abgeschlossen, die Aufnahme an dieser Schule schaffte ich als bester meines Jahrgangs. Abgeschlossen jedoch nur mit 2 (ja, ja wieder mal die Mathematik…) und bewarb mich nun für bildende Kunst in Mainz. Ich wurde nicht mal zur eigentlichen Prüfung zugelassen, mit anderen Worten ich fiel durch die Mappenprüfung.
Auch an anderen Hochschulen hatte der Kandidat nur 50 Punkte etc.
Natürlich kamen Selbstzweifel.
Aber Heute weiß ich wie das funktioniert, die Auswahl der eingereichten Mappen läuft nach zwei Kriterien:
1. persönlicher Geschmack des Professors
2. Gaststudenten / Bekannte werden natürlich bevorzugt
Zudem kommt hinzu dass sich auf 50 Plätze mehrere Hundert manchmal Tausend Leute bewerben. D.h. um eine Mappe anzusehen bleiben oft keine 5 Minuten.
In Kassel war das anders, es gab keine Mappenprüfung, sondern man konnte gleich die Aufnahmeprüfung machen (mittlerweile nicht mehr) und man hat die Gelegenheit seine Mappe persönlich vorzustellen. Damals sagte der Prüfer, was will der Mann hier noch lernen, der ist doch schon fertig.
Eigentlich hatte er Recht, aber ich lernte natürlich trotzdem noch etwas ganz entscheidende Dinge hinzu und erweiterte meinen Horizont. Denn mit dem Zeugs mit ich jetzt wieder arbeite, damit arbeitete ich schon mit 13 oder 14 Jahren.
Die Aufnahme schaffte ich Kassel dann ebenfalls mit Auszeichnung.
Die Basisklasse war eigentlich die schönste Zeit des Studiums.
Lauter ehrgeizige Kreative auf einen Haufen, endlich konnte man in einem großen Atelier malen was das Zeug hielt und sich mit Gleichgesinnten austauschen.
Meine erste Korrektur bei Professor Kurt Haug war allerdings vernichtend.
Trotzdem wurde er mein erster Meister und er hatte mir damit zu verstehen gegeben, wenn Du so arbeiten willst, dann richte Dich auf Widerstand ein – wenn Du das nicht verträgst, dann ist das der falsche Weg.
Und aufgrund meiner Liebe zum Barock und der Art und Weise wie ich damit umgehe, hatte und habe ich enormen Gegenwind.
Trotzdem habe ich mein ganzes Studium mein „Konzept“ durchgezogen, gegen alle Widerstände, gegen alle Häme und gegen alle Kritik. Ich hab damit riskiert rausgeschmissen zu werden, aber letztlich habe ich mit meinem Festhalten an meiner Vision gewonnen – das muss ich ganz einfach mal so sagen. :beatnik:
Die Professorin der Basisklasse und viele andere versuchte mich von meinem Weg wegzubringen.
Der erste Ritterschlag kam zum Ende der Basisklasse, ich wurde mit meinen barocken Blumenstilleben für die Repräsentationsausstellung der Kunsthochschule in Wiesbaden ausgesucht, die im Ministerium für Wissenschaft und Kunst stattfand.
Dann traf ich Simon Großpietsch, ein Student der Kunstwissenschaft der wirklich etwas bewegte. Er organisierte Ausstellungen – die erste an der ich teilnahm war die „B3“ im Kulturbahnhof Kassel.
Und dann eben vor kurzem die „B4“ er begleitet mich auch mit Rat und Tat bei meinem Examen, wofür ich ihm unendlich dankbar bin.
Eine besondere Person während meines Studiums war Veronika, sie ist auch noch heute meine beste Freundin – sie lebt in Wien und studiert zurzeit noch an der Akademie.
Sie war der emotionale Bezugspunkt und vor allem auch eine ständige Instanz – denn wenn ich mal nicht sicher war, ob das was ich da gerade fabriziert hatte was taugte – dann ging ich zu Veronika, danach vielleicht zu meinem Professor.
Mit meinen größeren Barockgemälden hatte ich dann auch die Ehre bei den Interventionen im Regierungspräsidium auszustellen.
Einige Semester musste ich auch ohne Professor auskommen. Haug ging in den Ruhestand Dann kam Professor Stoya.
Eine Freundin, mit der ich fast immer im gleichen Atelier arbeitete beschrieb die Zeit folgendermaßen, "es wäre fast so gewesen wie im Club der toten Dichter“
Und diese 3 Semester gehören auch zum wertvollsten meines ganzen Studiums.
Er hat uns nicht gelangweilt mit irgendwelchen Kunstformalien, er hat uns gezeigt wie man lebt – denn das hatten einige in ihren Ateliers bereits vergessen.
Er hat uns inspiriert und uns zusammenwachsen lassen.
Er gab mir den Anstoß endlich den Mut zu finden, dass das was ich bisher nur malte, endlich Realität werden zu lassen – und er brachte mich dahin zurück, was ich ursprünglich wollte.
Leider ist aber alles vergänglich und nach seinem Ausscheiden, das trotzdem mit einer tollen Party gefeiert wurde, kamen die Tiefschläge.
Das Kulturmanagement Kassel war auf mich aufmerksam geworden und wollte das ich ihnen ein Barockfest organisiere – was letztlich dabei rumkam war nur ein jämmerliches unprofessionelles Verhalten dieser Institution.
Dann kam eine Gastdozentin, die mich zwang meine Bilder zu entsorgen – mir bleib nichts anderes übrig als sie zu zerstören. Sie wollte einen Rundgang schaffen, der ihr als Karrieresprungbrett diente – und dazu sollten die Studenten das machen was sie wollte.
Resultat: 2 /3 der Klasse weigerten sich auszustellen und blieben den Klassentreffen fern.
Und dann kam die nächste Professorin, die aber weder mit mir, noch mit meiner Arbeit klar kam. Sie riet mir auch vor der gesamten Klasse ab, überhaupt einen Abschluss zu machen.
Sie wehrte sie sich mit Händen und Füßen mit mir die Prüfung zu machen.
Dafür das ich angeblich keine Kunst machen würde, ist eine 2 doch ganz gut…..
Warum diese Animosität bestand, weiß ich nicht.
Aber ich kannte das ja - und solange ich polarisiere, scheint das doch nicht so falsch zu sein, was ich tue.
Vergangene Woche war ich noch mal in der Klasse um meinen Abschied und mein Examen anzukündigen.
Keine 15 Minuten später wurde dann eine spontane Excursion an dem Tag angesetzt.
Gut ich hatte verstanden – und ich verließ wortlos den Raum.
Ob das nun Absicht war oder nicht ist mir relativ egal, das hat ganz einfach etwas mit Anstand zu tun.
Zumindest hatte ich so meine Ruhe vor gewissen Leuten, deren Anwesenheit mir ohnehin zuwider gewesen wäre.
Umso großartiger fand ich es, das alle Klassenkameraden, die mir nahe standen auf die Excursion pfiffen und bei meinem Examen anwesend waren.
Nun zum Examen selbst.
Die Performance zur B4 ist ja hier ausgiebig geschildert, auch mit verweisen auf den schriftlichen Teil meiner Arbeit:
"Ihm ist gegeben alle Macht...
Für die jetzige Ausstellung überlegten wir uns also mal was ganz anderes, weil ich es auch hasse bestimmte Erwartungen zu erfüllen oder etwas was ich schon mal gemacht noch mal wiederzukäuen.
Der Raum meiner Wahl war der lange Säulengang der Kunsthochschule, etwa 50 Meter lang und Licht durchflutet.
Die Idee war es zuerst nur eine Art Retrospektive der Performance zu geben.
Aber ich wollte doch gerne etwas Neues machen.
Ich wollte unbedingt meine Kostüme ausstellen, aber ich hätte dafür 14 Schneiderpuppen benötigt.
Veronika fällte dann den ganzen Wald aufgrund dessen ich die Bäume nicht sah und fragte mich, warum ich sie nicht einfach aufhängen würde.
Ja und daraus entwickelte sich dann die ganze Idee.
Das ganze nannte ich Appartement, in Anlehnung an die höfischen Gesellschaften die 3 mal die Woche in Versailles stattfanden.
Und wieder eine witzige Parallele – für die Höflinge war der Tanz vor dem versammelten Hofe auch eine Art Prüfung.
Die Kostüme hingen also von der Decke, bildeten kleine Gruppen, manche hingen in Formationen, anderen allein. Das ganze wirkte sehr leicht, aber auch gespenstisch.
Ich denke bei Dunkelheit und Kerzenlicht, wäre das wirklich unheimlich geworden.
Zumal sich die Roben natürlich auch bewegten, manches wirkte wie ein Tanz.
Dazu kam natürlich ein akribisch ausgesuchtes Musikprogramm von 3 Stunden:
Eröffnet wurde es mit einer italienischen Suite:
Mit Werken von Corellis Locatellis Albinoni Vivaldi Guido und Bertali
Einige Sätze aus Couperins “Concert dans le goût theatral »
Zwei Suiten aus Delalande Symphonies pour les Soupers du Roy
Eine « englische Suite » mit Sätzen von Purcell, Lawes, Locke und Weldon
Die Kantate „Le Triomphe de la Costance“ von Monteclair
Das Grand Ballet von Marin Marais
Hero e Leandro von Alessandro Scarlatti
Lullys Chaconne aus Amadis und der Passacaille aus Armide
Die Folia von Geminiani
Eine Suite mit Tänzen von Mondonville, Rameau und Francoeur bildete den Abschluss
Im Zentrum des Saales stellten wir die Performance Situation etwas nach, auf dem Kissen auf dem ich einst gesessen hatte, lagen nun nur noch die Insignien der Macht.
An der Wand wieder die 4 Bilder + das Photo von der B4.
Aber die Bilder die wie immer Andreas Rollmann gemacht hat, geben da einen besseren Eindruck, als jede Beschreibung.
Hier das Plakat der Ausstellung mit meinem persönlichen Wappen.
Und hier ein paar Eindrücke:
Die Prüfung selbst war eine Art Konversation zwischen den Prüfern und mir – vor Publikum.
Leider gab es einige formale Fehler meinerseits, so das ich die "1" knapp verfehlte :motz: – aber sollte ich mich entschließen einen Meisterschüler zu machen – und die 1 dafür nötig sein, ist eine kurze Nachprüfung möglich.
Aber da muss ich erst noch drüber nachdenken…. Große Lust hab ich keine, mir reichts jetzt eigentlich. :faint: