Ist der Stehplatz für die Oper wichtig?

  • Als ich gestern in der Wiener Staatsoper war habe ich mir einmal überlegt, wie viel immer über "den Stehplatz" geschrieben wird - sei es jetzt an der STOP oder an der Scala.


    Dabei kam wieder einmal das kaufmännische Denken in mir durch und ich kam zum Schluss, dass von diesem Standpunkt aus die Einnahmen vom Stehplatz nicht wirklich interessant sind.


    Beispiel - in Wien kostet eine Stehplatzkarte im Parterre EUR 4,- (insgesamt 150 Stehplätze), Balkon und Galerie EUR 3,- (Anzahl ?? - nehmen wir einmal an 500,-). Das ergibt insgesamt Einnahmen in der Höhe von EUR 2.100,- bei erheblich mehr Aufwand (Kartendruck, Besetzung Stehplatzkassa etc.) als im Vergleich zum gleichen Erlös, wenn es sich um einen Sitzplatz handelt.


    Bei den A-Preisen der STOP (EUR 192,-) sind das genau 11 verkaufte Plätze. Selbst die billigsten Sitzplätze (EUR 11,- bei A-Preisen) ergeben einen fast 4-fachen Mehrerlös im Vergleich zu den Stehplätzen.


    Daher meine Frage(n) und ich erhoffe eine rege Diskussion -


    - budgetmäßig ist der Stehplatz zu vernachlässigen, Aufwand im Verhältnis zum Erlös übermäßig groß


    - Was veranlasst die Intendanten "den Stehplatz" zu umhegen? Ist es die Pflege des "Stammpublikums" (das auch am Stehplatz immer älter wird)? Ist es die Tatsache, dass man sich von dort mehr "Stimmung" beim Schlussapplaus erwartet? Oder sind die Intendanten einfach immer schon Menschenfreunde gewesen, die ein Herz für regelmäßige Besucher haben (was ich persönlich nicht glaube) ??


    Auf viele Antworten und Einsichten freut sich..


    Kurt Vlach

    Hear Me Roar!

  • Ich nehme an, daß ein voller oder gar überfüllter Stehplatzbereich den Eindruck des Sensationellen vermitteln soll - es werden große Erwartungen geschürt, wenn so viele Menschen sich drängen, um eine Aufführung mitzuerleben, oder? Oper auf so einem Platz durchzustehen (im wahrsten Sinne des Wortes!) ist ja immer auch ein Opfer, das nicht jeder bringen will oder kann (mein Rücken würde sich bedanken...) - so mancher Intendant zählt sicher auf die solchermaßen Opferwilligen zur Demonstration der Beliebtheit seines Hauses; insofern ist das mehr eine Investition in die Werbung als das Schielen auf die sicher eher mageren Einnahmen.


    Grüße!


    Honoria

    "...and suddenly everybody burst out singing"
    Busman's Honeymoon

  • Der Stehplatz ist glaube ich auch ein bissel eine Imagesache. Wollte nicht Muti an der Scala seinerzeit die Anzahl der Stehplätze drastisch einschränken und es hat einen Aufschrei gegeben?
    Allerdings bleibt oben auf der Galerie mittlerweile sogar bei einer Boheme oder Tosca (trotz Touristen!) mit gar nicht schlechten Besetzungen fast die Hälfte leer.....
    Wenn es keinen mehr gäbe wäre es mit meinen Opernbesuchen jedenfalls vorbei. Wenns schlecht ist geht man in der Pause (3 Euro sind verkraftbar), wenn es schmerzliche Umbesetzungen gibt geht man kurzfristig doch nicht und muß nicht um teures Geld etwas sehen für das man nicht bezahlt hat.

  • Es gibt sicher genügend Leute, die sich einen teuren Platz gar nicht leisten können (u.a. z.B. Studenten). Durch die preiswerten Stehplätze haben sie eben auch die Möglichkeit eine Aufführung zu besuchen. Das ist dann vielleicht das zahlungskräftige Publikum von morgen.


    LG
    Jolanthe

  • Da kann ich Jolanthe nur beipflichten, Studenten und Leute die sich keinen Sitzplatz leisten können und trotzdem die Möglichkeit haben sich die Aufführungen anzusehen.


    Vom Kaufmännischen her würde ich das jetzt nicht betrachten, doch auch Kleinvieh macht Mist.

  • Zitat

    Original von musica
    Da kann ich Jolanthe nur beipflichten, Studenten und Leute die sich keinen Sitzplatz leisten können und trotzdem die Möglichkeit haben sich die Aufführungen anzusehen.


    Vom Kaufmännischen her würde ich das jetzt nicht betrachten, doch auch Kleinvieh macht Mist.


    ... und diese jungen Leute sind hoffentlich die Sitzplatzbesucher von morgen.


    Nun ich glaube, dass heute der Stehplatz nicht mehr die Bedeutung hat, wie vor dreißig Jahren. Einfach weil das Genre Oper gar nicht mehr die Bedeutung hat.


    Ich denke aber schon, dass heute wie damals der Stehplatz dazu beiträgt Leben in die Sache zu bringen. Ich meine damit, dass sich das Stehplatzpublikum (hoffentlich) nach wie vor zu einem großen Teil aus "Fans" zusammensetzt, die aus Liebe zur Oper und echtem Interesse die Vorstellung besuchen.
    Wenn sich das Opernpublikum mehrheitlich aus Leuten zusammensetzte, die sich die teuren Karten kaufen, um ihre Brillanten auszuführen und zu einem weiteren Teil aus japanischen und sonstigen Touristen, dann würde es bald gar keine qualitätiv interessanten Vorstellungen mehr geben.


    Die Leute, die in den Siebziger Jahren mit mir den Stehplatz der WSO bevölkerten, gehen heute zwar nicht mehr mehrmals die Woche in die Oper - aber dafür einige Male pro Jahr auf Sitzplatz. Ohne die jugendliche Begeisterung von damals wär das wohl nicht der Fall.
    Bei mir ist es nicht anders, wobei ich auch dann und wann noch gerne um 3,-- Euro auf die Galerie geh. Der Unterschied zu früher ist aber auch, dass man eine Galerie- oder Balkon-Stehplatzkarte heute fast immer noch kriegt und früher haben wir uns nächtelang drum angestellt...

  • Zitat

    Original von Brangäne
    [
    ... und diese jungen Leute sind hoffentlich die Sitzplatzbesucher von morgen.


    So denke ich auch. Für Studenten die einmal die Laufbahn eines Sängers einschlagen wollen ist es wichtig, viele Opern live zu sehen. Bei dem geringen Eintrittsgeld haben sie die Möglichkeit viele Aufführungen zu sehen und sie auch für sich zu verwenden.

  • Zitat

    Original von musica
    So denke ich auch. Für Studenten die einmal die Laufbahn eines Sängers einschlagen wollen ist es wichtig, viele Opern live zu sehen. Bei dem geringen Eintrittsgeld haben sie die Möglichkeit viele Aufführungen zu sehen und sie auch für sich zu verwenden.


    ...und können bei dieser Gelegenheit schonmal das dreieinhalbstündige Stehen üben :D

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Zitat

    Original von Dreamhunter
    ...
    Dabei kam wieder einmal das kaufmännische Denken in mir durch und ich kam zum Schluss, dass von diesem Standpunkt aus die Einnahmen vom Stehplatz nicht wirklich interessant sind.
    ...


    Hi


    Wenn du dein kaufmännisches Denken noch etwas weitergehend strapazierst, wirst du bald zu dem Schluss kommen, dass man die Oper ohnehin sofort zusperren muss! ;)


    Auf der anderen Seite bekommt man mit den Stehplätzen bei Bedarf ohne großen Aufwand noch einmal mehrere Hundert Besucher ins Haus. Außerdem gibt (gab) es fleißige Operngeher, die sich nicht jedesmal eine Sitzplatzkarte leisten können. Letztlich wäre wohl ohnehin nur der Parterre-Stehplatz für ein paar Sitzplätze nutzbar. Und man würde mit der Umwandlung in Sitzplätze kaum mehr erzielen können las mit einem gut gefüllten Stehplatz.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    Original von Ulli


    ...und können bei dieser Gelegenheit schonmal das dreieinhalbstündige Stehen üben :D


    ...mit dem Unterschied, dass sie mehr Raum zu Verfügung haben und sie nicht an einer Stelle drei Stunden stehen müssen. :jubel:

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  • Zitat

    Original von musica


    ...mit dem Unterschied, dass sie mehr Raum zu Verfügung haben und sie nicht an einer Stelle drei Stunden stehen müssen. :jubel:


    Das kommt auf die Inszenierung an :baeh01:

    Hear Me Roar!

  • Ich gehe davon aus, daß es mehrere Sichtweisen zum "Stehplatz" gibt, sowohl aus Sicht derjenigen die sie planten, als auch aus der die sie benützen - und daß sich die Bewertrung im Laufe der Zeit zudem noch geändert hat.


    Gehen wir von Möglichkeit 1 aus.
    Eine wohlhabende Bürgerschicht, ein sozial eingestelltes Kaiserhaus möchte das Phänomen Oper auch für weniger begüterte Schichten erschwinglich machen. In der Tat ist bekannt, daß Kaiser Franz Joseph I beim Bau von diversen Kultureinrichtungen daruacf geachtet hat, daß deren Besuch auch zu moderaten Preisen möglich war....


    Möglichkeit 2 - die Möglichkeit 1 zwar relativiert, aber nicht völlig ad absurdum führt, wäre, daß man eine Klassengesellschaft wie sie zur Kaiserzeit bestand, und heute immer noch besteht (auch wenn vile das ungern zugeben) auch demonstrieren wollte. Das Theater, bzw das Opernhaus als Spiegle der Gesellschaft. Nicht umsonst werden heute noch Begriffe wie "Ersten Ranges" oder zweitrangig etc verwendet wenn es um Bedeutung von Personen oder Ereignissen geht - sie sind den Rängen des Theaters entlehnt.
    Die Gesellschaft wird SICHTBAR in Klassen eingeteilt, schön gestaffelt nach ihrer finanziellen Potenz, bzw ihrem gesellschaftlichen Status.
    Der Stehplatz ist quasi das Letzte - Im Gegensatz dazu wird man die Logen sehen müssen, allen voran die ehemalige "Kaiserloge" bzw die Ehrenlogen.


    Im Laufe der Zeit, als sich die gesellschaftlichen Unterscihiede zumindest teilweise verwässerten wurde der Stehplatz aber auch zum Stimmungsbarometer bei Aufführungen, da sich dort Cliquen von "Kennern" versammelten, die nur deshalb so billige Plätze benötigten, weil sie die Oper mehrmals pro Woche besuchten.
    Vom Stehplatz aus wurde oft über Akzeptanz oder Nichtakzeptanz von Sängern oder Inszenierungen entschieden - ein Schreckgespenst für alle Theaterschaffenden.


    Ich war zweimal im Leben in der WSO (als Schüler) am Stehplatz - habe mich aber eher dafür geschämt - und werde nie wieder einen Stehplatz belegen - komme da was da wolle.


    Wenn ich mir keine ordentliche Karte leisten kann - oder will - dann bleibe ich lieber daheim.


    Zitat

    Wollte nicht Muti an der Scala seinerzeit die Anzahl der Stehplätze drastisch einschränken


    Ich kenne seine Motive nicht, glaube aber, daß er ebenso wie ich das Stehen am Stehplatz als Demütigung empfindet, die man niemandem zumuten sollte....


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Liebe Opernfreunde :



    Die Stehplätze , gleich ob im Parkett oder im Olymp , sind natürlich unverzichtbar !


    Der grösset poltische Skandal in Mailand war nicht eine Niederlage von AC Milan oder Inter bei Juve oder der AS Roma , sondern die skandalöse Abschaffung der berühmten Stehplätze in der Scala in Mailand durch Riccardo Muti .


    Alles nachzulesen in der damaligen Ausgabe der "Neuen Zürcher Zeitung" .


    Und noch eines : in der elitären Stehplatzszene kommt man sich auch sehr viel näher - jedenfalls in Wien in "Le Nozze di Figaro" .



    Buona fortuna !



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Hallo,
    natürlich würde ich am liebsten in der erste Reihe einer der Mittellogen sitzen, aber das ist mir zu teuer. Wenn ich "nur" wegen einer Vorstellung nach Wien fliege und dort auch noch übernachte, dann muß ich bei der Eintrittskarte sparen. Stehplatz hatte ich auch schon ein mal, nicht aus Überzeugung, sondern weil ich nichts anderes mehr unter 60 Euro bekommen habe. Es hat mich viel Kraft gekostet (insgesamt ca. 10 Stunden stehen), aber was tut man nicht für sein Lieblingstenor? So wie es aussieht, erwartet mich nächstes Jahr im April das gleiche Schicksal... :( Da ich keine Bekannten in Wien habe, die mir noch am ersten Vorverkaufstag eine günstige Karte kaufen können, werde ich wieder Stehplatz haben- besser, als garnichts. Erniedrigend finde ich das nicht, höchstens ermüdend. Aber nur, wenn die Vorstellung nicht spannend genug ist...
    Liebe Grüße
    nina

  • Jaaa! - Total verboten! Man darf sich auf der Galerie nicht einmal mehr an der Stufen-Brüstung anlehnen oder auch nur ein wenig über die Geländer seitlich hinausstehen. Unterm Holender sind die Billeteure sehr streng geworden.
    Interessant - als erniedrigend haben ich den Stehplatz nie empfunden. Ist bei mir vielleicht auch schon Gewohnheit, wie ein zweites Wohnzimmer.

  • Zitat

    Original von La Gioconda
    Jaaa! - Total verboten! Man darf sich auf der Galerie nicht einmal mehr an der Stufen-Brüstung anlehnen oder auch nur ein wenig über die Geländer seitlich hinausstehen. Unterm Holender sind die Billeteure sehr streng geworden.
    Interessant - als erniedrigend haben ich den Stehplatz nie empfunden. Ist bei mir vielleicht auch schon Gewohnheit, wie ein zweites Wohnzimmer.


    Mein Gott, wie kleinlich, es heißt ja fast "stillgestanden". Könnte man nicht in der Pause freie Plätze belegen?

  • Zitat

    Original von musica


    Mein Gott, wie kleinlich, es heißt ja fast "stillgestanden". Könnte man nicht in der Pause freie Plätze belegen?


    Ja, da herrscht noch Zucht und Ordnung :D
    In der Pause freie Plätze zu belegen? Ja, theoretisch kann man das machen. Praktisch steht man in einer anderen Schlange: vor der Damentoilette ;) Und nach der Vorstellung vor dem Bühneneingang (wo es allerdings nicht mehr so diszipliniert zugeht- das gehört aber in einem anderen Thread).
    LG
    nina

  • Liebe Musica ,


    ich stimme Dir uneingeschränkt zu !


    Aber ob die geldwerten Sitzpätzler die Nur - Stehplätzler auch tolerieren würden ? Zweifel sind angebracht .



    Alles Gute . Und weiter im Kampf f ü r KUnst und gegen Monetik !



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • An der STOP sind die Billeteuere, was die frei gebliebenen Sitzplätze auf der Galerie betrifft, nicht so streng. Im Parkett herrscht aber keine Gnade seitens der STOP-Mitarbeiter!


    Da hat es sich schon ausgezahlt in der Pause bei der Garderobe zu stehen und dann Besuchern, die die Oper verlassen, die Karten abzuschnorren (was eigentlich immer gelingt - so lange es keine Abo-Sitze sind). Wenn man die entsprechenden Eintrittskarten dann vorzeigen kann, ist es kein Problem vom Steh- auf den Sitzplatz zu wechseln!

    Hear Me Roar!

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  • Ist das der Klassenunterschied? Alle wollen doch nur eins, eine schöne Aufführung genießen, ob arm ob reich. :boese2:

  • Liebe Musica ,



    den zweite Satz Deine r Ausführungen kann ich nicht im Ansatz teilen .


    Alle gleiches Interesse in einem Schauspielhaus oder eine Oper .


    Soviel Gleichheit wünschen sich dort weder die Zuchtmeister des Grosskaiptals wie die angeblichen Marx- und Mao - Schüler .


    Beste Grüsse




    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin


  • Kanst du das bitte näher erläutern, ich stehe auf der Leitung ?( ?(

  • Liebe Musica :



    Alleine ein erster Blick reicht doch aus , um festzutsellen "Wer gehört ( nicht ) wohin " . Luxusgarderobe bis Jeans ( Mädchen wie Jungs ) . Dann natürlich das Geführtwerden in die Logen ( habe alle s miterlebt ) .


    Und es beginnt ja mit dem "Vorgefahrenwerden" vor das Entrée ....


    Ist übrigens inzwischen alles in den Fussballstadien dieser Welt ( jedenfalls den grossen wie in Mailand , Barcelona , Madrid oder sogar München ) längst gang und gäbe .


    Die Ständegesellschaft hat eine triumphale Rückkehr seit dem Januar 2002 in Deutschland eine noch zunehmende Verwilderung erfahren .


    Gabs in Deutschlands Geschichte ja immer wieder ......


    Ich bin s e h r für ein Observieren der feinen Veränderungen in den gesellschaftlichen (UN-)Möflichkeiten .


    Kuturpessimismus im Stile von Stefan Zweig , Schnitzler , Egon Freidell oder LeBon mit seiner "Psychologie der Massen" ist gut begründet .


    Alles Gute !



    Frank


    PS.: Die "MacherINNEN" sind - wie zu oft - gefragt oder larvieren sich durch ( Beispiel : W I Lenin ) .

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Man merkt, dass ich lange nicht mehr im Opernhaus war, früher, in meiner Jugendzeit, ging man noch im Abendkleid, doch es änderte sich dann, man sah in der Oper ein bunt gemischtes Publikum, da gab es keine Zweiklassenwirtschaft, oder Standesdünkel.


    Tut mir leid, ich finde es traurig an Garderobe gemessen zu werden, wer man ist und was man ist.


    :hello:

  • Zitat

    [...] ich finde es traurig an Garderobe gemessen zu werden, wer man ist und was man ist.


    Ich glaube, das ist eine typische menschliche Eigenschaft. Kleider machen eben doch Leute.


    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Heute grabe ich nur interessante Threads aus der Tamino-Gruft aus.



    Was mich angeht, bin ich ein leidenschaftlicher Stehplatzbesucher, bzw. loggionista. Wenn das Theater "all'italiana" ist, d.h. tatsächlich in Logen, Gallerien, Parkett usw. aufgeteilt und nicht wie die modereren Bauten eines Bayreuth, Turin, Bastille oder Deutsche Oper Berlin ist, dann sitz ich immer ganz ganz oben. In den meisten italienischen Opernhäusern sitzt man auch im loggione, wirkliche STEH-plätze gibt es nur sehr wenige. Die riesengroßen Gallerien der Scala, die alles Mögliche über sich ergehen ließen, waren früher echte Stehplätze und es passten mindestens 500 Leute hinein. Heutzutage gibt es nur noch 140 Plätze, die man am gleichen Tage mittels einer Schlange and der Kasse für 12 Euro bekommt. Die Reduzierung solcher Plätze hatte auch zum Zweck, das verrückte Mailänder Publikum ein bisschen zu zähmen und an der Scala auch einige (falschen) Triumphe feiern zu lassen, die ein Teil des Publikums, das stets perfekt vorbereitet und kompetent im Theater ankam, nie zuließ.
    Erniedrigend finde ich einen Stehplatz überhaupt nicht. Es ist wahr, dass soziale Differenzen geschaffen werden und das finde ich auch so spannend daran. Einer im Parkett hat nicht die selbe Freiheit,seine Meinung zu äußern, wie einer, der sich "oben" befindet. In der Gallerie kann man kommentieren, ein bisschen spazieren, Bravo rufen, buhen, schreien, lachen, aus der Tasche ein Stückchen Schokolade herausholen. Das Alles, natürlich um das Hören der Musik bunter und vielfältiger zu gestalten.
    Außerdem finde ich es interessanter, von der Bühne so fern wie möglich zu sitzen, weil zu viel Nähe mit der Bühne das magische Element zerstört. Eine Stimme setzt sich bei mir ebenfalls nur dann durch, wenn sie die technische Sicherheit haben kann, bis in die Gallerie voll hinaufzureichen und nicht wie eine Bartoli vor sich hinzuflüstern.
    Die meisten der Opernbesessener bevorzugen, meiner Meinung nach, doch eher die Gallerien. Nun heißt es aber im Italienischen: Alle Melomane sind Loggionisti, nicht alle Loggionisti sind aber Melomane.
    Daran leidet heute oft leider auch das Stehplatzgelände. Es gibt Leute, die sich dort wie im Parkett benehmen und dieses Benehmen auch aufzwingen wollen, aufgrund verschiedener falscher Werte und Ideen über Oper, zugelassene Reaktionen und Sozialität im allgemeinen.


    Hier ein drohender Blick aus dem Loggione:


    Ecouter, c'est écouter la différence.

  • ... Eine Stimme setzt sich bei mir ebenfalls nur dann durch, wenn sie die technische Sicherheit haben kann, bis in die Gallerie voll hinaufzureichen und nicht wie eine Bartoli vor sich hinzuflüstern. ...


    Also bitte - Frau Bartoli technische Sicherheit abzusprechen ist doch ein wenig weit hergeholt. Ihre Stimme ist einfach zu klein, um in einem großen Haus auf der Galerie Eindruck zu machen. Nicht umsonst singt sie an großen Häusern nur ein sehr kleines Repertoire und bevorzugt passendere Umgebungen.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!



  • Also bitte - Frau Bartoli technische Sicherheit abzusprechen ist doch ein wenig weit hergeholt. Ihre Stimme ist einfach zu klein, um in einem großen Haus auf der Galerie Eindruck zu machen.


    Klein - ja, aber auch nicht besonders tragfähig. Keine wirkliche Opernstimme, meiner Meinung nach. Und weil ich jetzt eh schon ins Fettnäpfchen getreten bin: für mich eine ihrem Status nicht entsprechende und im Grunde überschätzte Sängerin, die sich allerdings um ein gewisses Repertoire , wo man auch nicht allzu viele Vergleichsmöglichkeiten hat, sehr verdient macht. Egal in welchem Saal oder Haus ich sie gehört habe - viel Show, unterm Strich vergleichsweise bescheidene vokale Ausbeute.


  • Klein - ja, aber auch nicht besonders tragfähig. Keine wirkliche Opernstimme, meiner Meinung nach. Und weil ich jetzt eh schon ins Fettnäpfchen getreten bin: für mich eine ihrem Status nicht entsprechende und im Grunde überschätzte Sängerin, die sich allerdings um ein gewisses Repertoire , wo man auch nicht allzu viele Vergleichsmöglichkeiten hat, sehr verdient macht. Egal in welchem Saal oder Haus ich sie gehört habe - viel Show, unterm Strich vergleichsweise bescheidene vokale Ausbeute.


    Da kann ich nur zustimmen. Und eine solche anti-akustisch produzierte kleine Stimme hat die Norma singen wollen... Die habe ich in Dortmund über mich ergehen lassen. Nur, dass ihr Show-System da nicht so gut funktioniert hat.


    Anyway, um zum Thema zurückzukehren: es lebe der Stehplatz.

    Ecouter, c'est écouter la différence.

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