Widerstand gegen das Regietheater wächst unaufhörlich - ist das Ende nah?

  • Zitat

    Original von Gustav


    Auch Chereau als Regietheatertäter könnte man hier noch einwerfen. Wollen wir den '76iger Ring wirklich missen?


    :hello: Gustav


    :hahahaha:
    Jetzt bin ich mal gespannt.
    Meine Fragen dahingehend wurden immer ignoriert. Lieber wurde sich ellenlang über die Wiener (ein Randproblem ohne Außenwirkung) ausgelassen.
    Naja, vielleicht gibt's jetzt ja einen Eiinblick in das wankelmütige Herz des echten Opernfreundes. ;)


    :hello: Schlaft gut.

  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Das Wiener Publikum gilt in Künstlerkreisen als eines der erbarmungslosesten der Welt und wer davor bestehen kann, der
    kann überall bestehen.


    :hahahaha:
    Sorry, aber... :hahahaha:
    Künstlerkreise heißen nicht so, weil die Künstler drumherum gehen.


    Das musste vorm Schlafengehen nochmal sein, scusi.
    War nur zu köstlich.


    :hello:

  • Zitat

    Original von Harald Kral


    Ich frage mich, werter Florian Voß, wer Ihnen das Recht gibt, auf diese Art und Weise einen langjährigen Tamino und hervorragenden Kenner der Opernszene wie m.joho abzukanzeln?


    Grüße


    Da stimme ich Harald zu: Lullist und basti leiern bis zum Erbrechen immer wieder runter, dass die Anhänger von Zefferelli und co.-Inszenierungen ihr Hirn an der Garderobe abgeben würden. Angesichts dieses Klischees darf wohl mal nach dem Verbleib desselben bei o.g. Forenmitgliedern gefragt werden.



    :hello:


  • Also, ich kann bestens darauf verzichten. Fand den schon als Kind langweilig, später fand ich ihn mal ganz interessant, aber Emotionen habe ich dabei nicht entwickelt. Ohweiha, Sakrileg!


  • Erstens ist das nicht das übliche Klische, das Basti und der Lullist zu Markte tragen, zweitens - und das ist eigentlich das Entscheidende - vermögen die ihre Positionen stets zu begründen. Man kann dem Lullisten gar nicht genug dafür danken, mit welchem Aufwand er hier seine Kenntnisse vorträgt. Bei m.joho reichts hier wie im Wf eigentlich kaum zu mehr als zu abkanzelnden Vierzeilern. Mal ganz abgesehen davon, daß ich das als Respektlosigkeit dem Lullisten gegenüber sehe, der sich die Mühe macht differenziert darzulegen. Sorry, das ist dann Meinung, aber kein Diskussionsbeitrag. Und genau da liegt der riesengroße Unterschied zwischen den Beiträgen des Lullisten und denen verschiedener Dreizeilentexter.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Zitat

    Original von Thomas Pape
    Erstens ist das nicht das übliche Klische, das Basti und der Lullist zu Markte tragen


    Wieso? Ich habe das in verschiedenen Varianten mehrfach von Ihnen lesen müssen.

  • Zitat

    Original von Knusperhexe


    Wieso? Ich habe das in verschiedenen Varianten mehrfach von Ihnen lesen müssen.


    Aber ich darf schon davor ausgehen, daß Du den Rest auch liest??? :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Zitat

    Original von Knusperhexe



    Also, ich kann bestens darauf verzichten. Fand den schon als Kind langweilig, später fand ich ihn mal ganz interessant, aber Emotionen habe ich dabei nicht entwickelt. Ohweiha, Sakrileg!


    Och nö, ich finde, sakrosankt ist fast nichts im Theater.
    Aber wie kommt denn der Sinneswandel des Publikums? Was 1976 in einer Heftigkeit, die mir selbst hier noch nicht begegnet ist, geschmäht wurde, ist (nicht erst) heute kanonisch.
    Vielleicht gibt es ja doch Bewegung? Oder einen sich wandelnden Geschmack? Oder Lernprozesse? Oder gar Interesse an Inszenierungen?
    Wer weiß?

  • Ich kann da nur von mir sprechen und mir gefällt dieser Jahrhundertring nicht.


    Was ich beobachte, das ist die Stimmungsmache der Medien und einer gewissen Lobby: Es wird einem doch ständig vorgekaut, wie man was zu bewerten hat. Dieser Ring wurde ja auf einmal hochgepusht, dass jeder, der etwas dagegen sagt In den Verdacht der "Gehirnabgabe an der Garderobe" gerät.

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  • Mozarts Figaro fordert im Libretto des 1.Aktes: Völlig unmöbiliertes Zimmer(Anm.:Im Schloß des Grafen).Ein Sessel in der Mitte.
    So schwer kann es ja nicht sein,das Bühnenbild nach diesen Gesichtspunkten zu entwerfen.
    Kein Stuhl,kein Sofa sondern nur einen Sessel in einem sonst leeren Zimmer eines Schlosses.
    Kritisch wird die Sache wenn das Sitzmöbel an der Wand steht und Cherubino sich hinter einem Fenstervorhang statt hinter dem Sessel verstecken muß.

    Wie sieht es hier aus?
    Links ein Stuhl,in der Mitte eine Holztruhe und rechts ein Bett,in dem Figaro ruht.Für ein fast leeres Zimmer ziemlich voll.Trotzdem sehenswert :Kent Nagano und die Lyoner Oper.



    Hier wird die Handlung in das 20.Jahrhundert verlegt.Die Sitzmöbel im Charme der 70er Jahre.Eine unterhaltsame Aufführung aus Amsterdam.Langeweile kommt garantiert nicht auf.



    Auch hier findet man die antiken Götter in der Zeit von heute vor.Eine Glanzleistung der Pariser Oper mit Marc Minkowski.Eine wunderschöne Barockoper,auch und erst recht in dieser Aufführung für Anfänger von Barockopern geeignet.


    Aber Regietheater hin oder her,alle 3 Aufführungen gefallen mir trotzdem.Auch wenn das Libretto andere Regieanweisungen vorgibt oder die Handlung in eine andere Zeit verlegt wird,es stört mich nicht,sofern der Inhalt und Sinn des Werkes nicht völlig entstellt wird .Letztlich ist der Gesamteindruck einer Opernaufführung für mich entscheidend.
    Das Publikum muß entscheiden,was gefällt.


    Wenn man bedenkt,daß es einem Komponisten wie Bach bei seinen Werken für Tasteninstrumenten manchmal nicht darauf ankam,ein bestimmtes Instrument vorzuschreiben,sodaß man sie auf dem Cembalo,Klavier,Orgel oder Synthesizer(Wendy Carlos) spielen darf,so könnte man vermuten,daß es einem Opernkomponisten hauptsächlich auf seine Kompositionen ankam ,die nach seinem Willen nicht für konzertante Aufführungen gedacht waren, aber der Regie bei Aufführungen freien Raum ließen.

    mfG
    Michael

  • Zitat

    Original von Knusperhexe
    Ich kann da nur von mir sprechen und mir gefällt dieser Jahrhundertring nicht.


    Was ich beobachte, das ist die Stimmungsmache der Medien und einer gewissen Lobby: Es wird einem doch ständig vorgekaut, wie man was zu bewerten hat. Dieser Ring wurde ja auf einmal hochgepusht, dass jeder, der etwas dagegen sagt In den Verdacht der "Gehirnabgabe an der Garderobe" gerät.


    Ach so, die Lobby steckt wieder dahinter.
    Hätte ich mir denken können.

  • Glaubt hier jemand, das Teil verkauft sich von alleine:



    Da braucht es schon die ganze PR-Macht von Unitel, DG und Vivendi, das Ding ist ja nicht ganz billig! (Auch nicht früher als VHS)


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Zitat

    Original von Knusperhexe
    Sie können es auch Marketing oder PR nennen.


    Es verhält sich also so: Wenn ein Stück "Regietheater" Freunde findet, dann aufgrund von Marketing. Wenn sich ein Publikum benimmt wie der letzte Lynchmob wie jüngst in Wien, dann ist das selbstbestimmt.
    Ach so. Wieder was gelernt. :D

  • Zitat

    Original von Harald Kral
    Glaubt hier jemand, das Teil verkauft sich von alleine:
    LG


    Ja, ich bin auch gezwungen worden. Frau Lobby hat mir 80 Euro abgerungen und mir dafür nur dieses Ding dagelassen. Ich fühle mich so benutzt.

  • Typische Regietheaterdenke: Immer alles schön vereinfachen und drauf gehauen. Ich rüttele jetzt mal was an Ihren Schubladen:


    Bei der Kölner Samson-Premiere, die durch pittoreske Leichenhaufen, Musik zerfetzendes Statistengeschrei und ennervierende political correctness einen Buhorkan hervorrief, benutzten die Rezensenten mal wieder reichlich Weichspüler: Da hielten sich die Buhs und Bravos angeblich die Waage, die Ablehner dieser Propagandaveranstaltung waren per se verkalkt, ewig gestrig, dumm und blind. Das Ganze wurde hochgejubelt bis zum Exzess. Das ist PR. Das ist Marketing - und im schlimmsten Falle sogar Stimmungmache. So konnte ich beobachten, wie eine WDR-Journalistin ausschließlich die ach so betroffen agierenden Besucher herauspickte um ihre vorgefertigte Meinung zu bebildern. Bei einem Gläschen Prosecco wurde dann über den Nahostkonflikt gestöhnt und ergriffen genickt, wie ausdrucksstark, der Regisseur doch diesen Konflikt auf die Bühne transportiert habe. Das Regietheater es lebe hoch, hoch, hoch. Als ein Gast meinte, er hätte das alles total vorbeiinszeniert gefunden, wurde das Interview beendet. Gesendet wurde dieses statement natürlich auch nicht.

  • Zitat

    Original von Alberich


    Ja, ich bin auch gezwungen worden. Frau Lobby hat mir 80 Euro abgerungen und mir dafür nur dieses Ding dagelassen. Ich fühle mich so benutzt.


    Na wenigstens fühlen Sie noch. Das ist doch schon mal was.

  • Chereau's Ring kauft man also nur, weil man Opfer von Marketing und Lobbyismus geworden ist. Aha! Und Netrebkos Bohème ist durch Flüsterpropaganda von Schallplattenladenbesucher bekannt geworden, oder?


    Aber im Ernst. Ich denke, da hat Knusperhexe durchaus recht. Es gibt eine starke Lobby innerhalb der Print-Medien für das Regiertheater. Und allzu leicht werden missliebige Äußerungen diffamiert, ohne dass sich die Kritiker einmal die Zeit nehmen, über die wahren Gründe nachzudenken.


    Wenn ich bei einer Regietheaterarbeit buhe, (was ich kaum noch mache, meistens gehe ich dann in der Pause) dann nicht, weil es Regietheater ist, sondern, weil es m.E. schlecht ist, weil der Regisseur seine Hausaufgaben nicht gemacht hat, weil er sich seine Analysestunden vom Steuerzahler bezahlen lässt, weil mich die Provokation um der Provokation willen eher an Kleinkinder erinnert, die die Sandburg des anderen kaputthauen, weil ein Stück diffamiert wird, weil es offensichtlich ist, dass die Marktgesetze verlangen, dass der Regisseur immer noch ein draufgeben muss und ich dies unerträglich langweilig finde. Dass ich lange nicht bei konventionellen Arbeiten gebuht habe, liegt einfach daran, dass ich schon längere Zeit keine entsprechende Premiere mehr gesehen habe.


    Übrigens, glaubt ihr denn wirklich, dass ein Inszenierungsgenie wie Wagner auf alle Neuerungen im Theaterbereich (Lichtregie, Video, Laser usw.) verzichtet hätte? Ich glaube Hildesheimer schrieb einmal, dass wir die Kunstwerke nicht ernstnehmen würden, wenn wir sie immer nur so interpretieren würden wie zu ihrer Entstehungszeit (er bezog es allerdings nur auf die musikalische Seite) und ihnen nicht zutrauen würden, dass sie, in ihrer Größe, jedem Jahrhundert etwas Neues zu sagen hätten?


    Warum wird eigentlich ein großes Orchester, das unter Karajan Bach spielt, akzeptiert? War das nicht auch eine Art von Kostüm der Neuzeit?


    :hello: Gustav

  • Zitat

    Original von Knusperhexe


    Na wenigstens fühlen Sie noch. Das ist doch schon mal was.


    Warum muss eigentlich auf Ironie mit dem Holzhammer geantwortet werden?


    :hello: Gustav

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  • Hmm, weil der Holzhammer DIE Requisite des Regietheaters ist.


    Gut, Sie haben recht. Das war nicht nett, aber ich konnte es mir auf Grund der vorherigen Statements nicht verkneifen. Und irgendwie würzt es doch auch ein wenig die Diskussion.

  • Zitat

    Original von Knusperhexe



    Bei der Kölner Samson-Premiere, die durch pittoreske Leichenhaufen, Musik zerfetzendes Statistengeschrei und ennervierende political correctness einen Buhorkan hervorrief, benutzten die Rezensenten mal wieder reichlich Weichspüler: Da hielten sich die Buhs und Bravos angeblich die Waage, die Ablehner dieser Propagandaveranstaltung waren per se verkalkt, ewig gestrig, dumm und blind.


    Das Gegenteil ist richtig: Im Vorfeld wurde die Inszenierung heruntergemacht, verdammt und diffamiert. Leute kauften Karten, nur um mal Buh schreien zu können.
    Dass Knabe kein Wunderknabe ist und dieser Samson nicht das Gelbe vom Ei, steht auf einem anderen Blatt, aber bleiben wir doch mal bei der Wahrheit, statt steindumpfe Klischees wie "Regietheaterdenke" auszupacken, ok?

  • Zitat

    Original von Knusperhexe



    Gut, Sie haben recht. Das war nicht nett, aber ich konnte es mir auf Grund der vorherigen Statements nicht verkneifen. Und irgendwie würzt es doch auch ein wenig die Diskussion.


    Was mich betrifft: Mich treiben Sie damit jedenfalls nicht in den Suizid. ;)

  • Zitat

    Original von Alberich
    Das Gegenteil ist richtig: Im Vorfeld wurde die Inszenierung heruntergemacht, verdammt und diffamiert. Leute kauften Karten, nur um mal Buh schreien zu können.
    Dass Knabe kein Wunderknabe ist und dieser Samson nicht das Gelbe vom Ei, steht auf einem anderen Blatt, aber bleiben wir doch mal bei der Wahrheit, statt steindumpfe Klischees wie "Regietheaterdenke" auszupacken, ok?


    Sie recherchieren ungenau: Die Inszenierung geriet im Vorfeld in die Schlagzeilen, weil Chor und Solisten sich weigerten, die Exzesse des Regisseurs mitzumachen. Das gab ordentlich Schlagzeilen. Die Presse hat sich darauf gestürzt und es als Werbevehikel für das Regietheater benutzt: "Warten wir ab, wie es wird", "Theater darf und muss verfremden", "Vielleicht erleben wir noch mal einen Skandal in Köln?"- die ganze Werbebreitseite wurde abgefeuert.


    Nach der Premiere dann: "Na also, haben wir Weisen aus dem Presseland es nicht gesagt, die Inszenierung ist ein Kracher und die doofen Choristen und Solisten sind eh Spießer. Kauft Karten, Leute. Kauft. Kauft, so spannend kann Theater sein. Derart leicht könnt Ihr politisch korrekt Betroffenheit empfinden."


    So war es Alberich und nicht anders. Noch was: Woher wollen SIE wissen, dass die Premierenbesucher Karten gekauft haben nur um zu buhen? Worauf stützen Sie Ihre Behauptung? Haben Sie Umfragen gemacht? Interessant ist doch wohl, dass es diese Inszenierung schon nach einer Spielzeit nicht mehr im Repertoire gibt. Geschicktes Marketing ist eben eine Kunst bzw. bedarf der willigen Manipulierbarkeit einer Käuferschicht. und die ist - da hat Alfred vollkommen recht - immer weniger gegeben. Bis auf ein paar ganz eiserne Regietheaterjünger, höre ich immer mehr Buhs und Unmutsbekundungen über die Librettoschere, die das Regietehater aufgeklaftet hat.


    Und noch Danke für die Rückmeldung - ich fand mich jetzt auch nicht so scharf, bin aber zu Entschuldigungen bereit. Muss jetzt mal langsam zum Sport. Uff, und draußen ist es so kalt.


    :hello:


    Knuspi

  • Zitat

    Original von Knusperhexe

    Noch was: Woher wollen SIE wissen, dass die Premierenbesucher Karten gekauft haben nur um zu buhen? Worauf stützen Sie Ihre Behauptung?


    Darauf, dass ich welche kenne. Und ich weiß, wie groß die Enttäuschung war, als die Inszenierung lange nicht so wild war, wie im Vorfeld behauptet. Gebuht wurde natürlich vorsichtshalber trotzdem.
    Ach ja, und der Chorstreik hatte mit Knabe persönlich zu tun, auch wenn es immer wieder anders kolportiert wird.

  • Zitat

    Original von Alberich
    Darauf, dass ich welche kenne. Und ich weiß, wie groß die Enttäuschung war, als die Inszenierung lange nicht so wild war, wie im Vorfeld behauptet. Gebuht wurde natürlich vorsichtshalber trotzdem.
    Ach ja, und der Chorstreik hatte mit Knabe persönlich zu tun, auch wenn es immer wieder anders kolportiert wird.


    "welche " sind nicht alle. Und ich persönlich fand die Inszenierung wüst genug. aber wenn es Sie beruhigt, wir haben nicht gebuht - allerdings auch nicht applaudiert. Dagegen kamen die wenigen Bravos ausschließlich aus einer Ecke im 3. Parkett, rechts. Darüber haben wir uns königlich amüsiert.


    Das mit Knabe wüsste ich gerne näher. Meinen Sie mobbing? Hm, das habe ich anders gehört und zwar von verschiedenen Seiten, aber insgesamt deckungsgleich.

  • Ich hab hier zu Hause ein paar hübsche Stiche aus dem 19. Jh. die Verdis „Aida“ zeigen, farbige Stiche.
    Beispiel Triumphszene. (Ein Entwurf von M. Levaster von 1880) oder die Entwürfe von Chaperon.


    Das sind Bühnenbilder von erstaunlicher Tiefe, wohlproportionierter Perspektiven und Atmosphäre.
    Das ist wirklich Ägypten auf der Bühne ! Natürlich ist es auch ein wenig kitschig, 19. Jh. eben, aber die Meisterschaft, die hinter diesen Entwürfen steht, kann man nicht leugnen.



    Zefirellis inkompetenter Mist, hat da nicht das geringste mit zu tun.
    Platt, überladen, ohne Tiefe, ohne Sinn für die grundlegenden Regeln jeder Gestaltung.
    Da wird von minutiöser Umsetzung des Librettos gesprochen.
    Ja wo denn bitte ?


    Wenn ich mir die Bühnenentwürfe gerade für Aida ansehe und die direkt mit Zefirelli vergleiche, dann wird doch sofort klar worum es hier geht.
    Zefirelli ist weder originell, noch gut in dem was er macht.
    Bei den originalen Bühnenentwürfen aus dem 19. Jh. wird sofort klar: hier war jemand am Werk, der sich intensiv mit der ägyptischen Kultur auseinandergesetzt hat, hier wurde behutsam interpretiert um Szenen / Bilder zu schaffen – natürlich romantisiert und idealisiert.


    Bei Zefirelli fehlt grundlegend alles, Geschmack, Wissen, Gefühl für Proportionen, Verständnis dafür wann etwas genug ist – einfach alles.
    Da ist kein Ägypten auf der Bühne, im besten Falle vielleicht Las Vegas – aber das wäre schon zu kreativ....
    Es ist grässlich schon allein vom ästhetischen Standpunkt her.



    Zefirelli hat hier rein gar nichts mit „Werktreue“ zu tun, er war ja nicht mal in der Lage die Originale wenigstens abzukupfern.
    Und er bedient sich keinesfalls der Ästhetik der Grand Oper des 19. Jh. sondern der faschistischen Ästhetik wie man sie vom Film „Triumph des Willens“ her kennt, pumpt das bis ins lächerliche auf (das allein ist allerdings schon eine Kunst) und überzieht das ganze mit Gold – mehr ist das nicht.



    Schade um die Mittel, schade um die Musik.
    Ein Fiasko auf der ganzen Linie – so dermaßen komplett zu versagen, auf allen Ebenen, müsste man fast auch wieder als Kunst ansehen... oder zumindest bewundern.





    Aber ich versuche noch mal, um einigen Missverständnissen vorzubeugen, (der wie viele Versuch ist das nun ? ) meine Position klar zustellen.



    Ich bin weder ein Verfechter des „Regietheaters“ noch der „konservativen Aufführungen“
    Was ich persönlich bevorzuge sind HIP Inszenierungen.


    d.h. das Orchester spielt auf Alten Instrumenten, am besten auch in Kostümen
    Die Bühne ist nach Vorbildern des 17. und 18. Jh. gestalten, Zentralperspektive, mit entsprechender Gestaltung.
    Kostüme und Technik ebenfalls an den erhaltenen Kupferstichen orientiert.
    An so was hab ich Spaß – und zwar nicht zu knapp. :D


    Aber soetwas ist so dermaßen selten, dass es wohl noch Jahre braucht, bis soetwas mal öfter zu sehen sein wird.



    Aber ich habe auch meinen Spaß an konservativen Inszenierungen und auch am Regietheater, warum auch nicht - ich habe keine Scheuklappen.
    Das was ich aber ablehne sind schlicht und ergreifend, schlechtgemachte Werke.
    Und Zefirelli nimmt da eine absolute Spitzenposition ein.




    Es gibt ein paar Opern DVD’s die ich sehr schätze, ich kaufe da nur sehr gezielt, weil wenn mit Bild, dann auch solches was ich absolut besitzenswert finde.
    Un d natürlich sind diese Opern ganz klar meinem Geschmack entsprechend:



    I.


    Cavalli: La Calisto
    Regie Herbert Wernicke


    Für mich die großartigste Inszenierung die ich bisher überhaupt gesehen hab, witzig, prägnant, zeitlos und ohne viel Aufwand.


    Es gibt nur ein Bühnenbild, ein feuerroten Bretterboden mit diversen Falltüren, diese dienen als Auftritts- oder Fluchtmöglichkeit der Protagonisten.
    Der Raum selbst erinnert an eine Spielzeugkiste, überall sind die Sternbilder in ihrer mythologischen Gestalt aufgemalt, und später zum Finale wenn es dunkel wird, dann gehen die Lichter an und zeigen die Sternbilder so wie sie sich am Himmelszelt zeigen.


    Die Kostüme sind an der Comedia dell’Arte orientiert und passen hervorragend zur Musik um 1650.
    Die Personenregie ist absolut überzeugend, witzig und glaubwürdig.


    Das ganze lässt noch viel Raum für Phantasie – das ist wirklich beeindruckend und das bleibt es auch bei jedem weiteren ansehen.


    Gegen Wernicke ist Zefirelli ein Niemand, Wernicke war ein Künstler dessen Kreativität Hand in Hand mit seinem Verständnis und der Liebe zur Musik ging.
    Zefirelli kennt nur sich selbst. Im Grunde hätte er sich den ganzen Mumpitz sparen können, besser wäre es gewesen sich selbst 20 Meter hoch aus purem Gold gießen zu lassen und die Opern als Huldigungswerke für seine Göttlichkeit zu benutzen.



    II.


    Lully: Cadmus et Hermione / Le Bourgeois Gentilhomme
    Regie : Benjamin Lazar


    Die ersten Versuche Barockoper in historischer Manier zu zeigen, vor allem was die Gestik anbelangt.
    Kulissen sind natürlich gemalt – Beleuchtung erfolgt durch mehrere Hundert Kerzen.


    Es ist gewöhnungsbedürftig, aber sehr faszinierend, noch lange nicht perfekt, weil z.B. der historische Tanz hier seltsamerweise noch keinen Raum bekommt.


    Dennoch mit viel Liebe, Hingabe und Phantasie gemacht und das spürt man bei jeder Szene.





    III.


    Lully: Atys
    Regier: Vellegier


    Die ganze Szenerie ist in grau, schwarz, wenig weiß und silber gehalten, düster, bedrückend.
    Kostüme 100 % nach authentischen Vorbildern der Barockmode – keine Bühnenkostüme sondern Hofkleidung.
    Der Raum erinnert an einen der Marmorsäle in Versailles.



    Die Inszenierung ist nicht wirklich ganz gelungen, vor allem ist der Tod der Sangaride sehr schwach in Szene gesetzt – aber das ganze ist so tief beeindruckend durch die perfekten Kostüme und vor allem durch den historischen Tanz, der noch von Francine Lancelot choreographiert wurde.



    IV. Rameau: Les Indes Galantes
    Regie : Andrej Serban



    Ein knallbuntes Spektakel mit gelegentlichen Anlehnungen an die Bühnenkunst des 18. Jh.
    Aber vor allem irrsinnig witzig, mit beeindruckenden Bildern, viel Farbe und viel Phantasie gemacht.
    Neben la Calisto vielleicht das beste was ich bisher gesehen habe.





    V: Mozart: Mitridate
    Regie:



    Wahrscheinlich klassisches Regietheater.
    Alles spielt sich vor einer seltsamen Wand mit beweglichen Segmenten ab.
    Die Kostüme, teils stilisierte Barockkostüme, teils normale Anzüge bis hin zur Tropenkluft.


    Der Raum ist seltsam irreal durch den Deckenspiegel und es entstehen ganz fabelhafte Bilder.
    Das Kostüm des Mitridate beim ersten Auftritt erinnert noch stark an die typischen Barockkostüme für Opernhelden, Brustpanzer und Schleppe.
    Aber das alles verliert sich im Lauf der Zeit.








    Alles ganz faszinierende Inszenierungen, und alle vollkommen unterschiedlich.
    Aber sie haben eines gemeinsam – sie sind gut gemacht, verdammt gut gemacht.
    Und auch wenn man vielleicht hier und da sieht, dass das Budget begrenzt war, sie haben aus dem was sie zur Verfügung hatten, wirklich großartiges Geschaffen.
    Zefirelli hingegen greife ich nicht an, weil er angeblich konservatives Theater macht.
    Nein er macht ganz einfach schlechtes Theater, das schlechteste was ich je in meinem Leben gesehen hab.


    Mir geht es hier nicht darum, dass ich kein konservatives Theater zulasse, ganz im Gegenteil.



    Und das was ich ihm vorwerfe zusammengefasst:


    1. keine Ahnung von den Grundregeln der Gestaltung
    Goldener Schnitt scheint ein Fremdwort zu sein.
    Gestaltungsfehler wie bei Schülern der 4. Klasse
    Aber vielleicht gibt es ja auch in Italien Volkshochschulkurse wo man so grundlegende Dinge, wie, dass man eine Horizontlinie nicht genau in die Bildmitte setzt, noch erlernen kann.


    2. er benutzt eine Ästhetik die augenscheinlich „Historie“ vorgaukelt, mit der eigentlichen Ästhetik der Grand Opera aber rein gar nichts zu tun hat. Das hat vielmehr etwas mit der Architektur von Albert Speer zu tun.
    Und wer mit dieser Ästhetik arbeitet, muss damit rechnen angegriffen zu werden.


    3. die Kostüme sind ein Witz.
    Von historischer Korrektheit hier zu sprechen ist unter aller Kanone.
    Das ist Faschingsniveau.


    4. Es passiert nichts. Bombastische Bilder, mehr aber auch nicht.
    Keine Personenführung, alles bleibt in sich stecken, kein Wunder auf der Bühne ist vor lauter Kram und Statisten ja auch kein Platz mehr


    5. Es ist eine durch die Bank oberflächliche und klischeehafte Behandlung des Opernstoffes.
    Disneyland - obwohl in den Walt Disney Produktionen weitaus mehr Herz zu finden ist.



    Kurz gesagt, schlechter und primitiver kann man eine Oper kaum inszenieren.
    Bevor man so einen Müll auf die Bühne bringt, dann lieber konzertant – das ist billiger.



    Was ich allerdings nicht verstehe ist, warum man gleich persönlich werden muss wenn man Diskutiert.
    Wenn einem die Argumente ausgehen, dann sollte man sich nicht diese Blöße geben sondern lieber schweigen. Denn letztlich trifft man sich nur selbst damit.




    Zum Schluss: mir ist egal wenn jemand an Zefireli seinen Spaß hat, wahrscheinlich hätte ich denn nach ner halben Flasche Cognac auch – aber da ist selbst der Windows Media Player faszinierend.
    Ich habe auch nichts dagegen wenn 80 % der Deutschen den Musikantenstadel lieben.
    Womit ich aber ein Problem habe, wenn man ohne fundierte Ahnung, ohne Verständnis, ohne Wissen und ausschließlich durch Vorurteile über eine Sache zu Gericht zieht.


    Daher denke ich, dass diese Vehemenz mit der hier teils kräftig unter der Gürtellinie gegen Kunst paroliert wird, auch mal eine entsprechende Antwort vertragen muss.



    Guckt Euch die Opern erstmal an, bevor Ihr drüber herzieht - schlechtes Zeugs gibt es in jeder Sparte.
    Aber moderne Inszenierung per se als Scheißdreck zu bezeichnen finde ich unter der Würde dieses Forums.

  • Vielen Dank für Deine Audführungen. Ich mag Zefferelli nach wie vor, seine MET-Bohème liebe ich und seinen "Romeo und Julia"-Film ebenfalls.


    Doch, und da haben wir etwas gemein, liebe ich ebenfalls den Zauber gemalter Kulissen vor allem des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Welch ein Können! Welche Sicherheit in Farb- und Kompositionswahl! Meine Güte, die schüttelten sich ägyptische Ornamente wie nix aus dem Ärmel. Da fällt mir ein, dass ich mir doch noch die rekonstruierte Aida aus dem liceo kaufen wollte. Und ich träume ja immer noch davon, dass in Köln "Die Afrikanerin" rekonstruiert wird. Alte Szenenfotos dieser Inszenierung aus der Jahrhundertwende haben mich für sämtliche nachfolgenden Inszenierungen verdorben.

  • Ich wusste gar nicht, dass ich hier wie dort in Herrn Pape so einen grossen "Fan" habe, der sogar die Zahl der Zeilen meiner Beiträge zählt; aber wenn schon, dann bitte richtig: Kaum einer meiner Beiträge ist unter sieben Zeilen.
    Des weiteren dünkt mich, dass es in einem Forum von Klassikkennern überflüssig ist, Selbstverständlichkeiten in Form von Lehrvorträgen zu erklären.
    Symptomatisch scheint mir hingegen der letzte ausführliche Beitrag des Lullisten. Bewusst habe ich nie positiv von der Aida-Inszenierung von Zefirelli gesprochen, weil ich diese auch selbst missglückt und langweilig fand, habe hingegen auf seine sensationelle Bohème, bzw. Tosca hingewiesen und gebeten, mir anhand dieser Beispiele aufzuzeigen, womit er die Bezeichnung "Selbstdarsteller" verdient habe. Statt dessen kommt der Lullist wieder auf die Aida zu sprechen, um nette Bezeichnungen wie "Mist","Faschingsniveau", bzw. den Vergleich mit Hitlers Architekten anzubringen (dazu nicht zu vergessen, ellenlange Ausführungen über die Aufführungen von Opern, die für ihn das non plus ultra sind.) Die Kenntnis einer einzigen Inszenierung in Ausschnitten rechtfertigt es kaum die Lebensleistung dieses Mannes derart abzukanzeln. Ich verstehe übrigens auch nicht, warum es Herr Pape als "Abkanzeln" bezeichet, wenn ich mich nicht halb so deutlich (!) gegen die Diskreditierung dieses Regisseurs und seiner Anhänger wehre, wie der Lullist eine Pauschalverurteilung vornimmt.
    P.s. wie nicht anders zu erwarten, kann auch ich sehr gerne auf den Chereau-Ring verzichten, auch deswegen, weil die Gesangsleistungen zum grossen Teil schlichtweg indiskutabel sind.

    Einmal editiert, zuletzt von m.joho ()

  • Zitat

    Original von m.joho
    P.s. wie nicht anders zu erwarten, kann auch ich sehr gerne auf den Chereau-Ring verzichten, auch deswegen, weil die Gesangsleistungen zum grossen Teil schlichtweg indiskutabel sind.


    Ja, auch hier haben Sie recht!

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