Das Rampensingen wird einem ja stets - neben vermeintlichen Wackelkulissen - als Totschlagargument gegen traditionelle, werktreue Inszenierungen entgegengescheudert. Abgesehen davon, dass ich dieses sogenannte Rampensingen (ein Sänger geht nach vorne, singt und geht wieder nach hinten) so gut wie nie erlebt habe, hat es mich auch nie gestört - wohl aber der blinde Aktionismus, der teilweise beim "Regie"theater betrieben wird, sei es unmotiviertes Herumlaufen beim Linkerton, Schreibmaschinentippen von Rodolfo oder nervöses Gequalme von Alfredo. Ganz zu Schweigen vom Herumhampeln des Chores à la Massenvergewaltigung bei dem Kölner Samson-PR-Skandal.
Also, ich möchte jetzt wirklich mal wissen, wen das stört, wen es nicht stört, und vor allen Dingen warum, weshalb und was er, sie genau darunter versteht und wie oft er schon in den Genuss desselben kam.
Ich finde z.B., dass es Arien gibt, die eine gewisse Statik verlangen und gerade durch ihre innere Anmutung überzeugen müssen, sei es "Wie nahte mir der Schlummer" oder "Hier an dem Herzen treu geborgen". Leider unvergessen Micaelas Nümmerchen mit dem Hirten, deren Zeuge ich mal bei ihrer Arie "Ich sprach, dass ich furchtlos mich fühlte" sein musste. Dagegen habe ich mal einen Siegfried erlebt, der in der Schmiedeszene stocksteif dastand. Klar, es gab auch keinen Amboss. Irgendwie habe ich das Gefühl, das "Regie"theater macht immer genau das Gegenteil von dem, was im Libretto steht.