Daniel Barenboim - Licht und Schatten eines internationalen Stars

  • Ich habe soeben eine Nachricht der Teldex Studios Berlin erhalten und mir wurde bestätigt, dass Daniel Barenboim bei der Neueinspielung aller Beethoven-Sonaten für die DG im Frühjahr 2020 seinen Maene Flügel verwendet hat!

    Sehr gut, lieber Christian! Dann kommt die Box auf meine Liste.... :thumbup: :)

    Das überrascht mich schon ein wenig, weil die Aufnahme mit dem explizit ausgewiesenen Maene Flügel definitiv völlig anders klingt. Aber Fakten sind Fakten. Daran komme ich wohl nicht vorbei. Danke für die Info!


    Du meinst seine erste Aufnahme auf dem Maene, lieber Axel? Ich habe ja die neue CD von ihm mit den Encores - da klingt der Maene-Flügel auch deutlich anders als in der ersten, eher mehr in Richtung Steinway. Woran das liegt? Wohl an der Intonation und der Aufstellung der Mikrophone. Da ich seine vorletzte Beethoven-Einspielung - die Live-Konzerte - auf einem Steinway auch schon besitze, kann ich so einen gezielten Klangvergleich machen, wenn ich die letzte Box dann habe (oder Downloads) - und meine Anlage wieder verfügbar ist!


    Schöne Grüße

    Holger

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  • Du meinst seine erste Aufnahme auf dem Maene, lieber Axel? Ich habe ja die neue CD von ihm mit den Encores - da klingt der Maene-Flügel auch deutlich anders als in der ersten, eher mehr in Richtung Steinway. Woran das liegt? Wohl an der Intonation und der Aufstellung der Mikrophone.


    Das ist allerdings interessant. Warum die dann einen Steinway auf den Cover abbilden, bleibt dann ein Geheimnis der Marketingabteilung der DGG.....:(

  • Sehr gut, lieber Christian! Dann kommt die Box auf meine Liste.... :thumbup: :)

    Klanglich ist sie ein Ereignis, aber ich finde, dass es interpretatorisch wenig zu entdecken gibt - und bei den großen Sonaten bemerkt man dann doch, dass er die Tempi zuweilen deutlich zurücknehmen muss (bspw. op. 53. 109). Ich habe mir bislang allerdings nur 3-4 Sonaten angehört.


    Viele Grüße, Christian

  • Klanglich ist sie ein Ereignis, aber ich finde, dass es interpretatorisch wenig zu entdecken gibt - und bei den großen Sonaten bemerkt man dann doch, dass er die Tempi zuweilen deutlich zurücknehmen muss (bspw. op. 53. 109). Ich habe mir bislang allerdings nur 3-4 Sonaten angehört.


    Viele Grüße, Christian

    Da würde ich zustimmen.


    Die klanglichen Vorzüge dieser Aufnahme sind unbezweifelbar da. Leider führen sie naturgemäß dazu, dass man eben auch alle Schwächen im Spiel sehr deutlich heraushören kann.


    Ich hatte mit der Hammerklaviersonate begonnen (was natürlich auch ein wenig böse war) und stelle da für mich fest, dass Barenboims Kompromisse zwischen dem, was er noch spielen kann und was er vielleicht will, doch zu Ungunsten der Sonate ausgehen. Das ist bei den früheren Sonaten Op.2 und Op. 10 und Op. 7 nicht so deutlich. (Ich habe etwa so 10-12 Sonaten angehört)


    Grundsätzlich ist mir das nicht unsympatisch. Barenboim ist kein Jüngling mehr und alle Klaviersonaten Beethoven in der für Barenboim üblichen, kurzen Zeit einzuspielen, ist eine gewaltige Herausforderung. Wenn man aber nicht wohlgesonnen an die Einspielung ginge, könnte man mit ihr musikalisch unzufrieden sein ;)

  • Klanglich ist sie ein Ereignis, aber ich finde, dass es interpretatorisch wenig zu entdecken gibt - und bei den großen Sonaten bemerkt man dann doch, dass er die Tempi zuweilen deutlich zurücknehmen muss (bspw. op. 53. 109). Ich habe mir bislang allerdings nur 3-4 Sonaten angehört.

    Lieber Christian,


    das habe ich eigentlich auch kaum erwartet, dass Barenboim nach seiner letzten Aufnahme, die ja noch nicht sooo lange zurückliegt, bei so einem Mammutwerk zu radikal neuen Einsichten kommt. Es ist aber so, dass ein solches Instrument den Musiker inspiriert und er so dann doch zu - man muss sie wohl erst entdecken - im Detail zu überraschend neuen Lösungen kommt. Klar, im Alter geht manches nicht so behende. Das stört mich aber auch nicht! :hello:

    Die klanglichen Vorzüge dieser Aufnahme sind unbezweifelbar da. Leider führen sie naturgemäß dazu, dass man eben auch alle Schwächen im Spiel sehr deutlich heraushören kann.


    Ich hatte mit der Hammerklaviersonate begonnen (was natürlich auch ein wenig böse war) und stelle da für mich fest, dass Barenboims Kompromisse zwischen dem, was er noch spielen kann und was er vielleicht will, doch zu Ungunsten der Sonate ausgehen. Das ist bei den früheren Sonaten Op.2 und Op. 10 und Op. 7 nicht so deutlich. (Ich habe etwa so 10-12 Sonaten angehört)

    Lieber Axel,


    Claudio Arrau hatte mit weit über 80 die Beethoven-Sonaten bei Philips noch einmal aufgenommen, bis auf - wohl weise - die große Hammerklaviersonate. ;)


    Schöne Grüße

    Holger

  • Ich habe Barenboim heute in der Digital Concert Hall mit Martha Argerich und den Berliner Philharmonikern erlebt, vor der Pause Schumanns Klavierkonzert, danach die zweite Symphonie von Brahms. Die Argerich fand ich ziemlich gut, pianistisch auch mit 82 Jahren immer noch erstaunlich sicher, gestalterisch sehr individuell mit plastisch herausgearbeiteten Nebenstimmen (etwas an den alten Horowitz erinnernd, aber nicht ganz so manieriert), agogisch frei, mit Zeit für alle (sehr viele) Stellen, die ihr besonders am Herzen liegen, konzentriert aber gelöst, ohne diesen typischen, übergroßen Stress, den sie lange Zeit in ihrem Spiel hatte, manchmal auch ganz zurückgezogen das Orchester begleitend. Barenboim offensichtlich körperlich angeschlagen, beschränkte sich (sitzend) auf sparsame, kraftsparende Gesten, oft nur mit der Rechten, aber inspiriert und zugleich mit eiserner Disziplin. Die Philharmoniker halfen ihm, so gut sie es konnten, und das ist bekanntlich sehr gut... Das Publikum gab stehende Ovationen, wahrscheinlich auch für die Lebensleistung dieser beiden großen Musiker, die sich dann mit "Petit mari, petite femme" aus George Bizets "Jeux d'Enfants" für Klavier zu vier Händen bedankten. Dabei wurde leider ziemlich deutlich, dass man Barenboim als Pianisten zumindest mit anspruchsvollerem Repertoire wohl nicht mehr hören wird, er hatte große Mühe mit seinem (pianistisch sehr leichten) Primo-Part. Bei der Symphonie nach der Pause reichte dann seine Kraft einfach nicht mehr, bei einem plötzlichen Hustenanfall (der zum Glück von der Bildregie sofort ausgeblendet wurde) sah man im Orchester besorgte Gesichter. Mehr möchte ich dazu nicht schreiben.

    Insgesamt war es ein bewegendes Konzert, über dem eine gewisse Abschiedsstimmung schwebte. Einer der zweifellos größten Musiker unserer Zeit, der wie kaum ein zweiter scheinbare Gegensätze zwischen Inspiration und Disziplin, Empfindung und geistiger Durchdringung, bewusster Gestaltung und unfassbarem musikalischen Instinkt ausgleichen und zu höherer Einheit verbinden konnte, wird aller Voraussicht nach allmählich abtreten. Die Trauer darüber empfinde ich schon heute. Er wird fehlen.

    "Herr Professor, vor zwei Wochen schien die Welt noch in Ordnung."
    "Mir nicht."
    (Theodor W. Adorno)

  • Das alles mit Barenboim ist auch für mich sehr traurig. Zumal er gerade im Alter, wo er sich offenbar mehr Zeit nehmen konnte, anders als früher, wo er infolge von Überbeschäftigung nicht immer ganz auf seiner Höhe sein konnte, wirklich sehr schöne Aufnahmen gemacht hat, gerade auch auf dem Klavier mit einer geradezu liebevollen Detailarbeit und lyrischen Intentsität, als geronnene Erfahrung eines langen Musikerlebens. Ich werde jedenfalls über diese seine späten Aufnahmen fortlaufend berichten, die ich mir von ihm zuletzt zugelegt habe wie die auf seinem Maene-Flügel aufgenommenen Beethoven-Sonaten.

  • Noch gar nicht erwähnt wurde glaube ich sein spätes Debussy-Album mit den Estampes und einigen anderen Stücken. Diese Aufnahme müsste auch auf dem Maene-Flügel entstanden sein - anders als die Preludes, die früher aufgenommen, aber erst 2018 zusammen mit den Estampes veröffentlicht worden sind.

    Viele Grüße, Christian

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  • Das alles mit Barenboim ist auch für mich sehr traurig. Zumal er gerade im Alter, wo er sich offenbar mehr Zeit nehmen konnte, anders als früher, wo er infolge von Überbeschäftigung nicht immer ganz auf seiner Höhe sein konnte, wirklich sehr schöne Aufnahmen gemacht hat, gerade auch auf dem Klavier mit einer geradezu liebevollen Detailarbeit und lyrischen Intentsität, als geronnene Erfahrung eines langen Musikerlebens. Ich werde jedenfalls über diese seine späten Aufnahmen fortlaufend berichten, die ich mir von ihm zuletzt zugelegt habe wie die auf seinem Maene-Flügel aufgenommenen Beethoven-Sonaten.

    Danke, das spricht mir aus dem Herzen !

  • Laut SZ hat Barenboim gerade in Berlin ein großartiges Konzert dirigiert, mit einer Symphonie Fantastique wie man sie „noch nicht gehört zu haben glaubt: ausführlich, bedachtsam, dabei plastisch ausgeformt“.

    Ausführlich, bedachtsam, plastisch ausgeformt? Darunter kann ich mir beim besten Willen nichts vorstellen - vor allem bei der "Symphonie fantastique" von Berlioz nicht. Weiß jemand, wo man einen Mitschnitt nachhören kann? Du vielleicht, Christian?

    Es grüßt Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Ausführlich, bedachtsam, plastisch ausgeformt? Darunter kann ich mir beim besten Willen nichts vorstellen - vor allem bei der "Symphonie fantastique" von Berlioz nicht. Weiß jemand, wo man einen Mitschnitt nachhören kann? Du vielleicht, Christian?

    Ich kann mir da schon etwas drunter vorstellen, natürlich mit all den Einschränkungen, die verbale Beschreibungen von Musik immer mit sich bringen. Den SZ-Artikel kann ich nicht lesen, weil ich kein Abo habe, aber auch andere Rezensionen dieses Konzertes sind erfreulich positiv. Es freut mich sehr, dass Barenboim anscheinend wieder etwas an Kraft und Gesundheit gewonnen hat. Einen Mitschnitt dürfte es vermutlich nicht geben, weil das Konzert ja nicht mit den Philharmonikern sondern mit der Staatskapelle war und deshalb wohl nicht in der Digital Concert Hall erscheinen wird. Auf dem Foto in der verlinkten Rezension sind auch keine Mikros im Orchester zu erkennen.

    "Herr Professor, vor zwei Wochen schien die Welt noch in Ordnung."
    "Mir nicht."
    (Theodor W. Adorno)

  • In der schönen Rezension wird auch von Bedachtsamkeit gesprochen - Barenboim wählte langsamere Tempi als früher und brauchte für die ‚Symphonie‘ wohl ca. 60 Minuten. Jetzt bin ich aber neugierig. Wäre zu schade, wenn es keinen Mitschnitt gibt.


    Viele Grüße, Christian