Schumann: Symphonische Etüden

  • Zitat

    Original von romeo&julia


    Wilhelm Kempff, 1973, spielt mit weichem Anschlag und deutlichem Pedaleinsatz, wirkt auf uns klebend, hat für uns den Gestus Schumanns nicht gefunden. Kempffs Aufnahme erscheint etwas altbacken und sagte uns wenig zu.


    Kempffs spätere Einspielung ist in der Tat weniger reizvoll als "seine" Kreisleriana aus den fünfziger Jahren. Kann ich Euch nur empfehlen!


    Herzliche Grüße,


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Lieber Christian


    Danke für Deinen Hinweis, somit ist alles klar. Wir wussten nichts über eine ältere Aufnahme. Ist die noch erhältlich und die Aufnahmequalität ausreichend?


    Hallo Siamak


    Es ist einiges in dieser Kassette enthalten. Vor allem viel Schumann, wie das Klavierkonzert, Kreisleriana, Davidsbündler, usw. Nach unserem Erachten hat er einen wunderbaren Zugang zu Schumann.
    Ebenfalls findet man folgende Werke;
    - Chopin: Etüden
    - Schubert D.960
    - Beethoven: Diabelli-V. op. 120


    Über die Qualität können wir nur bei Schumann eine Aussage machen, die sind wirklich hervorragend. Die restlichen Einspielungen hörten wir uns noch nicht genauer an um hier eine Meinung abzugeben. Auch sind die Aufnahmedaten weit auseinander.


    Herzliche Grüsse


    romeo&julia

  • Zitat

    Original von romeo&julia


    Danke für Deinen Hinweis, somit ist alles klar. Wir wussten nichts über eine ältere Aufnahme. Ist die noch erhältlich und die Aufnahmequalität ausreichend?



    Also: Die Aufnahme ist noch im Handel, entweder in einer Kassette mit Kempffs Solo-Aufnahmen bei der DG (5 CD´s) oder als einzelne CD bei 2001. Abgesehen von der Tatsache, dass es sich um eine Monoaufnahme handelt, ist die Aufnahmequalität absolut in Ordnung.


    Herzliche Grüße,


    Christian


    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • hallo romeo & julia,


    ich spiele tatsäclich mit dem gedanken, mir die anda-kassette zu besorgen, da ich ihn sehr schätze.


    gruß, siamak

    Siamak

  • Sagitt meint:


    Ich habe eine Aufnahme von Weissenberg,live 1982 in Italien,unglaublich virtuos, mir ein wenig zu " russisch".


    Aber was dieser Herr manuell konnte, ist schon beeindruckend.
    Da gucken andere nur hinterher.

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  • hallo sagitt,


    wahrscheinlich sogar zu bulgarisch ! es ist ein typischer weissenberg sein schumann. ich kenne mit ihm die kinderszenen und live habe ich mit ihm die c-dur fantasie erlebt. die phrasierungen sind gelegentlich verkrampft. ich konnte sehen, dass er viel aus den oberarmen heraus spielt, weniger aus den handgelenken. das wirkt sich auf die phrasierung unangenehm aus, sie wirkt dann schwerfällig.


    gruß, siamak

    Siamak

  • Hallo Acoma,


    "Russisch" war keine geographische Eingrenzung, sondern eine ästethische Kategorie: eher hart, leicht bis zum Donnern, sehr vollgriffig gespielt.


    Gibt eine bulgarische Schule ?


    War mir bisher nicht bekannt


    schöne Grüsse


    Sagitt

  • Liebe Klavierfreunde,


    inzwischen sind ja einige neue Aufnahmen der "Symphonischen Etüden" erschienen, Ragna Schirmer und Pierre Laurent Aimard beispielsweise, wo würdet Ihr diese Aufnahmen im Vergleich mit den "großen" Alten einordnen?




    Welche andere Neueerscheinungen der Etüden findet Ihr noch erwähnenswert?
    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Hallo Christian,


    die CD von Ragna Schirmer mit den Symphonischen Etüden ist eine der schönsten Schumann-CDs, die ich kenne, auch wegen der Koppelung mit den Beethoven-Variationen WoO 31. Ragna Schirmer spielt alle vorhandenen Etüden und Variationen op. 13, und im Booklet wird ausgewiesen, welche Nummern zusammengehören würden, um jeweils eine bestimmte Fassung zu ergeben. Es wäre interessant, die Tracks mal in der entsprechenden Reihenfolge zu programmieren. Da ich das nicht kann, werde ich sie mir mal auf dem Computer entsprechend zusammenstellen und die verschiedenen Versionen brennen; ich fürchte allerdings, dass eine andere Reihenfolge dann nicht mehr original klingt (Nachhall des vorigen, nicht dazupassenden Stückes wäre vielleicht zu hören, etc).



    Andererseits weiß ich gar nicht, wieso ich die Stücke anders hören sollte als in der hier vorgegebenen Reihenfolge - ich kenne keine bessere Aufnahme, obwohl ich der Meinung bin, dass es gerade von den Symphonischen Etüden einige hervorragende (weiter oben schon genannte) Aufnahmen gibt: Schiff, Richter, Glemser etc.


    Die CD von Aimard würde mich auch interessieren, da ich bei diesem tollen Klavierabend im Konzerthaus dabei war und ihn dann auch noch vom Radio aufgenommen habe. Symphonische Etüden und Carnaval an einem Klavierabend, das war schon ein Superlativ für sich! Ein bissl viel Schumann - aber es hat Spaß gemacht. Auf der CD ist wahrscheinlich vom Gehuste des Publikums oder von gelegentlichen kleinen Missgriffen Aimards kaum etwas zu hören, denke ich. Das Konzert, so wie es war, kann man ja kaum so auf CD bannen und verkaufen. Vielleicht kann jemand etwas dazu sagen, ob hier nachträglich manipuliert wurde.

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Hallo Christian,


    ich habe auch die Pogorelich-Aufnahme zu Hause und finde sie ehrlich gesagt ungleich spannender als Schirmer und Aimard. Obwohl ich letzteren sehr schaetze, habe ich den
    Eindruck gewonnen, dass dies nicht unbedingt seine staerkste Aufnahme ist.


    Pogorelich ist sehr eigenwillig, deine Chrakterisierung seines Spiels ist durchaus treffend.
    Besonders die scharf akzentuierten Var. gelingen ihm IMO sehr gut.


    ICh weiss nicht genau welche, aber die erste Var, die wirklich trotzig daherkommt wird von
    Pogorelich wie kaum von einem zweiten, den ich kenne auch so trotzig im Ausdruck vermittelt. Das gefaellt mir daran.


    LG
    Wulf.

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  • Lieber Wulf,


    im Konzert haben mir Pogorelich´s Etüden sehr gut gefallen, besser als seine Aufnahme; er hat im Konzert einfach noch mehr riskiert- insbesondere das Finale: Nicht einfach nur schnell, sondern rasant und treffsicher- ohne nur zu donnern. Auf der Platte scheint er für mein Empfinden mehr auf Nummer sicher zu gehen. Allerdings habe ich die CD länger nicht mehr gehört- und müsste meine Höreindrücke einmal überprüfen. Einen Nachteil hat die Aufnahme aber definitiv: Pogorelich lässt die fünf Variationen aus dem Nachlass aus, was ich persönlich schade finde. Für mich gehören sie einfach mit dazu.


    Über Aimard habe ich mir noch kein definitives Urteil gebildet. Ob sie die neue Referenzeinspielung ist? (So schrieb man im FF) Glaube ich eigentlich nicht. Und Ragna Schirmer? Zum einen gefällt mir die Verbindung mit den Beethoven-Variationen ausgesprochen gut. Pogorelichs Wahl von Op. 111 erscheint mir da weniger zwingend. Schirmer spielt die Variationen aus dem Nachlass- und technisch steht sie Pogorelich für mein Empfinden in nichts nach. Insbesondere das Finale gelingt ihr besser. Da ist von Reserve nichts zu spüren, sie steigert klug und lässt dann zum Schluss den Pferden die Zügel schießen, ohne aus dem Sattel zu fliegen (um im Bild zu bleiben :D )


    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Bernd schrieb ja über Pierre Laurent Aimards Aufnahme der Etüden im betreffenden Thread zu dieser Einspielung folgendes:


    Zitat

    Original von Zwielicht
    Ansonsten halte ich Aimard für einen großartigen Pianisten - nur bei seiner hochgelobten Schumann-CD habe ich einige (kleine) Probleme, finde ihn bei op. 13 etwas zu "klassizistisch".





    und wenig später nach erneutem Hören dieses:


    Zitat

    Vergesst mein obiges Gebrabbel bezüglich der Schumann-CD. Ich habe jetzt die Symphonischen Etüden op. 13 mit Aimard nochmal durchgehört - es ist eine ganz fantastische Einspielung, die in fast jeder Variation traumsicher Tempo und Charakter trifft. Gerade die drei, vier besonders vollgriffigen Stücke klingen hier nicht ganz so massiv (Arrau kann einem hier das Fürchten lehren). Mein länger zurückliegender "klassizistischer" Eindruck bezog sich wohl auf eine der fünf nachgelassenen Variationen (Nr. 3; Track 11), die er für meinen Geschmack ein bisschen zu trocken spielt, und vielleicht auch die wunderschöne letzte, lyrische Variation vor dem Finale - obwohl er da eigentlich nichts falsch macht. Wie auch immer - eine dicke Empfehlung!


    Ich habe die CD später noch einmal gehört und würde Dir im wesentlichen zustimmen, nur das Finale kommt mir ein wenig zu kontrolliert daher. Das gelingt Ragna Schirmer für mein Empfnden ein wenig besser.


    Und, Bernd, wenn Du dazu Zeit findest, fände ich es interessant wie Dir Aimars Carneval gefällt, einen Thread dazu gibt es bereits:


    Carneval



    Herzliche Grüße,:hello::hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Zitat

    Original von Caesar73
    Ich habe die CD später noch einmal gehört und würde Dir im wesentlichen zustimmen, nur das Finale kommt mir ein wenig zu kontrolliert daher. Das gelingt Ragna Schirmer für mein Empfnden ein wenig besser.



    Lieber Christian,


    mit dem Finale hast Du sicher recht - ich gebe aber ehrlich zu, dass ich mich bei diesem Teil von op. 13 ohnehin manchmal dabei erwische, ungeduldig zu werden (zuviel Redundanz). Liegt vielleicht auch an den Interpretationen, die ich kenne - dazu gehört leider (noch) nicht die von Ragna Schirmer.


    Ein interessantes Problem bei op. 13, das oben auch schon angesprochen wurde, sind ja die fünf aussortierten bzw. nachgelassenen Variationen. Es ist schon verblüffend, wie vielfältig die Möglichkeiten sind, die Stücke wieder "einzusortieren". Oft en bloque, aber an unterschiedlichen Stellen, manchmal auch einzeln zwischen die angestammten Stücke eingefügt. Das verleiht jeder Interpretation (zumindest wenn man sie kennenlernt) etwas Unberechenbares, das gut zum Werk und zu Schumann passt.


    Allerdings bestehe ich darauf, dass die fünf Stücke gespielt werden - gerade das zweite und das fünfte sind wahre Perlen!






    Wird gemacht! :)



    Viele Grüße


    Bernd

  • Liebe Etudiants,


    hier fehlt eindeutig die Darbietung Evgeny Kissins anlässlich seines umjubelten Carnegie Hall – Debuts am 30.11.1990.





    Der einstige Wunderknabe mit dem etwas irren Blick spielt alle 17 Variationen, in dieser Reihenfolge:
    I
    I posth.
    II
    III.
    IV
    V
    VI
    IV posth.
    V posth.
    VII
    III posth.
    VIII
    IX
    II posth.
    X
    XI
    Finale


    Er selber bemerkt dazu im Interview:


    K: “In die Symphonischen Etüden habe ich mich verliebt, als ich acht war, obwohl ich das ganze Werk erst mit fünfzehn einstudierte.“
    I: „Haben sie ein Programm?“
    K: „Schumann hinterließ kein spezifisches Programm, obwohl er in Briefen das einleitende Thema als Trauermarsch beschrieb und das Finale als Triumphmarsch.“
    I: „Sie haben auch die posthumen Variationen aufgenommen.“
    K: „Natürlich. Ich liebe die zusätzlichen Variationen; sie machen die Symphonischen Etüden so viel reicher. Gilels hat sie nie aufgenommen, und Richter fügte sie alle nach der fünften Variation ein. Mein Ansatz ist ähnlich dem Sofronitzkys, aber nicht identisch; er verteilte sie über das ganze Werk.“


    Kissin geht die ganze Sache bei unglaublich brillanter Technik merkwürdig unsentimental an, wie um den Etüden-Charakter zu unterstreichen.


    Staubtrockene Staccati im Diskant gegen betontes Bass-Legato in Var. III (nicht allerdings in der verwandten Var. I posth.), herausgemeißelte rhythmische Betonungen in Var. IV, atemberaubendes Tempo in Var. VI, eine gewisse Distanziertheit in den verträumten, posthumen Var. IV und V, völliger Verzicht auf das Pedal (bis auf den Schluss) in Var. IX und gläserne Präsentation der Melodie in Var. XI als Beispiele mögen diese Deutung legitimieren.


    Rubati werden vergleichsweise sparsam eingesetzt, ebenso das Pedal, Stimmen nahezu analytisch herausgearbeitet. Das dynamische Spektrum fängt erst beim mezzopiano an, erreicht dafür dann aber gesunde fortissimi.


    Eine Aufnahme, die ich gerade um ihrer Sprödigkeit willen sehr schätze.


    Die Doppel-CD beinhaltet überdies die Abegg-Variationen Op.1 und die Liszt-Bearbeitung der „Widmung“ („Du meine Seele, Du mein Herz“ aus Myrthen Op.25), drei weitere Liszts (revoltierende Rhapsodie e.), einen Chopin-Walzer und als weiteres Highlight Prokofjews erste Kriegssonate Op. 82 nebst der Etude Op.2/3.


    Gruß.



    étudiamus

  • Die beste Aufnahme der Stücke in meinem Regal ist die von Wilhelm Ohmen auf Inak - eine auch aufnahmetechnisch hervorragende Version, sehr direkter, aber überhaupt nicht harter oder unangenehmer Klavierklang, wie als ob er im eigenen Wohnzimmer steht, technisch äußerst kompetent gespielt, mit Wärme und Ausdruck ohne jede Übertreibung. Auch Ohmen spielt die kompletten 18 Stücke.

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  • Zitat

    Original von miguel54
    Die beste Aufnahme der Stücke in meinem Regal ist die von Wilhelm Ohmen auf Inak


    Was steht denn dort noch im Regal an Sinfonischen Etüden?
    :hello:

    Gruß ab


    ---
    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke

  • Zu meiner eigenen Überraschung zur Zeit keine andere - hatte diverse auf Billiglabels, die ich offensichtlich gleich wieder verschenkt habe, weil sie mir von der Interpretation und dem Klavierklang nicht gefielen, und hatte andere von einem Freund geliehen, kann mich aber nicht mehr entsinnen, welche, ist zu lange her ... die Aufnahme von Ohmen ist als einzige "hängengeblieben" und gefällt mir immer wieder - ein Tontechniker, Peter Mühlbauer vom leider nicht mehr existierenden Capella Verlag in Wiesbaden, hatte sie mir empfohlen; er hatte mehrere CDs mit Ohmen gemacht und bedauerte, daß diese nicht bei ihm erschienen war.
    Bei dieser Art Klavierklang stört mich der für meinen Geschmack zu neutrale Klang des modernen Klaviers viel weniger.


    Ich war der festen Überzeugung, daß da noch ein oder zwei andere Aufnahmen zwischen sind - habe auf der Suche dafür noch eine der Sonate op. 11 gefunden, die ich in den nächsten Tage wieder hören muß.

  • Lieber a.b., meine Feststellung nach Deiner Frage hat mich im positiven Sinne gewurmt, und siehe da, gestern fand ich bei Zweitausendeins in Frankfurt diese CD:



    Wolfram Schmitt-Loeonardy mit den Abegg-Variationen op. 1, den Intermezzi op. 4 und den Symphonischen Etüden op. 13.


    Werde noch genauer berichten.



    Wozu diese Threads alles gut sind ...... :hello:

  • Zitat

    Original von miguel54
    ... ein Tontechniker, Peter Mühlbauer vom leider nicht mehr existierenden Capella Verlag in Wiesbaden, hatte sie mir empfohlen; er hatte mehrere CDs mit Ohmen gemacht und bedauerte, daß diese nicht bei ihm erschienen war.


    Korrektur: Zumindest das Label, Melisma, scheint es noch zu geben.

  • Zitat

    Original von miguel54


    Wolfram Schmitt-Loeonardy mit den Abegg-Variationen op. 1, den Intermezzi op. 4 und den Symphonischen Etüden op. 13.


    Habe mir Herrn Schmitt-Leonardy mehrere Mal zu Gemüte geführt - Ohmen gefällt mir immer noch besser.
    Zum einen das Klavier: Ohmen hat einen Bösendorfer, der im Gegensatz zu Schmitt-Leonardys Steinway mehr Kontur, Klarheit bringt. Aber es ist auch die Spielweise. S-L (ich kürze ihn mal so ab) benutzt deutlich mehr Pedal, Ohmen setzt es sehr zurückhaltend ein, holt mehr Differenzierungen zwischen den Charakteren der einzelnen Variationen heraus. S-L spielt lebendig, aber insgesamt irgendwie konventioneller, so richtig nach Schumann will es in meinen Ohren nicht klingen. Offenbar ist der Bösendorfer doch etwas näher am alten Wiener Klangideal als der weichzeichnende Steinway.
    S-L's Darbietungen der anderen beiden Werkzyklen verstärken den Eindruck im Vergleich mit einer HIP-Aufnahme von John Van Buskirk auf einem Graf-Nachbau: der klingt fast ledern dagegen, fast zu perkussiv, aber viel mehr nach dem Temperamentvollen Schlagabtausch von Florestan und Eusebius. Mehr zu dieser Aufnahme in einem neuen Thread über Schumann auf historischen Klavieren.


    Fazit: Wer den Steinway-Klang bevorzugt, dem kann ich S-L durchaus empfehlen, der Flügel steht gut im Raum, aber nicht in weiter Ferne, sondern greifbar; trotzdem hätte ich von einer SACD in DSD-Technik etwas mehr Klarheit und Brillianz erwartet.


    p.s. nach nochmaligem Hören bestätigt sich der Eindruck: Bei Ohmen kommt die Gratwanderung Schumanns, einen Variationszyklus zu schreiben, ohne in die Unarten der damalig legion verbreiteten Virtuosenplänkeleien zu verfallen, viel besser heraus. Den Einfluß Bachs z.B. kann man bei Ohmen förmlich riechen, bei S-L hört sich alles eben nach einem niveauvollen Virtuosenstück an. Das Unkonventionelle Schumanns arbeitet Ohmen ganz hervorragend heraus - nach seiner Darbietung zögert man nicht, die Symphonischen Etüden in eine Reihe mit den Goldberg-Variationen Bachs und den Diabelli-Variationen Beethovens zu stellen, wo sie als "Fricken-Variationen" :D auch hingehören.


    Ich kann die CD von Herrn Ohmen nur empfehlen, gebraucht ist sie ab und zu erhätlich, und klingt wirklich hervorragend! Cover folgt.

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  • Unglaublicherweise liegt dieser Thread über eines der zentralen Klavierwerke Schumanns nun seit fast 14 Jahren brach. Ich habe die Tage zwischen den Jahren unter anderem damit verbracht, mir verschiedene Aufnahmen dieses wunderbaren Werks anzuhören. Zu meinem Erstaunen gibt es wenige Neuaufnahmen (sehr hörenswert ist die von Claire Desert) und es führt kein Weg vorbei an den bekannten Aufnahmen von Pollini (hier kaum zu übertreffen, es ist einfach alles da, auch die Poesie, eine Schumann-Aufnahme für die Ewigkeit!), Schiff (mit überraschendem Zug!) und Richter (mir zu schnell). Brendel hat in seiner Digitalen Aufnahme die nachgelassenen Stücke sehr eigenwillig angeordnet, damit tue ich mich schwer. Kein Weg vorbei führt an dem letzten Konzert-Mitschnitt mit Gilels in Moskau, was für ein elektrisierendes Spiel! Dass er langsamere Tempi wählt, spielt dabei kein Rolle. Schade nur, dass er die fünf nachgelassenen Stücke nicht spielt.
    Aber eine Entdeckung habe ich dann doch gemacht: es gibt eine fantastische Aufnahme von Peter Rösel! Geheimnisvoll, lyrisch, virtuos - und er gebietet über eine symphonische Klangpalette! Was für ein unterschätzter Pianist! Wurde er hier überhaupt schon mal erwähnt? Ich habe nichts über Peter Rösel im Forum gefunden und möchte ihn Euch sehr ans Herz legen. Die Aufnahme gibt es bei Spotify.


    Viele Grüße, Christian

  • Ohne Gewähr auf Qualität :-) ich bin gerade dabei zu hören. Der Pollini ist hier auch einer meiner Favorites, ich hatte aber 'mal eine Etudenphase, da kamen auch von Schumann die sinfonischen dran, daher habe ich da ein wenig. Mikhail Pletnev sollte zumindest einmal gehört werden


  • Zu meinem Erstaunen gibt es wenige Neuaufnahmen (sehr hörenswert ist die von Claire Desert)

    Die kenne ich jetzt leider nicht. Da muss ich noch einmal schauen.

    Aber eine Entdeckung habe ich dann doch gemacht: es gibt eine fantastische Aufnahme von Peter Rösel! Geheimnisvoll, lyrisch, virtuos - und er gebietet über eine symphonische Klangpalette!

    Schön, dass Du die Qualitäten von Peter Rösel siehst. Er hat leider gar nicht so viele Freunde. Es gibt einen hervorragenden Brahms und auch eine schöne CD mit Einspielungen mit Busoni Transkriptionen von Bach.


    Ich liste einfach mal ohne Beurteilung neuere Einspielungen der Etuden die mir grundsätzlich vorliegen, ohne sie auch nur entfernt gleichhäufig gehört oder verglichen zu haben



    Valentina Lisitsa



    Eric Le Sage, in der Box CD 4, ob einzeln erhältlich oder überhaupt noch erhältlich, weiß ich gerade nicht


    R-17322817-1612809787-6848.jpeg.jpg




    Ragna Schirmer




    Lev Vinocour (Hier eine Einspielung aller Etüden Schumanns mit den Variationen über die Zeit). Bei mir sieht das CD Cover noch sympathischer aus, aber es handelt sich wohl um dieselbe Aufnahme




    Hiroaki Takenouchi von 2017, noch sehr neu.


    R-18117313-1617362730-7992.jpeg.jpg




    Martin Helmchen




    Pierre-Laurent Aimard





    Und natürlich noch die älteren Aufnahmen mit Géza Anda, Peter Rösel (1978), Murray Perahia und Wilhelm Kempff

  • Gerade eben noch in einer Schicht des Miozäns gefunden. Soweit ich mich erinnere eine sehr klare Aufnahme, aber über das Spiel kann ich gerade nichts sagen. Eine alte Scheibe aus dem Jahre 1984/85


    Wilhelm Ohmen


    R-11503647-1517504041-5765.jpeg.jpg

  • Die Aufnahme von Schirmer finde ich auch sehr stark, Helmchen ist gut, aber etwas unpersönlich, Pletnev verliert sich leider in Manierismen und Lisitsa, Le Sage und vor allem Aimard müsste ich mir mal wieder anhören. Sind mir aber nicht besonders in Erinnerung.


    Aber was meinst Du damit, dass Peter Rösel wenige „Freunde“ hat?


    Mir ist es wirklich ein Rätsel, wie solch ein Meisterpianist so unbekannt sein kann. Werde mir auch seine anderen Aufnahmen anhören.


    https://www.discogs.com/releas…Cden-Op-13-Papillons-Op-2


    Viele Grüße, Christian

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  • Aber was meinst Du damit, dass Peter Rösel wenige „Freunde“ hat?


    Mir ist es wirklich ein Rätsel, wie solch ein Meisterpianist so unbekannt sein kann

    Ich hatte nur auf verkorkste Art genau das mitteilen wollen. Ich finde es auch überraschend.


    Die Box gibt es wohl noch, leider finde ich gerade keine Referenz .... :(

  • Zu meinem Erstaunen gibt es wenige Neuaufnahmen (sehr hörenswert ist die von Claire Desert) und es führt kein Weg vorbei an den bekannten Aufnahmen von Pollini (hier kaum zu übertreffen, es ist einfach alles da, auch die Poesie, eine Schumann-Aufnahme für die Ewigkeit!),

    Lieber Christian,


    ja! :) Besonders gefällt mir, dass Pollini nicht das übliche Finale, sondern das aus der Cortot-Ausgabe spielt. Das ist viel poetischer! Wirklich toll ist auch ein Konzertmitschntt mit Artur Rubinstein - leider ohne die posthumen Variationen allerdings! :hello:


    Ein frohes neues Jahr wünschend

    Holger

  • Ich kann es fast nicht glauben: Elf Aufnahmen der Sinfonischen Etüden op. 13 von Robert Schumann (1810-1856) sind auf dem Regal. Ich habe die CDs neben den Player gelegt als Hörprojekt der nächsten Woche.


    Diese Einspielung von Jörg Demus (1928-2019) wurde bisher nicht erwähnt. Sie ist Teil der Gesamtaufnahme aller schumannschen Solo-Klavierwerke, die zwischen 1972 bis 1976 entstand

    Nebst den 13 Tracks der Sinfonischen Etüden Op. 13 sind als eigenständiger Teil auch Thema* und fünf Variationen Opus postum 13 vertreten, die Schumann nicht in die Druckausgabe aufgenommen hatte.


    Das Thema* weicht im Posthumen Teil deutlich von der Druckfassung ab: Die Spieldauer ist beinahe doppelt so lange. (1 mim 28 s Druckfassung, 2 mi 38 s im Opus Posthum 13*), die Stimmführung ist anders, das Tempo langsamer.


    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Vielen Dank für den Hinweis, lieber Holger, das wusste ich nicht! Werde mir das Finale daraufhin gleich mal anhören.


    Dir auch ein gutes neues Jahr!


    Viele Grüße, Christian

  • Da zeige ich auch mal die sehr neue Einspielung der französischen Pianistin Claire Desert. Die CD erschien im September 2021 und enthält noch weitere Variationen von Schumann.



    Ich habe mit mittlerweile noch einmal Wilhelm Kempff mit den Etuden angehört, den ich erst vor Kurzem für Schumann entdeckt hatte. Allerdings fällt die Interpretation in meinen Ohren neben der von Pollini ab. Es ist viel Posie, aber wenig Etüde im Spiel, so dass eigentlich die Form des Werkes nicht deutlich wird. Gegen Pollini kommt es zeitweilig etwas wirr rüber ....



    Auf der Suche bei jpc nach dem Cover vom Kempff-Schumann fand ich durch einen Tippfehler einen Kempf-Schumann :). Kennt den jemand? Freddy Kempf spielt sinfonische Etudes....


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