Der Namensvetter: Ludolf Nielsen

  • Hallo Taminos,
    heute möchte ich Euch einen für mich neuentdeckten Komponisten vorstellen.
    Ludolf Nielsen



    Ludolf Nielsen 1926 - © Jens Cornelius
    1876-1939

    Bevor die Frage kommt, möchte ich gleich alle alle Vermutungen beiseite räumen: Ludolf Nielsen
    ist nicht mit seinem bekannten Namensvetter Carl Nielsen verwandt. Während der letztgenannte
    von der Insel Fünen stammt, waren die Vorfahren Ludolf Nielsens seit mehreren Jahrhunderten auf
    der Dänischen Hauptinsel ansässig und verfügten dort über recht viel Land.



    Das Geburtshaus Nielsens in Nørre Tvede © Jens Cornelius


    Karl Hendrik Ludolf Nielsen wurde am 29. Januar 1876 im kleinen Bauerndorf Nørre Tvede bei
    Næstved auf der Insel Seeland geboren. Seine Eltern bewirtschaften eine Farm im Ort. Obwohl
    diese keinen Bezug zur Musik hatten, fanden sich doch einige Musikinstrumente im Haus, an denen
    Klein-Ludolf gerne herumprobierte. So soll er, falls er mal nicht zum Essen erschien, meist auf
    einem Akkordeon spielend von der Mutter in den Zweigen einer der Obstbäume entdeckt worden
    sein. Bald entschieden sich die Eltern, dem ambitionierten Jungen Unterricht in der nächstgrößten
    Stadt Næstved geben zu lassen. So erhielt er 1884 die ersten geregelten Musikstunden bei
    Musikdirektor Bjørup und spielte schon bald bei verschiedenen Gelegenheiten in der Umgebung die
    Fidel. Noch heute ist im Geburtshaus ein kleiner stuckierter Ballsaal, in dem er wohl nicht nur
    einmal zum Tanz aufgespielt hat. 1884 erhält er den ersten allgemeinen Musikunterricht bei
    Christoffer Petersen, einem Trompeter im 4. Dragonerregiment. 1892 wird Ludolfs Traum wahr und
    er zieht nach Kopenhagen wo er professionellen Unterricht in Klavier, Geige und Theorie vom
    Konzertmeister Ludvig Holm erhält. Ein Jahr später entsteht seine erste bekannte Komposition –
    eine Elegie für Klavier und Violine in As-Dur. Das Klavierstück „Aften i skoven“ ( Abend im
    Wald ) folgt und offenbart bereits Nielsens Vorliebe an Naturlauten und traditionellen
    Tanzrhythmen. 1895 ist das Glück erneut auf seiner Seite und er bekommt einen Freiplatz am
    angesehenen Konservatorium, sodass er bei Otto Malling Harmonielehre, bei J.D. Bondensen
    Theorie, bei Albert Orth Klavier und bei Valdemar Tofte Violine studieren kann. Ein Jahr später
    folgt eine Anstellung als Bratschist im Tivoli Orchester.

    Das Tivoli-Orchester – Nielsen befindet sich in der zweiten Reihe recht vom Dirigenten – einer der wenigen Musiker
    ohne Bart! © Jens Cornelius


    1898 schließt er seine Ausbildung am Konservatorium ab und debütiert im Havnsøe Quartett als
    Bratschist. 1899 wird sein erstes Werk „Angelusklokker“ - ein Lied, öffentlich aufgeführt. Zudem
    erhält er die Gelegenheit sein Orchesterwerk „I Ørkenen“ - In der Wüste – mit dem Tivoliorchester
    zu proben. Das Werk, welches orientalische Einflüsse zeigt, offenbart bereits Nielsens geniale
    Instrumentierungskunst und Melodieführung. Nach offenbar recht unbedeutenden drei Jahren
    gelingt Nielsen 1902 der Durchbruch mit seiner sinfonischen Dichtung „Regnar Lodbrog“, welche
    im Tivoli mit großem Erfolg uraufgeführt wurde. Zudem wird er Bratscher im Bjørvig Quartett. Es
    folgen ereignisreiche Jahre. So erlebt 1903 seine 1. Sinfonie ihre Uraufführung in der Dänischen
    Konzertvereinigung. Von Winter 1903 bis Anfang 1904 unternimmt Nielsen eine Studienreise nach
    Leipzig, wo Breitkopf & Härtel sein 1. Streichquartett veröffentlichen ( ohne Entlohnung um es
    mal anzumerken... ). Weitere Ereignisse des Jahres sind seine Anstellung als Solobratschist und
    vertretender Dirigent beim Tivoliorchester. 1905 beginnt Nielsen mit historischen
    Streichinstrumenten aufzutreten und gewinnt zudem mit seiner Konzertouvertüre einen vom
    Komponisten Asger Hamerik ausgelobten Musikpreis für die beste Dänische Ouvertüre.

    Villa – heute teuerste Wohngegend Kopenhagens – in der A.N. Hansens Allé 36 © Jens Cornelius


    1907 zieht Nielsen mit seiner frisch geheirateten Frau, der Gymnastik- und Tanzlehrerin Ellen Paul-
    Petersen in den Kopenhagener Stadtteil Hellerup. Zudem erhält er das Anckersche Legat, welches
    im drei Jahre Finanzzuschüsse garantiert und ihn somit unabhängig macht. Er nutzt dies und
    unternimmt eine Studienreise die von Dresden über Nürnberg, München, Wien, Insbruck, Rom bis
    nach Tunesien führt. 1908 zieht er in das Haus seines Schwiegervaters in der A.N. Hansens Allé 36
    in Hellerup. Am 25. April1910 wird seine zweite Sinfonie ( auch Glückssinfonie ) in der Dänischen
    Konzertvereinigung unter Victor Bendix mit Erfolg aufgeführt. Sie ist seiner Frau gewidmet und
    wurde sogar im Ausland aufgeführt. Das Jahr 1914 bringt einen großen Einschnitt in Nielsens leben.
    Der erste Weltkrieg bricht aus und sorgt für einen Schaffenskrise, welche durch die ablehnende
    Aufnahme seiner bisher ambitioniertesten Werke – der dritten Sinfonie sowie seiner
    chorsinfonischen Dichtung „Der Turm von Babel“ - wohl verstärkt wurde. Allerdings fand seine
    Oper Isbella am Königlichen Theater eine wohlwollende Aufnahme. Auch trat Nielsen im selben
    Jahr den Freimaurern bei, für die er kleine Kantaten schrieb. Nach ereignisarmen Jahren führte im
    Oktober 1920 das berühmte Budapester Quartett sein 3. Streichquartett in Kopenhagen auf, welches
    autobiografisch durch den Tod seiner Eltern geprägt ist. 1922 hatte Nielsen seinen größten und
    letzten Erfolg. Das Ballett Lackschmi wurde durch seine farbenprächtig exotische Musik und der
    fantastischen Ausstattung ein großer Erfolg. Obgleich die impressionistische Orchestersuite
    Skovvandring ebenfalls ein Erfolg war, konnte sie diesen nicht einholen. Zumal ist Carl Nielsen der
    führende Komponist Dänemarks geworden. 1926 wird er daher der musikalische Berater beim
    Dänischen Rundfunk – einen Posten den er bis zum Jahr 1932 beibehält. In diesem Jahr ist er in
    einen Taxiunfall verwickelt, der es ihm unmöglich macht weiter zu arbeiten, weshalb er wohl
    rausgeschmissen wird. Er erkennt zudem immer mehr, dass kaum einer mehr an seiner Musik
    interessiert ist und schreibt Hörspielmusik und leichtere Musik ( unter dem Pseudonym Carl
    Heinrich ). 1937 wird Lackschmi in Tallinn aufgeführt. Als starker Raucher stirbt Nielsen am 16.
    Oktober 1939 aufgrund einer Schilddrüsenerkrankung. Er wird unter großer Anteilnahme auf dem
    Friedhof in Hellerup begraben. Er hinterlässt rund 200 Kompositionen aus allen Sparten. Seine Frau
    überlebt ihn um 22 Jahre und wird nebem ihm beigesetzt.

    Nielsens Grab auf dem Friedhof in Hellerup – das Relief stammt vom Isländischen Künstler Einar Jónsson.
    © Jens Cornelius


    Über sein Privatleben und sonstige Infos in loser Reihenfolge:
    Erstmal muss gesagt werden, wie erstaunlich es ist, dass Nielsen und zwei seiner Brüder trotz der
    bäuerlichen ( eher bildungsfernen ) Herkunft in Kopenhagen große Karriere machten und tolle
    Abschlüsse erlangten.
    Trotz einer sehr liebevollen Ehe und dem guten Verhältnis zu seinen Nichten, denen er seine
    verspielten „Noveletter“ widmete hatte Nielsen keine Kinder.

    Nielsen mit seiner Familie am Strand © Jens Cornelius


    Selbst zu seinen Glanzzeiten als gefeierter Komponist in Kopenhagen ließ es sich Nielsen nicht
    nehmen auf der Landfarm beim Ernten zu helfen.
    Sein Schüler Launy Grøndahl wurde selbst Komponist und widmete sich als Dirigent oft den
    Werken Nielsens. Sein Konzerte für Posaune findet sich noch regelmäßig in den Konzertsälen
    wieder. Nach Nielsens Tod versuchte er ( wenn auch erfolglos ) Nielsens Aufzeichnungen zu ordnen
    und zu ergänzen. Von seinen Nielseneinspielungen hat keine überlebt.
    Nielsens gesamter Nachlass befindet sich in der Königlichen Bibliothek Kopenhagen. Leider ist die
    Partitur zu seinem Werk „Dronning Margrethe“ verschollen. Das Material zu seinem
    Weihnachtszyklus Jacobs Jul ist unvollständig.
    Ludolf Nielsen war ein großer Autogrammsammler. In seiner Sammlung befinden sich
    Autogramme nahezu aller damaligen Dänischen Komponisten. Leider sind die Briefe dazu nicht
    erhalten, weshalb kaum etwas über Nielsens Privatleben bekannt ist. Heute sind nur noch drei
    Skizzenbücher erhalten. Weitere – falls es diese gab – sind verschollen oder vernichten. Nielsen hat
    wohl nie daran gedacht, dass die Nachwelt Interesse an ihm haben könnte – schade! In einem dieser
    Bücher sammelte er Zeitungsausschnitte, die seinen Namen erwähnten.
    Sein wohl erfolgreichstes Werk – von den Finanzen aus gesehen – ist das achttaktige
    Weihnachtslied „O, du dejlige grønne træ“, welches in diversen Kindersingbüchern veröffentlicht
    wurde.
    Obgleich Nielsen im Tivoli als auch ein Amateurorchester ab und zu dirigierte, darf man seine
    Fähigkeiten auf diesem Gebiet nicht als besonders hoch ausgeprägt annehmen. Meist dirigierte er
    nur eigene Werke. Aufführungen seiner großen Werke überlies er gerne namhafteren Dirigenten.
    Ein großes Mysterium in Nielsens Werkliste stellt die Oper „Lola“ nach dem Roman „Angelo
    Tyrann von Padua“ von Victor Hugo, dar! Ohne Aussicht auf eine Aufführung schrieb er eine
    farbenprächtige, rund 450 Seiten umfassende Partitur die sein größtes Werk darstellt. Eine
    Aufführung steht noch aus.


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    Da ich im Dezember Geburtstag hatte und man mich im vorhinein schon gefragt hat was ich mir wünsche habe ich mich entschlossen mir eine Liste mit skandinawischen Komponisten zusammenzustellen .


    Als dann die CD's auf meinem Tischlein lagen und ich sie mir komplett durchgehört habe ist mir der gute Herr Nielsen immer wieder im Kopf hängen geblieben daher schreibe ich diesen Artikel über ihn.




    Lackschmi oder eine Indische Liebesgeschichte ; Ballett op.45 ( 1919-1921)
    Mein Lieblingswerk von Nielsen. Genau wie bei C.Nielsens Aladdin wir man durch die Klänge ins Reich des Orient versetzt. Auch die Instrumentenwahl lässt einen im Orient sein, so wählte Nielsen für den Tanz des Todes eine Oboe ( nehme ich jedenfalls an ) die mit der Trommel solo spielt. Der berauschende Rhythmus sowie der Oboenklang der alles wie die Flöte eines Schlangenbeschwörers klingen lässt endet in einem unbeschreiblichen Schlusssatz wie ich ihn noch nie gehört habe. Absolut zu empfehlen. Auch das Orchester spielt unbeschreiblich gut unter Werner Andreas Albert auf!.
    Mit auf der CD ist die klangschöne Ouvertüre zur Oper Isbella op.10 von 1907. Auch hier zeigt Nielsen, dass er das Handwerk perfekt beherrscht und auch vielmehr Publikum verdient hätte.
    An der Stelle ein großes Lob an CPO.


    Eine weitere CD von ihm lag auf meinem Tischchen, seine 2 Sinfonie



    Auch hier ein ausgezeichnetes Werk des Komponisten welches auch wieder vom Orchester und von Dirigenten äußerst gefühlvoll aufgeführt wurde. Die von Nielsen selber als Glücksinfonie bezeichnete Sinfonie schrieb er zur Hochzeit mit seiner Frau . Das Glückthema lässt den Zuhörer auch die gleiche Euphorie erspüren die er verspürt hat. Auch ein absolutes Muss für die Fans skandinawischer Musik.


    Auch die anderen Stücke auf der CD, Berceuse und Lyrisk Nucturne sind sehr hörenswert, verblassen jedoch nach der vorhergegangenen Sinfonie.


    Es sind noch weitere Aufnahmen ( die ich jedoch noch nicht kenne ) auf dem Markt, und ich hoffe es werden noch viele folgen!



    Weiterhin existiert noch eine Aufnahme verschiedener Lieder, sowie von seinem Oratorium "Der Turmbau zu Babel ".


    LG
    Christian

  • Zitat

    Original von Christian Biskup
    Eine weitere CD von ihm lag auf meinem Tischchen, seine 2 Sinfonie


    Auch hier ein ausgezeichnetes Werk des Komponisten welches auch wieder vom Orchester und von Dirigenten äußerst gefühlvoll aufgeführt wurde. Die von Nielsen selber als Glücksinfonie bezeichnete Sinfonie schrieb er zur Hochzeit mit seiner Frau . Das Glückthema lässt den Zuhörer auch die gleiche Euphorie erspüren die er verspürt hat. Auch ein absolutes Muss für die Fans skandinawischer Musik.


    Auch die anderen Stücke auf der CD, Berceuse und Lyrisk Nucturne sind sehr hörenswert, verblassen jedoch nach der vorhergegangenen Sinfonie.


    Lieber Christian,


    danke für Deinen schönen Einführungsbeitrag.


    Obige Sinfonie besitze ich auch und höre sie ab und an recht gerne.
    Es ist sehr "positivistische" Musik, die seinen Titel zu recht trägt. Eine gewisse "Plakativität" und ein Hang zu "Knalleffekten" (wenn das "Glücksthema" durch Becken etc. "verstärkt" wird), ist der Musik zwar nicht abzusprechen, ist dennoch in meinen Augen nicht als "kitschig" zu bezeichnen.


    Wer sich bei einem unserer Werbepartner die Werkliste näher anschauen möchte: Ludolf Nielsen bei Amazon

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • @ Christian Biskup


    Die von Dir erwähnte Belletteinspielung Lackschmi sowie die Bühnenmusik Aladdin (mit Ballett und Vokaleinlagen) besitze ich ebenfalls. Mich hat überrascht, dass der Exotismus als Inspirationsquelle auch in Skaninavien Einzug gehalten hat.



    Beide Einspielungen sind sehr zu empfehlen.


    :angel:
    Engelbert

  • Gestern sind meine beiden neusten Nielsen CD's angekommen. Einmal handelt es sich um die bereits oben erwähnte DaCapo CD mit seiner 2. Sinfonie, der Konzertouvertüre und der Violinromanze.
    Nielsens 2. Sinfonie ist meiner Meinung nach eine der wohl abwechlungsreichsten Sinfonien in der Musikgeschichte Dänemarks. Nielsen verarbeitet das so schön als „Glückthema“ proklamierte Hauptthema raffiniert durch alle vier Sätze. Nielsen schrieb die Sinfonie als Reaktion zur Hochzeit mit seiner späteren Frau Ellen Pau-Petersen. Dieser ist das Werk auch gewidmet.


    Nielsen verlangt einen großen Orchesterapperat mit 3 Flöten, 2 Oboen, 1 Englischhorn, 2 Klarinetten, einer Baßklarinette, 2 Fagotte, 1 Kontrafagott, 4 Hörner, 3 Posaunen, eine Tuba, viel Schlagwerk und Streicher. Die Arbeiten am Werk begann Nielsen im Mai 1907. Erstaunlich ist dabei, dass seine Skizzenbücher nur selten vom ausgeführten Werk abweichen. Das entspricht seiner Kompositionsweise Werke möglichst in eins durchzuschreiben. 1909 war die Sinfonie fertig und wurde erstmals am 25. April 1910 unter Viktor Bendix und dem Komponisten selbst uraufgeführt. Die Kritiken waren sehr wohlwollend, allerdings wurde die Ähnlichkeit der Themen kritisiert.Die Sinfonie wurde u.a. auch in Prag gespielt. Es existieren heute drei Aufnahmen der Sinfonie ( CPO, DaCapo, sowie ein Radiomitschnitt unter Ole Schmidt aus den 80ern ).



    Der 1. Satz beginnt tief in den Streichern und alles andere als fröhlich. Nach einer Klimax wird jedoch ein Marsch im Orchester angestimmt, der durch starken Blecheinsatz durchaus eindrucksvoll ist. Zwischen den Marsch kommen kleine, tanzartige Episoden, bevor mit Becken verstärkt der Marsch seine ganze Kraft erhält. Nach einem dissonanten Aufschrei kehrt die Anfangsstimmung wieder und der Satz klingt leise .
    Der 2. Satz ist einer der schönsten Idyllen der Dänischen Sinfonik. Nach einem kleinen Horneinsatz beginnt das Englischhorn mit einer cantilenen Melodie einsätz, die später auf verschiedene Instrumente übertragen wird. Nach einer kraftvollen Tutti wird ein ergreifendes Thema vorgestellt, welches im
    ganzen Orchester gespielt wird. Ohne Klimax klingt es wieder ab, bis die Geigen des erste Thema wieder übernehmen. Der Satz endet in den hohen Geigen.


    Das Hauptthema des Scherzos ist das in Moll übertragene Glücksthema des 1. Satzes und beginnt sehr geheimnisvoll und typisch skandinavisch in den 1. Violinen, begleitet pizzicato von den restlichen Geigern. Nach 8. Takten kommt das ganze Orchester ein und geht in einem Tanzcharakter über. Im 2. Thema spielt die Flöte eine sehr verspielte Melodie von den Streicher begleitet, welches wieder in einen lebhaften Tanz endet. Dieser gewinnt nach und nach an Kraft und führt nach einem Fortissimo Höhepunkt wieder in das erste Thema. Nach einem letzen tanzartigen Höhepunkt geht Orchester auf pp ab bis zwei Orchesterschläge das Werk beenden.
    Der letzte Satz ( der Beste <img src="http://www.tamino-klassikforum.at/wcf/images/smilies/smiley_yes_ani.gif" align="BOTTOM" />) beginnt tief in den Bässen, welche übergebundene Triolen spielen. Ein Takt später setzen die restlichen Streicher ein und sorgen für eine friedliche Stimmung. Nach diesem kurzen Beginn wird über eine bitonale Überleitung ein fanfarenartiges Trompetenthema vorgestellt, welches im Laufe noch öfter erscheinen wird. Nach einem prachtvollen Höhepunkt beginnen die Streicher einen niedlichen Tanz der durch typisch skandinavische Einwürfe unterbrochen wird. Das nächste Tanzthema folgt zugleich und leitet mit einem Harfenglissandi ins "Glücksthema", welches im vollen Orchester wahre Euphorie verbreitet. Es folgt ein ruhigerer Teil im dem vorherige Themen in den Holzbläsern verarbeitet werden. Nun folgt einer der interessanteste Momenteder Sinfonie. Das Fanfarenthema erscheint erneut – nur von Streichern, Becken und Großer Trommel begleitet. Immer mehr crecendierend wird ein fortissimo Höhepunkt erreicht, der in einer spritzigen, euphorischen Glücksthema-Abwandlung mündet. Der Tanz wird wieder aufgenommen und leiten in einen grandiosen Schlusshymnus, bei dem das Thema in den Bläsern von der tänzelnden Abwandlung begleitet wird. Abwechselnde Orchestertuttis und Solopaukenschläge beenden das ergeizige Werk des Dänen.


    Die Aufnahme unter Frank Cramer bringt die Feinheiten des Werks viel präziser heraus als die der CPO-Aufnahme. Die Aufnahmequalität ist hervorrangend und es wird ein konstrastreiches, musikalisches Spiel geboten. Wie auch auf der CPO-CD, wird hier ebenfalls eines der drei Solowerke vorgestellt. Die Violinromance ist ein sehr sentimentales Stück, welches gemäß dem Zeitgeschmack ganz im nordischen Volkston gehalten ist und kunstvoll auf eine ergreifende Klimax zusteuert.

    Ebenfalls auf der Aufnahme enthalten ist die Konzertouvertüre, ein offengestanden eher ideenloses Stück des Komponisten. Es entstand für einen Wettbewerb für die beste Dänische Konzertouvertüre, den Asger Hamerik ausgeschrieben hatte.Es gab keinen ersten Preis, jedoch wurde ein Anerkennungspreis ausgestellt, den sich Nielsen mit einem Kollegen teilen musste. Es werden hierbei verschiedene Themen ohne besondere Raffinesse vorgestellt. Dennoch sind einige schöne Hornstellen dabei, die jedoch trotzdem nicht die Schwächen der Ouvertüre übertünchen können.


    LG


    Christian

  • Ludolf Nielsen (1876-1939)


    Lackschmi (Lakschmi)


    oder eine indische Liebesgeschichte


    Ballett in zwei Akten


    Werkverzeichnis: op. 45
    Komponiert zwischen 1919 - 1921
    Libretto von Karl Gjellerup
    Uraufführung am 4. März 1922
    Choreographie: Gustav Uhlendorff
    Zeitdauer: ca. 60 Minuten


    Personen:
    Der Rajah
    Surasundari, Gemahlin des Rajahs,
    Devadatta, indischer Prinz
    Veramadeva, Befehlshaber der Wachen
    Padmavati, seine Tochter
    Ino, ihre Freundin, eine Griechin
    Uraga, Schlangenbeschwörer mit Schlange


    Das Geschehen spielt in Indien vor der Kolonialzeit



    EINFÜHRUNG


    „Die Legende vom Schlangenstein“ des dänischen Nobelpreisträgers Karl Gjellerup, dem 1910 geschriebenen Roman „Die Weltwanderer“entnommen, bot die Vorlage für das Ballett „Lackschmi“. Komponist und Choreograph mussten die Geschichte erheblich reduzieren und den religionsphilosophischen Gehalt sowie die psychologischen Verstrickungen herausnehmen, um sie für die Zwecke eines Balletts brauchbar zu machen.


    Exotische Sujets benutzten schon die Komponisten Minkus und Pugni in St. Petersburg, um publikumswirksame Ballette auf die Bühne zu bringen. In Dänemark komponierte Carl Nielsen seine Bühnenmusik zu „Aladdin“ und hatte weltweiten Erfolg. Impulse kamen auch von Diaghilews Balletts Russes.


    Als Autodidakt komponierte Ludolf Nielsen seine indische Liebesgeschichte „mit leichter Hand“. Insbesondere der zweite Akt trieft vor Exotik in Anlehnung an die Werke Rimsky-Korsakows. Das Publikum dankte mit stürmischem Applaus. „Lakschmi“ wurde sein größter Bühnenerfolg und erlebte in der Zeit von 1922-1924 in Kopenhagen über zwanzig Vorstellungen. Der Komponist war Leiter des Tivoli-Orchester, mit dem er seine großen Erfolge einübte.


    Die Inszenierungen von „Lackschmi“ waren sehr aufwendig, der Choreograph und Ballettmeister Uhlendorff, ein Nachfahre des legendären Bournonville, tanzte selbst den Prinzen Devadatta.



    HANDLUNG

    Erster Akt: EIN HAIN MIT FLUSS UND SEE


    Mit den Lampen der Glücksgöttin Lakschmi lässt sich die Zukunft voraussagen. Eine Schar junger Frauen will ihr Schicksal erfahren und übergibt in einer Tanzzeremonie ihre Lampe dem Fluss, damit die Strömung sie davonträgt. Hat der Leuchtkörper ruhiges Fahrwasser, wird auch das Leben unbeeinträchtigt verlaufen, stößt er dagegen mit einer anderen Leuchte zusammen, hält die Zukunft Komplikationen bereit. Die Rani Surasundari will mit ihrem Gefolge am Ufer des Flusses ein bisschen verweilen. Dem Prinzen Devadatta hat sie ihre Huld zugewandt, doch dieser zeigt sich reserviert. Beobachtet werden die beiden vom Befehlshaber der Wachen, Veramadeva, der offenbar Information sammelt, um bei passender Gelegenheit Intrigen daraus zu spinnen.


    Die Frauen laufen am Ufer des Flusses entlang, um das Hüpfen ihrer Lampe in der unregelmäßigen Strömung zu beobachten. Ein Schlangenbeschwörer hat sich mit seiner Bambusflöte am Ufer niedergelassen. Folgsam wiegt die Schlange sich im vorgegebenen Takt der Melodie.


    Am Flussufer geht es lebhaft zu. Padmavati kommt mit ihrer griechischen Freundin Ino, der sie scherzhaft die Lampe weggenommen hat, um sie auf dem Fluss tanzen zu lassen. Diese will ihr Schicksal aber nicht wissen, weil sie bestimmte Befürchtungen nicht bestätigt sehen will. Die Unfreie ist in den Prinzen Devadatta verliebt, macht sich aber wenig Hoffnung auf Gegenliebe. Padmavati bleibt unnachgiebig, setzt die Lampe frei und diese treibt prompt ins Schilf. Ino ist untröstlich und weint so laut, dass der Prinz es hören kann. Dieser hat ein edles Herz, kommt eilends herbei und küsst der Unglücklichen die Tränen von der Wange. Die Lampe hat die Veränderung der Situation mitbekommen, löst sich aus der Verschlingung und sucht sich ruhiges Fahrwasser. Die beiden Verliebten umarmen sich und bemerken nicht, dass die Rani und Veramadeva aufmerksam geworden sind. Diese haben für die ausbrechenden Liebesgefühle der beiden kein Verständnis, denn in ihren Herzen nistet die Missgunst. Die Rani befiehlt Devadatta von seinem Objekt abzulassen und ihr in den Palast zu folgen. Veramadeva benimmt sich unwürdig und zeigt Gelüste, über Ino herzufallen. Ein vergebliches Unterfangen, denn Devadatta verhindert jegliche Gewaltanwendung in freier Natur. Böse Rache wird den Rivalen verfolgen, so schwört es Veramadeva.


    Die Turbulenzen am Flussufer sind noch nicht vorbei. Zwei Wachleute haben sich des Schlangenbeschwörers bemächtigt, der nicht weiß, welches Vergehen er begangen haben soll. Er fleht um Freilassung und zeigt Veramadeva einen gelblichgrünen Edelstein mit dem Ziel, Druck auszuüben. Eigentümerin des Steines sei die Schlange und sie werde jeden töten, der den Stein trägt. Der Befehlshaber lässt sich nicht in Furcht versetzen, nimmt den Stein an sich und will später seine Wunderkraft testen.


    Uraga ist genötigt, seinen musikalischen Dialog mit der Schlange abzubrechen, obwohl diese weitertanzen möchte und sich nun an der Orchestermusik von Ludolf Nielsen orientiert. Völlig überflüssig, dem Ballettpublikum, welches einen Platz mit Sichtbehinderung gebucht hat, zu erklären, dass die Schlange von einer schönen Ballerina im hautengen Trikot getanzt wird und den schicksalsträchtigen Edelstein an der Stirn trägt. Das Schlangenkörbchen ist naturgemäß den Körpermaßen der Ballerina angepasst.


    ZWISCHENAKTMUSIK


    Zweiter Akt: IM GARTEN DES PALASTES DES RAJAH


    Am Abend soll zur Freude der Hofgesellschaft ein Gartenfest stattfinden. Schöne Bajaderen werden tanzen und der Schlangenbeschwörer findet sich mit seiner Bambusflöte ein. In seinem Körbchen beherbergt er die giftige Kobra, die sich nach den Bewegungen der Flöte hin und her wiegen und den Gästen kalten Schauder einflößen wird - so verspricht es Veramadeva. Den kostbaren Edelstein hat er von einem Kunsthandwerker an zentraler Stelle in ein Diadem einarbeiten lassen. Am Abend soll das Krönchen verschenkt werden. Wen die Schlange zu beißen hat, wird noch festgelegt, erklärt Veramadeva dem verdutzten Uraga. Der Zuschauer ahnt, wer das Diadem trägt, ist hinterher auch der Gebissene. Aber wer wird sich das Schmuckstück aufsetzen?


    Der Rajah und die Rani erscheinen in feierlichem Aufzug mit Gefolge zur Abendveranstaltung. Die Bajaderen geben ihr bestes und tanzen, was der schöne Körper hergibt. Danach ist Ino an der Reihe und führt in einem Solo vor, wie man am Mittelmeer die Tanzkunst pflegt. Langsam und verführerisch sind ihre Bewegungen, so dass alle Anwesenden von ihrer großen Anmut auf das Angenehmste berührt sind. Als Kontrast treten nun Tänzer auf, die mit Stöcken aufeinander losgehen. Der Gewinner, welcher die meisten Schläge austeilt, bekommt die Griechin als Trophäe für seine Gewandtheit. Sieger im Kampfspiel ist Veramadeva, aber Devadatta macht ihm seine Trophäe streitig. Er will jetzt gegen Veramadeva mit dem Schwert kämpfen, weil er der Ansicht ist, Ino habe etwas besseres verdient, nämlich ihn. Die beiden Gockel gehen aufeinander los und der Beschützer der Unschuld gewinnt nach Punkten. Dem Verlierer schenkt er großzügig das Leben und gewinnt mit der edlen Geste den Beifall der Menge. Wenn der Rajah zustimmt, darf er das schöne Mädchen in seinen Haushalt überführen. Unterdrückte Wut produziert die Rani, die, obwohl bereits standesgemäß verheiratet, sich auch Hoffnung auf die heimliche Liebe des Prinzen gemacht hat.


    Veramadeva ist über die zur Schau gestellte Großzügigkeit seines Rivalen verstimmt. Das versprochene Mädchen bekommt er ebenfalls nicht – der Ballettbesucher kann ihm seinen Ärger nachfühlen. Er rafft seine Bosheit zusammen und hat nun eine klare Vorstellung, wen die Schlange beißen soll. Uraga soll dem Reptil Aufmerksamkeit einschärfen.


    Veramadeva überreicht das Geschenk Ino als Ehrung, weil sie so wunderschön getanzt hat. Der Prinz sieht es und möchte das Fass nicht zum Überlaufen bringen. Bevor die Rani die Beherrschung verliert, nimmt Ino das Diadem weg und überreicht es - wie sich das gehört - der schönsten Frau des Abends. Mit einem strahlenden Lächeln nimmt die Herrscherin das Geschenk huldvoll entgegen.


    Uraga lässt sich in Reichweite des Herrscherpaares auf den Marmorfliesen nieder und hebt den Deckel an. Seine Flöte spielt eine wunderschöne Weise und die Schlange entsteigt dem Wäschekörbchen und bewegt sich in dem Rhythmus, den Ludolf Nielsen vorgibt. Obwohl das Reptil schlecht sieht, weil ihre Brille nur aufgemalt ist, hat die Schlange schnell herausbekommen, auf wessen Haupt der Edelstein funkelt. Wütend schießt sie vor, um der Rani ihre Zähne ins Fleisch zu schlagen, aber Veramadeva besinnt sich auf seine Pflicht als Leibwächter, was zu seinen Gunsten spricht. Er wirft sich schützend auf die Rani, so dass die Brillenschlange ihr Ziel verfehlt und er den tödlichen Biss empfängt. Die Glücksgöttin Lakschmi hat ihn verlassen, denn er haucht sein Leben aus. Ruchlosigkeit hat sich nicht bezahlt gemacht. Wahrscheinlich hängt seine Lampe irgendwo im Schlick fest.


    Der Leblose wird fortgeschafft und der Rajah bittet seine Gäste, sich zu zerstreuen. Die Rani möchte das kostbare Diadem verständlicherweise nicht behalten, nachdem Uraga sie über die Bewandtnis mit dem Stein aufgeklärt hat. Die Schlange könnte wiederkommen und sich ihr Eigentum herausbeißen. Deshalb tritt sie auf den Balkon und wirft das verhängnisvolle Schmückstück auf die Straße, anstatt es als Problemmüll ordnungsgemäß zu entsorgen. Der Stein zerbricht beim Aufprall und eine Stichflamme schießt empor. Gemäß Libretto soll der Palast jetzt abbrennen, aber alle hoffen, dass der Ballettmeister die Feuerwehr noch rechtzeitig informieren konnte. Das Architekturwunder soll schließlich für die nächste Aufführung des Balletts auch noch bereitstehen.


    :angel:
    Engelbert

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  • Hallo Taminos,


    ich möchte euch nun auf eine weitere CD mit Werken von Ludolf Nielsen aufmerksam machen.



    Die "Sommerregn" betitelte Aufnahme des Duos la valse mit Pauline Kehlet Sopran und Pianist Nicolai Kjolsen bietet dem
    Hörer ein breites Spektrum der Werke Ludolf Nielsens und zeigt zugleich durch Werke von Grieg, C.Nielsen und Sinding, welch
    eigenen Stil der Komponist entwickelt hat.


    Nachdem Carl Nielsens 3 Sange und Christian Sindings Frühlingsrauschen erklungen sind, kommen die Lieder Nielsens.
    Als erstes wird das recht unbedeutende For Vinden Sanser, fra Forrar op. 15,3 gespielt.
    Darauf folgt mein liebstes Lied der CD Ved Solnedgang op. 47,1 welches nach dem gleichnamigen Gedicht Jacob Paullis vertont und bei Wilhelm Hansen in Kopenhagen verlegt wurde.


    Nun war der letzte rote Rand des Schilds der Sonne verloren, der jenseits der dunklen Wolken Massen
    graublaue Wälle durch ihren Glanz in Märchen-Schlösser wandelt.


    Ich stand auf dem Berg eines Waldes, welcher in den geheimen Gedanken über sein inneres Leben versunken war.
    Nur ein einziger Vogel der noch nicht eingeschlafen war, sang unter der Kuppel einer Buche.


    Am Ende war der Vogel still - ich hörte nur ein Rascheln in den hohen Zweigen,
    wie die rhythmischen Wellen eines weiten Meeren auf dem steinigen Strand.
    [/font]


    Ach, könnte der Frieden eines solchen Abends mich vor meinem letzten Schlaf schützen
    und mir eine Nachricht der sinkenden Sonne bringen, die eines Tages erneut hinter dem Wald aufgehen wird.


    Dieses Lied, welches Nielsen hervorragend vertonte spiegelt seine tiefe Liebe zur dänischen Natur wieder, die
    fast alle seine Werke beeinflusste, was ihm auch große Sympathie von der dänischen Bevölkerung einbrachte.


    Grundlage des Liedes ist eine scheinbar unendliche Melodie, die durch simple Akkorde im Klavier begleitet werden, sichtbar einem Höhepunkt hinspielend, der jede Strophe wiederkehrt. Somit wird der Sonnenaufgang auch musikalisch Geschildert.



    Nach diesem herrlichen Stück wird auch ein Teil von Nielsens Klavierwerken präsentiert.
    Es sind die 3 Klaverstykker op.21, die eigentlich unter dem Titel Noveletter veröffentlicht wurden. Warum dies auf der CD nicht angegeben ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Dies sind sehr einfache Stücke, die jeder Klavierschüler nach einem Jahr spielen könnte.
    Die Stücke sind
    Paa Legepladsen ( Auf dem Spielplatz )
    Polichinel
    Godnat
    Trotz der einfachen Melodik und Technik haben die Stücke einen großen Reiz, da sie quasi musikalische Bilder sind. Der Spielplatz ist klar hörbar, ebenso das Lied zum Einschlafen. Das sehr reizvolle Polichinel ist ein Mix aus Trauermarsch, Fanfare und Scherzo.


    [timg]http://up.picr.de/10906672rz.jpg;c;400;226;*;Partituren[/timg]
    Es folgt der Liederalbum Stemminger Op. 23 nach den Texten von Aage Lind. Die Stücke, die nicht die Qualität des Albums Sommer! übertreffen können bedienen sich recht einfacher Strukturen.
    Die durchaus interessanten Lieder Hvide Sej! und Paa Kirkegaarden werden vom Sommerregn getoppt. Besonders die zarte, rauschende Klavierbegleitung verdeutlicht die Worte Linds sehr gut. Auch der tänzerische Charakter der Stücke Nielsens kehrt hier im 6/8 Takt wieder.


    Die "Fire Klaverstykker" Op. 17 beeinhalten wie der Name schon verrät 4 Klavierstück recht unterschiedlichen Charakertes, alle dennoch


    klare Salonstücke. Dieses Werk ist Frau Ellen Paul-Petersen gewidmet, die seine spätere Frau wurde.


    An erster Stelle steht das fröhliche Stück La joie.


    Darauf kommt das düstere La douleur, ein wahrlich ergreifendes Stück zwischen Hoffnung und tiefer Trauer - also typisch skandinavisch.


    Sehr reizvoll ist das Menuett , welches sehr schöne Harmonien hat und bei meinen Konzerten immer sehr gut angekommen ist.


    Die finale Tarantelle ist spritzig und äußerst virtuos. Es macht einfach Spaß.


    Das letzte Nielsenwerk ist aus seiner Oper Isbella die ein großer Erfolg für Nielsen war und auch eine zeitlang von ihm als bestes Werk angesehen wurde. Leider wurde eine recht unglückliche Arie eingespielt ( After smaa, som lege ), da die Oper wahre Ohrwürmer an Mass hat.


    Dennoch wird von einer sehr guten Sopranistin und einem leider nicht besonders interessant spielenden Pianisten ein großer Teil von Nielsen Werk vorgestellt.
    Es folgen noch 8 Klaverstykker op. 12 von Grieg und 2 Sange op. 5 von demselben.

  • Liebe Taminos,
    nun möchte ich mal etwas Niveau in den Thread reinbringen. Wenn ich meine ersten Posting hier so lese, sträuben sich mir ja fast die Haare zu Berge...


    Das wohl heute beliebteste Werk Ludolf Nielsens ist seine dritte Sinfonie, welche Nielsen in den Jahren 1911-1913 komponierte. Die monumentale Sinfonie hatte große Probleme aufgeführt zu werden. Nielsen verlangt einen, für Dänische Verhältnisse, riesigen Orchesterapperat, mit je drei Flöten, Oboen, Klarinetten und Fagotte, ganzen sechs Hörnern, je drei Trompeten und Posaunen, eine Tuba, Pauken, Tam-Tam, Xylophon, Triangel, Große Trommel, zwei Becken und Harfen und Streichern. Es gab tatsäch große Probleme sechs Hörner aufzutreiben, sodass diese aus anderen Städten "eingekauft" werden mussten. Man kann besten gewissens sagen, dass es das bisher größte sinfonische Werk Dänemarks war! Letztendlich kam es aber doch zur Uraufführung am 4. Mai 1914 in der dänischen Konzertvereinigung ( Dansk Koncert-Forening ) unter dem Dirigenten und Komponisten Louis Glass. Leider war der Erfolg nicht so wie gewünscht. Man verstand die Friedensbotschaft und die nicht mehr so ganz romantischen Klänge nicht und das bis dahin wohl ambitionierteste Werk bekam nicht die Ehre, die es eigentlich verdient hätte. Um dennoch weitere Aufführungen zu arrangieren, wurde eine Version für kleineres Orchester erarbeitet, in welcher die Sinfonie unter der Stabführung seines Schülers Launy Grøndahl auch erklang, u.a. bei einem Gedenkkonzert nach Nielsens Tod im Jahr 1939.
    Nachdem die Sinfonie seit Jahren nicht mehr gespielt wurde, präsentierte das Amateurorchester South Bay Symphony Orchestra in San Jose 2011 erstmals den 1. Satz der Öffentlichkeit, was allerdings die vorerst letzte Aufführung war, obgleich das Werk im Internet von einigen als die beste Skandinavische Sinfonie betitelt wird.


    [timg]http://up.picr.de/16587676ev.jpg;l;400;304;*;3. Symphonie[/timg]


    Ein Blick in eines der wenigen Skizzenbücher Ludolf Nielsens. Es sind die ersten Takte seiner dritten Sinfonie.


    (c) Jens Cornelius


    [timg]http://up.picr.de/16587675ds.jpg;l;192;267;*;Titelblatt der Partitur[/timg]
    Und so sah dann, die von Ludolf Nielsen selbst veröffentlichte Partitur aus. Es existieren nur wenige Exemplare in der Welt. Neben denen in Kopenhagen besitzt sogar die British Library eine Partiturausgabe.

    Zur Musik:
    Die Sinfonie steht unter dem folgenden Motto des Dänischen Dichters Viggo Stuckenberg


    Geschmückt mit Blumen seh' ich die Welt erwacht
    und weiss doch:
    Mir strahlt die Sonne des Glücks erst nach stürmischer Nacht



    Dieses Motto hört man wahrlich in der ganzen Sinfonie. Der erste Satz beginnt in den Bässen, die gefolgt von Cello und Bratsche in eine cantilene Melodie in den Geigen führen, bis das ganze Orchester mit einer "Welt voller Blumen" erblüht, die in typischer Nielsen-Manier nach einem kleinen Intermezzo der Holzbläser in einer blühenden Blechbläsermelodie dargestellt wird. Es folgt ein Trauermarsch andeutender Abschnitt, der sich wie dunkle Wolken über die Blumenwiese stellt. Doch die positive Stimmung wird schnell wieder aufgenommen, allerdings auch schnell wieder durch eine kontrapunktisch hervorragende Stelle mit Blechbläsereinwürfen unterbrochen bevor der Satz mit Fanfarenklängen glanzvoll, majestätisch und positiv beendet wird.


    Der zweite Satz ist ein fantastisches Scherzo - Allegro agevole, welches für Nielsensche Verhältnisse wild jedoch sehr frisch ist. Glitzende Orchestrierung und rhythmische Raffinesse bestimmen den ersten Teil, der fast etwas Dionysisches hat und mit seinem verspielten Charakter dann in einen ruhigen Teil einleitet. Wunderschöne Sommerregenatmosphäre mit einer cantilenen Oboenmelodie. Nielsen hatte sich dabei Meerjungfrauen und Nymphen gedacht, die am Wasserfall sind. Nach diesem fast schom impressionistischen Abschnitt, fangen die Holzbläser wieder mit dem ersten Thema an, jedoch mischt sich die Nymphe nun auch unter die Musik, bevor das Werk pastoral und schillernd ausklingt.


    Mein persönliches Highlight ist der dritte Satz, der mit Andante lento, pastorale überschrieben ist. Nielsen zeichnet eine erstmal nur mit Streichern eine ruhige Landschaft, die gänzlich von der Welt abgeschnitten scheint und in natürlicher Schönheit bestehen kann. Hier und da gesellt sich ein Vogel in die Landschaft und zwitschert seine Melodie herein. Doch jäh wird die Idylle unterbrochen. Ein starker Bläsereinsatz läutet ein Drama ein. Die Blechbläser steigern sich, bis ein gewaltiger Trauermarsch im ganzen Orchester mit Pauken und Tam-Tam die Natur zurücklässt. Er verblasst jedoch wieder, die Naturstimmung bestimmt wieder die Musik und bringt den Satz, wenn auch zuerst nicht mehr ganz so optimistisch, friedvoll zu Ende.


    Sehr gewagt ist der vierte Satz Andante lento, der mit einer Klage der Soloklarinette beginnt, bevor die Streicher düster und spannungsvoll antworten. Sie steigern sich bis zu einer Art Bläserchoral, der in ein einen geradezu verschweifelt klingenden Abschnitt einleitet, der jedoch auch nur in einen tänzelnden Abschnitt voll positiver Energie überleitet. Die Verzweiflung nimmt jedoch Überhand und Flötenpassagen sowie dröhnende Blechbläser kündigen schon ein Unheil an. Doch das positive bleibt. Heldenhaft wird der Abschnitt im ganzen Orchester beendet. Die Soloklarinette setzt wieder klagend an, und die Streicher wirken durch bitonales Spiel gleich etwas fremder. Allerdings kommen tänzelnde Elemente wieder in die Musik bis dann doch die Katastrophe durch einen massiven Gongschlag und einer absteigenden Posaunenmelodie angekündigt wird. Das tänzelnde geht jedoch voller Pracht weiter, und eines der wohl schönsten Nielsenmomente, einer einfach pure Lebensfreude ausstrahlende Hornmelodie erscheint, die dann jedoch verzerrt ins Unglück läuft und von Becken und Posaunen in den Untergang geleitet wird, der durch bitonale Trompeten zu einem massiven Klangschwall mit Pauken, Gong und Becken führt in den nur noch die Posaunen ihre Fortissimo-Einsätze einwerfen. Gerade zu öd wirkt danach das Zusammenspiel der Holzbläser. Nach letzten Herzschlägen von Kontrabass und Pauke und einer Generalpause, sprießen die Blumen wieder aus dem Ödland, und entwickeln sich zu voller Pracht, zum Einleitungsthema der Sinfonie. Ein Vogel beendet das Werk. Die Nacht ist überstanden...


    Die einzige Aufnahme des Werkes ist m.E. sehr gut und wurde mit den Bamberger Sinfonikern unter Frank Cramer für das Label Dacapo eingespielt.


    Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass Nielsen bereits zwei weitere Sinfonien plante. Die vierte sollte unter dem Titel "Johannes der Täufer" komponiert werden. Die Satzentwürfe trugen die Titel "In der Wüste Judäa", "Bei den Fluten des Jordans","Wanderung zum Schein", was anfürsich sehr verwundert, gab sich Nielsen vorher nie wirklich religiös. Fakt ist, dass Nielsen wohl schon ein wenig an dieser Sinfonie komponierte, was er bei einem Interview zur Premiere seiner Oper Isbella 1915 bekanntgab. Ob es jemald fertiggestellt wurde, weiß man nicht. Vielleicht hat er die Skizzen vernichtet. Was aber noch mehr verwundert, ist der Entwurf seiner 5. Sinfonie unter dem Titel "Sinfonie dramatica / Adam und Eva". Die Sätze sollten hierbei "Idyll- Naturstimmung", "Sündenfall", "Herausjagd und irdisches Liebesmotiv". Bezüglich Skizzen ist mir hier nichts bekannt... schade, die Musik würde ich seeehr gerne hören :) Mal sehen was es noch alles zu entdecken gibt...


    Beste Grüße
    Christian

  • Vor einiger Zeit habe ich mir - angeregt durch diesen Thread die links abgebildete Aufnahme von Ludolf Nielsen 2. Sinfonie gekauft. Sie ist die bekannteste seiner drei und wurde weiter oben schon erwähnt. Eigentlich ist ja schon alles gesagt, aber es kann nicht schaden wieder mal an dieses 1907 komponierte Werk zu erinnern. Vielleicht interessiert sich der eine oder andere Mitleser dafür - die beiden anderen Sinfonien sind ja - zumindest bei jpc schon gestrichen. Der Beginn des Werkes scheint den Titel "Freudensinfonie" lügen zu strafen. Angangs eher verhalten und düster, dann bedeutungsschwer bis bombastisch,kommt der Aspekt der "Freude" erst nach knapp 4 Minuten Laufzeit ins Spiel. Dieses fröhliche Thema klingt von anfang an vertraut und ich dachte eher an eine Operette, als an eine Sinfonien. Indes das Thema wird im Lage des Satzes - und der Sinfonie mehrfach Metamorphosen unterworfen. Der erste Satz endet mit einem Verlöschen.
    Der zweite Satz beginnt mit einem lyrischen Bläsersolo. Aus dem Untergrund schält sich allmählich ein triumphierender Klangteppich, der in einen fanfarenartigen Teil übergeht, der seinerseits von ruhigeren Stellen abgelöst wird. So pendelt dieser Satz immer zwischen betont extrovertierten und betont introvertierten Stellen. Auch dieser Satz verlöscht allmählich.
    Im dritten Satz finden sich zahlreiche akustisch beeindruckende Effekte und Klangspielereien, welche bis zum Endes des Satzes den Ablauf bestimmen.
    Wieder ein dunkler introvertierter Satzanfang, wie ein Nebel, wobei dann allmählich Unruhe in die Musik kommt. Fanfaren, die entfernt an Bruckner erinnern verlöschen allmählich. Ein Thema, welches mich wiederum entfernt an ein Scherzo Mendelssohns aus dem Sommernachtstraum erinnert beherrscht nun die Klangbühne. Szenenwechsel: Ein Tusch- und noch einer - ein positives lebendiges Thema folgt nun. Allmählich steigert es sich, immer wieder hört man Schlaginstrumente welche in interessantem Kontrast zu einem quicklebendigen Klangteppich stehen, der in ein furioses Finale mündet. Die Pauke und eine Fanfare haben das letzte Wort. Am Schluß hat man dann doch das Gefühl eine "Große" (im Sinne von "großartig) Sinfonie gehört zu haben.


    Der Komponist selbst durfte 5 Aufführungen dieser Sinfonie an verschiedenen Orten beiwohnen....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Am Schluß hat man dann doch das Gefühl eine "Große" (im Sinne von "großartig) Sinfonie gehört zu haben.


    Allen anerkennenden Ausführungen und dem zusammenfassenden Resümee über Ludolf Nielsens 2. Sinfonie von Alfred kann ich mich nur anschließen. In polyphoner Meisterschaft wird das Glücks- oder Freudenthema farbig intrumentiert ständig variiert, ehe es in einem jubelnden Schluss kulminiert. In der Tat eine Sinfonie, die es verdient hat, häufig aufgeführt zu werden. Ich bin in der Regel ein Mann der Tat, manchmal auch mit Schnellschüssen. Deshalb schwebte mir sofort eine Konzertkonzeption vor, in die ich Christian Biskup nach seiner Heimkehr einbeziehen und dem künstlerischen Leiter des Heilbronner Sinfonie Orchesters vorschlagen möchte und werde.


    Titel: Nordische Glücksmomente


    Mendelssohn: - Ouvertüre "Die Hebriden"
    Sibelius: - Violinkonzert d-moll, Op 47
    Ludolf Nielsen - Sinfonie Nr. 2 (Glücks- oder Freudensinfonie)


    Zugabe: Sibelius "Valse Triste".


    So weit so gut. Allerdings sprechen wir bei der möglichen Realisierung jetzt schon über die Konzertsaison 15/16, wenn nicht 16/17. Dann müssen Besetzung und Kosten, das Notenmaterial, die Spielfähigkeit, die Eignung im Gesamtprogramm aller Konzerte der Spielzeit usw. geprüft werden. Der Dirigent muss für diese Werke und besonders die Sinfonie angezündet sein und dann muss das Ganze noch vom Programmausschuss genehmigt werden. Ja - es grenzt überhaupt an ein Wunder, dass jemals ein Konzertprogramm entsteht und dann auch noch gespielt wird. "In Dir muss brennen, was Du im anderen entzünden willst." Genau dies ist unserem jungen Tamino-Freund Christian Biskup mit seiner Begeisterung für Ludolf Nielsen gelungen und deshalb wird diese Ideen weiterverfolgt und vielleicht daraus sogar ein Tamino-Konzert entstehen.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Liebe Taminos,


    nachdem der Thread mittlerweile fast 1000 Klicks aufweisen kann, ist es mal wieder Zeit weitere Werke des Dänischen Komponisten vorzustellen. Wenn man Nielsens Schaffen betrachtet fallen zwei Werke stilistisch auf - eines davon ist die Nocturne lyrique.


    Ludolf Nielsen komponierte die Nocturne lyrique mit dem Untertitel Sommeraften ved Nymindegab ( Sommerabend bei Nymindegab ) im Jahr 1923. Nymindegab ist ein kleines Fischerdorf auf der Westküste der Halbinsel Jütland in der Nähe der Hafenstadt Esbjerg. Hier hatte Nielsen ein Sommerhaus nach dem 1. Weltkrieg erstanden und verbrachte dort in der Folge zahlreiche Urlaube in denen er auch Zeit zum Komponieren fand. Wie der Titel bereits vermuten lässt, handelt es sich bei der Nocturne lyrique um ein sehr meditatives, ruhiges Werk von etwa 7 Minuten Dauer. Das Orchester ist mit zwei Flöten, Oboe, Englischhorn, zwei Klarinetten, Fagott, Horn, Celesta und Streichern ohne Kontrabass besetzt.


    Aus dem Nichts heraus kommen seufzende Flötentöne. Die Klarinette präsentiert in einem 21 Takte langen Solo das sanfte, mysteriöse Thema der Nocturne. Bald kommen die Streicher als kleines Schillern hinzu. Auch die Celesta sorgt für ein kleines Funkeln in der Dunkelheit. Nun übernehmen die ersten Violinen das Thema, doch die Holzbläser unterbrechen das Thema mit langen Tönen bevor ein etwas belebterer Teil beginnt in dem die Streicher kanonartig impressionistisch Wellenbewegungen zeichnen aus denen bald das Thema im Solohorn vorgetragen auftaucht und einen reizvollen Kontrast bildet. Die kleinen Wellen verlagern sich in die Holzbläser bevor die geteilten zweiten Geigen, sowie ein Teil der ersten, Orgelpunkte bilden auf denen Teile des meditativen Themas von anderen Teil der ersten Geigen vorgetragen wird. Anschließend erscheint es in der Viola, auch die Seufzer der Flöte sind wieder da. Die letzten Wellen sind hörbar, hier und da wieder ein Funkeln der Celesta. Wie aus dem Nichts gekommen, endet das Werk auch im Nichts - ein letzter Flötenseufzer und das Stück ist zu Ende.




    Ludolf Nielsen mit seiner Frau Ellen Paul-Petersen und einem seiner Neffen



    Ludolf Nielsen war leidenschaftlicher Gärtner. Auch der Rosengarten bei der Kopenhagener Villa blieb vielen Nachkommen im Gedächtnis

    Über das Datum der Uraufführung ist mir noch nichts bekannt - da muss ich noch etwas recherchieren. 1937 wurde das Werk von der Edition Dania verlegt, wahrscheinlich mit mäßigen Erfolg. Das Werk wäre gewiss kein Renner im Konzertsaal, passiert doch zu wenig. Dies ist jedoch meines Erachtens gerade das Schöne in dieser Musik - ein Sommerabend am Meer, die Sterne funkeln, die Wellen rauschen ein wenig. Genau dies hört man in der Musik - weshalb ich sie für sehr gelungen halte. Eine Aufnahme unter Ole Schmidt ist bei CPO verlegt und ist die einzige Aufnahme dieses Werkes.


    Beste Grüße
    Christian


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  • Hallo Taminos,


    Ludolf Nielsen ist heute zum Glück kein so großer Unbekannter mehr, zu Lebzeiten war er ein geschätzer, wenn auch zum Schluss vernachlässigter Komponist, der seinen größten Erfolg im Ballett feierte. Seine Ballett Lackschmi wurde in den Spielzeiten 1922-24 ganze 23 mal an der Königlichen Oper in Kopenhagen gespielt - für dortige Verhältnisse sehr oft! Nielsen komponierte die Partitur von Juni 1919 bis Januar 1921 und konnte hier seine Vorlieben für exotisch anmutende Tonleitern, Bitonalität und großorchestraler Instrumentierung voll ausleben. Er selber dirigierte auch die Premiere am 4. März 1922 und erlebte einen strahlenden Erfolg als Komponist sowie als Dirigent. Sowohl die Kritik als auch das Publikum lobten die virtuosen Tänze, die Inszenierung und das Dirigat. Vier Stücke fasste Nielsen als Suite zusammen, um das Werk auch im Konzertsaal erscheinen zu lassen. 1937 wird Lackschmi erneut gespielt, allerdings in Tallinn und wurde erneut ein großer Erfolg. Die Handlung des Balletts stammt aus dem Roman Verdensvandrere (Die Weltenwanderer) vom Nobelpreisträger Karl Gjellerup, wurde jedoch arg verkürzt und präsentiert sich in der von Engelbert in Beitrag 5 wiedergegebenen Form.


    Zitat

    Gemäß Libretto soll der Palast jetzt abbrennen, aber alle hoffen, dass der Ballettmeister die Feuerwehr noch rechtzeitig informieren konnte. Das Architekturwunder soll schließlich für die nächste Aufführung des Balletts auch noch bereitstehen.

    Natürlich musste zu diesem Zweck nicht die Feuerwehr in die Oper kommen. Laut Klavierauszug kommen zahlreiche, als Feuer verkleidete Tänzerinnen auf die Bühne, die somit die ganze Szenerie in Flammen stehend erscheinen lassen.





    Zur Musik: Das Ballett beginnt mit einem fast impressionitisch anmutenden Prelude, welches in einen indischen Marsch überleitet, der - so einfach er komponiert ist - durch ein vieltaktiges Crescendo großen Effekt macht und an einen vorbeiziehenden Festzug erinnert. Es folgt der Lackschmi-Tanz, ein ruhiger, fast anmutiger Tanz mit einer fließenden Melodie. Padmavati's Tanz hingegen sprüht nur vor Exotik und steigert sich bis zu einem fast extatischen Tanz, der durch seinen schweren Grundrhythmus sofort den Zuhörer mitreißt. Nach einem kleinen Zwischenteil folgt das pastorale Zwischenspiel, bevor eine lustige, marschartige Szenenmusik ohne Pause in den zweiten Akt einleitet. Dieser wird mit einem mächtigen Einzugsmarsch eröffnet in dem Nielsen wieder alle Register seiner exotischen Farbpalette zieht. Dies ist auch im Bayaderen-Tanz der Fall, der zu Beginn recht mysteriös in der Stimmung, bald zu einem kraftvollen Tanz wird. Ganz bescheiden, anmutig und nur auf die Schönheit der Melodie achtend ist der Tanz der Ino, die damit die Männer der Handlung schnell in ihren Bann zieht. Der Radscha befielt um die schöne Frau zu kämpfen - die Musik ist entsprechend unruhig, äußerst raffiniert in der Rhythmik, sehr pittoresk. Obgleich ein Gewinner feststeht, wird der Sieger erneut herausgefordert, es folgt eine weitere Kampfmusik, der man die Spannung des Zweikampfes und das Ringen um die Gunst der Frau deutlich anhört. Eine Fanfare lässt den Sieger hochleben. Es folgen zwei musikalisch nicht so wertvolle Zwischenepisoden, die jedoch zum Fortschreiten der Handlung nötig sind bevor der Tanz des Todes ertönt. Eine Soloklarinette, begleitet von einer kleinen Trommel, stellen einen Schlangenbeschwörer dar. Die Melodie steigert sich bis zur Extase, bis die Schlange zubeißt. Ein ruhigerer Teil folgt - im Libretto schmeißt die Rani einen verwunschenen Diamanten zu Boden, der in Flammen aufgeht. Zuerst zaghaft, dann immer stärker bestimmen unruhige Streicherbewegungen die Musik. Bald steht die ganze Bühne in Flammen, dazu strahlende Exotik im Orchestergraben. Eine Tutti beendet das Ballett.


    Die einzige offizielle Aufnahme das Balletts entstand für CPO unter Werner Andreas Albert und dem Queensland Symphony Orchestra. Glücklicherweise gibt es keinerlei Kürzungen, die Interpretation ist durchweg gelungen. Lediglich die Tonqualität sagt mir - obgleich sie gut ist - nicht ganz zu. Anders als in der Partitur angegeben, singt im Bayaderentanz kein Chor mit! Von mir gibts - wie könnte man es anders erwarten - eine Kaufempfehlung :) Eine inoffizielle Aufnahme der viersätzigen Suite ist auf youtube anzuhören.


    Beste Grüße
    Christian

  • Liebe Taminos,


    heute vor 75 Jahren starb der bedeutende Dänische Komponist Ludolf Nielsen in seiner Villa in Hellerup. Dies möchte ich zum Anlass nehmen, Euch diesen Moment nahe zu bringen. Dazu einige Ausschnitte aus der Ludolf Nielsen Biografie an der ich momentan arbeite.


    Bereits um das Jahr 1938 zeigten sich bei Ludolf Nielsen die ersten Anzeichen einer Schilddrüsenerkrankung, die wohl durch seinen starken Tabakkonsum entstanden oder zumindest gefördert worden ist. Sein Schüler, der berühmte Dirigent Launy Grøndahl notierte am 21. Juni 1939, dass er Ludolf im Krankenhaus besucht hatte. Ob dabei ein Eingriff vorgenommen wurde ist unbekannt. Bekannt ist jedoch, dass der Komponist schnell wieder gesund war. Bereits September saßen die beiden Künstler wieder zusammen beim Essen, Nielsens Frau war für ihren Aal berühmt, wie der Dirigent immer wieder seinem Tagebuch anvertraute.
    Doch knapp einen Monat später, am Montag den 16. Oktober 1939 um 17.30 Uhr, klingelt das Telefon bei Launy Grøndahl, Ellen, Ludolfs Frau ist am Telefon: Ludolf ist tot. Obgleich der verstorbene Komponist in den Jahren nach dem Krieg vernachlässigt wurde, erhält er nun nochmal die volle Ehrerbietung. Ganze 32 Zeitungen würdigen das Werk des verstorben in sehr umfangreichen Artikeln. Und alle sind sich dabei einig: Dieser Mann hat großes für die Musik seines Landes geleistet. Ein Auschnitt soll hier wiedergegeben werden:



    Ludolf Nielsens Frau Ellen Paul-Petersen erstellt nach dem Tod ihres Mannes ein rühriges Andenkenalbum. U.a mit diesem beschrieben Blatt Papier, welches die letzten geschriebenen Worte ihres Mannes zeigt.



    Der Komponist Ludolf Nielsen ist tot (Politiken vom 17. Oktober 1939)

    Ein stiller Mann der Dänischen Musik ist von uns gegangen. Es war nie der große Lärm um Ludolf Nielsen, doch in seiner schönen, sympathischen Persönlichkeit spiegelte sich […] der weiche und herzliche dänische Geist und die dänische Natur wieder. Er war nicht so, wie derjenige, welcher mit ihm seinen häufigen Nachnamen hatte, ein Botschafter von etwas Neuem in der Tonkunst, geschweige denn ein Erneuerer, aber er fügte sich schön und natürlich in die Kette unserer heutigen Komponisten ein, mit seinem Platz neben Lange-Müller.



    Die Trauerfeier fand am 21. Oktober in der Kirche von Hellerup statt. Die Liste der Trauergäste ließt sich wie ein Who is Who der Dänischen Künstlerwelt. Neben den Komponisten Schierbeck, Debois, Sandby, Jacobsen und Emborg, waren die Dichterinnen Gyrithe Lemche samt Familie und Aage Lind anwesend, ebenso die Dirigenten G
    røndahl, Høeberg und Felumb, Ballettmeister Uhlendorff sowie Mitglieder des Tivolis, des Königlichen Teaters, des Radioorchesters und des Verbunds Dänischer Frauengymnastik. Insgesamt waren mehr als 200 Gäste anwesend. Der Ablauf der Trauerfeier war gewiss im Sinne des Verstorbenen. Zu Beginn erklang das für ihn so wichtige Adagio aus seinem 3. Streichquartett, welches er als Andenken an seine verstorbenen Eltern geschrieben hatte. Unter den Klängen des Psalms "Der große Meister kommt" trug man den Sarg auf den Friedhof.



    Elf Tage später wurde im Dänischen Radio ein 50 minütiges Gedenkkonzert ausgesendet, in dem seine größten Werke in Auszügen gespielt wurden. Dabei erklangen u. A. der 1. Satz der 3. Sinfonie, Szenen aus dem Ballett Lackschmi sowie die Isbella-Ouvertüre unter der Leitung von Launy Gr
    øndahl. Auch Auszüge aus seinem umfangreichen Liedschaffen wurden präsentiert.


    Ende 1939 wurde noch in der "Dansk Musiktidskrift" (Dänische Musikzeitschrift) vier Nachrufe veröffentlicht. Sie stammen fast ausschließlich von privaten Schülern Ludolf Nielsens und geben erstmals auch einen kleinen privaten Einblick in den sonst so verschlossenen, stillen Komponisten. Einen davon möchte ich fürs Klassikforum gerne einstellen:

    Es ist so viel schönes über meinen alten Freund und Lehrer, den Komponisten Ludolf Nielsen bei seinem Tod gesagt worden. Ich konnte ihm gönnen, das vieles von dem an sein Ohr kam, während er lebte. Er war tatsächlich so wenig von demjenigen, dessen Leben und Wirken im Zeichen des äußeren Erfolgs stand. Er war ein stiller Mann, der mit Demut und größter Bescheidenheit all sein bestes in sich für die Kunst, die er liebte, gab. In seiner Musik, wie auch im Dänischen Musikleben, gehörte er nicht zu denen, die sich selbst in den Vordergrund als Waffenträger für neue Gedanken oder neue Ideale stellte. Seine menschlichen Ideale waren die reinsten und einfachsten, die man immer zurücksucht, und die man oft bei den Künstlern vermisst, weil in deren Wunsch und Drang es zu „suchen“,diese oft nicht das am nächsten liegende, finden.
    Als Lehrer hatte er eine große Bedeutung für die Jungen die bei ihm lernten, nicht zuletzt da er, vielleicht ohne es wirklich zu wollen, sie die große Bedeutung des Entwickelns aus sich selbst, aus seinen eigenen Möglichkeit, heraus lehrte, statt um Landgewinnung in Gebieten bemüht zu sein, in denen man immer im innersten sich wie ein Fremder fühlt. Fern von aller Pedanterie stand er an der Seite seiner Schüler, mehr als Wegbegleiter, statt als wirklicher Pädagoge. Er ließ seine Schüler sich aufbauen, korrigierte hier und dort, und freute sich aufrichtig, wenn er etwas wachsen sah. Er würdigte deutliche Lernansätze über das Schaffen mit einem kühlen Kopf und einem warmen Herzen, - aber er legte ganz besonderen Wert auf das letzte, und nicht zuletzt darauf, dass dieses Herz aufrichtig und wahr war.Diese Natur spiegelt sich in seinen Werken wieder. Als Komponist kam er in eine Zeit des Wandels, in der seine Zeitgenossen nach neuen Wegen und einen neuen Ausdruck suchten. In seiner Jugend präsentierte er sich mit dem sehr talentvollen Werk „Regnar Lodbrog“, und dem Bild, welches man von seiner Persönlichkeit erhält, blieb er treu in all seinen späteren Produktionen.

    Seine Schüler werden eine schöne Erinnerung an ihn bewahren; eine Erinnerung über eine künstlerische und menschliche Wirkung von höchsten Karat – ein Freund so ritterlich und feindenkend, zu haben.


    Sv.Chr. Felumb


    Doch danach wurde es still um Nielsen, bis heute...


    LG
    Christian

  • @ Stimmenliebhaber: Oh Gott, wie peinlich, ich werde Alfred bitten, das zu ändern! Danke für den Hinweis...
    @ lutgra: Sofern sich ein Verlag finden oder sich eine Kleinstauflage lohnen sollte, würde ich es veröffentlichen, ja! Aber es gibt noch sehr viel zu tun.


    LG
    Christian

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  • Liebe Taminos,


    heute war ein großer Tag für mich! Vor rund zwei Jahren besuchte ich eine Woche lang jeden Tag die königliche Bibliothek Kopenhagen und fotografierte alle Manuskripte und Werke Ludolf Nielsens ab - und seit dieser Zeit schreibe ich diese Manuskripte ab, gestalte neue, vorallem spielbare Editionen, und veröffentliche diese auf IMSLP, wo sie jedem kostenlos zugänglich sind! Bei meinem allmonatlichen "Nielsen-Google" stellte ich fest, dass ein Jugendorchester in Brasilien Ludolf Nielsens Rhapsodie Kildemarked - sein letztes für großes Orchester geschriebenes Werk - aufführte! Nach ein wenig Suche fand ich auch tatsächlich eine Aufnahme - das Konzert wurde im Fernsehen übertragen - durch die Kammeraführung konnte ich auch schnell feststellen - ja, das ist meine Ausgabe, aus der sie spielen - ist ja auch die einzige! Mich erfüllt dies mit sehr viel Freude und Glück, dass die Arbeit nicht nur von mir genutzt wird und das es dadurch sogar zu Aufführungen kommt. Ihr wisst ja, das Ludolf eine Herzenssache für mich ist! Und somit will ich mit Euch dieses Video teilen, und ich hoffe die Musik - die deutlichen seinen späteren leichten Stil angehört - gefällt Euch!



    Herzliche Grüße
    Christian

  • Es ist ein Video zu sehen, und für mich ist es auch abspielbar.


    Vielleicht, lutgra, verhindert ein Ad-Blocker, dass Du das Video sehen kannst?

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Liebe Taminos,


    nur selten wurden dänische Kompositionen für Streichquartett von internationalen Künstlern gespielt, doch das dritten Quartett von Ludolf Nielsen wurde vom 1917 bis 1967 bestehenden, höchst bekannten, Budapester-Streichquartett am 13. Oktober 1920 uraufgeführt. Eine Aufnahme des Labels cpo mit dem Aros Quartett präsentiert dieses - für Nielsen - besondere Werk.




    Wie aus dem Nichts, beginnt der erste Satz "Allegretto pastorale" mit dem Pastoralrhythmus im Bass, auf den sich in bitonaler Weise die Stimmen nach und nach aufbauen und das doch recht ländliche Hauptthema bilden. Dieses setzt sich sich rondoartig mit anderen, unruhigeren Teilen abwechselnd, zu einem pompösen Schluss fort, bei dem der Hauptgedanke nochmal in vollem Glanz erklingt, bevor dieser in die Ferne entschwindet. Bemerkenswert ist die wahrlich gelungene Stimmführung des Satzes, die Dialoge zwischen den Instrumenten, die Ludolf Nielsen als erfahrener Quartettspieler hochinteressant, modern und kontrastreich zu zeichnen weiß.


    Durchaus ähnlich im Charakter, jedoch mehr als Volkstanz gestaltet, ist der zweite Satz "Allegro moderato grazioso", der als Scherzo agiert und über eine herrliche Melodie im Cello zu Beginn verfügt. Der Mittelteil imitiert eine typisch dänische Fidelmelodie, wie sie LN in seiner Jugend auf dem Land häufig gehört haben mag. Diese versieht er mit lustigen bitonalen Effekten, die nach einem kontrapunktischen Höhepunkt, in die "nordisch"-offenen Quinten laufen und wieder in den Anfangsteil einleiten, der mit einer fernen Erinnerung an den Fidler beendet wird.


    Das "Adagio con dolore" zeugt von der Trauer des Komponisten anläßlich der Todes seiner beiden Eltern. Der Satz beginnt als Fugato, angeführt vom Cello, auf den sich nach jeweils acht Takten das nächste Instrument hinzufügt. Mit dem Einsatz der Violine ändert sich die Stimmung zu einer liebevollen - sehr typisch Nielsenschen - Hymne auf, die all die schönen Momente zu gedenken scheint. Ein schmerzvoller Trauermarsch löst die schönen Empfindungen ab, und gipfelt in einem dissonanten Höhepunkt, bis jedoch die Gewissheit der schönen Erinnerung zurückkehrt.


    Der letzte Satz "Allegro" beginnt mit einem flüssigen Thema, welches Fragmente der vergangenen Sätze aufzugreift. Eine tänzerische Melodie erscheint, aber längst nicht mehr so sorgenfrei wie dies im zweiten Satz der Fall war. Ein furioser, stark rhythmisierter Abschnitt schreitet brutal und fast gewaltätig ein. Kurze Trauermarsch-Einwürfe wirken als retandierendes Moment, doch das Fugato steigert sich zu einem dramatischen, geradezu endgültig tragischen Höhepunkt. Nach einer weiteren Ruhepause wieder der drastische Einschnitt, doch - wie bei Nielsen üblich - ist alles Unheil nur vorhanden, um überwindet zu werden. Das Quartett endet in strahlendem C-Dur.


    Tatsächlich scheint dieses Quartett autobiografische Züge zu tragen (Nielsen selbst, äußerte sich nur einmal zu seiner 3. Sinfonie - sonst sind seine Gedankengänge im unklaren). Während der zweite Satz deutlich auf Nielsens Jugendtage als "Hochzeitsfidler" und Mitglied der dänischen Landbevölkerung verweist, so ist der dritte Satz als Gedenken an seine Eltern gedacht. Beiden starben 1920 kurz hintereinander an der spanischen Grippe - ihnen ist das Quartett gewidmet. Der letzte Satz kennzeichnet Nielsen als Pazifisten - in Interviews bekannte er, dass ihn der Ausbruch des 1. WK tief bedrückte und es ihm unmöglich machte, Großes zu komponieren. Der Furioso-Ab(bzw. Ein-)schnitt ist durchaus als dieser empfundene Wertezusammenbruch zu verstehen. Doch LN gab die Hoffnung auf einen geläuterten Menschen nie auf, auch seine Werke Babelstaarnet, sowie seine dritte Sinfonie zeugen davon, weshalb diese - wie auch das Quartett - in strahlendsten Tönen enden. Obgleich das Quartett deutlich retrospektive Züge trägt, so ist es doch eines von Nielsens fortschrittlichsten Werken und fällt stilistisch aus dem Rahmen seines restliche Oevres. Gerade zu exzessiv reizt er die Möglichkeiten der Bitonalität aus, schafft eine ungemein spannungsvolle, teils ja sogar brutale Musik, die dieses Werk zu einem seiner faszinierendsten und besten macht.


    lutgra: Hast Du diese Aufnahme?


    LG
    Chrissi

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  • Nun endlich komme ich dazu, auch mal in diesem großartigen Thread zu posten. Zunächst möchte ich Christian für sein unglaubliches Engagement hinsichtlich der Popularisierung des Werkes von Ludolf Nielsen danken. Ist ja schon Carl Nielsen im deutschsprachigen Raum eher ein Exot, gilt das für den Namensvetter erst recht. Bitte mach weiter so, erste Früchte tragen Deine Bemühungen ja bereits. ;)


    Ich hörte mir über die letzten Tage die drei Symphonien von Ludolf Nielsen via Spotify an. Sie entstanden in einer Zeitspanne von einem guten Jahrzehnt zwischen 1902 und 1913. Also allesamt Werke des Fin de siècle, kurz vor dem Ersten Weltkrieg. Was mir auffiel, ist, dass es Nielsen hervorragend versteht, den Zuhörer zu fesseln. Durchhänger gibt es eigentlich in keinem der drei Werke, wobei das Niveau und die Komplexität von Symphonie zu Symphonie nochmal ansteigt. Er war offenbar ein sehr ideenreicher Komponist, der die Gabe besaß, einprägsame Melodien zu erdenken und diese auch adäquat in Töne zu fassen.


    Bereits die 1902/03 geschriebene Erste lässt aufhorchen. Sie wurde zuweilen mit Schumanns "Frühlingssymphonie" vergleichen. Die Zweite ist ein positivistisches Werk, das wurde im Verlauf dieses Threads bereits hervorgehoben. Der Beiname "Glückssymphonie" kommt ja nicht von ungefähr. Zur Zeit ihrer Entstehung (1907—1909) konnte man sich noch im Glück sonnen, der Weltkrieg war noch fern. In der Dritten, die zwischen 1911 und 1913 entstand und fraglos die ambitionierteste seiner Symphonien ist, hört man schon viel deutlicher dunkle Untertöne. Es ist ein pastorales Werk, auch wenn bereits im Kopfsatz eine Stimmung von einem Ringen zwischen Lyrik und Dramatik festzustellen ist. Christian schrieb weiter oben eine hervorragende Deutung, auf die ich nochmal verweisen möchte. Nur soviel: Zu Beginn des vierten und finalen Satzes fühlte ich mich tatsächlich an Gustav Mahler erinnert, konkret an die "Auferstehungssymphonie". Tatsächlich könnte man dieses Werk als einen verzweifelten Appell zur Aufrechterhaltung des damals bereits sehr fragilen Friedens verstehen — die Uraufführung fand wenige Monate vor Kriegsausbruch statt. Die Einspielungen von Frank Cramer bei Dacapo lassen keine Wünsche offen.



    Insgesamt also eine sehr angenehme Überraschung aus Dänemark, die viel öfter mal im Konzertsaal erklingen sollte. Ludolf Nielsen steht noch immer im Schatten des viel bekannteren Carl Nielsen, und auch Rued Langgaard dürfte mittlerweile deutlich öfter gespielt werden. Das sollte uns ein Ansporn sein, aktiv für diesen bedeutenden Komponisten zu werben und seine unbestreitbaren Qualitäten zu betonen.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões