Chopin: Polonaisen

  • Zu den Walzern, Polonaisen, Impromptus gibt es noch keine Threads. Ich beginne im Jubiläumsjahr mal mit den Stücken, die den Nationalcharakter im Namen tragen (auch wenn sie viel internationaler sind als die Mazurken).


    Von Chopin gibt es neben einer Anzahl von Jugendwerken (3 wurden posthum als op.71 veröffentlich und noch 6 weitere) und dem op.3 für Cello & Klavier mit Opusnummern 8 Werke dieser Gattung; die meisten Pianisten beschränken sich auf diese:


    op.22 Grand Polonaise brillante (mit Andante Spianato)


    op.26,1 cis-moll
    op.26,2 es-moll


    op.40,1 A-Dur "Militaire"
    op.40,2 c-moll


    op.44 fis-moll


    op.53 As-Dur "Heroique"


    op.61 As-Dur Polonaise Fantaise (ein freieres Werk, das ich hier aber ebenfalls nenne)



    Die Polonaise war eine beliebte Gattung bereits vor Chopin (Es gibt Werke von Weber, vermutlich auch von Schubert und Beethoven (alla polacca als Finale des Tripelkonzerts), sogar schon im Barock, etwa in einer der franz. Suiten von Bach). Typische Werke der Frühromantik wie auch die frühen Chopins, also die unveröffentlichten sowie op.3 und op.22 sind meist von brillantem oder festlichem Typus.


    Schon mit den Werken op.26 zeigt sich bei Chopin aber ein düsterer, mitunter tragischer Ton, der seinen Höhepunkt wohl in op.44 findet.
    Das ist auch (mit Ausnahme von op.61) das längste Werk. Bemerkenswert ist hier eine sehr lange Überleitungspassage in der, wohl in Imitation von Trommeln ein simples Motiv etwa 20mal wiederholt wird. Als eigentlicher Mittelteil folgt dann ein "Tempo di Mazurka" in sehr starkem Kontrast, wie eine melancholisch-liebliche Vision inmitten der heroischen Tragik. Bei der Wiederkehr des A-Teils erhält dieser gegen Ende allerdings vollständig den Trauermarschcharakter, der bereits angelegt war.


    Die beliebtesten Werke der Reihe scheinen wohl die "militärischen" op.40,1 und op.53 zu sein. Hier haben wir es mit mitreißenden Tongedichten zu tun, etwas plakativ-naiv im Falle der A-Dur mit Fanfaren im Mittelteil, sehr dramatisch dann in op.53. Hier ist der Mittelteil mit einer Kavallerieattacke verglichen worden: Man hört das Hufgetrappel, einzelne Kanonenschläge und dazwischen die Signalmotive.


    Auf das komplexeste Werk der Reihe, die späte Polonaise-Fantaise werde ich vielleicht später noch einmal zurückkommen. (Ich muß auch zugeben, dass mir hier der Zugang nicht ganz leicht gefallen ist.) Rosen stellt die Barcarole und dieses op.61 in eine Reihe mit den Balladen als frei gestalteten Formen, die weit über ein dreiteiliges Schema hinausgehen.


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)