Mozart: Die Zauberflöte - München 1978

  • REZENSION OPER DVD





    Mozart: Die Zauberflöte


    Libretto von Emanuel Schikaneder



    Aufzeichnung aus der Bayrischen Staatsoper München


    Inszenierung: klassisch, konservativ, alte Schule




    Generelle Beurteilung : SEHR GUT



    Dauer 158 Minuten


    Tamino: Francesco Araiza
    Pamina: Lucia Popp
    Papageno: Wolfgang Brendel
    Sarastro: Kurt Moll
    Königin der Nacht: Editha Gruberova
    Sprecher: Jan Hendrik Rootering
    Erste Dame: Pamela Coburn
    Zweite Dame: Daphne Evangelatos
    Dritte Dame: Cornelia Wulkopf
    Papagena: Gudrun Sieber
    Monostatos: Norbert Orth
    Erster Geharnischter: Hermann Winkler
    Zweiter Geharnischter: Karl Helm


    Die drei Knaben: Solisten des Tölzer Knabenchors





    Chor und Orchester der Bayrischen Staatsoper München



    Dirigent: Wolfgang Sawallisch
    Regie August Everding
    Bühnenbild und Kostüme: Gürgen Rose





    Diese Aufnahme der Zauberflöte ist geradezu als klassisch zu bezeichnen,
    wenngleich die „goldene Ära“ ,mit Böhm und Wunderlich schon vorbei war…
    Aber die Besetzung kann sich durchaus sehen lassen, Die Aussatattung allemal.


    Regiemäßig wurde erst gar nicht der Veruch einer Neu- oder Umdeutung unternommen, man hat das Singspiel als solches genommen und es möglichst wirkungsvoll in Szene gesetzt.
    Da gibt es keine modischen Mätzchen, keine übertriebene Symbolik, man hat das Märchen einfach in schöne Bilder umgesetzt, wobei man – wie bei den meisten mir bekannten Inszenierungen – auf die absolut naturalistische Wiedergabe von Landschaften verzichtetet..


    Die Schlange ist hier ein feuerspeiendes Krokodil, die drei Damen scheinen ihre Ausstattung für die Eröffnungszene von Richard Wagners Kostümbildnern abgekupfert zu haben.


    Taminos Jagdkleid ist schlicht uns somit nicht kitschig, hier ist kein Anklang an irgendeine exotische Kultur zu erkennen oder zu erahnen.


    Die Bildnisarie singt er mit Schmelz und ohne Makel, nach Wunderlich war Araiza neben Peter Schreier einer der gesuchtesten Taminos seiner Zeit. Bei der Gelegenheit sei noch darauf hingewiesen, dass er einer derjenigen Darsteller ist, denen man einen jungen Prinzen noch am ehesten abnimmt, nicht nur seiner Figur wegen, auch wegen seiner aktiven, jugendlichen Gestaltung…


    Editha Gruberova ist eine majestätische, sehr überzeugende Königin, manche meinen es gäbe keine bessere – dazu an anderer Stelle mehr.


    Papageno: Was ich bei Tamino wohlwollend registrierte, nämlich die beinahe spartanische Kleidung, das ist meiner Meinung nach bei Papageno nicht angebracht. In seiner dreiviertellangen Lederhose passt er aus meiner Sich eher in den Musikantenstadl, als in die Zauberflöte. Dennoch – eine durchaus legitime Auffassung. Ein „Naturbursch“
    Ich bin froh, dass ich mir für diese Beschreibung ein wenig Zeit gelassen habe und – während ich das hier schreibe –auszugsweise erneut in die Aufzeichnung blicke- denn meine Beurteilung der Darstellung des Papageno durch Wolfgang Brendel ist heute wesentlich positiver, als noch vor wenigen Tagen, als ich von der - meinen Geschmack 100%ig treffenden Darstellung – Detlef Roths noch in den Bann gezogen war. Stimmlich ist Brendel ein vorzüglicher Papageno, das stand stets ausser Frage. Einen Glanzpunkt der Aufführung stellt sein „Ein Mädchen oder Weibchen“ dar…


    Die drei Knaben erscheinen auf einer Wolke, benötigen also keinerlei fortschrittlichen Fahrzeuge wie Mongolfiere oder ähnliches.


    Monostatos dar wenigstens menscheähnlich Züge tragen, wird nicht, wie oft in anderen Inszenierungen zum Monster gestempelt. Spätestens bei der Stelle „Alles kennt der Liebe Freuden“ ist zu sehen, wie richtig diese Art der Darstellung ist, wenn hier Monostatus seine Arie menschlich bewegend bei Vollmond vorträgt – den schablonenhaften „Bösewicht“ weit hinter sich lassend…


    Wie einst Wunderlichs Tamino und die Königin der Nacht von Editha Gruberova, so ist auch Lucia Popps Pamino Legende. Auf der Bühne wirkt sie stets mädchenhaft – nicht nur durch ihre Stimme. Das ist die Person an sich,ich hatte das Glück ein oder zweimal mit ihr persönlich zu sprechen



    Kurt Molls Sarastro ist glaubwürdig in jeder Beziehung, hier ist kein spöttischer Unterton, keine freiwillige oder unfreiwillige Komik, wie wir sie heute immer wieder finden, man sieht 1978 war der Zeithgeist unterschiedlich vom heutigen.
    Dieser Sarastro ist in der Tat eine moralische instanz. Einfach gekleidet, wirkt seine Autorität allein durch seine Persönlichkeit – und natürlich vor allem durch seine Stimme, seinen Vortrag.


    Als geglückten Regieeinfall sehe ich, dass sich Papageno aus einer Steinstatue quasi entwickelt. Auch die Stelle Pa- Pa- wo am Schluss ein Leiterwagen voll bunt gekleideter Kinder vom Paar Papagena-Papagena von der Bühne geführt wird ist ausgesprochen gelungen.


    Die Bühnenbilder sind unterschiedlich, aber durchwegs gut gelungen, gelegentlich sogar hervorragend




    Das Publikum war begeistert.


    Wir jedoch haben das Glück, das Flair dieser Aufführung in guter Klang- und Bildqualität übermittelt zu bekommen.




    Alfred SCHMIDT
    © 2010 Tamino Klassikforum Wien

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ja auch wir waren restlos begeistert von dieser Aufführung, die wir damals miterleben durften. Märchenoper in großer Vollendung mit einem fabelhaften Sängerensemble. Schön, dass diese Sternstunde auf DVD verewigt wurde.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Ich habe in Beitrag Nr. 5 in dem neuen Thread über die Salzburger Zauberflöte von 2018 vergleichend auf diese Münchener Live-Aufnahme von 1978 hingewiesen und kann das in deinem Beitrag Gesagte, lieber Alfred, rundherum bestätigen. Ich habe diese DVD seit mehreren Jahren in meinem Besitz und habe sie seitdem etliche Male angehört und angesehen, weil hier eine, wie ich finde, sehr gelungene Synthese von Regiekonzept und musikalischem Ergebnis auf sehr hohem Niveau stattgefunden hat. Speziell hatte ich auch auf die Schlussszene mit den "vielen kleinen Kinderlein" hingewiesen, die in der Everding-Inszenierung viel schlüssiger und natürlicher ist als in der Salzburger Inszenierung vierzig Jahre später.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

    Einmal editiert, zuletzt von William B.A. ()

  • Diese Inszenierung hab ich häufiger an der Rheinoper gesehen.Auch mit Kurt Moll der den Sarastro gesungen hat und Alexandra von der Weth die die Pamina gesungen hat . Ich weiß nicht, ob diese Inszenierung für die Rheinoper überarbeitet worden ist .

  • Übrigends Wolfgang Sawallisch seine erste Anstellung war am Stadttheater Augsburg und seine erste Tätigkeit dort war die Balettproben am Klavier zu begleiten.


    Kurt