Besten Dank!
Carlo Bergonzi - Vom Bariton zum Tenor
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Von Anfang an für Verdi, Puccini und Donizetti mein Liebling,
deswegen endlich mein letztes Avatar. Es hat lange gedauert,
bis ich begriffen hatte, wie es geht. Sorry!
LG, Bernward
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Ich will nicht allzu pingelig sein, aber nur ein paar biographische Anmerkungen.
Als er auf Tenor umlernte ging er mit den Platten von Pertile (wovon man einiges hört! - Rezitative!) und Gigli in Klausur.
Sein unspektakuläres Scala Debut erfolgte 1953 in "Mas´Aniello" von Jacopo Napoli. Erst 1955 wurde er wieder verpflichtet (Alvaro, Adorno). Das Verhältnis mit der Scala blieb immer zwiespältig. 1965 bekam er seine einzige opening night (Forza). Bis 1976 trat er dort (allerdings mit Unterbrechungen) auf. An der Met stand er von Beginn an im Schatten von Björling und Del Monaco (später Corelli). Bing verpflichtete ihn wohl auch um einen adäquaten Einspringer für seine nervösen Star-Tenöre zu haben. 1957/58 übernahm er auch tatsächlich für Del Monaco Chenier und Aida und für Björling Boheme und Tosca. An der Met trat er soweit ich weiß bis 1983 nicht ganz durchgehend auf.
Für mich am meisten beeindruckend was er aus doch recht durchschnittlichen stimmlichen Naturgaben gemacht hat. Und wie!! Für Verdi stimmlich sehr ideal, bei Puccini will mancher mehr stimmliche Opulenz - im französischen Fach nicht optimal. Er sang eine einzige Carmen an der Met in Originalsprache, die ein Desaster wurde. Danach die wenigen französischen Partien nur auf Italienisch.
An der Wiener Staatsoper hat er im Jahr 2000 noch ein Konzert gesungen. Bei weitem nicht alles war perfekt, aber das "Ah si ben mio" hat bei mir einen unauslöschlichen Eindruck hinterlassen. - Das war eines der wenigen Male, wo für mich im Opernhaus die Zeit still gestanden ist. Grazie.
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Zitat:
"An der Wiener Staatsoper hat er im Jahr 2000 noch ein Konzert gesungen. Bei weitem nicht alles war perfekt, aber das "Ah si ben mio" hat bei mir einen unauslöschlichen Eindruck hinterlassen. - Das war eines der wenigen Male, wo für mich im Opernhaus die Zeit still gestanden ist. Grazie."Schade, dass ich nicht dabei sein konnte. Ich kenne ihn nur von TV-Auftritten, CD und DVD. Er gehörte nicht zu den Rittern des hohen C, aber ich kann mich erinnern, dass ich vor Jahren gelesen habe, dass den Zuschauern an der Met die Tränen in die Augen gestiegen sind, als er zu singen begann: Mädchen in deinen Augen liegt ein Zauber. Dass er mit Platten von Pertile und Gigli in Klausur ging, finde ich toll. Für mich der beste Alfred in Taviata, weil sein mezza voce für mich unerreicht ist. Seine Philips-CD Box mit allen Verdi Partien, die er mit 50 aufnahm, halte ich für hervorragend. Auch weil Otello dabei ist, den er auf der Bühne nie gesungen hat. Zwei Aufnahmen von Orfeo sind noch nicht erwähnt, Duette mit Fischer-Dieskau und Weihnachtslieder, mehrsprachig. Erinnerungen an Gigli werden wach.
LG und Dank für La Giocondas Beitrag, Bernward
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Carlo Bergonzi - eine kultivierte Stimme
Diese Seite hat mich veranlasst in alten Eintrittskarten zu kramen ...
Am 3. Juni 1983 hat Carlo Bergonzi im Rahmen der SCHWETZINGER FESTSPIELE im Rokokotheater einen ganz hervorragenden Lieder und Arienabend gegeben. Ein Konzert in diesem Theater zu hören ist etwas Besonderes, weil es nur etwa 200 qm groß ist und nur 512 Sitzplätze hat. Dadurch sind die Hörqualitäten natürlich ganz ausgezeichnet.
Wenn ich mich nicht verrechnet habe, müsste Bergonzi damals 59 Jahre alt gewesen sein - bewundernswert wie er damals sang, das war keine Veranstaltung wo ein alternder Star noch ´ne "Ehrenrunde" dreht, Carlo Bergonzi bot Kunst in hoher Qualität.
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PREISER hat gerade eine CD herausgebracht, die Bergonzis frühere Aufnahmen beinhaltet:
das komplette DECCA Recital aufgenommen 1957, Ausschnitte aus den RAI Produktionen Pagliacci und Simon Boccanegra (beide 1951 als er gerade erst als Tenor debütiert hatte) sowie zwei Tracks aus einem Martini & Rossi Konzert aus dem Jahr 1960. -
PREISER hat gerade eine CD herausgebracht, die Bergonzis frühere Aufnahmen beinhaltet:
das komplette DECCA Recital aufgenommen 1957, Ausschnitte aus den RAI Produktionen Pagliacci und Simon Boccanegra (beide 1951 als er gerade erst als Tenor debütiert hatte) sowie zwei Tracks aus einem Martini & Rossi Konzert aus dem Jahr 1960.Durch die Preiser-Veröffentlichung kommt erfreulicherweise der Austausch über Bergonzi neu in Gang. Wir hatten ihn aber überhaupt nicht aus den Augen verloren. Im Thread über Jonas Kaufmann, über Sandor Konya und über Il Trovatore war gerade in den letzten Wochen sogar recht intensiv auch von Bergonzi die Rede! Er hat als Sänger eben einfach Massstäbe gesetzt.
Gut dass man nun einige Aufnahmen von ihm wieder haben kann, die lange nur schwer zu besorgen waren. -
Ich bin glücklich, dass es mir noch vergönnt war, Carlo Bergonzi auf der Bühne zu erleben. Allerdings nur einmal. Das war im Jahr 1981 in N.Y. in der Met als Ricardo im Maskenball. Er war einfach wunderbar und das mit Ende 50 ! Ich habe in seinem Fach kaum jemanden gehört, der so schön sang, keine Knaller, aber wunderbar gestaltet - einfach eine Freude !
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Durch die Preiser-Veröffentlichung kommt erfreulicherweise der Austausch über Bergonzi neu in Gang. Wir hatten ihn aber überhaupt nicht aus den Augen verloren. Im Thread über Jonas Kaufmann, über Sandor Konya und über Il Trovatore war gerade in den letzten Wochen sogar recht intensiv auch von Bergonzi die Rede! Er hat als Sänger eben einfach Massstäbe gesetzt.
Gut dass man nun einige Aufnahmen von ihm wieder haben kann, die lange nur schwer zu besorgen waren.Ja, ich habe auch Unmengen an Platten und CDs von Carlo Bergonzi. Soeben habe ich mir nochmal eine bei Bongiovanni erschienene CD mit Liveaufnahmen angehört (u. a. mit Szenen aus "Turandot", den Kalaf hat er nur wenige Male gesungen). Herrlich phrasiert sein "Che gelida manina" von 1958 aus der MET samt hohem C (unter Schippers), die Szenen aus "Andrea Chenier" und "Cavalleria Rusticana" - das hat schon was!!
Gruß
Manfred -
Ich bin glücklich, dass es mir noch vergönnt war, Carlo Bergonzi auf der Bühne zu erleben. Allerdings nur einmal. Das war im Jahr 1981 in N.Y. in der Met als Ricardo im Maskenball. Er war einfach wunderbar und das mit Ende 50 ! Ich habe in seinem Fach kaum jemanden gehört, der so schön sang, keine Knaller, aber wunderbar gestaltet - einfach eine Freude !
Lieber Gunter Hämel, ich hatte das Glück, Bergonzi relativ oft in seiner Glanzzeit zu hören: in Berlin gleich mehrmals als Riccardo und als Manrico sowie im Requiem von Verdi, in Verona als Radames und in London als Don Carlo! Den stärksten Eindruck hat er mir allerdings gemacht hat, als ich ihn im Spätherbst seiner Karriere in Bonn als Nemorino gehört habe. Ich weiss nicht, wei alt er da war, aber seine Stimme klang absolut unversehrt und jugendlich frisch. Vor allem aber: seine Stimmführung, sein Legato, seine Bögen, seine Kolorierungen, seine Diktion und Eloquenz, sein gestalterische Phantasie...- das alles war absolut unvergleichlich. Eine Sternstunde des Belcanto.
Ja, ich habe auch Unmengen an Platten und CDs von Carlo Bergonzi. Soeben habe ich mir nochmal eine bei Bongiovanni erschienene CD mit Liveaufnahmen angehört (u. a. mit Szenen aus "Turandot", den Kalaf hat er nur wenige Male gesungen). Herrlich phrasiert sein "Che gelida manina" von 1958 aus der MET samt hohem C (unter Schippers), die Szenen aus "Andrea Chenier" und "Cavalleria Rusticana" - das hat schon was!!
Die CD muss ich mir unbedingt besorgen, weil ich von seinem Kalaf bisher noch keinen Mitschnitt kenne. Und wenn der Rest es denn auch lohnt, umso besser!
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Lieber Gunter Hämel, ich hatte das Glück, Bergonzi relativ oft in seiner Glanzzeit zu hören: in Berlin gleich mehrmals als Riccardo und als Manrico sowie im Requiem von Verdi, in Verona als Radames und in London als Don Carlo! Den stärksten Eindruck hat er mir allerdings gemacht hat, als ich ihn im Spätherbst seiner Karriere in Bonn als Nemorino gehört habe. Ich weiss nicht, wei alt er da war, aber seine Stimme klang absolut unversehrt und jugendlich frisch. Vor allem aber: seine Stimmführung, sein Legato, seine Bögen, seine Kolorierungen, seine Diktion und Eloquenz, sein gestalterische Phantasie...- das alles war absolut unvergleichlich. Eine Sternstunde des Belcanto.
Kann ich nur bestätigen. Una furtiva lagrima... selten besser gehört.
LG, Bernward
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Una furtiva lagrima... selten besser gehört.
Hallo Bernward,
da Carlo Bergonzi Dein Lieblingstenor ist, wirst Du auch das Zürich-Konzert von 1991 von ihm haben. Auf dieser Doppel-CD singt er - immerhin schon 67 - auch ein wirklich beeindruckenes "Una furtiva lagrima".
Gruß
Manfred -
Die CD muss ich mir unbedingt besorgen, weil ich von seinem Kalaf bisher noch keinen Mitschnitt kenne. Und wenn der Rest es denn auch lohnt, umso besser!
Hallo Caruso,das "Nessun dorma" transponiert Bergonzi, so dass er beim "Vincero" statt des H ein hohes A singt. Dennoch ist die Aufnahme - was Legato und Phrasierung angeht - perfekt, z. Zt. auch die einzige, die es von ihm gibt.
Gruß
Manfred -
Bei operashare lässt (liess?) sich auch eine fantastische live-Aufnahme der Turandot mit einem wahnsinnig stimmschönen Bergonzi runterladen. Neapel 1976 (Nilsson, Chiara; Mannino)!
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Una furtiva lagrima... selten besser gehört.
Darüber kann man freundlich streiten. Hört Euch mal " Una furtiva..." mit Luciano Pavarotti an. Ich habe eine CD mit einer Aufnahme von 1971, da war er 36 Jahre alt.
Hier sage ich nicht, nicht selten besser gehört... Für mich sage ich " niemals besser gehört " und wird es auch nie besser geben! Das macht ihm keiner nach. So ein Ausdruck, so ein geschmeidiges, gefühlvolles Legato. Donizetti muß geahnt haben, daß es mal diesen Tenor gibt. Für ihn hat er diese Arie geschrieben.
Nichts für ungut, ist halt mein Geschmack. Bin gespannt, ob jemand diese Aufnahme kennt und wie Ihr sie bewertet.
Gruß
CHRISSY -
Hallo, chrissy!
Darüber möchte ich mit Euch beiden nicht streiten. Aber es ist nun einmal so, daß jeder Sänger seine Stärken und Schwächen hat. Das "Una furtiva" singen Pavarotti und Bergonzi beide erstklassig und einfühlsam. In manchen Partien höre ich Pavarotti lieber, in anderen Bergonzi. Als Radames (lieber Bernward schau mal bitte weg) höre ich Mario del Monaco lieber, so stelle ich mir den ägyptischen Feldherrn vor. Aber dafür gehören alle drei zu meinen "Big Five"!
Gruß Wolfgang
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Darüber kann man freundlich streiten. Hört Euch mal " Una furtiva..." mit Luciano Pavarotti an. Ich habe eine CD mit einer Aufnahme von 1971, da war er 36 Jahre alt.
Hier sage ich nicht, nicht selten besser gehört... Für mich sage ich " niemals besser gehört " und wird es auch nie besser geben! Das macht ihm keiner nach. So ein Ausdruck, so ein geschmeidiges, gefühlvolles Legato. Donizetti muß geahnt haben, daß es mal diesen Tenor gibt. Für ihn hat er diese Arie geschrieben.
Nichts für ungut, ist halt mein Geschmack. Bin gespannt, ob jemand diese Aufnahme kennt und wie Ihr sie bewertet.
Gruß
CHRISSYGerade der Liebestrank gehörte ja zu den Paraderollen von Pavarotti und ich ziehe da auch Pavarotti vor. Natürlich gefällt mir Bergonizi mit dieser Arie auch. Pavarotti hat ja selbst einmal sinngemäß gesagt, dass ihm Donizetti besonders liegt, während ich Bergonzi doch lieber mit Verdi-Partien höre.
Jolanthe
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Darüber kann man freundlich streiten. Hört Euch mal " Una furtiva..." mit Luciano Pavarotti an. Ich habe eine CD mit einer Aufnahme von 1971, da war er 36 Jahre alt.
Hier sage ich nicht, nicht selten besser gehört... Für mich sage ich " niemals besser gehört " und wird es auch nie besser geben! Das macht ihm keiner nach. So ein Ausdruck, so ein geschmeidiges, gefühlvolles Legato. Donizetti muß geahnt haben, daß es mal diesen Tenor gibt. Für ihn hat er diese Arie geschrieben.Darüber möchte ich mit Euch beiden nicht streiten. Aber es ist nun einmal so, daß jeder Sänger seine Stärken und Schwächen hat. Das "Una furtiva" singen Pavarotti und Bergonzi beide erstklassig und einfühlsam.
Wenn man da streitet, tut man das natürlich auf einem aberwitzig hohen Niveau. Wenn man wirklich glaubt, man müsse die Palme an einen geben und dürfe sie nicht spalten oder zerhacken, käme für mich Pavarotti denn doch nicht in Frage. Seine Piani haben mir zu wenig Rundung und Klang. Das stört in der "Una furtiva lagrima" nicht allzu sehr, aber wenn man denn Bergonzi zum Vergleich hört, fällt es schon auf. Und noch etwas finde ich bei Pavarotti etwas irritierend. In den langen Phrasen glaube ich am Ende oft einen leichten Atmestau zu hören. So herrlich entspannt wie bei Bergonzi Phrasen ausklingen, klingen sie bei ihm nicht aus. Auch das ist in seinen Verdi-Aufnahmen stärker aber eben auch hier bei Donizetti festzustellen.
Und wenn wir denn wirklich nur eine Palme haben, sollten wir dann nicht die 1904-Version von Caruso mit einbeziehen? Und dürfen wir John McCormack draussen vor lassen? Und Dmitri Smirnov (trotz des merkwürdigen Forte am Ende)? Und was ist mit Schipa und de Lucia? Giglis 1929-Aufnahme ist in ihrer Süsse und Melancholie ebenfalls ein ernster Anwärter. Und wenn man denn sagt, man möge leider so alte Aufnahmen nicht, dann ist da immer noch Arne Henderdriksen zu beachten mit seiner HMV-Einspielung. Und auch die fabelhaft ausgeglichen und fein kolorierte Aufnahme von Leopold Simoneau sollte man nicht vergessen.Allerdings dürfte in jüngerer Zeit kaum ein Tenor die Arie so gut gesungen haben, dass man ihn in diese Konkurrenz um die Palme schicken könnte. Bestimmt nicht Domingo, Alagna und all die Stars am Ende des 20. Jahrhunderts, selbst Björling und Gedda nicht wirklich. Vielleicht wenigstens Vargas mit seiner ganz frühen Aufnahme?
Was tut's? Wir haben nur eine Palme. Meine Entscheidung bleibt Caruso (1904), aber Bergonzi wäre im Rennen schon sehr weit vorne!
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Hallo, Caruso41!
Ich bin mir sicher, daß Du weißt wie ich das gemeint hatte. Ich wollte nicht so weit bis Caruso zurückgreifen, da man aufgrund der schlechten Wiedergabe nicht den optimalen Vergleich hat. Die alten Aufnahmen besitze ich fast alle. Ob Cortis, Martinelli, Fleta, Piccaver oder von Pataky. Am ehesten käme von den neueren Aufnahmen bei "Una furtiva" Alfredo Kraus heran, denn er war mit Bergonzi einer der letzten dieser großen Tenor-Ära.
Gruß Wolfgang
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Selten besser gehört schließt doch nicht aus, dass es bessere Aufnahmen gibt. Ich weiß nicht, wie viel im Regal stehen, aber der junge Pavarotti, der junge Domingo usw. usw. sind alle dabei. Mir ging es auch mehr darum, festzustellen, dass Bergonzi als "der Verdi-Interpret" auch Donizetti singen konnte. Allerdings hat es vieles nicht gesungen, was Pavarotti wegen seiner vielen hohen C's bei Donizetti und Rossini so berühmt gemacht hat. Das gebe ich ja gerne zu. Ein Ritter vom hohen C war Bergonzi nicht, aber dafür konnte er vieles andere besser als viele andere. Caruso41 hat darauf hingewiesen.
LG, Bernward
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Darüber möchte ich mit Euch beiden nicht streiten
Hallo, Wolfgang
Da hast Du völlig recht. Wir wollen ja auch nicht wirklich streiten. Jeder hat seinen Geschmack und seine Meinung und diese sei jedem unbenommen. Alle aufgeführten Sänger sind eine Klasse für sich und jeder von uns Hörern und Genießer empfindet immer subjektiv. Mit Euch allen über solch ein Thema zu diskutieren macht nicht nur Spaß, es bringt auch wichtige Hinweise und Erkenntnisse und macht auch neugierig auf Unbekanntes.
Herzliche Grüße
CHRISSY -
Da hast Du völlig recht. Wir wollen ja auch nicht wirklich streiten. Jeder hat seinen Geschmack und seine Meinung und diese sei jedem unbenommen. Alle aufgeführten Sänger sind eine Klasse für sich und jeder von uns Hörern und Genießer empfindet immer subjektiv.
Darüber möchte ich mit Euch beiden nicht streiten. Aber es ist nun einmal so, daß jeder Sänger seine Stärken und Schwächen hat.
Ist Streit denn wirklich so schlimm? Ich finde es interessant, wenn man über Fragen, wie die nach der besten Aufnahme von "Una furtiva lagrima" ein bischen streitet. Ich denke, dass man dabei viel lernen und sein eigenes Urteil schärfen kann.Vielleicht geht es in diesem Thread ein bischen zu weit, aber ich möchte doch in dem Zusammenhang einmal die Frage stellen, was wir eigentlich wollen, wenn wir uns vor den PC setzen und mit anderen Musikfreunden über Komponisten und Interpreten austauschen. Mir geht es darum, etwas zu lernen, neue Erfahrungen zu machen und meine eigenen Hörerfahrungen und Urteile im Gegenüber zu anderen Hörerfahrungen und Urteilen zu überprüfen und zu schärfen.
Vielleicht darf ich das mal ein bischen durch Blick auf meine Geschichte als Opern- und Konzertbesucher erläutern. Ich begann mit 12 Jahren in die Oper und ins Konzert zu gehen und habe sofort Feuer gefangen. Da das Angebot in Berlin riesig war und ich in der Städtischen Oper (damals in der Kantstraße) Steuerkarten bekommen konnte und die Karten in den beiden Opernhäusern in Ostberlin für mich extrem billig waren, ging ich so oft es meine Mutter erlaubte. - Zunächst gefiel mir fast ALLES.
Aber bald fiel mir denn ich denn doch irgendwie auf, dass Grümmer besser sang als Exner, Cordes besser als Krukowski, Konya besser als Hauser und so fort. Besonders wichtig waren für mich dann Gespräche mit anderen Opernfreunden, in denen ich lernte, warum denn Grümmer besser war, was sie als Sängerin, als Musikerin, als Künstlerin bot, das andere - also etwa Wilma Schmidt oder Ingeborg Exner - nicht boten. Ich empfand es schnell als ungeheuere Bereicherung, dass ich mich nun nicht allein an Stimme und Persönlichkeit der Grümmer sondern auch an der Kunst erfreuen konnte, mit der sie ihre fraglos aussergewöhnliche Stimme einsetzte. Ihren Ausnahmerang erhielt sie doch, weil sie dieses Instrument technisch und stilistisch so großartig zu beherrschen wusste. Das musste ich aber erst mal entdecken. Und diese Entdeckung habe ich als höchst lustvoll empfunden und sie hat mir eine ganz neue Dimension des Hörens und Genießens erschlossen. Ohne die vielen Gespräche mit anderen Opernfreunden - manchmal die ganze Nacht hindurch weil wir gemeinsam nach Karten anstehen mussten - wäre ich ganz sicher ein naiv Genießender geblieben. Was uns in diesen Gesprächen meiner Meinung nach vorangebracht hat, war der Streit, in dem es darum ging, Einschätzungen und Urteile durch Argumente zu untermauern. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie mir ältere Opernfreunde die Ohren für Ernst Haefliger geöffnet haben, dessen Stimme mich zunächst überhaupt nicht angesprochen hatte, sodass ich auch nicht den Zugang zu seiner eminenten Qualität als Sänger hatte finden können.Und dieses Lernen im Streiten um Einschätzungen und Urteile suche ich auch, wenn ich durch die vielen Threads im Tamino surfe. Natürlich ist auch interessant zu erfahren, dass der eine die "Una furtiva lagrima" von Bergonzi schätzt und der andere die von Pavarotti. Und dann freue ich mich, dass auch noch mal an Cortis erinnert wird (hatte ich gar nicht mehr dran gedacht! Danke für die Erinnerung!!!) Mir ist aber noch interessanter zu erfahren, was für diese und was für jene Aufnahme spricht. Und warum sollte man darüber nicht streiten?
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Wie schön, lieber Caruso - das hätte ich auch alles so berichten können, so ähnlich war mein "Werdegang" als Klassikhörer und Liebhaber auch ! Nur leider hatte ich in dem Alter noch nicht die Möglichkeit Grümmer mit Exner oder Schmidt zu vergleichen, ich musste da leider auf Seidler-Winkler zurückgreifen und konnte nur mit Radioaufnahmen vergleichen. Allerdings hatte ich Konya schon gehört, da dieser ja in Bielefeld angefangen hat ! Meine Vergleiche kamen dann später, als ich mir Reisen in die größeren Städte erlauben konnte und das habe ich dann auch weidlich genutzt. Leider musste ich dann natürlich meine Meinung zu einigen "großen" Sängern revidieren, die ich nur von Aufnahmen her kannte - und liebte - die dann auf der Bühne dann aber oft nicht an meine Erinnerungen herankamen !
Ich finde es ebenso wunderbar, dass man hier die Meinungen von so vielen Musikliebhabern hören kann und auch die Beurteilung von Aufnahmen , deshalb bin ich ja hier !
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das "Ah si ben mio" hat bei mir einen unauslöschlichen Eindruck hinterlassen. - Das war eines der wenigen Male, wo für mich im Opernhaus die Zeit still gestanden ist. Grazie.
Hallo zusammen,
ich habe Bergonzi gerade noch einmal als Manrico in Verdis "Trovatore" gehört (Livemitschnitt aus Macerata, 1977). Der Triller in "Ah si ben mio" ist nicht zu toppen! Genial gesungen!
Gruß
Manfred -
Hallo!
Ich habe gerade Teile aus der Gesamtaufnahme des "Liebestrank" unter Tullio Serafin gehört. Ich muß sagen, daß ich einen der besten Interpreten des Nemorino neben Bergonzi vergessen habe: Luigi Alva. Er ist als lyrischer Tenor prädistiniert für diese Rolle. Und unter Serafin präsentiert er sich in bester Verfassung.
Gruß Wolfgang
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Es reicht langsam - wenn es um Bergonzi geht, kenne ich keinen Spaß -
Hallo forianer,
welche Sängerin und welcher Sänger mir in welcher Arie am besten gefällt, ist Geschmackssache und soll es auch fernerhin für jedermann bleiben. Es ist doch ein großer Unterschied, ob ich meinen Lieblingssänger in einer bestimmten Arie bevorzuge, wel er dieses Stück allein für mich subjektiv am besten rüberbringt. Das schließt aber keineswegs aus, das andere das völlig anders sehen. Und das respektiere ich ungesehen. Wer nun wirklich die Beste oder der Beste war, nach welchen Kriterien und wer wollte dies objektiv festlegen. Sogar die "großen" Dirigenten haben ihre Vorliebe für bestimmte Interpreten gehabt, waren das dann die Besten, oder die, die von den Stimmkennern Kesting oder Kaiser favorisiert werden.
LG, Bernward
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Hallo, mein lieber Bernward!
Warum bist Du so aufgebracht? Ich habe den "Liebestrank" lange nicht mehr gehört, bzw. nur Ausschnitte. Und ich wollte nur mal einen Vergleich hören und mich mitteilen. Wir sind uns doch beide einig, daß wir beide Bergonzi-Fans sind. Es bot sich mir jetzt der Vergleich mit Alva an. Gut, vielleicht war das hier im Thread über Bergonzi fehl am Platze. Aber warum so aufgeregt? Wenn ich Dir damit auf die Füße getreten habe, war das mit Sicherheit nicht gewollt. Sei mir bitte nicht böse.
Gruß Wolfgang
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Hallo Wolfgang,
im Nachgang zu unserem gestrigen Telefonat nochmals der Hinweis, dass weder Du noch der Liebestrank gemeint war. Mir ging es generell darum, dass die Frage, wer der Beste ist, nur sehr schwer objektiv sondern immer nur aus der Sicht des Hörers subjektiv betrachtet werden kann, da die Geschmäcker (und das ist auch gut so) verschieden sind. Bergonzi war für mich der Verdi-Tenor schlechthin, gleichwohl gab/gibt es weitere hervorragende Verdi-Sänger, der junge di Stefano, Domingo und Pavarotti, um nur drei zu nennen. Die Reihe ließe sich beliebig fortsetzen, je nach Geschmack. Es gibt/gab von Decca eine 5-CD-Box mit Pavarotti, da sind Aufnahmen von Rossini und Donizetti bei, gespickt mit hohen Cs, wie es in seiner Glanzzeit eben nur Pavarotti konnte, lauter und länger als Gedda oder Krauss. Nichts für ungut.
Liebe Grüße, Bernward
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Heute feiert Carlo Bergonzi (*13.07.1924) seinen 87. Geburtstag!
Siehe auch "Leben und Sterben lassen - die tägliche Gedenkminute"
Gruß
Manfred