REZENSION OPER DVD
OFFENBACH: Hoffmanns Erzählungen (deutsch)
Libretto von Jules Barbier und Michel Carre nach Erzählungen von E-T- A. Hoffmann
Bearbeitet von Walter Felsenstein
Filmversion 1970 nach der Bühnenversion von Walter Felsenstein
DEFA Studios Potsdam -Babelsberg
Inszenierung und Ausstattung: Traditionell konventionell
Generelle Beurteilung : GUT
Dauer 131 Minuten
Hoffmann: - Hanns NOCKER
Stella, Olympia, Antonia, Giulietta: - Melitta MUSZELY
Lindorf, Coppelius, Mirakel, Dapertutto: - Rudolf ASMUS
Andreas, Cochenille, Franz, Pittichinaccio:- Werner ENDERS
Spalanzani: - Vladimir BAUER
Crespel: - Alfred WROBLEWSKI
Schlehmihl: - Horst Dieter KASCHEL
Nikolaus/Muse: - Sylvia KUZIEMSKi
Natnanael: - Uwe KREYSSIG
Lutter: - Heinz KÖGEL
Chor und Orchester der Komischen Oper Berlin
Dirigent: Karl Fritz VOIGTMANN
Regie: Walter FELSENSTEIN
Wie schon bei der Zauberflöte habe ich auch diesmal 3 Inszenierungen, welche auf DVD verewigt wurden gekauft, um sie anzusehen und zu besprechen
In welcher Reihenfolge soll dies nun geschehen ?
Da war ich mir lange nicht schlüssig, aber letztlich habe ich mich entschlossen, die älteste als erste dranzunehmen, wohl wissend, dass sie damit automatisch die besten Karten hat, weil sie – wenn auch nur kurzfristig – irgendwie prägend wirkt. Andrerseits kenne ich MINDESTENS 2 weitere Inszenierungen der Vergangenheit. Somit sollte die Prägung eigentlich schon vollzogen sein.
Was ist allgemeines über diese Aufnahme, die ja irgendwie Kultstatus hat, zu sagen ?
Ich war überrascht über die gut erhaltenen Farben, über den akzeptablen, wenn auch nicht guten Ton – immerhin ist das gute Stück schon 40 Jahre alt.
Darf man diese Oper eigentlich in deutscher Sprache aufführen ? Zur Zeit der Entstehung war das selbstverständlich, aber auch heute würde ich – sonst eher ein Verfechter der Originalsprache – bei diesem Werk die deutsche Sprache akzeptieren, war doch das literarische Original auch deutsch.
Dennoch muss man sich darüber im Klaren sein, dass der Eindruck gegenüber der französischen Fassung ein völlig anderer ist. Derber - Holpriger
Verfilmte Oper ist auch meine Sache nicht – die Möglichkeit, die Welt der Oper ein halbes Jahrhundert zurückzudrehen verlangt aber eben gewisse Kompromisse – in dieser Inszenierung scheint er mir vertretbar.
Ich möchte bei dieser Verfilmung doch große Unterschiede machen, zwischen der meiner Meinung nach eher durchschnittlichen, um nicht zu sagen unterdurchschnittlichen musikalischen Leistung, und der in vielen Fällen herausragenden schauspielerischen
Alles in allem ist gibt es jedoch Höhepunkte, welche den Kauf dieser historischen Aufnahme nicht nur rechtfertigen, sondern trotz aller folgenden Einwände beinahe erforderlich machen.
Ich sehe auch ein gewisses Gefälle der einzelnen Akte, aber das ist wahrscheinlich schon im Stück vorgegeben. Das Vorspiel ist in diesem Falle natürlich sehr deutschtümelnd – dem Thema entsprechend, der Gesang – unter Nachlass aller Taxen – mittelmäßig.
Mich persönlich hat immer schon der erste Akt am meisten beeindruckt und in dieser Aufführung ist das nicht anders. Das leicht böhmakelnde Paar Coppelius - Spalanzani ist ein Kabinettstück der Komik, des Skurrilen und unterschwellig Bedrohlichen zugleich. Spalanzani wird hier von Vladimir Bauer als leicht zerstreut, fanatisch und vertrottelt dargestellt – eine schauspielerische Meisterleistung. Sein Gegenspieler Coppelius steht ihm in dieser Hinsicht nichts nach. Rudolf Asmus, der ihn darstellt ist ein veritabler Verwandlungskünstler, er bömakelt was das Zeug hält und bringt einen eher komischen, leicht geldgierigen, listigen Charakter auf die Bühne, als einen im ersten Moment bedrohlich wirkenden. Der Gesang der Beiden ist in diesem Falle wirklich nur noch nebensächlich.
Vielleicht sollte man noch erwähnen, dass diese Aufführung sich statt der Rezitative gesprochener Texte bedient, die manchmal etwas hölzern wirken.
Hervorragend jedoch die Szene wo die Gesellschaft zur Polonaise den Salon betritt, wo Olympia vorgestellt werden soll, Zur totalen Karikatur verkommen, total überzeichnet, in Gehabe, Gebärden und Kleidung, erinnert (mich) diese Personengruppe doch frappant an die heutige „Seitenblicke-Gesellschaft“ Das künstliche Entzücken der aufgetakelten alten Damen und senilen Männer , wenn die durch und durch farblose Puppe Olympia sich immer wieder mechanisch verbeugt hat schon was für sich. Dazu das blöde Grinsen auf Hoffmanns Gesicht mit einer urkomisch bebrillten versehen – das hat schon was. Nicht überall wirkt der etwas übergewichtige Hoffmann so überzeugend wie gerade hier.
Die schauspielerische Darstelung der Puppe ist vorzüglich. Das gilt übrigens für alle drei von mir zum Vergleich herangezogenen Fassungen. Man solle nicht glauben auf wie viele Arten man eine leblose Puppe überzeugend darstellen kann
Interessant auch die sensationslüsternen höhnischen Gesichter der Gesellschaft, nachdem Olympia zerstört wurde….
Ob es eine gute Idee ist den Antonia-Akt VOR dem meiner Meinung nach eher schwachen Giulietta-Akt zu spielen (die Reihenfolge ist umstritten) das ist eine schwer zu beantwortende Frage – ich finde : nicht.
Lobend erwähnen möchte ich das Couplet des Franz,
Aber die meisten Eindrücke dieses Aktes sind eher sprachlich-Schauspielerische, wie schon angedeutet konnte mich der Gesang der meisten Protagonisten nicht begeistern,
Die gesprochenen Texte des Doktor Mirakel, der ein rrrrollendes rrr einsetzt um seine unterschwellige Bedrohlichkeit zu verstärken sind beeindruckend und unheimlich.
Die Gesamtwirkung ist beeindrucken, wenngleich die durchkomponierte Fassung – obgleich nicht durchgehend von Offenbach – beeindruckender ist. Dennoch – für mich ist Rudolf Asmus der Star dieser Inszenierung, seine dämonische Ausstrahlung ist unübertrefflich
Den Venedig-Akt habe ich immer als den schwächsten empfunden, weil kaum je der Zauber Venedigs auf die Bühne, bzw ins Studio gezaubert werden kann. Diese Inszenierung macht hier keine Ausnahme. Hoffmann wirkt im Halbweltmilieu Giuliettas mit veritablem Übergewicht in einen viel zu engen glänzenden Frack gezwängt völlig deplaziert. Die knödelnde Stimme passt meiner Meinung nach extrem schlecht zu jener von Melitta Muszely.
Seis drum.
Wieder erliege ich der Faszination von Asmus, diesmal in der Rolle des Dapertutto,
(dapertutto= ital. Überall , auch Synonym für den Teufel) Ein eleganter Kavalier, weltgewandt und zynisch. Mit welcher Grandezza er Hoffmann seinen Degen anbietet, damit dieser sein Duell mit Schlehmihl absolvieren kann.
Üblicherweise will Hoffmann, nachdem er Schlehmihl erstochen hat, Trost und Liebe bei Giulietta finden, Die aber wendet sich von ihm ab und fährt lachend mit Dapertutto davon.
Felsensteins Inszenierung geht aber einen anderen, meiner Meinung nach besseren Weg.
Nach dem Duell drängt Nikolaus zur Flucht. Hoffman würde aber gerne noch eine Nacht bei Giulietta bleiben, insbesondere weil ihm Dapertutto eingeredet hat, es bestünde nachts keine Gefahr für ihn. Er mischt ihm einen „Schlaftrunk“ für Nikolaus. Denn trinkt aber durch einen Zufall Giulietta – und fällt anschließend tot um. Hoffmann und Nikolaus suchen entsetzt das Weite…….
Ich finde diese Lösung wesentlich überzeugender und eindringlicher,
Der Epilog, wo sich Nikolaus in die Muse verwandelt ist meiner Meinung nach eine der schwächsten Stellen der Oper. Dass nun Stella nach der Opernvorstellung den betrunkenen und total verwirrten Hoffmann in Lutters Keller findet und mit Stastrat Lindorf ausgeht, ist zwar ein logisches Ende, aber der dramatisch Höhepunkt ist schon vorbei…
In dieser Inszenierung ist übrigen immer zu fühlen, dass die als Nikolaus verkleidete Muse stets eifersüchtig reagiert, sobald sich „ihr“ Hoffman einer Frau nähert.
Trotz vieler von mir vorgebrachter Einwände eine beeindruckende Aufführung…
In einigen Tagen werde ich die Besprechung der Covent- Garden Inszenierung unter George Pretre folgen lassen.
Alfred SCHMIDT
© 2010 Tamino Klassikforum Wien