Jetzt ist es also amtlich: Kent Naganos Vertrag als GMD der Bayerischen Staatsoper München wird über 2013 hinaus nicht verlängert.
Herr Bachler, der intrigante Intendant und frühere Leiter des Burgtheaters, und der Kultusminister und Kulturbanause Wolgang Heubisch (FDP) haben es also in einer einzigartigen Kraftanstrengung geschafft, sich dem Niveau der Stadt München und deren Umgang mit Spitzenpersonal (C. Thielemann) anzupassen, wider besseres Wissen, beratungsresistent und starrköpfig.
München, eine der nicht nur selbsternannten Kunstmetroploen der Welt, eine Stadt mit großer Geschichte im künstlerischen Bereich, setzt also seine Tradition fort, in Hinterzimmern Karrieren zu beschädigen und das eigene engstirnige Eventrepertoire als Kulturpolitik zu verkaufen.
Lassen wir einmal die Museen und die damit verbundenen Umtriebe beiseite und beschränken uns auf die Musik:
Ob man Thielemann mag oder nicht, er ist einer der weltweiten Stardirigenten. Nun ist sein Repertoire schon kaum als fortschrittlich oder herausfordernd zu bezeichnen. Die Gründe für seine Demission sind nicht so ausschlaggebend wie die Tatsache, dass dieser 50-jährige Dirigent durch den 80-jährigen Lorin Maazel ersetzt wird, dessen beste Zeit sicher schon 20 Jahre zurückliegt und der sicherlich wenig beitragen wird, ein neues Repertoire zu erarbeiten oder die Philharmoniker wesentlich voranzubringen.
So traurig der Verlust Thielemanns und dessen Umstände für die Stadt München waren, so viel peinlicher und durchsichtiger ist nun der Abgang Naganos, dem man vieles vorwerfen kann, aber sicherlich nicht ein begrenztes, einseitiges Repertoire.
Nagano bemühte sich nicht nur um die Moderne, sondern auch um neue Sichtweisen für das romantische Repertoire als auch um Mozart. Er ist ein weltweit anerkannter Fachmann für nahezu alles ab der Klassik und offen für Neuerungen.
Bachler ist ein Eventverwalter, dessen Interesse sich auf die italienische Oper des 19. Jhts. beschränkt. Er will verkaufen, sonst nichts. Doch was nützen Anna, Elina, Rolando und Placido, wenn man das ewig Gleiche vorgeorgelt bekommt?
Dass sich Heubisch an Bachler hängt, ist klar. Mit Kultur hat der gelernte Betriebswirt und Zahnarzt so viel zu tun wie der Ochse mit dem Milch geben. Und Bachler, das Alphatier, kommt ihm gelegen, weil er sich um nichts kümmern muss und sein Kultur-Unwissen so nicht auffällt. Heubisch betreibt die übliche Westerwelle-Politik: schöner Schein, null Substanz. In einer Welt, in der Event und Kommerz die Geltungshoheit erlangt haben und Kulturetats ganz vorn auf der Streichliste stehen, kann man mit dem betriebswirtschaftlichen Ansatz (mit Anna stimmen wenigstens die Zahlen) eben am besten begründen, weshalb man Verdi statt Berg, Wagner statt Gounod gibt.
Für die Stadt München ist das natürlich fast egal. Sie sonnt sich ja ohnehin im Rampenlicht der Kulturgrößen. Doch weshalb? Das Operndorf Schlingensiefs in Burkina Faso ist doch himmelweit innovativer und mutiger als die 28. Neuinszenierung von La Traviata. Dem Münchner fällt das nicht so auf, weil er sich ohnehin vornehmlich für das Weißbier nach der Oper und das Bussibussi interessiert. Geschmack hat der Münchner in seiner Kleingeistigkeit doch ohnehin nicht, in einer Stadt, die sich erst durch die Geschäftsbemühungen FJ Strauß' von einer Kleinstadt mit ein paar Beamten und Brauereien zu jener Isarmetropole entwickelt hat, die sie nun vorgibt zu sein.
Ich warte ja nur, dass nun noch der BR sich ebenso schlau gegenüber Mariss Jansons verhält. Dann hätte man es nämlich geschafft, innerhalb kürzester Zeit drei Weltstars mit Niveau durch Mittelklasseallerlei zu ersetzen. Aber das ist ja ohnehin die gesellschaftliche Entwicklung: Das Mittelmaß als Maß aller Dinge.
Die aufsteigende Kulturmetropole Dresden sollte aufpassen, dass in ihr nicht ebenso viele Elefanten unterwegs sind wie in München, weil es schade um das viele Meissener Porzellan wäre, das dann kaputt gehen würde.