Verdi: Messa da Requiem

  • Hallo, William B. A.!


    Es gibt die Aufnahme wieder.



    ERRARE HUMANUM EST! Da ich nicht der große DVD-Spezialist bin, habe ich aus Versehen hier eine CD eingestellt. Aber diese ist unbedingt hörenswert!

    W.S.

  • Lieber Johannes,


    dein Ansatz ist vielleicht gar nicht so falsch, wenn du sagst:

    Zitat

    Johannes Roehl: Aber insgeamt bin ich vielleicht (noch) zu deutsch und protestantisch geprägt, als dass ich ein wirklicher Fan des Verdi-Requiems werden könnte.

    Dennoch meine ich, dass das Requiem unabhängig von Glaubensrichtungen auf derart absoluter Höhe steht, dass es möglicherweise einfach eines Funken bedarf, der bei irgendener Gelgenheit überspringt. Das war bei mir 1967 der Fall, als ich das Requiem mit dem gleichen Chor und dem gleichen Orchester im Fernsehen sah, als ich heute eine DVD ansah. Damals war es Karajan mit Leontyne Price, Fiorenza Scovotto, Luciano Pavarotti und Nicolai Ghiaurov. Heute waren es (ebenso wie bei Karajan zum wiederholten Male) Barenboim, Anja Harteros, Elina Garanca, Jona Kaufmann und René Pape.
    Das Verdi-Requiem ist eines der Stücke, dass mich am meisten anrührt, ähnlich wie das Mozart-Requiem. Auch bei meiner heutigen Hör- und Sehsitzung konnte ich manchmal nicht mehr an mich halten (z. B. beim Ingemisco mit Jonas Kaufmann).
    Man rechnet einfach nicht mehr damit, dass es heute noch mal so funken kann wie in "der guten alten Zeit".
    Aber in der Kombination Chor und Orchester gibt es m. E. für das Verdi-Requiem keine besseren Protagonsiten als "Orchestra e Coro del Teatro alla Scala", das sage ich trotz Abbado/Berliner Philharmoniker/Schwedischer Rundfunkchor und Giulini/Philharmonia Orchestra/Chorus.
    Ich hoffe, dass du dich trotzdem dem, wie ich meine, größten Requiem aller Zeiten, weiter annäherst.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Fiorenza Scovotto


    Nicht schlecht, lieber Willi! :)


    LG Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Sorry, lieber Rüdiger, es sollte natürlich heißen "Fiorenza Cossotto".


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Nun möchte ich mich nochmal melden in diesem Thread mit einer Aufnahme vom 16. November 2007 aus San Marco in Venedig, die ich mindestens einmal im Monat höre, und die mich von Mal zu Mal mehr begeistert. Ich habe sie auch schon im aktuellen Thread "Was höre ich gerade jetzt?`" besprochen, und ich möchte doch kurz auf einige spezielle Aspekte zu sprechen kommen:


    Ich kenne das Verdi-Requiem jetzt, seit es 1967 unter Karjan aus der Mailänder Scala im Fernsehen übertragen wurde, damals mit Leontyne Price, Fiorenza Cossotto, einem jungen Tenor names Luciano Pavarotti und Nicolai Ghiaurov. Damals hatte es mich tief beeindruckt, und das hat sich bis heute eher noch verstärkt. Damals entstand ein Traum in mir, den ich immer noch träume: ich möchte das Requiem einmal singen. Doch die Zeit läuft mir davon. Ich werde jetzt bald 70, und mein Dirigent zögert immer noch, weil ihm das Requiem zu opernhaft ist.
    Ich empfinde nicht so, ich halte das Verdi-Requiem für zutiefst religiös und sicherlich von den bekannten Requien als das zusammen mit dem Mozart-Requiem am aussagekräftigsten und erschütterndsten.


    Die o. a. Aufnahme begeistert mich vor allem wegen der Protagonisten. Meine Liebe zu diesem Requiem begann vor 49 Jahren. Nun habe ich eine Aufnahme, die zusammen mit der Karajan-Aufnahme von 1967 und der Abbado-Aufnahme von 1982 kaum übertrefflich scheint.
    Da wäre zunächst der Dirigent, Lorin Maazel, der zu Beginn des Films scheinbar teilnahmslos auf San Marco zu spaziert, dann die Solisten, Norma Fantini, die Sopranistin, eine grundsolide Sängerin mit einem kraftvollen Fundamentum, und dann ein Vulkan namens Anna Smirnowa. Sie schlägt m. E. selbst die grandiose Jessye Norman aus dem Jahre 1982 (unter Abbado in Edinburgh) aus dem Felde; weiter einen äußerlich unscheinbaren Tenor namens Francesco Meli mit einer strahlenden Stimme und einem berückenden Piano, letztlich einen Bass mit einer m. E. ebensolchen Größe wie der von Anna Smirnowa, jedoch auch ebenso wie jene mit einer durchaus erstaunlichen Pianokultur ausgestattet.
    Dazu vermitteln Chor und Orchester wie eigentlich bei allen Aufnahmen, die ich von italienischen Ensembles habe, den Eindruck, dass das Verdi-Requiem bei ihnen bestens aufgehoben ist.


    Ich habe noch zwei weitere Aufnahmen aus diesem Jahrtausend (auf DVD) mit italienischen Orchestern, Chören und Solisten und noch eine weitere Aufnahmen mit italienischem Chor und Orchester sowie deutschen bzw. lettischen Solisten, über die ich z. T. hier auch schon berichtet habe, werde das hier aber auch noch mal in diesem Thread tun.


    Fürs Erste kann ich diese Aufnahme nur wärmstens empfehlen, und wer die Solisten noch nicht kennt, wird sich wundern:



    Liebe Grüße


    Willi :)

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  • Lieber Willi


    das selber Singen des Requiems kann zu einer ziemlichen Enttäuschung werden. Man singt mit allen Kräften, die man hat, und wird dennoch hinter einem veritablen Verdi Orchester nicht gehört. In aller Regel haben durchschnittliche Kantoreien nicht das Geld, sich für dieses Werk adäquate Solisten zu leisten. Solche Aufführungen sind dann nicht nur Genuss.


    Hört man dieses Werk vom Monteverdi-Choir gesungen, kommen einem die meisten Aufnahmen chorisch defizitär vor, speziell italienische Opernchöre, die von verhinderten Solisten voll kaum zu einer gemeinsamen Leistung finden können (etwa bei der sonst bedeutenden Aufnahme von Sabata aus dem Jahr 1954)
    Karajan hatte bei diesem Werk immer wieder hervorragende Solisten, nicht nur 1967.


    Schöne Grüße


    Hans

  • Ich weiß nicht, lieber Saggittarus, ob du die von mir genannten Aufnahmen alle gehört hast, den Chor der Mailänder Scala scheinst du ja zu kennen, aber die auch von mir genannten Chöre verfügen durchaus über die Durchschlagskraft, die dieses Werk erfordert.
    Ich kann es mir nicht vorstellen, dass der Monteverdi Choir, vor dem ich höchsten Respekt habe, der aber kaum über 40 Leute auf die Bühne bringt, den italienischen Chören Defizite vermittelt, zumal ich als Laienchorsänger verstärkt auf die Sauberkeit der chorischen Singens achte.
    Wenn du jetzt sagen würdest, der Monteverdi Choir singt das Weihnachtsoratorium von Bach und auch meinetwegen noch die Neunte Beethoven, die ich alle von ihm habe, besonders herausragend, wäre ich bei dir, aber ich glaube, das Verdi-Requiem kann er nur in der entsprechenden Besetzungsstärke adäquat bestehen. Denke doch bitte nur an die großen Chöre: die kannst du nicht mit 36 Sängern gegen 100 Intrumentalisten darstellen.


    Liebe Grüße


    Willi :)

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  • Lieber Willi


    Das, was wir zu Hause hören, ist ja das Produkt von Tonmeistern. Denen es kein Problem macht, auch einen kleineren Chor gegenüber einem großen Verdi Orchester ausreichend zu positionieren. Live mag das anders sein, ist es auch anders, wie ich aus eigener Erfahrung mit diesem Werk weiß.
    Gardiner kann mit seinem wunderbaren Chor unglaublich differenzieren, der Klang ist höchst homogen, konkurrierender Gesang verhinderter Solisten wird vermieden. Da Gardiner das Werk zu distanziert angeht, ist mir diese Aufnahme keine Referenz. Aber der Monteverdi-Choir zeigt, was chorisch möglich ist. :hail:


    Hans

  • Ich kenne das Verdi-Requiem jetzt, seit es 1967 unter Karjan aus der Mailänder Scala im Fernsehen übertragen wurde, damals mit Leontyne Price, Fiorenza Coastto, einem jungen Tenor names Luciano Pavarotti und Nicolai Ghiaurov. Damals hatte es mich tief beeindruckt, und das hat sich bis heute eher noch verstärkt. Damals entstand ein Traum in mir, den ich immer noch träume: ich möchte das Requiem einmal singen. Doch die Zeit läuft mir davon. Ich werde jetzt bald 70, und mein Dirigent zögert immer noch, weil ihm das Requiem zu opernhaft ist.
    Ich empfinde nicht so, ich halte das Verdi-Requiem für zutiefst religiös und sicherlich von den bekannten Requien als das zusammen mit dem Mozart-Requiem am aussagekräftigsten und erschütterndsten.


    Das ist wieder einmal ein Beispiel für unterschiedliche Wahrnehmungen. Kurz und knapp muss ich sagen, dass ich der Aussage Deines/Eures Dirigenten, Verdis Totenmesse sei ihm zu opernhaft, beipflichte. Ich kann dem Werk nichts religiös-liturgisches abgewinnen, weiß es aber als großartige Musik zu schätzen.


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

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  • und mein Dirigent zögert immer noch, weil ihm das Requiem zu opernhaft ist


    Ist das am Ende nicht doch ein ganz altes Vorurteil, fortgeschrieben von Generation zu Generation, das dem REQUIEM seit seiner ersten Aufführung anhängt? Ich möchte mich damit nicht gegen religiöse Empfindungen stellen sondern eine Frage aufwerfen. Ich bin zwar nicht in einem herkömmlichen Sinne religiös, höre in dem Werk aber ein Maß an Inbrunst, Demut und Gottesfurcht, wie kaum woanders. Insofern stimme ich Willi völlig zu, der das auch so zu vernehmen scheint. Das liturgische Element, wie es musikwanderer vermisst, ist es in diesem Werk nicht völlig zweitrangig? Kommt es darauf so sehr an? Verdi, der dem Formalen kaum gehuldigt hat, hat es nach meinem Empfinden sogar überwunden. Damit spricht er womöglich viel mehr Menschen an. Auch solche, die nicht in Gottesdienste gehen.



    Gruß Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • ch bin zwar nicht in einem herkömmlichen Sinne religiös, höre in dem Werk aber ein Maß an Inbrunst, Demut und Gottesfurcht, wie kaum woanders. Insofern stimme ich Willi völlig zu, der das auch so zu vernehmen scheint.


    Und mir geht es ganz genauso. Die Mystik des Beginns und das Ende, das Inferno des "Dies irae" ist wirklich ein Inferno usw. - ein großartiges Werk, das für mich (ähnlich wie bei Mahlers II.) eine höhere Wahrheit vermittelt als die "reine Lehre", die in so manchen strengen Messen zu "reinen Leere" verkommt - bei Verdi gibt es weder die mit "h" noch die mit Doppel-"e"!

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • @ Rheingold, Stimmenliebhaber:


    ich möchte mich bei euch bedanken. Ihr habt verstanden, wie ich fühle. Und diese Musik spricht mein Gefühl sicherlich stärker an als die meisten Aufnahmen von Messen und Requien anderer Komponisten. Nur einige Stellen aus Bachs WO und Mozarts Requiem, natürlich das Hallelujah aus dem Messias und die Amen-Fuge aus Haydns Missa in Angustiis berühren mich ähnlich stark, vielleicht auch, weil ich diese Werke schon mit aufgeführt habe, und als Laienchor hat man nur eine Chance, sich solche gewaltigen Werke zu erschließen, wobei der Faktor Zeit die wichtigste Rolle spielt, um so Defizite in der Schönheit und Perfektion des Gesangs durch tieferes Eindringen in den musikalischen Ausdruck so weit wie möglich auszugleichen.
    Der letzte Vers des "Ingemisco" z. B. geht mir jedes Mal direkt ins Herz:


    Inter oves locum praesta,
    et ab haedis me sequestra,
    statuens in parte dextra.


    Man könnte es vielleicht so übersetzen:


    Lass mich bei den Schafen weiden,
    lass mich von den Böcken scheiden,
    lass mich an deiner Rechten stehen.


    Einige Tenöre, darunter der junge Luciano Pavarotti (Karajan), José Carreras (Abbado), aber auch Jonas Kaufmann (Barenboim) und der schon vorher von mir genannte Francesco Meli (Maazel), üben durch ihre Interpretation dieser, wie ich finde, Schlüsselstelle, eine soghafte Wirkung auf mich aus, und zwar bei jedem Hören wieder neu. Sogar, während ich dieses schreibe, bekomme ich eine Gänsehaut, wenn ich daran denke, wie dieser Vers aus dem Pianissimo erwächst ins unglaublich mitreißende Fortissimo.


    Liebe Grüße


    Willi :rolleyes:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • eine soghafte Wirkung


    Das hast Du sehr schön gesagt, lieber Willi. Auf den Punkt! Ich kann sehr gut nachvollziehen, was Dich bewegt beim Ingemisco. Mein erster Tenor damit ist Giuseppe di Stefano gewesen in der Einspielung unter Victor de Sabata, die im Verlauf dieses Threads auch bereits genannt wurde. Früher hatte ich die Platten, jetzt diese CD-Ausgabe:



    Es ist mir völlig egal, dass sie in Mono ist. Was bedeutet das schon? Bei di Stefano höre ich, dass er den von Dir zitierten letzten Vers fast flehentlich angeht, um sich zum Ende hin wie in eine Extase zu steigern, wenn nicht zu stürzen. Das rührt mich wie es mich erschüttert. Klar, dass ich das REQUIEM sofort auflegen muss. Ich habe sehr viele Aufnahmen gehört, die mich stark angesprochen haben, diese ist mir immer die liebste und wichtigste geblieben.

    Gruß Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent


  • In der von dir geposteten Ausgabe gab es keine Hörproben, lieber Rüdiger, darum habe ich die o. a. hier eingestellt, da waren Hörproben dabei. Di Stefano singt ja ebenfalls unglaublich eindringlich und voller Leidenschaft. Ich habe diese Ausgabe sofort bestellt, weil der Klang sehr gut ist und weil die mp3-Datei sofort in meine Musikbibliothek geladen wird. Da kann ich mir das Ganze in Ruhe anhören.


    @ Stimmenliebhaber:


    Mit Jussi Björling habe ich diese Requiem-Ausgabe unter Fritz Reiner, die mir auch sehr gut gefällt:



    Liebe Grüße


    Willi

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  • @ Stimmenliebhaber:


    Mit Jussi Björling habe ich diese Requiem-Ausgabe unter Fritz Reiner, die mir auch sehr gut gefällt:


    Lieber Willi,


    diese Aufnahme unter Fritz Reiner habe und kenne ich auch, aber sie erreicht meines Erachtens die Toscanini-Aufnahme nicht. Ich kann dir nur empfehlen, beide Aufnahmen auch mal zu vergleichen! :yes:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"


  • Ist das am Ende nicht doch ein ganz altes Vorurteil, fortgeschrieben von Generation zu Generation, das dem REQUIEM seit seiner ersten Aufführung anhängt? Ich möchte mich damit nicht gegen religiöse Empfindungen stellen sondern eine Frage aufwerfen. Ich bin zwar nicht in einem herkömmlichen Sinne religiös, höre in dem Werk aber ein Maß an Inbrunst, Demut und Gottesfurcht, wie kaum woanders. Insofern stimme ich Willi völlig zu, der das auch so zu vernehmen scheint. Das liturgische Element, wie es musikwanderer vermisst, ist es in diesem Werk nicht völlig zweitrangig? Kommt es darauf so sehr an? Verdi, der dem Formalen kaum gehuldigt hat, hat es nach meinem Empfinden sogar überwunden. Damit spricht er womöglich viel mehr Menschen an. Auch solche, die nicht in Gottesdienste gehen.


    Naja. Einerseits gab es den Vorwurf des "zu Weltlichen" gegenüber beinahe jeder Kirchenmusik seit dem 14. Jhd. oder so. Insofern ist der ggü. dem Verdi-Requiem weder neu noch originell. (Wobei es eben auch Zeiten wie Hoch- und Spätbarock gegeben hat, in denen man so gut wie keine stilistischen Unterschiede zwischen weltl. und geistlicher Musik finden kann.)
    Andererseits braucht es aber auch keine überzogen enge Auffassung von Kirchenmusik, um das Werk eines der größten Opernkomponisten opernhaft zu nennen (und man hat das ja nicht nur im negativen Sinne getan). Und dass Verdi kein frommer Katholik war, ist anscheinend ebenfalls belegt.


    Inbesondere bestätigen aber Deine und Stimmenliebhabers Kommentare freilich gerade das Vorurteil. Wenn nichtreligiöse Hörer mit einem offensichtlichen Interessenschwerpunkt in der Oper des 19. Jhds. von diesem Requiem besonders begeistert sind (und mehr als von vieler anderer, "traditionellerer" geistlicher Musik) ist das kaum ein Punkt gegen die Opernhaftigkeit des Stücks. ;)


    (Ich finde die Opernhaftigkeit per se auch kein Problem, s. weiter oben im Thread; wie weniger opernhafte geistliche Musik Verdis hätte aussehen können, zeigen im Ansatz die Quatro pezzi sacri.)

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Rossini war auch Opernkomponist und seine geistlichen Werke sprechen mich weit weniger an, wirken auf mich konventioneller und weniger religiös als das Verdi-Requiem (Verdi ist ja auch bei seiner Karriere als Opernkomponist nicht den Weg des geringsten Widerstands gegangen).

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Wenn nichtreligiöse Hörer mit einem offensichtlichen Interessenschwerpunkt in der Oper des 19. Jhds. von diesem Requiem besonders begeistert sind (und mehr als von vieler anderer, "traditionellerer" geistlicher Musik) ist das kaum ein Punkt gegen die Opernhaftigkeit des Stücks.


    Das stimmt natürlich. Nur für mich gilt das so nicht. Ich empfinde ganz anders, bin nicht auf traditionelle Weise religiös, habe die Oper des 19. Jahrhunderts nicht als so vordergründigen Interessenschwerpunkt, höre viel mehr Mozart, Bach, Händel oder Haydn und endlos Lieder und instrumentale Musik. Deshalb fühle ich mich mit meiner Wortmeldung zum Requiem von Verdi auch nicht missverstanden. ;) Noch wollte ich - auch unabsichtlich nicht - ein Vorurteil über die Opernhaftigkeit des Werkes bestätigen. Kam das wirklich so an? Auf jeden Fall herzlichen Dank für die Erwiderung, die mich auch nachdenklich macht.


    Gruß Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


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  • Dieser Einwurf meinerseits, unser Dirigent empfinde das Requiem für eine Aufführung seinerseits als zu opernhaft, hat ja doch etwas Staub aufgewirbelt. Ich bin deswegen auch schon in einem kleinen Disput mit ihm gewesen und habe ihm gesagt, ich empfände das nicht so, und wenn, dann sähe ich es so, dass der Unterschied zwischen einer dramatischen Opernaufführung und einer dramatischen Requiemaufführung doch wohl hauptsächlich darin bestände, dass das eine mit einer Handlung und handelnden Protagonisten verknüpft sei und das andere rein konzertant.
    Es gibt aber auch Parallelen. In beiden wird eine Geschichte erzählt, im Requiem vielleicht sogar die Geschichte schlechthin, und Verdi erzählt sie auf eine derart unnachahmliche Weise, dass ihm sicherlich nur noch der nicht minder geniale Mozart nahe kommt, der ja ein ebenso genialer Opernkomponist war.
    Auch ich empfinde mich nicht im herkömmlichen, traditionellen Sinne als religiös, was aber nichts mit meinem Glauben zu tun hat. Ich empfinde mein Singen als Zwiesprache mit Gott, weshalb ich auch so gerne Choralscholar bin und bei den christlichen Hochfesten nicht darauf achte, wer sonst noch in der Kirche ist und was er oder sie angezogen hat, sonder ich singe, und wenn ich mich gut dabei fühle, habe ich m. E. Mein Ziel erreicht. Wichtig ist mir dabei auch das gemeinsame Erlebnis in der Chorgemeinschaft.
    Wenn dann, wie bei unserer WO-Aufführung, ein Münsteraner Professor und hochrangiger Kirchenvertreter sagt, er habe das Gefühl gehabt, dass wir in unserer Aufführung das Publikum erreicht und überzeugt hätten, dass unser Vortrag wahrhaftig gewesen sei und dass sie als katholische Kirche im Gottesdienst diese Ziele nicht mehr erreichen könnten, dann ist das für mich ein Beweis dafür, dass diese Musik immer noch ihre Berechtigung hat und dass mich eine vermeintliche Opernhaftigkeit eines Requiems nicht davon abhalten würde, es denn im Konzert zu singen.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Ich habe das nicht noch mal anderswo nachgesehen, aber auf der ersten Seite des Threads wird ja mitgeteilt, dass der Kommentar "Verdis schönste Oper" anscheinend nicht süffisant, sondern eher positiv gemeint war, gleichwohl von Anfang an Widerspruch auslöste. U.a. von Brahms Seite, der das Werk anscheinend sehr geschätzt hat, obwohl es kaum unterschiedlicher als das Deutsche Requiem oder die andere geistliche Chormusik Brahmsens sein könnte.


    Man kann wohl kaum sagen, dass die Einordnung dem Werk geschadet hat; es ist ja weit und breit eines der populärsten und meistgespielten und aufgenommenen geistlichen Werke (z.B. auch verglichen mit Rossinis, oder international mit Brahms' Requiem, das außerhalb des deutschsprachigen Raums anscheinend verbreitet als langweilig gilt). Ich finde es daher sowohl schwierig als auch müßig, die opernhaften Züge des Werks zu bestreiten.


    Da kaum eines der großen geistlichen Werke des 19. Jhds. liturgisch im eigentlichen Sinne ist (selbst Bruckners Messen 1 und 3 sind eigentlich zu lang), spricht es auch kaum gegen Verdis Requiem, dass es eher für den Konzertsaal geeignet ist.


    Über die persönlichen Reaktionen kann man natürlich schlecht diskutieren. Dass vielen von uns die emotionale Musiksprache der Oper des mittleren/späten 19. Jhds. näher steht als ältere Musik oder als Kompositionen der Romantik, die sich näher an einen älteren Kirchenstil anlehnen, ist kaum verwunderlich. Ebensowenig, dass anderen das Werk stellenweise "äußerlich" vorkommt.

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    (Bob Dylan)

  • U.a. von Brahms Seite, der das Werk anscheinend sehr geschätzt hat, obwohl es kaum unterschiedlicher als das Deutsche Requiem oder die andere geistliche Chormusik Brahmsens sein könnte.


    Ich finde schon, dass das Brahms-Requiem und das Verdi-Requiem unterschiedlicher sein könnten, ich finde da sogar einige Gemeinsamkeiten: der mystische Beginn quasi aus dem nichts heraus ist sehr ähnlich, die Kraft des "Dies irae" im Verdi-Requiem finde ich am ehesten in den Brahms-Requiem-Sätzen II und IV als anderswo wieder, während ich "Ihr habt nur Traurigkeit" wieder in einigen Solo-Passagen bei Verdi als nahezu adäquat entdecke usw.
    Beide Komponisten verbindet zudem ihre (kirchen-)kritische, unkonventionelle Religiosität.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Nachdem die beiden letzten Postings an St. Pankratius geschrieben wurden, will ich heute an St. Hubertus antworten (mein Bruder heißt so). Wieder einmal habe ich den Tag mit dem Verdi-Requeim beendet (bzw. die Nacht damit begonnen, und zwar mit einer italienischen Aufnahme:


    Coro del Teatro Regio di Parma
    Orchestra del Teatro Regio di Parma
    Dimitra Theodssiou, Sopran
    Sonia Ganassi, Mezzospran
    Francesco Meli, Tenor
    Riccardi Zanellato, Bass
    Dirigent: Yuri Temirkanov

    Ich habe diese Aufnahme bestimmt zum sechsten oder siebten Mal gehört und gesehen, diesmal allerdings nicht von meiner eigenen Blu Ray, sondern auf Classica. Wiederum ging es mir durch den Kopf, dass italienische Chöre doch die besten sind für das Verdi-Requiem. Diese Meinung habe ich seit knapp fünfzig Jahren, seit ich zum ersten Mal im Fernsehen das Verdi-Requiem gesehen habe, damals in einer Aufnahme ohne Publikum aus der Mailänder Scala mit dortigem Chor und Orchester unter der Leitung von Herbert von Karajan. Diese Aufnahme zählt m. E. heute noch zu den Referenzen, nicht nur wegen des phänomenalen Chores und des großartigen Orchesters, sondern auch wegen des einmaligen Solistenquartetts: Leontyne Price, Sopran, Fiorenza Cossotto, Mezzosopran, Luciano Pavarotti, Tenor und Nicolai Ghiaurov, Bass, und natürlich auch wegen des Dirigenten..
    Gerne höre und sehe ich auch immer wieder die Aufnahmen aus San Marco in Venedig unter Lorin Maazel und diejenige aus Santa Celcila in Rom unter Zubin Mehta, sowie die ältere aus den 1980er Jahren Aus Edinburgh unter Claudio Abbado. Jedoch auch die Aufnahme aus Mailand unter Barenboim, mit Anja Harteros, Elian Garanca, Jonas Kaufmann und René Pape ist nicht zu verachten.


    Liebe Grüße


    Willi :)


    P.S.: Lieber Stimmenliebhaber, es kommt ganz auf den "Punctum saliens" an, ob man mehr Gemeinsamkeiten oder Unterschiede zwischen dem Brahms-Requiem und dem Verdi-Requiem entdeckt. Die gängige Meinug ist ja, dass das Verdi-Requiem furchteinflößender sei als das äußerst trostreiche Brahms-Requiem.

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Die gängge Meinug ist ja, dass das Verdi-Requiem furchteinflößender sei als das äußerst trostreiche Brahms-Requiem.


    Da ist sicher auch was dran. Bei aller urwüchsigen Kraft, die auch das Brahms-Requiem hat, sind bestimmt Stellen im gerade erst im vergangenen Monat erst wieder live erlebten Verdi-Requiem ("das Rex tremendae majestatis" und natürlich das "Dies irae") schon sehr furchteinflößend.


    Diese gewaltige Steigerung hingegen erinnert mich wieder an die gewaltige Steigerung im 2. Satz des Brahms-Requiems:


    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • P.S.: Lieber Stimmenliebhaber, es kommt ganz auf den "Punctum saliens" an, ob man mehr Gemeinsamkeiten oder Unterschiede zwischen dem Brahms-Requiem und dem Verdi-Requiem entdeckt. Die gängge Meinug ist ja, dass das Verdi-Requiem furchteinflößender sei als das äußerst trostreiche Brahms-Requiem

    Da ist sicher auch was dran. Bei aller urwüchsigen Kraft, die auch das Brahms-Requiem hat, sind bestimmt Stellen im gerade erst im vergangenen Monat erst wieder live erlebten Verdi-Requiem ("das Rex tremendae majestatis" und natürlich das "Dies irae") schon sehr furchteinflößend.


    Diese gewaltige Steigerung hingegen erinnert mich wieder an die gewaltige Steigerung im 2. Satz des Brahms-Requiems


    Lieber William, lieber Stimmenliebhaber!


    Es mag schon sein, dass manche Steigerungen ähnlich bei Verdi und bei Brahms klingen und wirken. Ich denke freilich, dass sie unterschiedlich gebaut sind. Das könnte aber nur eine sehr detaillierte Analyse zeigen, die ich jetzt erst mal nicht machen möchte.


    Wichtiger scheint mehr nämlich etwas anderes: Der Kontext, in dem diese dramatischen Kraft steht, ist eine ganz andere bei Verdi und bei Brahms.


    Bei Verdi geht es um die "katholische Racheutopie", wie Richard Wagner das genannt hat. Dem sündigen Menschen wird vor Augen und Ohren geführt, dass das Jüngste Gericht kommen wird und was das bedeutet: einstürzende Welten, Trompeten, die in die Gräber dringen, der Auftritt des Welterrichters, das Aufschlagen des Buches, in dem alle Sünden und Schuld verzeichnet sind. Dem Menschen bleibt nur Angst, Schrecken, Heulen und Zähneklappern. Er fleht und betet, bittet um Verzeihung und Erlösung.


    Ganz anders Brahms: Sein Requiem verkündet die Zusage der Rettung.
    Besonders deutlich wird das in der erwähnten Steigerung des 2. Satzes.
    Das ist auf den erste Blick ein Trauermarsch. Aber er steht im 3/4 Takt so dass man eher an eine Totentanz, wie wir ihn von alten Holzschnitten kennen, erinnert wird. In hartem, durchaus furchteinflößendem Ton geht der Kondukt scheinbar unbedingt und unentrinnbar voran - in einer gewaltigen Steigerung! Aber er läuft gewissermaßen vor die Wand: "Aber des Herren Wort bleibet in Ewigkeit". Der Unentrinnbarkeit des Todes wird in einem Fugato die Vision ewiger Freude über die Erlösung entgegengesetzt.


    Und im 6. Satz nimmt auch Brahms das Bild von der Posaune und der Erweckung der Toten auf. Aber sie zitiert nicht vor den Richterstuhl, um ihnen für ihre Sünden heimzuzahlen, sondern verwandelt sie durch die Zusage von Gnade. Damit ist der Weg frei für die großartigste aller Steigerungen: "....Tod, wo ist dein Stachel? Hölle wo ist dein Sieg". Es folgt die mächtigste Fuge des ganzen Werkes "Herr Du bist würdig".


    Interessant ist übrigens in dem Zusammenhang auch, dass bei Verdi dramatische Kraft oft gleichsam überfallartig entfesselt wird. Das "Dies Irae" und das "Rex Tremendae" sind dafür eindrückliche Beispiele. Nur die "Tuba mirum" ist als Steigerung angelegt, wodurch das Unausweichliche ihres Rufes unterstrichen wird. Große Steigerungen sind dem Flehen um Vergeben der Sünden und um Rettung vorbehalten, also den Menschen angesichts der Schrecken des Weltenbrandes - an eindrücklichsten im "Libera me" (an der Stelle wo die Sopranistin aufs hohe A muss)


    So das wollte ich wenigstens kurz anmerken.
    Ich habe nicht den ganzen Thread nachgelesen. Vielleicht ist es ja schon lägst gesagt. Immerhin passt es in die Jahreszeit, sich ein paar Gedanken über die beiden Werke zu machen, die ja fast gleichzeitig entstanden sind und ganz verschieden religiösen Traditionen entstammen.


    Einen schönen Tag noch!
    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Lieber Caruso,


    schönen Dank für die eingehenden Erläuterungen, da kann ich mich am 22. 11. In Köln wieder einmal persönlich von der positiven, trostreichen Ausstrahlung des Deutschen Requiems überzeugen, das der Chor des Kölner Bachvereins und das Gürzenich-Orchester unter der Leitung von Francois Xavier Roth geben werden. Die Soli werden die Sopranistin Sally Matthews und der Bariton Kresimir Strazanac singen. Einleitend wird die Schola Heidelberg György Ligetis "Lux aeterna" für 16stimmigen gemischten Chor geben. Ich werde hinterher wieder einen Bericht über das Konzert schreiben.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Lieber Caruso41,


    ich habe ja in meinem Vorbeitrag auf die Unterschiede zwischen beiden Werken hingewiesen und mir dann erlaubt, eine gewisse Gemeinsamkeit am Ende hinterherzuschieben. Du hast dich dann auf diese zitierend gestürzt, um noch einmal die großen Unterschiede zu verdeutlichen.
    Ich glaube aber, dass Willi mit seiner Aussage recht hat, dass man entweder die Unterschiede oder die Gemeinsamkeiten betonen kann und beide vorhanden sind. Du hast nun in deinem Beitrag (vielleicht aus der "protestantischen Ehre" heraus) eigentlich nur die Unterschiede betont, weil dir diese wichtiger sind.
    Ich möchte hingegen auch nochmal eine Gemeinsamkeit betonen, nämlich, dass das Bedrohliche, Unheimliche eben nicht nur im Verdi-Requiem, sondern in beiden Werken substanziell enthalten sind (bei Brahms neben dem schon erwähnten zweiten Satz auch gerde in den Stellen mit Solo-Bariton und dem damit korresponierenden Chor an den Anfängen der Sätze 3 und 6.
    Das Brahms-Requiem ist eben auch nicht nur tröstlich, sondern führt die menschliche Kleinheit (im Kontrast zu Gottes Größe) genauso deutlich vor Augen (oder besser: Ohren) wie das Verdi-Requiem, auch wenn es natürlich sehr unterschiedliche Akzente gibt, die sich aus der jeweiligen religiösen Tradition ableiten.
    Ich persönlich finde einige Stellen im Brahms-Requiem als mindestens ebenso furchteinflößend und beunruhigend wie manche Stellen im Verdi-Requiem, dem immer die "Opernhaftigkeit", also Theatralik vorgeworfen wird, die ich aber auch nicht kritischer sehe als die ellenlangen Glaubenbekräftigungen bei Brahms, noch ne Händel-Fuge und noch ne Händel-Fuge...
    Ein großer Unterschied zwischen beiden Werken ist sicherlich die Bedeutung der Solisten: Bei Brahms tauchen diese überhaupt nur in drei von sieben Sätzen auf und sind auch dort immer mit dem Chor gekoppelt. Der Bariton tritt dann auch immer noch irgendwann zurück und überlässt dem Chor ganz das Feld. Bei Verdi sind die vier Solisten wichtiger, vielleicht genauso wichtig wie der Chor, sie bestreiten ganze oder zumindest lange Satzpassagen alleine.
    Wahrscheinlich steht vielen Katholiken das Verdi-Requiem und den allermeisten Protestanten das Brahms-Requiem näher, mir als Atheistem stehen beide Werke fast gleich nahe (auch wenn ich nur eines von beiden schon einmal mitgesungen habe), auf beide möchte ich nicht verzichten, auch wenn ich beide nicht durchgängig für total genial halte.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Lieber Stimmenliebhaber!


    Ich hatte eigentlich meinen Beitrag nur als Anmerkung gemeint. Weder als Widerspruch noch als Korrektur! Darum habe ich gleich eingangs eingeräumt, dass es Ähnlichkeiten gibt, von denen Du jetzt noch einmal einige benannt hast.


    Du hast nun in deinem Beitrag (vielleicht aus der "protestantischen Ehre" heraus) eigentlich nur die Unterschiede betont, weil dir diese wichtiger sind.


    Als Streiter für den Protestantismusch habe ich mich eigentlich nicht verstanden! Wäre ja denkbar, zwei Tage nach dem Reformationstag und angesichts des unsäglichen Schwadronierens allüberall zu Luther dem dem Protestantismus.
    Nein!
    Ich wollte auch nicht die Unterschiede betonen, sondern vielmehr nur einen Unterschied benennen, einen allerdings ganz wesentlichen! Und der betrifft den Kontext in dem alles steht: Tod, Trauer und Tröstung genauso wie Heulen und Zähneklappern, Sündenbekenntnisse, Flehen um Rettung, Gericht und Erlösung.
    Man kann natürlich beide Requiems auch hören und genießen, ohne sich über diesen Kontext und damit über das Ganze der Komposition Gedanken zu machen. Aber ich dachte, es wäre auch einmal sinnvoll, zumindest kurz darzulegen, dass in dieser Hinsicht, wie sie von den letzten Dingen reden, einen geradezu fundamentalen Unterschied zwischen Brahms und Verdi gibt.


    Etwa zu der gleichen Zeit, da Brahms und Verdi ihre Requiems schrieben, hat ja Mussorgski die "Lieder und Tänze des Todes" geschrieben. Das Werk ist zwar kein Requiem, aber es passt gleichwohl in den Zusammenhang. Es ist gleichsam die radikale Alternative: der Tod ist das Ende!


    Lieber William,
    das Brahms Requiem unter Francois Xavier Roth wir sicher spannend! Gut dass Du uns berichten willst!


    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

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