Die Tatsache, dass Strauss - worauf hart hingewiesen hat - viele seiner Klavierlieder nachträglich in Orchesterlieder umgewandelt hat, zeigt, dass er als Liedkomponist im Grunde orchestral dachte, - auch bei seinen Klavierliedern. Der Klaviersatz erfüllt dort primär die Funktion, die Singstimme in ein Klangkolorit einzubetten und auf diese Weise deren melodische Linie um klangliche Ausdrucksdimensionen zu bereichern. Insofern kann man tatsächlich sagen, dass bei Strauss - ebenso wie bei Gustav Mahler - die "Musikalisierung" des Kunstliedes in ihr Endstadium getreten ist.
Ein Lied wie - beliebiges Beispiel - "Die Nacht", auf Text von Gilm zu Rosenegg ("Aus dem Walde tritt die Nacht, / Aus den Bäumen schleicht sie leise...") lässt das ganz deutlich hören. Man achte nur einmal darauf, wie Strauss in der zweiten Strophe das "Auslöschen" der "Lichter dieser Welt" durch die Nacht mit immer fahler werdenden Klängen im Klavier musikalisch untermalt und auf diese Weise nacherlebbar werden lässt.