ZitatOriginal von Ulli
Den Abschluß bereitet ein Rezitativ, gefolgt von einer Baßarie Wenn einst die Ungewitter vor. Das musikalische Material ist hier absolut identisch mit der Ariette J’en suis encore tremblant aus dem 3. Akt der Oper Zémire et Azor von André Modeste Ernest Grètry [1741-1813], ich war hier sehr erstaunt!
Ha! Erwischt, Herr Kraus!
In Kraus' Schriftsatz Etwas von und über Müsik fürs Jahr 1777 gibt Kraus selbst zu, wie sehr er Grétry und besonders dessen Werk Zémire et Azor schätze:
Kraus untersucht Grétrys Werk auf den Seiten 83 bis 91/92 so sehr detailliert, wie auf den Seiten zuvor Alceste von den Coproduzenten Anton Schweitzer / Christoph Martin Wieland. Kraus geht auf einzelne Arien explizit ein, meidet die Arie des Ali J’en suis encore tremblant allerdings wie eine heiße Kartoffel.
Nachdem Zémire et Azor im Jahre 1771 komponiert wurde, ist der Dieb ertapft! Denn:
Vielleicht hat Gretri auch Fehler - gut - er soll sie haben, und wenn er hundert hätte und alle diese hundert wären in Zemire und Azor, so seh ich sie nicht. Ich war noch nie im Stande, und wenn ich die Operette alle Tage durchspiele [sic! er hatte also die Noten!] kalt seine Arien durchzusehen.
Herrn Gluck erwähnt Kraus übrigens im Thema "Oper" nur sehr kurz, Mozart garnicht [o.k. - letzterer war 1777 vielleicht noch nicht der Opernkomponist]. Interessant ist aber, daß Kraus Mozarts Musik sehr gekannt haben muß, so entlehnte er ja aus dessen Idomeneo den Marsch für "seinen" Riksdagsmarsch, sowie einige andere Passagen, welche er in seinem opus magnum Dido och Aeneas bzw. auch in der zuletzt entstandenen Trauerode für Gustav III. einwebte.
Bedeutsam scheint mir der Meinungsvergleich Kraus/Mozart über ihre Konkurrenz:
Während Mozart zu Schweitzers Alkeste meint, das beste ist noch die Ouvertüre daran, schreibt Kraus [S. 63]: Die Ouvertüre besteht aus einem Grave und darauffolgender Fuge. Schweizer hat ohne Zweifel gedacht, der alte Gout würde hier mehr Wirkung als der heutige Sinfoniestil tun: Das Grave hat viel Majestätisches und Feierliches - aber die Fuge ist alltäglich abgedroschen [...].
Dabei gefällt mir die Fuge bei Schweitzer gerade so gut...
Ulli