Ludwig van Beethoven: Sinfonien - Welcher Zyklus ist der Beste?

  • Ich hatte die Asahina-Aufnahme auf Empfehlung Josephs am 24. 10. bestellt, und wie ich jetzt recherchierte, wurde sie am 5. 11. storniert, warum auch immer, deswegen kann ich dazu nicts sagen, so gerne ich es tun möchte.


    Liebe Grüße


    Willi:)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Auch ein hervorragender Beethoven Zyklus denn ich immer wieder anhöre ist der hier:


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    Die CD-Box mit den 9 Sinfonien Beethovens und dem Bonusmaterial ist jeden Cent wert. Scherchens Einspielung Anfang der frühen 1965er Jahre klingt durch die hervorragende technische Bearbeitung frisch als sei sie von heute. Hier ist ein großer Schatz gehoben und dem Vergessen entrissen worden. Einfach klasse, eine geniale Interpretation! Die Einspielung hat das Format zum modernen Klassiker. So klingen die anderen Interpretationen ziemlich leise darüber.

    Ich habe die andere Box, ich konnte das andere Bild nicht einfügen, warum auch immer.

    Kann mir noch einer helfen, wie die Bilder kleiner machen kann?

    Liebe Grüße

    Musik ist höhere Offenbarung als alle Weisheit und Philosophie. Wem meine Musik sich verständlich macht, der muß frei werden von all dem Elend, womit sich die anderen schleppen.

    Ludwig van Beethoven


    Bruckner+Wand So und nicht anders :)

  • Ich möchte nicht bestreiten, dass Karajan ein großer Dirigent des 20. Jahrhundert war: Viele seiner Einspielungen sind unübertroffen. Leider gibt es auch Aufnahmen, wo er deswegen berühmt geworden ist, die aber nicht sonderlich gelungen sind.

    Zugegebenermaßen verleiht er den ersten beiden und der vierten Sinfonie monumentalen Glanz, was sicher nicht leicht ist; das Allegro con brio der dritten Sinfonie ist aber schon kaputt geeilt.
    Das einschüchternde Allegro con brio der Fünften ist vollkommen misslungen, da das einfach nur abgehetzt ist.
    Bei Pastorale merkt man an, dass Karajan sie nicht leiden konnte.Die wunderbare, fröhliche Siebte ist im Tempo gänzlich misslungen. Das Allegretto ist leider eine Katastrophe. Die Achte ist wiederum ein Pluspunkt der ganzen Einspielung.
    Die krönende Neunte ist zwar nicht schlecht, aber andernorts und von anderswoher grandioser eingespielt worden. Das zeigt sich besonders anhand des ersten Satzes der Neunten Sinfonie - hohle Pathos pur. Nichts von dem heiligen Ernst, der Wut und der Verzweiflung und erst recht gar nichts von dem grimmigen Humor und der Ruppigkeit Beethovens kommt durch - Karajan, das spürt man, ist nicht wirklich mit dem Herzen dabei. Selbst die Solisten und der Chor sind leider nicht überzeugend. Vielmehr verfestigt sich der Eindruck, dass nicht der Komponist und seine Musik, sondern vielmehr der Interpret und die Befriedigung seiner Eitelkeit im Vordergrund stehen.

    Liebe Grüße

    Patrik

    Musik ist höhere Offenbarung als alle Weisheit und Philosophie. Wem meine Musik sich verständlich macht, der muß frei werden von all dem Elend, womit sich die anderen schleppen.

    Ludwig van Beethoven


    Bruckner+Wand So und nicht anders :)

  • Ich möchte nicht bestreiten, dass Karajan ein großer Dirigent des 20. Jahrhundert war

    Oh, oh, oh, das klingt, wenn man anschließend Deine weiteren Ausführungen liest, so ähnlich wie wenn weiland Marcel Reich-Ranicki im Literarischen Quartett leidenschaftlich ausrief: Fabelhaft, - aber falsch!


    Kann es nicht sein, daß sich hinter diesem Satz ein Karajan-Verächter versteckt? Denn so über seinen weltberühmten Beethoven-Zyklus von 1961/62 zu urteilen wie es hier geschieht (die Lobesworte für die Sinfonien Nr. 1 & 2 scheinen mir eher ein Feigenblatt zu sein), halte ich schon mehr als gewagt.


    Selbstverständlich kann der beste Dirigent der Welt (wenn es so etwas überhaupt geben würde) nicht zu allen Sinfonien Beethovens den gleich guten Zugang haben, und es gibt auch keinen Dirigenten, der nicht von seiner Tagesform und -stimmung in irgendeiner Weise beeinflußt wird.


    Herbert von Karajan hat erstmals bereits in den Jahren 1951-1955 für EMI-Columbia Beethovens Neune aufgenommen (mit Ausnahme der 8. alle in Mono), und, wenn man von der klanglichen Seite absieht, vielleicht sogar damit seine überzeugendste Auslegung dieses Kosmos abgeliefert, während seine späteren Remakes von 1976/77 und 1983/85 (digital) außer ein paar technischen Verbesserungen nicht mehr viel Neues gebracht haben, zum Teil sogar hinter seinen früheren Versionen zurückblieben.


    Doch nun "in medias res":

    das Allegro con brio der dritten Sinfonie ist aber schon kaputt geeilt.

    Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, die EROICA überzeugend darzustellen: entweder breit und majestätisch oder aber lebhaft, straff und dynamisch. Wichtig ist nur, daß der Dirigent konsequent bei einer dieser Linien bleibt und nicht durch unangebrachte Modifikationen und Temposchwankungen seine eigene Persönlichkeit in den Vordergrund zu stellen.

    Es bleibt eine unbestrittene Tatsache, daß Beethoven durch seine ursprüngliche Begeisterung für Napoleon zur Kompositionen der Sinfonie angeregt wurde. Daß er später, nachdem sich der Korse zum Kaiser aufgeschwungen hatte, davon abrückte, ist ebenfalls bekannt. Ist es zu weit hergeholt, wenn man annimmt, daß sich der Komponist weit mehr von den spontanen, blitzartigen und zuschlagenden Aktionen des jungen Generals beeindrucken ließ als von der aufgesetzten majestätischen Pose, die er später einzunehmen pflegte? Deshalb scheint mir ein durchgehend flottes Tempo (vom Trauermarsch einmal abgesehen) das folgenrichtigste zu sein. In ihren inzwischen legendären Darlegungen haben sich, lange vor Karajan, u.a. Erich Kleiber, Toscanini, Scherchen, Münch und Schuricht konsequent zu dieser Auffassung bekannt, und später, 1961, hat René Leibowitz in seiner Aufnahme, die sich sehr eng an Beethovens Metronomvorschriften anlehnte, ebenfalls straffe Tempi bevorzugt. In diesem Sinne hat Karajan eine in sich vollkommen schlüssige Interpretation vorgelegt und hat vor allem seine einmal eingenommene Auffassung ohne alle Mätzchen durchgehalten. Nichts wird verwischt, sondern jede Phrase ist klar artikuliert.

    Das einschüchternde Allegro con brio der Fünften ist vollkommen misslungen, da das einfach nur abgehetzt ist.

    Sorry, die Aussage kann ich einfach nicht ernst nehmen! Von den über 30 Versionen der Fünften, die mir vorliegen, hat (nach meiner persönlichen Meinung) keiner, auch Karajan selbst nicht, den Sinn dieser Sinfonie besser getroffen als er in seiner Aufnahme von 1962. Sie ist wie aus einem Guß, vom ersten Ton des Schicksalsmotivs angefangen bis zum triumphalen, schier überschäumenden Schluß. Lediglich Bernstein hat in seiner frühen CBS-Aufnahme eine ähnlich überzeugende Version vorgelegt.

    Bei Pastorale merkt man an, dass Karajan sie nicht leiden konnte.

    Falsch! Ich persönlich schätze seine mir bekannten vier Auslegungen der Pastorale auch nicht sonderlich, aber nirgends gewinne ich den Eindruck, daß er "sie nicht leiden konnte". Er lenkte vielmehr, wie z.B. auch Cluytens oder Monteux, seine Aufmerksamkeit weniger auf die verborgenen Schönheiten und malerischen Naturschilderungen des Werks, sondern auf die Werkgestalt. Auch mir ist sein Tempo in dieser Sinfonie zu rasch und eilend; an anderer Stelle habe ich gesagt, daß er die herrliche Frühlingslandschaft mit einem Turbo-Porsche an sich vorbeifliegen läßt (was Furtwängler, Bruno Walter oder Karl Böhm nie in den Sinn gekommen wäre), aber auch ohne die Beachtung jeder Blume und jedes blühenden Strauches am Wegesrand kann man m.E. die Natur genießen. Ich selber ziehe da auch die gemächliche Art vor.

    Die wunderbare, fröhliche Siebte ist im Tempo gänzlich misslungen. Das Allegretto ist leider eine Katastrophe. Die Achte ist wiederum ein Pluspunkt der ganzen Einspielung.

    Auch das halte ich für ein sehr einseitiges Urteil, was die Siebte betrifft, während ich Karajans Achte noch nie sonderlich geschätzt habe. Da ziehe ich bei weitem Scherchen, Leibowitz und Schuricht vor.

    Die schönste Siebte hat Karajan für meinen Geschmack mit seiner DECCA-Aufnahme von 1959 mit den Wiener Philharmonikern vorgelegt, übrigens seine einzige Stereo-Aufnahme mit den Wienern überhaupt:

    Herbert von KARAJAN: BEETHOVEN Symphony No.7 HAYDN 104 Wiener Philharmoniker  CD | eBay

    Die krönende Neunte ist zwar nicht schlecht, aber andernorts und von anderswoher grandioser eingespielt worden. Das zeigt sich besonders anhand des ersten Satzes der Neunten Sinfonie - hohle Pathos pur. Nichts von dem heiligen Ernst, der Wut und der Verzweiflung und erst recht gar nichts von dem grimmigen Humor und der Ruppigkeit Beethovens kommt durch - Karajan, das spürt man, ist nicht wirklich mit dem Herzen dabei. Selbst die Solisten und der Chor sind leider nicht überzeugend.

    Grandioser vielleicht, aber "besser"? Ich spüre kein "hohles Pathos" im Kopfsatz, und noch weniger, daß Karajan "nicht wirklich mit dem Herzen dabei" ist. Und die Solisten (Janowitz, Rössel-Majdan, Kmentt und Berry) sind, zumindest was Janowitz und Berry angeht, allererste Sahne, und der oft verschmähte Wiener Singverein überzeugt in allen Lagen. 1962, zum Zeitpunkt der Aufnahme, galt dieser Chor (obwohl oder weil er aus Laien besteht), als einer der besten in Europa überhaupt. Das mag sich später geändert haben.

    Vielmehr verfestigt sich der Eindruck, dass nicht der Komponist und seine Musik, sondern vielmehr der Interpret und die Befriedigung seiner Eitelkeit im Vordergrund stehen.

    Diesen Satz habe ich in der Vergangenheit bereits x-mal an anderer Stelle gelesen oder gehört, aber durch ständige Wiederholung wird er auch nicht wahrer. Wie verträgt er sich übrigens mit dem eingangs zitierten Satz? War er nun ein "großer Dirigent des 20. Jahrhunderts", oder doch vor allem ein Blender und Schaumschläger, der die Musik nur zur Selbstdarstellung mißbraucht hat?


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Lieber Nemorino, aber wenn einer wirklich KEIN Gespür hat für die PASTORALE, dann ist das meiner Meinung nach doch Karajan. Die Szene am Bach kenne ich in keiner liebloseren Einspielung als die vorliegenden Karajan-CD. Hört euch doch mal diese unorganischen, pappigen (aber zu schnell) Phrasierungen zu Beginn des zweiten Satzes Beispiels massig an. Ist mir unbegreiflich, dass Karajans Pastroale so häufig als Referenz bezeichnet wird. Hören die Leute denn nur das Gewitter an???


    Meine Karajan Sammlung ist noch vergleichsweiße klein, ich habe 55 Karajan CDs.

    Liebe Grüße

    Patrik

    Musik ist höhere Offenbarung als alle Weisheit und Philosophie. Wem meine Musik sich verständlich macht, der muß frei werden von all dem Elend, womit sich die anderen schleppen.

    Ludwig van Beethoven


    Bruckner+Wand So und nicht anders :)

  • Ohne jetzt ins Detail gehen zu wollen, kann ich es verstehen, wenn man den berühmten Karajan-Zyklus von 1961/62 heutzutage nicht mehr als das Nonplusultra ansehen mag, der er in den 60er Jahren gewesen sein mag. Die Konkurrenz ist mittlerweile unüberschaubar. Für praktisch jede der Aufnahmen gibt es irgendwo eine, die gleichwertig gelungen oder gar besser ist. Das nimmt dieser Gesamtaufnahme nicht zwingend etwas von ihrer Güte. Ich höre nur noch ganz selten in diese Einspielungen. Die Fünfte war für mich jahrelang das A und O. Aber seit einigen Jahren greife ich kaum mehr zu ihr, da mir doch Aufnahmen untergekommen sind, die mir persönlich mehr geben. Eine der besten Beethoven-Aufnahmen Karajans stellt für mich die "Eroica" anlässlich des Festkonzerts zum 100. Jubiläum der Berliner Philharmoniker dar, das unter Anwesenheit des damaligen Bundeskanzlers Schmidt auch im Fernsehen ausgestrahlt wurde. Besser hat er das Werk für meine Betrachtung auch im Studio zuvor nicht vorgelegt. Ansonsten würde ich heute eher dem Live-Zyklus von der Japan-Tournee 1966 den Vorzug geben, wenn es unbedingt ein Karajan'scher Zyklus sein muss.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ohne jetzt ins Detail gehen zu wollen, kann ich es verstehen, wenn man den berühmten Karajan-Zyklus von 1961/62 heutzutage nicht mehr als das Nonplusultra ansehen mag, der er in den 60er Jahren gewesen sein mag. Die Konkurrenz ist mittlerweile unüberschaubar. Für praktisch jede der Aufnahmen gibt es irgendwo eine, die gleichwertig gelungen oder gar besser ist. Das nimmt dieser Gesamtaufnahme nicht zwingend etwas von ihrer Güte. Ich höre nur noch ganz selten in diese Einspielungen. Die Fünfte war für mich jahrelang das A und O. Aber seit einigen Jahren greife ich kaum mehr zu ihr, da mir doch Aufnahmen untergekommen sind, die mir persönlich mehr geben. Eine der besten Beethoven-Aufnahmen Karajans stellt für mich die "Eroica" anlässlich des Festkonzerts zum 100. Jubiläum der Berliner Philharmoniker dar, das unter Anwesenheit des damaligen Bundeskanzlers Schmidt auch im Fernsehen ausgestrahlt wurde. Besser hat er das Werk für meine Betrachtung auch im Studio zuvor nicht vorgelegt. Ansonsten würde ich heute eher dem Live-Zyklus von der Japan-Tournee 1966 den Vorzug geben, wenn es unbedingt ein Karajan'scher Zyklus sein muss.

    :thumbup:

    Deswegen bevorzuge ich auch den Karajan Live Zyklus, und man merkt die Unterschiede, wenn man die Sinfonien vergleicht.

    Musik ist höhere Offenbarung als alle Weisheit und Philosophie. Wem meine Musik sich verständlich macht, der muß frei werden von all dem Elend, womit sich die anderen schleppen.

    Ludwig van Beethoven


    Bruckner+Wand So und nicht anders :)

  • Ist mir unbegreiflich, dass Karajans Pastroale so häufig als Referenz bezeichnet wird.

    Lieber Patrik,


    als Referenz würde ich Karajans Pastorale (in keiner mir bekannten Einspielung) auch niemals bezeichnen. Wie schon in meinem vorigen Beitrag gesagt, halte ich sie, neben der Nr. 8, für die schwächste Version in seiner berühmten GA von 1961/62. Doch es mag schon Leute geben, die seinem Geschwindigkeitsmarsch Positives abgewinnen, ich zähle nicht dazu. Doch als Alternative scheint mir diese Auslegung durchaus ihre Berechtigung zu haben, auch wenn sie mir in weiten Teilen nicht zusagt, sondern eher befremdlich vorkommt.

    Ohne jetzt ins Detail gehen zu wollen, kann ich es verstehen, wenn man den berühmten Karajan-Zyklus von 1961/62 heutzutage nicht mehr als das Nonplusultra ansehen mag, der er in den 60er Jahren gewesen sein mag.

    Da gebe ich Dir völlig recht, lieber Joseph. Der Zyklus hat inzwischen mehr als ein halbes Jahrhundert "auf dem Buckel", aber ihm seine Meriten abzusprechen halte ich gleichfalls für ungerecht. Nicht ohne Grund hat sie der Thread-Eröffner, der auch der Administrator dieses Forums ist, im Jahr 2004 an die Spitze seines ersten Beitrags gestellt. Mich verblüfft, wenn ich von der musikalischen Seite einmal absehe, noch heute die großartige Klangtechnik, die zum Zeitpunkt des Erscheinens wahrscheinlich als sensationell angesehen wurde.

    Wenn mich heute ein Klassik-Neuling fragen würde, welchen Beethoven-Zyklus er sich als erstes zulegen sollte, so würde ich spontan höchstwahrscheinlich "Karajan 1962" oder "Konwitschny" sagen. Dabei ist mir bewußt, daß es seitdem unzählige neue Zyklen gibt, die sicher gleichwertig oder vielleicht sogar besser sind. Doch der "Karajan-Beethoven" von 1962 hat nun einmal inzwischen eine Art "Klassiker-Status", und das nicht ganz zu Unrecht.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • RE: Beethoven mit Karajan (DG, 1961/2)

    Hallo Patrik,

    im Prinzip hat nemorino schon alles gesagt, was ich auch mit meinen Worten geschrieben hätte.
    =O Deine Vorstellung, wie Beethoven klingen sollte könnte nicht unterschiedlicher zu unseren Eindrücken sein.


    Noch ein paar Eränzung zu Patriks Ausführungen:


    Antwort bezüglich der Sinfonie Nr.5

    Sorry, die Aussage kann ich einfach nicht ernst nehmen! Von den über 30 Versionen der Fünften, die mir vorliegen, hat (nach meiner persönlichen Meinung) keiner, auch Karajan selbst nicht, den Sinn dieser Sinfonie besser getroffen als er in seiner Aufnahme von 1962. Sie ist wie aus einem Guß, vom ersten Ton des Schicksalsmotivs angefangen bis zum triumphalen, schier überschäumenden Schluß. Lediglich Bernstein hat in seiner frühen CBS-Aufnahme eine ähnlich überzeugende Version vorgelegt.

    Ja, wie Josef schon oben schreibt, gibt es mittlerweile eine grosse Menge an TOP-Aufnahmen. Aber die Fünfte mit Karajan halte ich nach wie vor in allen drei DG-Aufnahmen für absolute Spitzenklasse und gehört zu meinen Favoriten dazu: Karajan (alle) , Bernstein/Bayerisches RSO München, Solti/Wiener PH, Saraste, Ansermet ...


    Die Achte ist wiederum ein Pluspunkt der ganzen Einspielung.

    Da kann man unsere gegensätzliche Auffassung erkennen. Gerade die zu biedere Achte finde ich mit Karajan nicht so prickelnd. Im viel zu gemütlichen Menuett kommt er gar nicht aus den Schuhen. Das ist IMO die schwächste Aufnahme aus dem ganzen Karajan - Zyklus.


    Bei Pastorale merkt man an, dass Karajan sie nicht leiden konnte.

    Kurz und Bündig: Karajans Aufnahmen der Pastorale schätze ich ausserordentlich, eben weil die wie aus einem Guß gestaltet sind. Die letzte mit Karajan (DG, 1984) ist meine persönliche Referenzaufnahme (;) die ist übrigens noch straffer, also nix für Dich).


    Was die Siebte angeht, so kenne ich wenig Aufnahmen, die den Tanz auf dem Vulkan besser und eindrucksvoller gestalten, als Karajan.

    Bereits als ich in meiner Jugend die 1977er-Aufnahme auf DG-LP bekam, war ich "hin und weg". Der letzte Satz ist der Hammer ... und ich finde auch weit spannender als in der überbewerteten Kleiber -Aufnahme ...


    Alles Weitere hat nemorino schon treffend gesagt !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Gerade die zu biedere Achte finde ich mit Karajan nicht so prickelnd. Im viel zu gemütlichen Menuett kommt er gar nicht aus den Schuhen.

    Lieber Wolfgang,


    da kann ich Dir nur 100 %ig zustimmen! Auch die Erste scheint mir nicht zu den Spitzenaufnahmen zu zählen, die Zweite hingegen finde ich in Karajans Auslegung hervorragend.

    Noch ein Wort zur EROICA: Vergessen habe ich gestern Bernsteins CBS-Einspielung mit dem New York Philharmonic Orchestra, die ist auch ganz große Klasse. Schon die ersten Orchesterschläge lassen aufhorchen, und dann folgt eine Interpretation von fantastischer Qualität. Da ich diese Aufnahme (auf Deine Empfehlung:)) noch nicht lange besitze, war sie mir nicht so im Ohr wie die anderen von mir genannten.

    Was die Siebte angeht, so kenne ich wenig Aufnahmen, die den Tanz auf dem Vulkan besser und eindrucksvoller gestalten, als Karajan.

    Auch das kann ich nur unterstreichen, wobei mir die in #964 genannte mit den Wiener Philharmonikern noch mehr liegt als die Berliner Siebte aus der 1962er Ausgabe. Da beeindruckt mich vor allem der 2. Satz (Allegretto). Eine Darbietung von einzigartiger Schönheit und Konzentration, mit herrlichen Streicher-Pianissimi. Aber die Berliner Version ist ebenfalls hochkarätig. Mir ist schleierhaft, wie man ausgerechnet das Allegretto als Katastrophe bezeichnet. Da würde mich eine nähere Erklärung schon interessieren.

    Karajans Aufnahmen der Pastorale schätze ich ausserordentlich, eben weil die wie aus einem Guß gestaltet sind.

    Ich weiß, lieber Wolfgang, da gehen unsere Geschmäcker ein wenig auseinander, aber keinesfalls habe ich den Eindruck, daß Karajan diese Sinfonie nicht leiden kann. Ich finde, daß gerade die Pastorale viele Auslegungsmöglichkeiten zuläßt, mir liegt mehr die gemächliche Art eines Furtwängler oder Böhm, doch Karajans Lesart hat durchaus ihre Berechtigung. Die 1984er Aufnahme kenne ich allerdings nicht, ich habe nur die von 1952 (London, mono), 1962 und 1977 (beide DGG).


    LG nach Bonn,

    Nemorino :hello:

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  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Deswegen bevorzuge ich auch den Karajan Live Zyklus, und man merkt die Unterschiede, wenn man die Sinfonien vergleicht.

    Lieber Patrik,


    Du bringst viel frischen Wind ins Forum, das finde ich wirklich ausgesprochen belebend. Ich mag auch, dass Du Deine (teils auch kontroverse) Meinung vertrittst und sie auch zu begründen weißt. Dazu gehört auch ein wenig Mut. Man muss ja nicht immer derselben Auffassung sein. Besser mal etwas vermeintlich Unpopuläres von sich geben, aber authentisch bleiben. ;) Und das Geschmacksurteil, das vor mehr als einem halben Jahrhundert gefällt wurde, muss nicht für alle Zeiten auf einem Sockel bestehen bleiben. Es ist doch toll, wenn über so vermeintliche Gewissheiten hier mal wieder wirklich diskutiert wird. Auch ich habe schon ab und zu dieser und jener hochgelobten Aufnahme persönlich nicht allzu viel abgewinnen können. Und dann gibt es auch die Fälle, wo man es selbst nicht verstehen kann, wieso eine andere Aufnahme so schlecht gelitten ist. Aber deswegen sind wir ja auch alle Individuen. Mir gab das jedenfalls den Ansporn, mal wieder in Karajans Beethoven zu lauschen, was ich schon sehr lange nicht mehr getan habe.


    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

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    – Luís de Camões

  • Die ersten beiden, recht selten gespielten Sinfonien, gelingen ihm hinsichtlich Phrasierung, Klangfarbe und Tempo exzellent. Die dritte besticht in seiner Einspielung durch elegische Tragik im Trauermarsch und geniales Finale. Die 8 und die 6. können ebenfalls als Glanzpunkt dieser CD-Box betrachtet werden, vor allem der Sturm in der 6. gelingt mit überwältigender Dramatik, gefolgt vom gediegen, fast schwebend dirigierten Hirtengesang. Absolut überwältigend und als nicht von dieser Welt stammend kann meiner Ansicht nach die 5. beschrieben werden, die als Komplettwerk betrachtet zu meinen Favoriten der gesamten klassischen Musik. Der erste Satz gelingt durch brilliante Dramatik in Verbindung mit perfektionierter Klangfarbe, meine Lieblingsstelle der Oboen Seufzer ergreift mich jedes Mal aufs Neue. Die Ruhe und das In-sich-Gehen des 2. Satzes ist als vortrefflich zu bewerten, ohne zu sehr im Adagio zu verharren. Die Feierlichkeit des 3. und 4. Satzes bezeichne ich als fast unerreicht. Bei der Sinfonie Nr.9 ist der erste Satz hier weniger dramatisch furios, eher ein insistierender Trauermarsch. Das Scherzo gewinnt durch Tempoverzögerungen an der großen Steigerung ein ganz eigener, durchaus scharfer Klang. Romantisch, aber doch liedhaft, ein wenig schon wie Schubert der dritte Satz, mit breiten Streicherklangflächen nach dem zweiten Fanfareneinwurf des Blechs. Wie soll man das Finale beschreiben? Thielemann steht hinter dieser Musik, gestaltet, kitzelt jeden Höhepunkt heraus und lässt so gar keine Diskussion über die Qualität der Musik zu. Hervorragend Georg Zeppenfeld und die Aufnahmetechnik, die Solisten, Chor und Orchester ausgewogen und ohne die oft zu hörenden Schärfen in diesem Satz eingefangen hat.

    Liebe Grüße

    Patrik


    Der You Tube Beitrag ist nicht mehr verfügbar.


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  • Ludwig van Beethoven

    Die Sinfonien

    Sinfonie Nr.1 7:50-6:12-3:58- 6:02. 13.11.1977

    Sinfonie Nr.2 10:11-10:09-3:50-:6:44 14.11.1977

    Sinfonie Nr.3 14:03-15:56.6:03-12:23 13.11.1977

    Sinfonie Nr.4 10:09-9:27- 5:43- 6:34 15.11.1977

    Sinfonie Nr.5 7:17- 9:39- 4:45- 9:22 16.11.1977

    Sinfonie Nr.6 8:48-10:39- 3:08- 9:04 16.11.1977

    Sinfonie Nr.7 11:15- 7:58- 7:13- 7:02 15.11.1977

    Sinfonie Nr.8 8:58- 3:59- 5:29- 7:22 17.11.1977

    Sinfonie Nr.916:04- 9:55-16:18-25:04 18.11.1977

    Fumonkan,Tokyo

    Der Applaus wurde nicht abgezogen

    Barbara Hendricks, Sopran

    Heljä Angervo, Alt

    Hermann Winkler, Tenor

    Hans Sotin, Bass

    Herbert von Karajan

    Berliner Philharmoniker

    Japan Chorus Union

    Tokyo University of the Arts Chorus

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    Die 77er Aufnahmen sind ebenfalls auf sehr hohem Niveau. Die ersten beiden, recht selten gespielten Sinfonien, gelingen ihm hinsichtlich Phrasierung, Klangfarbe und Tempo exzellent. Die dritte besticht in seiner Einspielung durch elegische Tragik im Trauermarsch und geniales Finale. Die 8 und die 6. können ebenfalls als Glanzpunkt dieser CD-Box betrachtet werden, vor allem der Sturm in der 6. gelingt mit überwältigender Dramatik, gefolgt vom gediegen, fast schwebend dirigierten Hirtengesang. Absolut überwältigend und als nicht von dieser Welt stammend kann meiner Ansicht nach die 5. beschrieben werden, die als Komplettwerk betrachtet zu meinen Favoriten der gesamten klassischen Musik gehört .Der erste Satz gelingt durch brilliante Dramatik in Verbindung mit perfektionierter Klangfarbe, meine Lieblingsstelle der Oboen Seufzer ergreift mich jedes Mal aufs Neue. Die Ruhe und das In-sich-Gehen des 2. Satzes ist als vortrefflich zu bewerten, ohne zu sehr im Adagio zu verharren. Die 9. Sinfonie zeichnet sich durch den hervorragenden Chor und die Solisten aus. Dennoch gelingt Karajan die 9. besser im Jahre 1966. Mein Fazit: musikalisch hervorragende, oft magische Interpretation der Sinfonien unseres großen Beethoven. Natürlich gibt es auch andere exzellente Dirigenten. Diese Box ist für Einsteiger und Experten geeignet, da erstere eine tolle Gesamtaufnahme erhalten und einen sehr perfekt klingenden und bis ins letzte Detail faszinierenden Beethoven.

    Liebe Grüße

    Patrik

    Musik ist höhere Offenbarung als alle Weisheit und Philosophie. Wem meine Musik sich verständlich macht, der muß frei werden von all dem Elend, womit sich die anderen schleppen.

    Ludwig van Beethoven


    Bruckner+Wand So und nicht anders :)

  • Der Dirigent Hermann Scherchen hat die 9 Sinfonien zwei Mal aufgenommen: Von 1950 bis 1954 für das Label Westminster und mit dem Orchestra Radio della Swizzera Italiana, Lugano.

    siehe Beitrag #962 Ludwig van Beethoven: Sinfonien - Welcher Zyklus ist der Beste?


    Im Jubiläumsjahr 2020 hat die Deutsche Grammophon die Sinfonien des Labels Westminster mit weiteren Orchesterwerken in einer Box veröffentlicht. Teilweise sind die Aufnahmen in mono.


    Sinfonie Nr. 1 bis 9

    Die 3. und die 6. Sinfonie gibt es in zwei Einspielungen.

    Wellingtons Sieg op. 91 (inklusive Probenmitschnitt); Leonore-Ouvertüren Nr. 1-3 (op. 138; op. 72a & b); Fidelio-Ouvertüre op. 72; Coriolan-Ouvertüre op. 62; König Stephan-Ouvertüre op. 117; Ouvertüre zur Namensfeier op. 115; Die Geschöpfe des Prometheus-Ouvertüre op. 43; Die Ruinen von Athen-Ouvertüre op. 113; Die Weihe des Hauses-Ouvertüre op. 124; Große Fuge op. 133 für Streichorchester (arrangiert von Felix Weingartner)


    Im Booklet sind die Aufnahmedaten und Toningenieure angegeben.


    Magda Laszlo, Hilde Rössel-Majdan, Petre Munteanu, Richard Standen, Orchester der Wiener Staatsoper, Philharmonic Symphony Orchestra of New York, Royal Philharmonic Orchestra, English Baroque Orchestra


    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Kürzlich hat auch Zubin Mehta im hohen Alter einen kompletten Zyklus der neun Sinfonien von Beethoven vorgelegt:



    Mehta dirigiert Orchestra e Coro del Maggio Musicale Fiorentino in diesen Live-Aufnahmen von 2021/22 aus Florenz.

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    – Luís de Camões

  • Kennt eigentlich jemand die 9 Sinfonien von Joseph Krips. Mir kommt der Name zum ersten Mal unter, bin aber auch nicht sooo bewandert. Lohnt sich ein Reinhören mit dem Londoner Symphonie Orchester?

  • Kennt eigentlich jemand die 9 Sinfonien von Joseph Krips. Mir kommt der Name zum ersten Mal unter, bin aber auch nicht sooo bewandert. Lohnt sich ein Reinhören mit dem Londoner Symphonie Orchester?

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    Der Zyklus der neun Sinfonien von Beethoven mit dem London Symphony Orchestra unter Josef Krips erschien 1960 beim US-Label Everest auf LP und gelangte in den 1990er Jahren zumindest einmal auch offiziell in Boxform auf CD (s. u.). Daneben ist er seither auf diversen dubiosen Labels erschienen, da das Copyright auf diese Aufnahme ausgelaufen ist.


    Ich habe diese Aufnahmen rudimentär als klanglich alles andere als ideal (auch nicht für die Entstehungszeit) und in der orchestralen Ausführung nicht als wirklich exzeptionell in Erinnerung. Da würde ich hinsichtlich zeitnaher Zyklen eher zu Cluytens (Berliner Philharmoniker), Konwitschny (Gewandhausorchester Leipzig) oder auch Monteux raten, letzterer teilweise ebenfalls mit dem London Symphony Orchestra (2, 4, 5, 7, 9), der Rest mit den Wiener Philharmonikern.

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    – Luís de Camões

  • Ich besitze den Zyklus als LP -Aufnahme und finde ihn sehr gelungen. Klanglich ist er für die damalige Zeit absolut in Ordnung, und auch von der Interpretation gefallen mir die Symphonien sehr gut. Leider besitze ich (noch) keine CD Einspielung, aber YouTube kann schon mal einen Eindruck von der Vinyl -Version vermitteln:


  • Kennt eigentlich jemand die 9 Sinfonien von Joseph Krips. Mir kommt der Name zum ersten Mal unter, bin aber auch nicht sooo bewandert. Lohnt sich ein Reinhören mit dem Londoner Symphonie Orchester?

    Am Ende stellt sich ja grundsätzlich die Frage, welche Ansprüche du an den Klang stellst. Mir persönlich werden häufig ältere Aufnahmen (auch künstlerisch hochwertige) durch schlechten Klang verleidet - wie angemessen er für die Zeit auch gewesen sein mag. Wenn du da Abstriche machst, ist Krips sicherlich interessant, aber auch meiner Meinung nach nicht führend für seine Zeit. Dann bin ich eher bei Cluytens.

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)

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