ROSSINI, Gioacchino: CYRUS IN BABYLON

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    Gioacchino Rossini (1792-1868 )
    Cyrus in Babylon
    Ciro in Babilonia ossi La Caduta di Baldassare


    Drama mit Chor in zwei Akten
    Libretto von Francesco Aventi
    Uraufführung am 14.03.1812 am Teatro Communale in Ferrara


    Darsteller
    Baldassare, (Belsazar) König der Assyrier in Babylon (Tenor)
    Ciro, (Cyrus) König von Persien, verkleidet als Botschafter (Alt)
    Amira, Gemahlin des Cyrus, Gefangene Balthassars (Mezzosopran)
    Argene, ihre Vertraute (Mezzosopran)
    Zambri, ein Babylonischer Prinz (Bass)
    Arbace, Anführer der Leibwache Balthassars (Tenor)
    Daniele,(Daniel) ein Prophet (Bass)
    Cambyse, Persischer Thronfolger im Kindesalter (Stumme Rolle)


    Cyrus eroberte Babylon im Jahre 539 v. Chr.



    HANDLUNG


    OUVERTÜRE


    Erster Akt:


    Obwohl der Sieger noch gar nicht feststeht, feiert man im Königspalast zu Babylon den Triumph über die Perser, deren Heer vor den Mauern der Stadt lagert, um den geeigneten Zeitpunkt abzupassen, die Stadt einzunehmen. Bei einem Überfall auf das feindliche Lager ist es den Assyrern allerdings gelungen, die Gemahlin des Cyrus und den kleinen Thronfolger Cambys zu entführen. Amira und ihre Vertraute Argene werden dem Herrscher vorgeführt, der ihnen freundlich gesonnen ist. Belsazar ist sich bewusst, welche kostbare Geisel er mit der gefangenen Königin in Händen hält und versucht alles, Amira für sich, seine Ziele und sein Herz zu gewinnen. Der Platz der Königin von Babylon ist vakant und nichts würde seinem politischen Ehrgeiz mehr schmeicheln, als die Gattin des Cyrus auf dem Platz an seiner Seite zu wissen. Das Angebot, Königin von Babylon zu werden, findet die Angesprochene jedoch allzu bescheiden, denn sie sei bereits Königin eines mächtigen Reiches und hat ihrem Gemahl einen Thronfolger geschenkt. Optisch gesehen, könne er sich mit dem strahlenden Cyrus nicht vergleichen. Sein Königstitel sei angemaßt, Belsazar sei lediglich Anwärter auf den Thron seines verstorbenen Vaters Nabonid. Babylonier sei er auch nicht, sondern er komme aus dem öden Norden und sei als Assyrer ein Eindringling. Belsazar führt sie auf den Boden der Realität zurück. Als seine Gefangene könne er von seiner Verfügungsgewalt
    auf recht unliebsame Weise Gebrauch machen. Sie solle den Thron von Babylon nicht gering einschätzen, in dessen Rückenlehne seien weitaus hochkarätigere Juwelen eingelassen, als der Thron von Pasagarde aufweisen kann. Wenn es ohnehin keine Wahl gäbe, sei es töricht, ein wohlmeinendes Angebot abzulehnen, nach welchem seine Kebsweiber gern die Finger ausstrecken würden. Aber nur die Königin des Iran sei das einzige Juwel, welches sich auf dem Prunkstuhl an seiner Seite harmonisch ausmachen würde. Amira bleibt kalt und stolz und behauptet kühn, dass sie lieber sterben wolle, als die Liebe ihres Gemahls verraten. Amira kann sich die stolze Haltung durchaus leisten, denn Cyrus wird alles tun, um Frau und Kind aus der Gewalt des Feindes zu befreien. Belsazar wird es nicht wagen, dem Objekt seines glühenden Interesses ein Leid zuzufügen. Das hat er auch nicht vor. Allerdings verspürt er keine Lust, sich die Vorzüge seines ärgsten Feindes unablässig vorführen zu lassen. Er denkt, dass Amira sich schon noch besinnen wird und es im Moment lediglich darum geht, Allüren zu ignorieren. Er befiehlt Prinz Zambri, die Hochzeit zu rüsten.


    Argene versucht, Amira Trost zu spenden und Mut zu machen. Der Zufall kommt ihr zur Hilfe. Der Anführer der Leibwache des Königs ist ein übergelaufener Perser, namens Arbace. Es stellt sich heraus, dass er der frühere Geliebte von Argene ist. Das unerwartete Wiedersehen löst Freudentränen aus. Der Vertrauten der Königin gelingt es, des Landsmanns alte Anhänglichkeit zu mobilisieren und sie erzählt ihm, dass Belsazar Schändliches mit seiner Gefangenen vorhat. Arbace schließt sich der Empörung an und verspricht, über wirksame Hilfe nachzudenken.




    SZENENWECHSEL


    Im Feldlager der Perser vor den Mauern Babylons ist die Stimmung niedergedrückt. Cyrus beklagt sein bitteres Schicksal und ist zu Tode betrübt, weil Königin und Thronfolger sich in Feindeshand befinden. Er verspürt Handlungsbedarf und erwägt, den Sturm auf die Stadt am nächsten Morgen zu beginnen. Triumph oder Tod - eine andere Alternative gibt es für ihn nicht! Hilfe kommt unverhofft. Ein Mann in persischer Kleidung, vermutlich ein Spion aus der Stadt, bittet vorgelassen zu werden. Es ist Arbace, der Geliebte Argenes, der dem König Auskunft über das Befinden seiner Familie geben will und der Gefahr, in welcher die persische Königin sich befindet. Ein unmittelbarer militärischer Schlag würde die Gefahr für die Geiseln noch vergrößern und der Wohlgesonnene rät Cyrus zur List. Er versichert dem Perserkönig Gefolgschaft und verdeckte Mitarbeit, seine Unternehmungen zu stützen.


    SZENENWECHSEL


    Von Angesicht zu Angesicht kennen sich Belsazar und Cyrus nach Vorstellung des Librettisten nicht und sind sich auf diplomatischem Parkett nie begegnet. Deshalb kann Cyrus es sich leisten, sich - von Arbace in den Palast eingeschleust - mit den Vollmachten eines ordentlichen Ambassadeurs ausgestattet, beim König vorzustellen. Wider Erwarten gibt sich der Assyrer verhandlungsbereit und gutwillig, denn das Heer der Feinde vor den Mauern der Stadt verschafft ihm Unbehagen. Sobald Cyrus seine Truppen zurückziehe, wird er ihm die Kriegsgeganfenen und den kleinen Cambys übergeben, jedoch die Königin verbleibe als Friedenspfand in seinen Händen. Cyrus bekommt einen Wutanfall, so dass Belsazar den Botschafter auffordern muss, sich zu mäßigen und Gepflogenheit zu wahren. Unannehmbar für die persische Seite sei der Vorschlag, aber ist es dem Botschafter erlaubt, die Königin wenigstens zu sprechen? Amira ist sprachlos und so verwirrt, den Gemahl unvermutet zu sehen, so dass Cyrus Zeit hat, sich als Gesandten der Krone vorzustellen, um dem König Kunde von Frau und Sohn zu überbringen. Amira klagt bitter, dass sie ihren Mann und ihn umarmen möchte und gibt ihrer Emotion in perlenden Koloraturen Ausdruck; es ist die Arie: Vorrei veder lo sposo. Der begleitende Opernchor sieht sich genötigt, die Überschwängliche zur Vorsicht zu mahnen, damit sie sich nicht verrate. Es gelingt, die Verzweifelte zu beruhigen, auch Belsazar hat ein Herz, lässt den kleinen Cambys holen, um den Botschafter von seinem Wohlbefinden zu überzeugen. Zum Schein trägt der Verkleidete vor, dass der König der Perser seiner Frau befehle, zwecks Friedenssicherung den assyrischen Herrscher zu heiraten. Amira erschrickt über die unerwartet abrupte Ablehnung des Gemahls und fällt in Ohnmacht. Das Übermaß an Emotion, welches ein Ambassadeur seiner Königin entgegenbringt, macht Belsazar misstrauisch. Er lässt die beiden zwar allein, postiert aber in einiger Entfernung einen staatlich geprüften Lippenleser, der dem König den Dialog meldet, den der Eindringling mit seiner Frau – aus vorübergehender Bewusstlosigkeit erwacht - führte.


    Erkannt und verraten, lässt Prinz Zambri den Gegner festnehmen und in Ketten legen. Belsazar hat sich in den Kopf gesetzt, entweder Hochzeit mit Amira oder schmachvoller Tod für die königliche Familie. Der Opernchor zeigt sich bestürzt und sieht im Moment keinen Ausweg. Der Bühnenvorhang senkt sich und gewährt den Handlungsträgern Zeit zum Nachdenken.


    Zweiter Akt:


    In den unterirdischen Gewölben des Palastes harren Cyrus und die persischen Gefangenen ihres Schicksals. Cyrus ist verzweifelt und der Sieger in vielen Schlachten und der Bezwinger des großen Krösus fragt sich, welcher Verkettung von Umständen ihn in diese unangemessene Lage gebracht hat. Der Chor vertritt die Auffassung, dass einzig Amira imstande wäre, dem Unglücklichen Trost zu spenden. Er besinnt sich auf den Gott der Hebräer, denen er wohlgesonnen ist, und fleht zu diesem, ihn aus seiner Gefangenschaft zu befreien. Cyrus gelobt im Falle eines Sieges über die verhassten Assyrer das Volk Israel frei zu lassen. Jahwe gibt ein positives Zeichen und sendet Amira zu ihm. Doch Belsazar mit seinen Fackelträgern folgt ihr auf dem Fuße und droht mit dem Tod, wenn Amira sich nicht endlich seinen Wünschen fügen würde. Doch die Ehepartner haben sich entschlossen, lieber zu sterben, als unehrenhaft zu leben.


    SZENENWECHSEL


    Der König hat zum festlichen Bankett geladen. Die Prinzen und Nebenfrauen erscheinen, die Wesire und Würdenträger des Reiches sind geladen und viele ausländische Ehrengäste. Der Bankettsaal, ein Kleinod der Innenarchitektur mit schönen Wandfriesen und Darstellungen von Personen und mythologischen Wesen aus glasierten Ziegeln bilden ein vortreffliches Ambiente. Verzierte Weihrauchkessel sorgen für angenehmen Duft und die Fackelträger schaffen eine stimmungsvolle Beleuchtung. Selbstverständlich bekommen die Königin von Persien und ihre Vertraute Argene einen Liegeplatz in der Nähe des Herrschers. Dieser eröffnet das Fest mit der traditionellen Huldigung an den Hausgott Baal. Die Gäste besingen die Wohlgerüche Arabiens und stimmen einen Toast auf die Freuden auf Lust und Liebe an.


    Um das Volk der Hebräer zu provozieren, lässt Belsazar die heiligen Gefäße aus dem Tempel von Jerusalem holen, die seine Vorgänger dort geraubt haben. Er lässt sich die Herkunft nochmals ausdrücklich bestätigen und schickt sich an, einen mit Edelsteinen besonders schön dekorierten Kelch als Trinkgefäß für Alkoholisches zu benutzen. Doch der beleidige Gott der Hebräer nimmt es übel und lässt sich die Schmähung nicht gefallen. Die Überlieferung berichtet, dass unter Blitz und Donner in diesem Augenblick eine Hand erscheint und in Flammenschrift die Worte


    Mene mene tekel upharsin


    an die Wand schreibt. Die allgemeine Bestürzung ist groß. Man kann die Worte zwar lesen, kennt aber ihre Auslegung nicht. Man denkt zunächst an den Ulk eines Studenten vom ‚Technischen Institut für angewandte Wissenschaften in Babylon’. Übersetzt heißen die Worte: gezählt, gewogen, geteilt. Gemeint sein könnte, dass die Haremsdamen zuerst gezählt und dann unter ärztlicher Aufsicht gewogen werden müssen. Geteilt ist die Meinung, ob man das Volumen an Naschwerk und süßem Kuchen zu verringern oder verdoppeln ist. Doch mit dieser profanen Auslegung gibt Belsazar sich nicht zufrieden und lässt die Gelehrten des Reiches aus ihren Betten holen, denn der Ernst der Situation soll nicht von Spaßvögeln heruntergespielt werden. Unter den Weisen befindet sich auch Daniel, ein prominenter Hebräer, ausgestattet mit der Gabe des Hellsehens. Dieser trifft eine Deutung aus der Sichtweise des Auserwählten Volkes und stellt fest, dass sein Gott beleidigt sei, weil wiederholt gegen ihn gefrevelt wurde.


    Die Konsequenz ist furchtbar. Es seien die Tage der Fremdherrschaft gezählt und die Inaktivität, dem hebräische Volk wieder die Freiheit zu geben, sei der Kritik anheim gefallen. Das Reich werden Meder und Perser unter sich aufteilen. Unter den Schwertern der Feinde werden die Menschen dem Tod überantwortet und Mauern und Türme geschleift werden. Die Zerstörung wird vollkommen sein und die Ruinen sollen Schlangen und Gewürm als Unterkunft dienen. Von der Herrlichkeit Babylons wird nichts übrig bleiben. Nichts wird mehr an die sündige Stadt erinnern, weil der Wind die Menschen wie Staub in alle Welt zerstreut.


    Von der Deutung des Hebräers ist Belsazar zutiefst erschrocken. Nun möchte er aber auch noch die babylonischen Schriftgelehrten anhören, die zu einem ganz anderen Resultat kommen. Diese hüten sich, dem Herrscher Weisheiten zu verkünden, die dieser missbilligen könnte. Siegreich und glücklich wird er sein und ein hohes Lebensalter erreichen. Richtig sei allerdings, dass die Götter zürnen. Es werden zu wenig Blutopfer gebracht. Belsazar lasse die lokalen Götter verdursten. Die prominenten Gefangenen Amira und Cyrus würden wohlgefällige Gaben sein und die Götter wieder versöhnen. Belsazar ist durchaus geneigt, Cyrus und den kleinen Cambys zu opfern, doch er zaudert, auch Amira dem Beil des Henkers zu überantworten. Die Schrift erlischt an der Wand.


    Amira ist bereit, sich freiwillig zu opfern, wenn Cyrus und Cambys ihr Leben behalten dürfen. Sie fleht zu den Göttern, ihr diese Gunst zu gewähren. Argene, ihrem Nachahmungstrieb gehorchend, weint mit.


    SZENENWECHSEL


    Die königliche Familie wird im Morgengrauen zur Hinrichtungsstätte geleitet. Argene folgt ihnen in tiefer Trauer. Um sein eigenes Leben hat Cyrus keine Angst, ihn quält das jammervolle Schicksal von Frau und Kind. Er umarmt noch einmal seinen Sohn. Da er keine weiteren Machtmittel besitzt, droht er den Henkern mit der Strafe des Himmels. Im Elysium wird man sich wiedersehen, wenn das Schicksal sich nicht im letzten Augenblick noch wendet.


    Doch das Schicksal hat ein Einsehen. Belsazar ist im Zustand der Volltrunkenheit noch in der Nacht ermordet worden. Im persischen Heerlager bereitete die allzu lange Abwesenheit des Führers Sorge und man organisierte den Angriff. Der Sturm auf die Mauern war von Erfolg gekrönt und die Stadt konnte eingenommen werden. Möglicherweise war Verrat im Spiel. Prinz Zambri berichtet selbst, dass er mit der Verteidigung der Stadt überfordert war. Ein kleines Blutbad musste angerichtet werden, um zu den Gefangenen vorzudringen. Von ihren Ketten erlöst, danken sie dem Himmel. Die Ketten werden nun Zambri angelegt, der jedoch auf Milde hofft. Militärische Aufgaben sind seine Stärke nicht, er möchte lieber die Siegesfeier für Cyrus organisieren. Der Jubel des Volkes ist grenzenlos und überträgt sich auf den Opernbesucher, denn Rossini hat – wie es bei ihm später zur Gewohnheit wird – hat ein prächtiges Finale komponiert.



    Anmerkung


    Wegen des pseudo-sakralen Inhalts ursprünglich als Oratorium konzipiert, hatte man schnell herausgefunden, dass Ciro in Babilonia sich auch szenisch gut darstellen lässt. Verdis Nabucco vorwegnehmend, erfüllte das Werk musikalisch alle Voraussetzungen, die das Publikum erwartete. Rossini war nicht zimperlich, Melodien aus seiner dritten Oper L’Equivoco stravagante, die wegen Anzüglichkeit der Zensur zum Opfer gefallen war, erneut auszuwerten. Das Musikdrama ist ein Juwel, nur wenigen bekannt.


    © 2010 TAMINO - Engelbert

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    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Ergänzend möchte ich auf eine DVD hinweisen, die ich vor Jahren im Rahmen einer Box ziemlich preiswert gekauft habe.

    Die Inszenierung ist zwar etwas gewöhnungsbedürftig und wurde hier im Forum auch schon tüchtig verrissen, ich persönlich finde sie aber sogar in gewisser Weise interressant und die Schwarz-Weiß-Ästhetik sehr überzeugend. Kostüme und Gestik sind der Stummfilmzeit angenähert. Für mich ausschlaggebend war die Mitwirkung von Exa Podles als Ciro, deren Stimme mich wirklich begeistert, aber auch Jessica Pratt finde ich sehr gut.