Liebe Taminoianer
Viele Freunde der Musik weichen ja verständlicherweise Überspielungen von Schellacklplatten aus, teils wegen des Rauschens, teils, wegen des geringeren Dynamik und Frequenzumfanges.
Diese Nachteile sind aber speziell bei männlichen Singstimmen aber (etwa seit 1925, das ist der Zeitpunkt der Einführung der sogenannten "elektrischen Aufnahme") nicht mehr gravierend, immerhin wird der Stimmcharakter weitgehend hörbar, so es sich um einen guten, soll heißen möglichst wenig manipulierten Tranfer, handelt durchaus vertretbar.
Während ich im Bereich Orchestermusik Schellacks bisher wenig Beachtung schenkte, hab ich mich schon vor vielen Jahren mit Gesangsplatten befasst. Ursprünglich lediglich als Informationsquelle gedacht, brachten es einige Sänger zuwege, mich derart in den Bann zu ziehen, daß ich es selbst kaum fassen konnte.
Was ist die Ursache ? Waren die Sänger vergangener Tage "besser" als die heutigen ?? -- Gesangstechnisch wohl kaum
Aber - so meine ich - sie hatte mehr "Eigencharakter" - und Mut sich dazu zu bekennen. Das gilt sowohl in Hinblick auf das Timbre, als auch auf die Gestaltung. Diese Sänger - oder zumindest etliche von ihnen waren "unverwechselbar" sind also bis heute "unersetzlich".
Während wir bei Caruso durch die wirklich antiquierte Trichtertechnologie nur den Schatten seiner Stimmfarbe hören können, vieles erahnen müssen, ist es hier um die Sänger der späten zwanziger, dreißiger und vierziger Jahre schon wesentlich besser bestellt.
Wie hören weitgehend unverfärbte Stimmen, eingeschränkt lediglich durch einen hohen Rauschpegel und Klirr.
Dennoch - Wer mal den berühmten Schubert Liederabend mit Karl Erb, ich glaube 1936, gehört hat, der wird mir beipflichten: Diese stimme ist unvergleichlich. Das war jetzt kein Qualitätsurteil (wenngleich ich Erbs Stimme sehr mag) sondern eine lakonische Feststellung.
Änliches kann auch zu Leo SlezaK, Fejdor Schaljapin und andere gesagt werden.
Dieser Thread, der sich mit männlichen Stimmen der Schellackära befassen möchte, soll nicht nur eine Aufzählung "großer Namen sein, sondern vor allem jene Stimmen erwähnen, die bis heute für echte Musikfreunde unersetzlich, weil einzigartig, gehalten werden.
Daß die Interpretation in den meisten Fällen für Hörer von heute "antiquiert" klingen mag, halte ich nicht für ein Manko, sondern auf mich übt das einen besonderen Reiz aus.
Es zeigt zudem, daß auch "klassische Musik" nicht frei von Moden ist,
ein Indiz dafür, daß sie lebt.
Die genannten Sänger sollen nur kurz angerissen werden, weil ich vorhabe, nach und nach, den meisten von ihnen einen eigenen Thread zu widmen. Dazu ist es aber erforderlich, das Interesse an alten Aufnahmen zu wecken, etwas das seit der Rückbesinnung der Schallplattenkonzerne auf alte Resourcen und den Preisverfall auf diesem Sektor (bedingt durch das Damoklesschwert ablaufender Copyrightrechte) sehr erleichtert wird.
Freundliche Grüße aus Wien
Alfred