Gardiner / Orchestre Revolutionnaire et Romantique
Seit vielen Jahren besitze ich die Einzel-CD der Sinfonien Nr. 1 und 4 + Konzertstück für 4 Hörner mit Gardiner (DG-ARCHIV).
Wegen meiner Prägung durch die oputente und grossorchestrale Karajan-GA der Schumann-Sinfonien (DG) stand ich mit dieser Gardiner-Aufnahme auf Kriegsfuss, weil das Orchester eher dünn besetzt erschien (also einen deuliche Unterschied zu anderen favorisierten GA hatte). Einzig der zügig-Straffe Zugang von Gardiner mit prägnanten Pauken hatte mich dennoch angesprochen.
Durch meine Beschäftigung mit weiteren Schumann-Sinfonien _ GA in der letzten Zeit habe ich mir auch Gardiner erneut angehört und bin heute von der energiegeladenen und klaren Klangsprache mit rhythmischem Drive mehr als früher angetan. Die Durchsichtigkeit, die Gardiner liefert ist frapierend und führt auch zu einer unglaublich prägnaten Darstellung aller Paukenstellen.
Für mich dann seit 04/2019 klar:
Die Sinfonien-GA mit der enthaltenen Frühfassung der Sinfonie Nr.4 d-moll (1841) und der Zwickauer Sinfonie c-moll (1832/33)
musste als Ergänzung her !
*** Besonders interessant ist auch die (von mir zum ersten Mal gehörte) Frühfassung der Sinfonie Nr.4 d-moll (1841), die tatsächlich die zweite Sinfonie ist. Davor liegt noch Ouvertüre, Scherzo und Finale aus gleichem Jahr 1841.
In den Beiträgen 2-5 haben Norbert und Josef bereits diese Frühfassung angesprochen:
Zitat von NorbertDie Unterschiede beider Fassungen sind deutlich hörbar. Die Erstfassung ist gekennzeichnet "durch eine insgesamt durchsichtigere Satzstruktur mit z.T. kantableren melodischen Linien - zügigere Tempi - eine gerafftere formale Anlage (z.B. erster Satz, dessen Exposition nicht wiederholt wird; kürzere Überleitung zum Finale) - eine in Details feinere, teilweise auch virtuosere Instrumentierung (z.B. Hörner und Streicher in der Überleitung zwei Takte vor dem Finale)." (aus dem Beiheft zur Masur-Aufnahme)
Nornert
Ergänzend sei noch gesagt, dass Brahms diese Fassung (mit italienischen Satzbezechnungen) wegen ihrer durchsichtigen Struktur hoch einschätze und sich damit deutlich gegen Clara Schumann stellte, die die Aufführung der Frühfassung untersagt hatte. Er war so überzeugt von ihren Vorzügen, dass er 1891 die Veröffentlichung der Orginalfassung durchsetzte, was ihn fast die fast 40jähige Freundlschaft zu Clara gekostet hätte.
Die Unterschiede zur Spätfassung (1851) liegen zudem klar in der dichteren Behandlung des Orchesterklanges.
Die Sätzbezeichnungen Originalfassung 1841 lauten:
1. Andante con moto - Allegro di molto
2. Romanza: Andante
3. Scherzo: Presto
4. Largo - Finale: Allegro vivace
Ich kann trotz der Meinungen nachvollziehen, dass heute fast nur noch die Sinfonie NR.4 d-moll (1851) op.120 (Opuszahl wurde von Breitkopf und Härtel vergeben) gespielt wird. Diese klingt sinfonischer und opulenter. Auch die faszinierenden Blechbläsereinsätze wirken ungleich dramatischer.
Erfeulich, dass Gardiner es auch in der Spätfassung (1851) schafft die Durchsichtigkeit zu wahren und neben einem detailreichen Klnagbild alle Paukenstellen prägnant-zackig, wie kaum in einer anderen Aufnahme, darbietet.
... und das in allen 4 Sinfonien ...
klarer Hörspass pur (ohne das Gardiner nun plötzlich mein absoluter Favorit für die Schumann-Sinfonien wäre).
Volle Empfehlung als Ergänzung zu vorhandenen GA:
- Komplette Sinfonien mit Zwickauer, Ouvertüre Scherzo und Finale op.52 und Konzertstück für 4 Hörner und Orchester op.86 - 3CD-Box -
DG ARCHIV, 1997/98, DDD