Zürich: Cavalleria Rusticana / Pagliacci 13.3.2011, Wiederaufnahme

  • Die wirklichen grossen "drei Tenöre" der 80er/90er Jahre waren, wie auch Kesting richtig festhält Bergonzi, Kraus und Gedda.


    Und wenigstens einen, der versucht sich den von Dir aufgeführten Stress des heutigen Opernbetriebes weitgehend vom Leib zu halten, und der durch seine Leistung meistens zu überzeugen vermag, haben wir im Tenorfach immerhin: Piotr Beczala.


    Diese stimmliche Langlebigkeit gab es in allen anderen Stimmlagen auch, aber die drei sind unter den Tenören gute Beispiele aus der näheren Vergangenheit. Haben sich aber auch langsam entwickelt und haben am Beginn ihrer Karrieren lange Jahre nicht an vorderster Fronot gestanden. (Gedda vielleicht etwas weniger). Bergonzi hat sich 1951 von Bariton auf Tenor umgeschult und war bis etwa 1955 nicht gerade ausgebucht und Zeit seines Lebens, auch von den Plattenfirmen, etwas stiefmütterlich behandelt, weil ihm halt der Glamour-Faktor fehlte. Die Konkurrenz in Italien unter den Tenören war zu dieser Zeit auch wirklich noch imposant. Aber in diesen Lehrjahren hatte er Zeit sein Repertoire zu lernen und seinen Stil zu finden. Als er dann international durchstartete 1956/57 an der Met war er schon ganz er selbst und mußte nur noch ein wenig an sich feilen. Folgendes will ich mit diesem Beispiel sagen. So viele Sänger sind nicht ausgelernt, haben sich zu wenig Zeit gelassen, um ihre Stimme kennenzulernen und zu finden, werden zu schnell mit Engagements geködert noch bevor sie ein richtiges Repertoire erarbeitet haben, daß sie an kleineren Bühnen auch ausprobieren konnten, lernen neue Rollen im Flieger und debütieren damit gleich an den großen Häusern, verpflichten sich Jahre im voraus für (neue) Rollen, von denen sie nicht wissen, ob sie sie dann noch singen können, ob sie dann überhaupt noch singen können
    Der Sänger allein trägt die Verantwortung für seine Stimme. Er kann sich bewußt für das schnelle Geld und ein "quick killing" entscheiden oder den langsamen, aber stetigen und weniger spektakulären Weg einschlagen. Was wir heute vor allem sehen oder besser hören sind junge, frische, unnverbrauchte Stimmen, die ihre Mängel in den ersten Jahren mit der Frische der Jugend oder Willenskraft noch recht gut kaschieren können, aber nach 5-8 Jahren verschwinden sie in der Versenkung.


    Und was den Stress betrifft: wenn man sich Sängerbiographien etwa von Luisa Tetrazzini durchliest, unter welchen Bedingungen damals Tourneen und Reisen stattgefunden haben, dann wundere ich mich, daß sie überhaupt einen Ton herausgebracht hat. Stress für heutige Sänger ja. Aber der hat meistens mit Marketing-Dingen zu tun oder damit, daß die Sänger selbst zu viel Verantwortung aus der Hand geben, das ist zu einem großen Teil durchaus steuerbar - je nachdem was für eine Karriere man machen möchte.


    Beczala - gebe ich Dir recht. Sehr vielversprechend, aber auch mit Einschränkungen. Ich weiß nicht, ob er bei der Wiener Lucia indisponiert war, total fit hat er nicht geklungen, aber in der Schlußszene, bei den zwei Wiederholungen von "bell´alma innamorata ne congiunga il nume", die so undankbar in der Übergangslage liegen hat man schon ein paar Takte davor gemerkt, daß das nicht gut gehen wird. Beide Male hat er fürchterlich geschmissen. Das waren keine Spitzentöne, die daneben gehen können, sondern sie haben genau gezeigt, wo es bei ihm hapert. Er neigt dazu, die Bruststimme kraftvoll hochzutreiben - was sehr effektvoll klingt - aber er macht die Stimme so breit, daß er in der Übergangslage nicht mehr richtig umschalten konnte. Die Höhe klingt dann häufig unproportioniert eng und zum Teil glanzlos. In Wien gab es anläßlich Björlings 100. Geburtstag eine Veranstaltung, wo er die Maskenball Arie gesungen hat. Eindrucksvoll. Aber er singt mit solchem Kraftaufwand, daß er nach 5 Minuten kurzatmig war.

  • Es gibt einfach zu wenig Dialog zwischen Bühne und Publikum, das sind nunmehr zwei verschiedene Welten, die nichts mehr einander mitzuteilen haben. Daher auch die höllische und ganz spezifisch moderne Langweiligkeit, die die meisten der heutigen Opernvorstellungen charakterisieren...


    Ich bitte um Entschuldigung für die ständigen Verallgemeinerungen, aber ist das, meiner Meinung nach, absolut notwendig, um einen Weg zu finden, wie dem Opernwesen zu helfen.


    Nur aus der CD "Konserve" zu leben und seien die Aufnahmen noch so überwältigend ist auf Dauer unbefriedigend. Ich gehe ab und zu einfach aus dem simplen Grund in die Oper, weil ich ein seltener gespieltes Werk (auch in völlig unbekannter Besetzung) einmal live HÖREN will (hab zB noch nie eine Gioconda gehört) - auf die Bühne sehe ich von Galerie-Stehplatz (Gott sei Danke in vielen Fällen) nicht besonders gut. Das hört man sich dann vorher zu Hause an - und erkennt im Haus dann oft wirklich die Musik nicht wieder.


    Und dann fällt mir noch das Stichwort "akustische Verstärkung" im Opernhaus ein. Na gut, wenn einmal damit angefangen (wird angeblich hier und da an einigen Häusern bereits praktiziert) wird - pfeife ich ganz auf die Opernbesuche.

  • Lieber Wotan,


    ich muss der Gioconda Recht geben in dem, was sie über die Attitüde der heutigen jungen Sänger (und auch zum Arbeitsrhytmus der "Alten"). Besser könnte ich's nicht formulieren. Die Sänger tragen die Verantwortung. Eine andere Sache ist es dann, ob man überhaupt noch von Verantwortung sprechen muss und ob das Alles, worüber man heute hier diskutiert hat, tatsächlich ein Problem ist. Die Mehrheit applaudiert ja, der Mehrheit scheint es ja zu gefallen. Warum extra Kopfschmerzen wegen 10 oder max. 20 "Kenner", die bald sowieso ganz vom Opernbesuch ablassen werden.
    Was den konkreten Fall von Wottrich betrifft, ist er vielleicht besser und für Wagner adäquater als der neue Wagner-Star Simon O'Neill (ein Charaktertenor, der Heldentenorrollen singt!!!), aber als ich ihn in Bayreuth als Siegmund hörte, konnte er nicht ganz überzeugen. Es freut mich, dass er es gewagt hat, seinen Protest auszudrücken, aber da muss man eine andere technische und künstlerische Bagage hinter sich haben, um auch tatsächlich dem System widerstehen zu können und Veränderungen zu fordern. Nicht mal ein Star vom Rang der Netrebko könnte das tun, weil sie selber von diesem System abhängt. Wie ich weiß, ist es immer noch die Gruberova, die ab und zu den "Kollegen" einiges "nett" erklärt.


    Nur aus der CD "Konserve" zu leben und seien die Aufnahmen noch so überwältigend ist auf Dauer unbefriedigend. Ich gehe ab und zu einfach aus dem simplen Grund in die Oper, weil ich ein seltener gespieltes Werk (auch in völlig unbekannter Besetzung) einmal live HÖREN will (hab zB noch nie eine Gioconda gehört) - auf die Bühne sehe ich von Galerie-Stehplatz (Gott sei Danke in vielen Fällen) nicht besonders gut. Das hört man sich dann vorher zu Hause an - und erkennt im Haus dann oft wirklich die Musik nicht wieder.


    Das stimmt. Deswegen gehe ich (besonders seit zwei Jahren) echt intensiv in die Oper. Aber es kommt meistens so viel Leere von der Bühne, dass ich bestimmt nach einiger Zeit entweder drastisch meine Opernbesuche reduziere oder ganz aufhöre, falls eine wirklich interessante und WÄHRENDE Stimme nicht auftaucht...
    Was die Stehplätze betrifft, gestehe ich, dass ich nur noch vom loggione aus fähig bin, frei der Musik zuzuhören. :D Ich hasse es, wenn ich in Berlin bin und z.B. an der Deutschen Oper mit dem Studenten-Rabatt Last-Minute-Karten für 10 Euro bekomme und dann drei Reihen von der Bühne entfernt im Parkett sitzen muss! Da versuche ich immer, so fern wie möglich einen freien Platz zu finden. :D


    Und dann fällt mir noch das Stichwort "akustische Verstärkung" im Opernhaus ein. Na gut, wenn einmal damit angefangen (wird angeblich hier und da an einigen Häusern bereits praktiziert) wird - pfeife ich ganz auf die Opernbesuche.


    Ah.... da hast du meine schlimmsten Alpträume erweckt... An den großen Häusern ist das aber schon der Brauch und niemand sagt etwas - Metroplitan, Bastille... An der Scala wagt man es noch nicht. Aber in Amerika sind die Opern von Chicago, San Francisco, Dallas und der Met so riesig, dass die heutigen Sänger dort einfach keine Chance haben ohne Mikrophone oder andere Art Verstärkung. Inzwischen gab es ja im letzten Jahr in Madrid einen Skandal, vor einigen Wochen kamen aus Bologna schlimme Nachrichten.
    Wenn diese "akustische Verstärkung" sich vollständig durchsetzt, wird das für mich ein klares Ende sein sowohl meines eigenen Operngängertums als auch der Opernkunst selber, wie ich sie verstehe.
    Auch in dieser Hinsicht ist die Positiion der Sänger sehr wichtig. Akzeptieren sie das? Oder bevorzugen sie, anständig zu singen, die Stimme gut zu projizieren und sie im Hause frei laufen zu lassen, ohne unbedingt einen Mikrofon nötig zu haben? "Früher" hatten ja auch nicht Alle riesige Stimmen. Die meisten und besonders die "kleinen" Stimmen hatten aber hervorragende Projektionstechnik, die es ihnen erlaubte, an großen Opernhäusern frei zu singen und bis in den tiefsten Winkel der letzten Galerie gehört zu werden. Was soll diese Absurdität, dass eine sogenenannte Wagner-Sängerin wie Nina Stemme oft nur schwer hörbar ist und dass due Stimme eines lyrischen Soprans wie die der Stoyanova frei im Hause fließt?
    Ich möchte hier keine Apokalypse predigen, ganz im Gegenteil. Einer erfolgreichen Fortführung der Opernindustrie steht absolut NICHTS im Wege. Die Sänger werden sich alle 5 Jahre abwechseln, beim Singen werden sie "akustisch verstärkt", Alle werden schön und muskulös sein, das wird außer den Augen auch ein bisschen die Ohren betören und allmählich transformiert sich die Oper in einem Musical-Geschäft. Ein "Ende" wird das für eine mathematisch leicht zu definierende Minderheit sein, der ich persönlich bestimmt auch angehören werde. :) Dann werde ich mit der Gioconda in aller Ruhe zu Hause, irgendwo im alten Europa, die Tosti-Aufnahmen der Ponselle hören können, nicht wahr, Gioconda? :D

    Ecouter, c'est écouter la différence.

  • Ah.... da hast du meine schlimmsten Alpträume erweckt... An den großen Häusern ist das aber schon der Brauch und niemand sagt etwas - Metroplitan, Bastille... An der Scala wagt man es noch nicht. Aber in Amerika sind die Opern von Chicago, San Francisco, Dallas und der Met so riesig, dass die heutigen Sänger dort einfach keine Chance haben ohne Mikrophone oder andere Art Verstärkung. Inzwischen gab es ja im letzten Jahr in Madrid einen Skandal, vor einigen Wochen kamen aus Bologna schlimme Nachrichten.
    Wenn diese "akustische Verstärkung" sich vollständig durchsetzt, wird das für mich ein klares Ende sein sowohl meines eigenen Operngängertums als auch der Opernkunst selber, wie ich sie verstehe.


    Hör auf, ich bin entsetzt! Hab das anfangs für böse Gerüchte gehalten und mich auch später noch geweigert das zu glauben. Madrid - Florez?


    Na gut, also dann das Haus in der Toscana, Wein, gutes Essen und "Luna d´estate"! :jubel:


  • Hör auf, ich bin entsetzt! Hab das anfangs für böse Gerüchte gehalten und mich auch später noch geweigert das zu glauben. Madrid - Florez?


    :no: Beim "Andrea Chenier" geschah das. Da hatten am Anfang des ersten Aktes plötzlich der Vratogna und die Cedolins riesige Stimmen und im loggione hörten einige Wackere, dass etwas mit der Akustik nicht stimmte. DIe haben so viel geschrien, bis man die Vorstellung nicht abbrach und die "Verstärkung" nicht ausgeschaltet wurde.
    Was übrigens den Florez betrifft, muss ich sagen, dass er ein Sänger ist, der sich weigert, an der Bastille zu singen. D.h. er weigert sich auch, "verstärkt" zu werden. Denn mit seiner "eigenen" Stimme kann er nicht über 20 Reihen hinaus singen. (Mit allem Respekt für diesen sehr professionellen Sänger.)


    Na gut, also dann das Haus in der Toscana, Wein, gutes Essen und "Luna d´estate"! :jubel:


    Das Haus besorge du, ich bringe Wein mit. :D :D :D



    Ich bitte Alle um Entschuldigung für diese schamlose Reihe von off topics. Irgendwie hat das auch mit Cura zu tun... :D

    Ecouter, c'est écouter la différence.

  • Hallo an Alle....
    meine Güte, welch' eine Diskussion, der Untergang des Abendlandes steht wohl unmittelbar bevor!
    Ich übertreibe bewusst und auch so mancher Beitrag erscheint mir heftig übertrieben!


    Musik ist, davon bin ich zutiefst überzeugt, die Kunst des Moments, ein Ton hebt an, lebt und tönt, verströmt sich, wird verströmt und schwillt ab...finito!!! Und das immer und immer wieder von Neuem...ich wehre mich vehement gegen die Verherrlichung der Vergangenheit, halte diese für eine Form von Nekrophilie und bin überzeugt, dass sie ncht dienlich ist bei der Einordnung heutiger gesanglicher Leistungen.
    Der Name "Kesting" allein erzeugt bei mir bereits einen Würgereiz...manirierter und pseudowissenschaftlicher kann man Gesang nicht sezieren, liebloser ihn nicht wahrnehmen. Auch wenn das vielleicht unbeliebt ist, verlasse ich mich auf MEIN Gehör und MEIN Empfinden....ich brauche keinen "Erklärer"....in keiner künstlerischen Hervorbringung im Übrigen.
    Ich weiß, euch geht es überwiegend um das WIE.....mir um das Unnennbare, das Musik ...und nur sie allein und die menschliche Stimme im Besonderen...zu geben und hervorzubringen in der Lage ist!!!


    VIVA LA OPERA!!!!


    LG
    Fides :hello:

    La vita è bella!

  • Ich dachte, dieses Forum wäre zu etwas mehr fähig, als die gesamte Diskussion auf eine bloße "de gustibus"-Logik zu reduzieren, aber na ja.
    Schönen Abend noch,


    Erst jetzt bin ich auf diesen Thread aufmerksamn geworden, Zunächst hatte er mich nicht interessiert, da ich die Züricher Aufführung nicht gehört habe und auch nicht plante, nach Zürich zu fahren. Dann wuderte mich, dass täglich neue Beiträge in diesem Thread angezeigt wurden und ich habe mal reingeschaut.


    Mit Vergnügen habe ich nun festgestellt, dass hier eine recht leidenschaftliche Grundsatzdiskussion in Gang gekommen ist. Das Vergnügen ist allerdings ein höchst zwiespältiges. Einerseits freue ich mich, dass die Frage, worauf es eigentlich ankommt, wenn wir uns über Sänger austauschen, so engagierte Beiträge hervorruft. Andererseits bin ich doch ein bischen frustiert, dass diese Debatte unter den Taminos wieder und wieder geführt wird ohne dass sich erkennen läßt, dass dabei Fortschritte erzielt würden und man sich darauf verständigen würde, dass es einfach allgemeiner Kriterien bedarf, wenn es um die Beschreibung und Beurteilung von Sänger-Leistungen geht. Die Entschiedenheit, mit der Du, lieber Luca, argumentierst, finde ich großartig. Ich abe in den verschiedenen Diskussionen in den verschiedenen Treads immer wieder darunter gelitten, dass gegen detailliert begründete Argumente Solidaritätserklärungen ("Für mich ist aber Max Lorenz der Größte") oder Geschmacksbekundungen (Mir gefällt aber Peter Hoffmann als Siegmund am besten!"). Das bringt leider überhaupt nicht voran. Der eben zitierte Seufzer von Luca sollte doch vielleicht Ablass sein, uns darauf zu besinnen, dass Gesangskunst eine Kunst ist, für die es Regeln und Standards gibt. Auch darauf verweist Luca:



    Ich dachte, dieses Forum wäre zu etwas mehr fähig, als die gesamte Diskussion auf eine bloße "de gustibus"-Logik zu reduzieren, aber na ja.
    Schönen Abend noch,


    Darüber sollten wir nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Ich sehe nicht allzu viel Sinn darin, Zeit in einem Forum zu vertun, in dem ich nicht mehr erfahre als dass Paula für Pavarotti schwärmt und Nicola für Netrebko. Zum Glück gebt es ja doch auch immer wieder Diskussionsfäden, in denen eingehender Präferenzen und Urteile begründet werden. Aber ich würde mir wünschen, dass es mehr werden! Wenn ich mir die Debatten über Aufnahmen von Pianisten und Dirgenten anschaue, scheint es dort leichter zu fallen, Leistungen genau zu beschreiben und Urteile an Hand von Kriterien zu begründen. Wenn es um Sänger, Gesang und Opernaufführungen insgesamt geht, scheinen vielfach Sympathie, Geschmack und Gefühl den Weg zu einer rationalen Diskussion zu erschweren.


    Ich hatte vor ein paar Monaten mal versucht, kurz aufzulisten, was eigentlich alles zu betrachten wäre, wenn es umm die Beschreibung und Beurteilung von Sängern geht. Die Liste war nicht vollständig und ich hatte gehofft, wir könnten sie gemeinsam weiter ausdifferenzieren und Präzisieren. Das ist dann aber nicht wirklich passiert. Vielleicht gibt es ja eine zweite Chance? Deshalb füge ich meine Liste hier noch mal ein:



    Vergleiche sind meiner Überzeugung doch wirklich unverzichtbar, wenn man ein begründetes Urteil bilden will. Also sollten wir uns nicht dagegen verwahren. Der Hinweis, dass es letztlich eine Geschmackssache sei, ob man Kaufmann mehr mag als etwa Villazon oder Bergonzi, Pavarotti oder Anders, sollte keinesfalls Vergleiche abwürgen. Ginge es wirklich nur um persönlichen Geschmack, brauchten wir kein Forum zum Austausch über unsere Hörerfahrungen und Wertschätzungen. Wenn wir über Sänger reden, geht es aber nicht nur um Geschmacksfragen sondern auch - und für mich vor allem - um Qualität.


    Ich will mal den Versuch machen, kurz aufzulisten, was wir so alles im Blick haben (also wahrnehmen und beurteilen), wenn wir uns über Sänger - konkret: über Tenöre austauschen:



    • STIMMMATERIAL
      Umfang
      (also Reichweite, Volumen, Fülle, Kraft usw.)
      Klang (also Schmelz, Glanz, Strahl, Farbe, Leuchtkraft, Sinnlichkeit, Brillianz, Elastizität, Tragfähigkeit, Durchschlagsfähigkeit usw. - nicht: flach, stumpf, matt, rauh, gepresst, gequetscht, schrill, dünn o.ä.)


    • TECHNIK
      Intonation
      (also Tonbildung, Präzision, Attacke, Fokussierung, Reinheit, Intensität, Leichtigkeit, Weichheit, Geschmeidigkeit usw.)
      Stimmführung (also Atemkontrolle, Legato, Registerausgleich, Stimmfluß, Koloraturgeläufigkeit, Triller. Je nach Fach wird erwartet, dass er fließend, natürlich, frei, gelöst, beherrscht, geschmeidig oder aber gespannt, energisch, prägnant usw. singt - also nicht verkrampft, gestaut, unruhig, unausgeglichen, kurzatmig usw.)


    • ARTIKULATION
      Musikalität
      (also Linienformung, Phrasierung, Akzentuireung, Kolorierung, Eleganz, Phantasie, Eloquenz, Rhythmisches Timing, Sensibilität für harmonische Entwicklungen, Diktion, Artikulation, Eloquenz, Energie, Pathos, Melancholie usw.
      Stil (also die Fähigkeit, das spezifische Idiom des Nationalstils, der Zeit, des Komponisten zu treffen, das heißt den Don Jose nicht so zu singen wie den Turridu)


    • GESTALTUNG
      Charakter
      (also Rollenportrait, Charakterisierung, Differenzierung, Profilierung usw.)
      Drama (also Anschaulichkeit, Vorstellungsvermögen, darstellerische Phantasie und Dringlichkeit, Ausdrucksintensität, Engagement, Projektionsfähigkeit usw. - anders formuliert. kann der Sänger (je nach Rolle) verzaubern, begeistern, mitreißen, anrühren, bewegen, erschüttern, überwältigen usw.?


    Ich bin sicher, dass ich viele Punkte, auf die es ankommt, vergessen habe. Und doch enthält die Liste bereits weit mehr als 50 Kriterien, die eine Rolle spielen, wenn wir und wie wir Tenöre hören. Das sollte bei unseren Vergleichen auch nicht einfach draußen vor bleiben.


    Ich hätte durchaus Lust, mal zu schauen, wer eigentlich wann auf welches der Kriterien recurriert. Geht es um den Chapelou ist für manch einen nur das "C" wichtig,, geht es um den Tannhäuser steht die darstellerischen Intensität im Vordergrund, wird der ideale Siegmund gesucht, reicht schon die athlethische Erscheinung und so weiter...


    Aber dem jetzt weiter nachzugehen lasse ich jetzt doch lieber mal. Ich fürchte, dass es eher eine fruchtbare Diskussion verstellen würde.
    Immerhin möchte ich wenigstens noch darauf hinweisen, dass mir schon klar ist, wie schwierig es sein kann, bei der Beurteilung eines Sängers alle diese Kriterien im Blick zu haben und dann zu entscheiden, welches für mich mehr und welches weniger wiegen soll. Ich habe ja in einem anderen Thread mich als Konya-Verehrer geoutet. Zugleich aber habe ich auch auf seine gesangstechnischen Defizite verwiesen. Die beeinträchtigen nicht meine Begeisterung für Konya (vor 1961/62!!!), aber ich höre sie und kann und will sie nicht verdrängen, wenn ich seinen Hüon, seinen Riccardo oder einen Rodolfo preise!

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Liebe Fides,


    Du sprichst mir aus der Seele. Ich frage mich wirklich, ob Luca u.a. überhaupt noch echte Freude an Sängerstimmen empfinden können, wenn sie heute in ein Opernhaus gehen und dann eine Stimme nach der anderen sezieren und mit früher vergleichen.


    Sicherlich waren Gedda, Alfredo Kraus usw. Sänger mit perfekter Technik und sie lassen mich eiskalt, weil mir das Timbre nicht zusagt. Mir geht es auch darum, was kann mir ein Sänger(in) vermitteln. Ist er(sie) in der Lage seine Empfindungen auf mich zu übertragen. Wenn das gelingt, gehe ich glücklich und zufrieden aus dem Opernhaus.


    :hello:


    Jolanthe

  • Hallo Caruso,


    Aber genau das ist doch das Problem der heutigen Sängergeneration. Welchem Sänger werden diese Grundlagen in seiner Ausbildung noch beigebracht ? Ich vermute mal, dass die frühere Sängergeneration sich viel mehr auf ihre gesangliche Ausbildung konzentrieren konnten. Heutzutage müssen die Sänger schon während ihrer Ausbildung auf sich aufmerksam machen um hinterher überhaupt auftreten zu können. Und das hatten wir auch schon in einem anderen Thread diskutiert, muss man auch noch gut aussehen um sich vermarkten zu können. Z.b. eine meiner Lieblingssängerinnen Ruth Ann Swenson. Ich hatte das Glück sie schon mehrfach live als Lucia oder in den 3 Frauenrollen in Hoffmanns Erzählungen zu erleben. Stimmtechnisch gibt es bei ihr nichts auszusetzen. Nur dadurch, dass sie etwas fülliger ist, kann sie sich auch darstellerisch nicht so auf der Bühne bewegen. In einem Interview nimmt sie auch an, das das der Grund ist, warum sie von Peter Gelb an der Met nicht mehr verpflichtet worden ist. Das Publikum reagiert auch ganz anders z.B. ob die Wahnsinnsarie der Lucia mit einem hohem Ton abgeschlossen wird oder nicht. An der Met letztes Wochenende gab es nach der Arie keinen Applaus für Dessay ( die leider wirklich nicht in Höchstform war ). Bei älteren Aufnahmen z.B. mit Ruth Ann Swenson wo sie den hohen Ton am Ende gesungen hat, hat das Publikum getobt.

  • Ich sehe, es wird allmählich ernst hier. :D




    Liebe Fides,


    ich schätze deine Leidenschaft für die Oper und den Enthusiasmus, von dem deine Ideen über Musik getragen sind, aber gestatte mir einiges doch einzuwenden:

    Musik ist, davon bin ich zutiefst überzeugt, die Kunst des Moments, ein Ton hebt an, lebt und tönt, verströmt sich, wird verströmt und schwillt ab...finito!!! Und das immer und immer wieder von Neuem...ich wehre mich vehement gegen die Verherrlichung der Vergangenheit, halte diese für eine Form von Nekrophilie und bin überzeugt, dass sie ncht dienlich ist bei der Einordnung heutiger gesanglicher Leistungen.
    Der Name "Kesting" allein erzeugt bei mir bereits einen Würgereiz...manirierter und pseudowissenschaftlicher kann man Gesang nicht sezieren, liebloser ihn nicht wahrnehmen. Auch wenn das vielleicht unbeliebt ist, verlasse ich mich auf MEIN Gehör und MEIN Empfinden....ich brauche keinen "Erklärer"....in keiner künstlerischen Hervorbringung im Übrigen.
    Ich weiß, euch geht es überwiegend um das WIE.....mir um das Unnennbare, das Musik ...und nur sie allein und die menschliche Stimme im Besonderen...zu geben und hervorzubringen in der Lage ist!!!


    Ja, Musik ist DIE Kunst, die eingentlich nur im Moment ihrer Aufführung "lebt", aber letztendlich ist diese Feststellung eine Platitüde, die uns in der Diskussion nicht weiterführt. Nach dem, was du über Musik sagst und wie du von ihr geradezu "schwärmst", würde es gar keine "schlechten" musikalischen Leistungen geben, weil Alles a priori in diesem enthusiastischen momentanen spontanen überwältigenden unaussprechlichen Ertönen von Musik verschwimmen würde. Jeder hergegebene Ton wäre AN SICH schon wertvoll und schön, sei es Cura, Kaufmann, Calleja, Pavarotti, Gigli oder Caruso. Dein Ansatz mag völlig berechtigt sein und ich werde auch nicht sagen, er sei "falsch", aber wenn man halt in einem Forum registriert ist, wo doch eigentlich auch ein bisschen diskutiert werden muss, dann nützt so ein Ansatz wirklich nicht viel und ist geradezu völlig unproduktiv.
    Dasselbe würde ich auch der lieben Jolanthe sagen. Gefühl und Empfindungen sind schöne Worte und die hab ich in der Oper auch. Ich muss aber wie der kulinarische Kritiker im "Ratatouille" sagen: Wenn ich einen Biß in den Mund nehme und der gefällt mir nicht, dann verschlucke ich ihn nicht.



    Lieber Caruso,


    die von dir aufgestellten Kriterien sind treffend und auch mir geht es ja eigentlich um diese. Ein technischer Diskurs über die Stimme wird aber hier leider gleich als Pseudo-Wissenschaftlichkeit und "Kälte" empfunden.
    Diese ganze Rede von Emotion, Empfindung und Schweiß ist mir ein bisschen zu "schwül", denn letztendlich sind diese Komponenten die banalsten Vorrausetzungen in der Oper und man muss auf sie gar nicht hinzuweisen brauchen. Dass heutzutage aber mit diesen Begriffen gerade hinsichtlich der Oper ständig spekuliert wird (in Italien ist es noch schlimmer!), ist für mich ein weiteres Symptom des allgemeinen Zustands in der Oper. Es gibt mittlerweilen Sachen, die gar nicht mehr selbstverständlich sind in diesem Handwerk. Deswegen wird die Rede von der unmittelbaren und absoluten Gleichheit zwischen Emotion und einer Opernaufführung zum offiziellen kulturellen Diskurs erhoben. Nicht, dass ich der Fides oder der Jolanthe etwas vorwerfen wollte, aber die Logik ihrer Kommentare gehören, für mich, eben in diese allgemeine Tendenz der Opernauffassung. Dort, wo das Wie abfällt, wird die Relevanz des Wie ganz abgeschafft und ein rohes, pseudo-unmittelbares Ausdruckstalent und ein genau solches Genießen der Musik deklariert, wo doch die Oper eine immer durch das Wie vermittelte Gefühlskunst ist. Ich persönlich gehe in die Oper, um mich von dem großartigen Können eines Sängers verführen zu lassen und wenn seine Leistung technisch solide und drammatisch überzeugend ist, dann auch selber loszutoben. Falls vor mir ein Sänger steht, bei dem ich keine Sicherheit fühle, verschlucke ich einfach nicht, was er mir darreicht. Gegenüber einem Sänger habe ich selten "die Fassung verloren". Einmal vor der alten, aber immer noch sehr eleganten Kiri Te Kanawa in einem Liederabend in Köln, wo sie als Zugabe ein "Io son l'umile ancella" der Adriana mir gleich aus dem Herz herausgeholt hat; dann wieder beim steinalten Matti Salminen als Hagen; Claudia Mahnke als Oktavian, die Stoyanova als Luisa Miller,die Mariella Devia in der Maria Stuarda (wo ich am Ende ohne Stimme geblieben bin) und die detonierende Gruberova im Finale des ersten Aktes der Norma, wo am Ende das Publikum einfach explodiert ist. Das sind 6-7 Momente während Jahren und Jahren an Opernbesuchen und das find ich auch normal so. Je höher die Ansprüche sind, desto seltener ist danna uch der Lohn. Anders kann ich nicht und will ich nicht.
    Mit den Dirigenten steht es bei mir allerdings besser. :yes:

    Ecouter, c'est écouter la différence.

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Andererseits bin ich doch ein bischen frustiert, dass diese Debatte unter den Taminos wieder und wieder geführt wird ohne dass sich erkennen läßt, dass dabei Fortschritte erzielt würden und man sich darauf verständigen würde, dass es einfach allgemeiner Kriterien bedarf, wenn es um die Beschreibung und Beurteilung von Sänger-Leistungen geht.

    Hallo Caruso41,


    sicherlich hast Du Recht, dass es zu einfach ist, wenn Fritz den Pavarotti wegen seiner hohen Töne mag und Erna Pavarotti wegen seiner Leibesfülle nicht, da es auf der Bühne etwas komisch wirkt, wenn er einen Liebhaber darstellt. Aber Spaß beiseite, La Boheme als Film mit einem berühmten gut ausssehenden Schauspieler als Rodolfo und der Stimme von Pavarotti wäre ja möglich. Aber das nur nebenbei. Die Kriterien die Du (in blauer Schrift) aufzeigst, lesen sich wie ein Formularvordruck für die Beurteilung eines Beamten oder Richters, der zur Beförderung ansteht. Die große Menge an Kriterin, die Du anfügst sind alle richtig, aber das alles zu berücksichtigen, sprengt meines Erachtens den Rahmen dieses forums, dem ja nicht nur Mitglieder angehören, die Gesang studiert haben, sondern auch einfache Musikliebhaber und Klassikfreunde, für die das eine Nummer zu groß ist. Es gibt eine Vielzahl von Büchern über die großen Stimmen, in denen die Kriterien auch noch erläutert und definiert sind. Dann wäre es einfacher, dort alles nachzulesen. Soweit es sich um Geschmacksfragen handelt, geht das ja auch einfacher. Denk mal drüber nach.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Liebe Jolanthe
    DANKE!
    Mir ist ganz oft der Ansatz vieler "Diskutanten" zu wissenschaftlich, ich beobachte das , aber irgendwann muss ich reagieren..weiblich-emotional...meinetwegen und ich hole mir die Schelte ab...welchselbige aber an mir abperlt!
    Mir ist Kraus ein Graus...ich kann mir das kleine Wortspiel nicht verkneifen!
    TIMBRE....KLANG... LEIDENSCHAFT....nur damit erreicht man MICH, das kann, darf und soll bei Anderen anders sein...sei's drum!!!


    LG
    Fides :hello:

    La vita è bella!

  • Aber dem jetzt weiter nachzugehen lasse ich jetzt doch lieber mal. Ich fürchte, dass es eher eine fruchtbare Diskussion verstellen würde.
    Immerhin möchte ich wenigstens noch darauf hinweisen, dass mir schon klar ist, wie schwierig es sein kann, bei der Beurteilung eines Sängers alle diese Kriterien im Blick zu haben und dann zu entscheiden, welches für mich mehr und welches weniger wiegen soll. Ich habe ja in einem anderen Thread mich als Konya-Verehrer geoutet. Zugleich aber habe ich auch auf seine gesangstechnischen Defizite verwiesen. Die beeinträchtigen nicht meine Begeisterung für Konya (vor 1961/62!!!), aber ich höre sie und kann und will sie nicht verdrängen, wenn ich seinen Hüon, seinen Riccardo oder einen Rodolfo preise!

    Wie bei einem guten Partner gehören auch die Macken eines Sängers zu seiner guten Stimme. Da entscheidet halt der persönliche Geschmack ob man diese Macken im Gesamtbild akzeptiert oder nicht.
    Ich finde übrigens schon, dass man Vergleiche mit "der alten Zeit" anstellen darf, allerdings sind diese Vergleiche oft so, als würde man Äpfel und Birnen vergleichen. Wenn ich hier eine CD suche, schreibe ich ja immer gern dazu, dass ich an Aufnahmen nach 1950/60 interssiert bin, da ich ja mit dieser nostalgischen Klangfarbe der historischen Aufnahmen so gar nichts anfangen kann. Wenn ich die höre frage ich mich immer wie diese Sänger wohl live geklungen haben müssen - schließlich ist der Eindruck ja doch ziemlich verfälscht. Klar kann man eine technsich gute Stimme auch darin hören, aber mehr ja wohl kaum. Ich vermute mal, dass die "alten" Sänger die gleiche Diskussion ähnlich mitgemacht haben wie unsere neue Generation heute.

  • Ciao Luca,
    mögen meine Ansichten auch Plattitüden sein, unwissenschaftlich und emotional...ich habe kein Problem damit und ich lasse sie mir auch nicht madig machen.


    "Unproduktiv" nennst Du meinen Ansatz...ich will auch keine wissenschaftliche Arbeit daraus machen! Ich nehme mir die Freiheit die hier gepflegte Diskussionsgrundlage für mich abzulehnen. Begeisterung und Freude zu teilen, auch zu sagen, was einem Forianer gefällt oder nicht gefällt...auch ein Warum ist durchaus gefragt, das ist meine Vorstellung von Diskussion. Nicht die pauschale Abwertung von Künstlern, die HEUTE unter den HEUTIGEN Bedingungen singen..."richtig" in der Maske projizierend oder nicht....sie interessiert MICH nicht, denn sie kommt oft "Hinrichtungen" gleich.
    Für Dich mag das der richtige Weg sein, ich respektiere das ohne Einschränkung!


    Und ja....es gibt "schlechte musikalische Leistungen" und sie sind kritikabel...aber auch sie sind MOMENTAUFNAHMEN!!!


    LG
    Fides :jubel:

    La vita è bella!

  • Liebe Fides,
    Deine Meinung sei Dir unbenommen; gut, Gesangstechnik, Stilistik und musikalische Phrasierung sind für Dich unerheblich, das sei Dir unbenommen. Nur verstehe ich schlankweg nach wie vor nicht, warum Du derart "emotional" und mit Verve gegen uns angehst, für welche das die entscheidenden Kriteriumspunkte sind. Und letztlich bist Du diejenige, die bei Deiner Auffassung verliert. Denn für mich z.B. ist die Welt der Oper garantiert bunter, als Du sie je erleben wirst; im Gegensatz zu Dir erfreuen mich zahllose Dokumente der Vergangenheit, während Du nur eine bescheidene Auswahl des "Heute" zu Verfügung hast. Dass ich die noch live erlebten Tenöre Kraus, Gedda und Bergonzi die grössten Tenöre der damaligen Zeit finde, hindert mich doch nicht daran auch Björling, Corelli, den jungen di Stefano usw., usw. oder eben heute Beczala grossartig zu finden.
    Und letztlich wäre es doch sicher auch für Dich bedenklich in diesem Forum auf der Ebene eines wirklich mal gehörten Satzes zu dikutieren: "Andrea Bocelli ist der grösste Sänger aller Zeiten...." :S

  • Andrea Bocelli ist der grösste Sänger aller Zeiten...."

    Vielleicht war er ja der größte blinde Sänger aller Zeiten, wer weiß ...


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Ich denke, das, was in Carusos "Kriterientafel" tatsächlich interessant und nützlich ist, ist der Faktor einer gewissen Flexibilität innerhalb dieser vom Schein her "starren" Kriterien. Jeder Sänger hat einen Makel, einige schaffen es, ihre Mängel zu Tugenden zu machen (siehe eine Gencer z.B.), einige haben einen Makel (z.B. phrasieren nicht mit viel Phantasie oder haben kein gutes Legato), haben aber hingegen eine wunderbare Emission und Atemtechnik. Ein guter Sänger ist nicht unbedingt vom perfekten, kompletten Zusammenspiel ALLER dieser Kriterien "gebastelt". Es wird immer verhandelt im Rahmen materieller Vorgegebenheiten und technisch-musikalischer Ideale. Aber, dass die meisten der von Caruso angezeigten Kriterien im Grunde genommen die elementarsten Komponenten des Gesangs betreffen und dass diese beim Gesangsstudium als Pflicht und regulative Figuren gelten, ist evident. Deswegen kann ich auch nicht einsehen, warum man die elementarsten Sachen, die man einem Gesagsstudent abverlangt, nicht auch einem Opern-Mega-Star abverlangen sollte, wenn er sie nicht beherrscht.
    Für eine Internet-Diskussion mögen diese Kriterien zu anspruchsvoll sein, aber auch die, die hier "wissenschaftlich" über Gesang reden, befinden sich nicht irgendwo auf einem Kompetenz-Olymp und sind "angekommen". Genauso wie ich jeden Tag vom eigenen Hören, vom Vergleichen, Lesen usw. Neues lerne, so können auch die Leute Fortschritte machen, die ihre musikalischen Erlebnisse entweder noch nicht in einer spezifischen musikalischen Sprache formulieren können oder einfachere oder auch einfach nur ANDERE Hörgewohnheiten haben. Wir sind hier ja Alle da, um voneinander zu lernen. Eine Diskussion würde das sonst gar nicht mehr heißen.



    Liebe Fides,
    dass eine Stimme nicht richtig in der Maske projiziert ist, hat nicht nur zur Folge, dass ein Stimmbeckmesser wie ich kabbalische Untersuchungen anstellt , sondern auch dass diese Stimme dann im Hause schlecht trägt und - siehe! - das Herz und die Ohren auch weniger berühren kann, weil sie einfach schlecht gehört wird oder weil sie, um gehört zu werden, ständig schieben und sich selbst beschädigen muss. Ist diese Kritik praktisch, sachlich und sängerfreundlich genug, um über stimmliche Unzulänglichkeiten zu sprechen?
    Dieses Pathos des HEUTE und des Augenblicks kann ich nicht nachvollziehen, denn diese Isolierung des heutigen, vergehenden, momentanen musikalischen Zeitpunktes ohne Vergangeheit und Zukunft, ohne Verankerung in einer gewissen Tradition und ohne die Berücksichtigung der Folgen, tut nichts, als eine Exaltierung vorzuspielen, die dazu auch noch bewusst sich weigert, auf symptomatische und nicht einfach kleinliche Probleme kritisch zu schauen. Es geht um bewusstes Hören und um eine gewisse Verantwortung FÜR den Sänger. Ich fühle eine Verantwortung gegenüber den Sängern. Und die äußert sich darin, dass ich nicht blind und weiblich-emotionell oder männlich-emotionell mich dem Augenblich rauschhaft hingebe, sondern dass ich dann auch dem Sänger oder dem Publikum irgendwie mitteile, dass dieser Sänger deswegen und deswegen Probleme hat und sich selber schaden wird.


    Und letztlich wäre es doch sicher auch für Dich bedenklich in diesem Forum auf der Ebene eines wirklich mal gehörten Satzes zu dikutieren: "Andrea Bocelli ist der grösste Sänger aller Zeiten...."


    Lieber joho, wurde dieser Satz tatsächlich von jemandem geäußert? :D

    Ecouter, c'est écouter la différence.

  • Lieber m.joho
    Ich möchte lediglich aus GESANG keine WISSENSCHAFT machen....und dazu stehe ich mit Freuden!
    Und außerdem...wer sagt denn, dass ich die Vergangenheit nicht kenne....ich lebe aber im Heute und möchte dem Nostalgiewahn nicht folgen...was ist daran so "verwerflich"?
    Ich halte einfach "euren" Ansatz für zu verkopft ....aber das ist doch ausschließlich mein "Problem".
    Ich bin durchaus keine Anhängerin der meisten aktuellen Sänger; Beczala ist sicher ein Ausnahmesänger...doch gelingt es ihm nicht, mich Oper als "Rundumpaket" erleben zu lassen, weil sie gerade eben nicht "nur" aus Gesang besteht...aber damit bin ich in dieser Diskussion sicher falsch!
    Ich halte viele Entwicklungen der letzten 2-3 Jahrzehnte für gur, weil sie der Oper das Elitäre und Unzugängliche ein wenig genommen haben. Oper ist Musiktheater...aber das ist ein anderes Thema....
    LG
    Fides :hello:

    La vita è bella!

  • Die Kriterien die Du (in blauer Schrift) aufzeigst, lesen sich wie ein Formularvordruck für die Beurteilung eines Beamten oder Richters, der zur Beförderung ansteht.



    Das kann ich nun gar nicht nachvollziehen. Aber vielleicht liest Du die Liste anders als sie gemeint ist. Mir geht es darum, einmal aufzulisten, was alles von Beduetung ist, wenn über Sänger geredet wird.
    Es gibt viele Taminos, denen sind eigentlich nur das Material wichtig und die Gestaltung.
    Und bei Material geht es ihnen dann vornehmlich darum, ob sie den Klang mögen und ob er sie berührt und bei der Beurteilung der Gestaltung steht für sie im Vordergrund, ob sie durch die Darstellung emotional beeindruckt, bewegt, aufgewühlt, überwältigt ...wurden.
    Ich finde beides wichtig - aber es reicht einfach nicht. Deshalb imponiert mir Luca, wenn er immer wieder deatilliert auf Mängel in der Tonbildung und Tonbeherrschung, in der Stimmführung und im Stimmfluß, in der Linienformung und in der Phrasierung usw. hinweist.


    Ich gehöre glücklicherweise zu einer Generation, die mit Sängern aufgewachsen ist, die über gutes Materilal und gute Technik, verfügten. Einer der Stars meiner frühen Opernjahre in Berlin war Elisabeth Grümmer. Ich habe Ihre Kunst immer als göttlich empfunden. Und in vielen Partien war und ist sie für mich bis heute das Ideal. Ihr stimmlichen Mittel , ihre technischen Fähigkeiten und ihre Musikalität waren ebenso unbestritten wie ihre Fähigkeit, Charaktere zu gestalten, Gefühle auszudrücken und den poetischen Sinn eines Notentextes Klang werden zu lassen. Ist es da nicht verständlich, wenn ich heutige Soprane mit ihr vergleiche und an ihr messe? Bei diesem Vergleich sind mir nun Kriterien, wie die aufgelisteten Kriterien, wichtig.
    Für unseren Zusammenhang hier ist nicht notwendig, eigens zu sagen, wie solche Vergleiche ausgehen. Aber wichtig ist mir etwas anderes: Natürlich muss sich auch Grümmer Vergleiche gefallen lassen. Ich habe schon Ende der 50er Jahre gelernt, dass auch sie nicht vollkommen war. Ich erkannte, dass es andere Sängerinnen gab, die ihr in dieser oder jener Hinsicht überlegen waren. Das hat meine Wertschätzung der Grümmer überhaupt nicht gemindert, aber es hat meine Ohren und meinen Kopf geöffnet für so wunderbare Künstlerinnen wie Elfriede Trötschel, Pilar Lorengar, Sena Jurinac oder Régine Crespin. Vor allem aber hat es meine Freude an der Musik vergrössert. Ich habe gelernt zu genießen, wenn ich eine Sängerin hören konnte, die mit dem französischen Stil besser vertraut war und ihn überzeugender realisieren konnte als Elisabeth Grümmer, die etwa als Michaela immer geradewegs aus Meinigen zu kommen schien (obwohl sie ja in Lothringen geboren ist). Und ich habe gelernt, mich über Soprane wie Galina Vishnewskaya oder Milada Subrtova zu freuen, die im slawischen Fach den Figuren etwas geben konnten, was Grümmer eher fremd war. Ich habe die Erfahrung gemacht, wie beglückend ein freies und geschmeidiges Legato sein kann und wie sehr man durch einen Gesang berührt werden kann, der die Möglichkeiten des Messa-di-Voce zu nutzen versteht. Ich glaube wirklich, dass man sehr viel gewinnt, wenn man den Sängern nicht naiv begegnet sondern sie als Musiker und Künstler ernst nimmt, Ansprüche an sie stellt und ihnen informiert und denkend zuhört.
    In dem Chapelou-Thread gab es die Suche des idealen Chapelou. Den meisten Taminos, die sich da äusserten, schienen nur die Spitzentöne im Rondeau wichtig. Die mag ich natürlich auch, aber ich denke, dass mich eine mit Raffinement und Eleganz, genüsslicher Linienformung und feinen Kolorierungen gesungene Serenade (3. Akt.) zumindest ebenso erfreut.
    Es ist schlichweg böswillig diffamierend, eine solche Art des Hörens, Wahrnehmens und Genießens von Gesangsleistungen als bürokratisch, buchhalterisch oder wissenschaftlich verkopft zu bezeichnen!


    Würden wir in unserem Klassikforum uns nur wechselseitig erzählen, wen wir mögen und wen nicht, fände ich das langweilig, sehr langweilig. Nach meinem Verständnis ist ein Forum im Internet nur lohnend, wenn ich dort Argumente austauschen und darüber streiten kann. Bisher habe ich immer viel gelernt, wenn ich mich mit anderen Musikfreunden über diesen oder jenen Sänger ausgetauscht und so von Beobachtungen und Einschätzungen gehört habe, die sie so nicht selber hatte und über die ich nachdenken musste. Ganz oft hat mich das zu neuem und genauerem Hören gebracht. Dafür bin ich dankbar und darauf hoffe ich, wenn ich Zeit im Tamino-Forum zubringe!


    Aber das habe ich ja schon gesagt.

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

    Einmal editiert, zuletzt von Caruso41 ()

  • Ja, lieber Luca, der Bocelli-Satz wurde wirklich geäussert; die Antwort passt deshalb gut in diese Diskussion hinein, weil die besagten Leute, einem Kollegen von mir seinen "Elitarismus" vorgeworfen haben und den blinden Sänger als herzergreifendes Gegenmodell aufführten.


    Und, liebe Fides, wenn Du meinst, dass das Musiktheater durch die lezten 20/30 Jahre gewonnen habe, belegt das für mich, dass Du die wirklichen Sängerdarsteller der früheren Epoche nie live erlebt hast. Die darstellerische Tiefe und ausgefeilte Rollegestaltung, die ich bei Gobbi, Siepi, Christoff, Windgassen, Varnay, Mödl, Rysanek etc., etc., erleben durfte vermisse ich heute schmerzlich (und das hat nun nichts mit den gesanglichen Parametern zu tun). Und bitte, das war etwas anderes als das (Pardon!) lächerliche Rumgekasper eines Villazon, der heute bei vielen als grossartiger Schauspieler gilt.

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  • Hallo m.joho,


    ich bin zwar nicht Fides, fühle mich aber dennoch angesprochen. Es ist natürlich wunderbar, dass Du die von Dir genannten Sänger live erleben konntest. Meine Musiktheaterzeit begann da doch erheblich später. Bei Deiner Beurteilung von der Darstellungskunst eines Villazon stimme ich Dir übrigens zu, das sehe ich genauso. Aber auch heute gibt es gute Darsteller, z.B. R. Raimondi oder auch Jonas Kaufmann. Auch Cura würde ich dazu zählen, obwohl ich seine sängerischen Schwachstellen, die sich immer mehr ausprägen, durchaus erkenne und er sicherlich nicht zu meinen Lieblingen zählt. Ich selbst kenne eben nur die letzten 20/30 Jahre.


    :hello:


    Jolanthe

  • Erst jetzt bin ich auf diesen Thread aufmerksamn geworden, Zunächst hatte er mich nicht interessiert, da ich die Züricher Aufführung nicht gehört habe und auch nicht plante, nach Zürich zu fahren. Dann wuderte mich, dass täglich neue Beiträge in diesem Thread angezeigt wurden und ich habe mal reingeschaut.


    Interessiert man sich denn nur für Rezensionen wenn man einer Aufführung auch beigewohnt oder eine Übertragung gehört hat oder wenn man die Absicht hat eine Folgevorstellung zu besuchen? ?(


    Ich lese oft und gerne Kritiken zu Aufführungen die ich selber gar nicht gesehen habe, gerade um mich zu informieren, wie eine Produktion oder die Sänger empfunden wurden.
    Ich dachte eigentlich, dass das Interesse an solchen Berichten unter den usern hier generell größer ist.


    Gregor

  • Interessiert man sich denn nur für Rezensionen wenn man einer Aufführung auch beigewohnt oder eine Übertragung gehört hat oder wenn man die Absicht hat eine Folgevorstellung zu besuchen?

    Im Prinzip bin ich ganz Deiner Meinung. Aber leider reicht die Zeit nicht, alles zu lesen! Von dem Züricher Cav/Pag hatte ich die Besetzungsliste gelesen und danach war ich nicht eben neugierig zu hören, wie es war!

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Ich nehme also 2 Aufnahmen mit den Sängern A und B. Anhand der mehr als 50 Kriterien, die ich natürlich nicht auswendig gelernt habe, bediene ich mich einer von Caruso vorgefertigten Liste (jetzt in schwarz) und hake ab. Bei welchem Sänger ich die meisten Häkchen hab, der ist der beste. Die zu vergebenden Punkte bei den 5 Obergruppen müssten dann aber gleich gewichtet sein. Und das soll ohne Beurteilungsbogen gehen, glaube ich nicht. Das wäre ja wie bei der schriftlichen Führerscheinprüfung ohne Prüfungsbogen. Wir wollen mal die Kirche im Dorf lassen und uns auf unseren gesunden Menschenverstand und unseren Geschmack verlassen, dann liegen wir auch nicht falsch.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Lieber Bernward,


    ich glaube trotzdem, dass man diese Liste nicht so einfach verdammen soll. Letztendlich dienen die dort aufgelisteten Kriterien nur dazu, um generelle Leitfäden bei der Kritik zu haben. Jemand hatte hier die Frage augestellt, wer doch sich die Freiheit nehme, so vehement gegen heutige Sänger aufzutreten und mit welchen Kriterien man das täte. Diese Liste mag eine Antwort sein.
    Und noch einmal: diese Liste schränkt nichts ein. Ihre Komponenten stellen aber trotzdem für die Gesangskunst tatsächlich notwendige Qualitäten dar. Niemand wird auf die Idee kommen, diese Kriterien wie einen "Sieb" zu benutzen. Das tut ja keiner von uns hier, sogar die kritischsten nicht.

    Ecouter, c'est écouter la différence.

  • Vielleicht sollte man Carusos Liste nicht mal als Kriteriums Liste sehen. Denn ich kenne diese Liste auch, nur genau aus der anderen Richtung: Mein Lehrer hat mir das als Merkblatt (so ähnlich) aufgeschrieben was man


    1. als guter Sänger kennen, verstehen und anwenden sollte und
    2. wie man als Sänger seinen Lehrer überprüfen sollte, ob der einen auch in diesen Dingen unterrichten kann.


    Diese Liste macht also durchaus Sinn. Ich sitze nie in der Oper und höre einem Sänger zu, in dem ich diese Liste auf ihn anwende, aber wenn ich merke dass da technisch gerade etwas schief läuft kann man für sich sehr schnell herausfinden, wo der Fehler liegt. So kann man auch erkennen, ob es sich um ein grundsätzliches Problem, oder ein technisches "Missverständis" oder ein Tagesform abhängiges Maleur handelt.

  • Vielleicht sollte man Carusos Liste nicht mal als Kriteriums Liste sehen. Denn ich kenne diese Liste auch, nur genau aus der anderen Richtung: Mein Lehrer hat mir das als Merkblatt (so ähnlich) aufgeschrieben was man


    1. als guter Sänger kennen, verstehen und anwenden sollte und
    2. wie man als Sänger seinen Lehrer überprüfen sollte, ob der einen auch in diesen Dingen unterrichten kann.


    Diese Liste macht also durchaus Sinn. Ich sitze nie in der per und höre einem sänger zu, in dem ich diese Liste auf ihn anwende, aber wenn ich merke dass da technsich gerade etwas schief läuft kann man für sich sehr schnell heausfinden, wo der Fehler liegt. So kann mjan auch erkennen, ob es sich um ein grundsätzliches Problem, oder ein technisches "Missverständis" oder tagesform abhängiges Maleur handelt.


    Amen!
    Der Sänger hat's doch besser gesagt! :)

    Ecouter, c'est écouter la différence.

  • Ich habe mich als Konya-Verehrer geoutet. Zugleich aber habe ich auch auf seine gesangstechnischen Defizite verwiesen. Die beeinträchtigen nicht meine Begeisterung für Konya , ich höre sie und kann und will sie nicht verdrängen

    Ich habe mir erlaubt aus Deinem Beitrag die Quintessenz für mich zu ziehen, lieber Caruso. Ein Satz, den ich, als ebenfalls glühender Konya- Verehrer, absolut bejahe. Du hast mir aus dem Herzen gesprochen. Es ist völlig richtig, wenn man für einen Sänger leidenschaftlich erglüht ist, verzeiht man ihm gerne wohlwollend seine kleinen Fehler und Macken, wie hier den typischen Glottisschlag, das kurze Überschlagen der Stimme. Außerdem ist niemand perfekt und das ist auch gut so. Ich glaube, totale Perfektion wäre schrecklich langweilig.
    Vielen Dank. Dir ein schönes WE und herzliche Grüße
    CHRISSY, Görlitz / Sa.

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Hallo m.joho
    tja...ich bin halt nicht die Generation, die all die von Dir genannten Herrschaften live erleben konnte...mangels biologischen Alters!
    Es gab sicher ab den zeiten eines Wieland Wagnewr Sänger, die auch gute bis hervorragende Darsteller waren...was die von Dir genannten Damen insbesondere angeht, kann ich das nach den mir bekannten Dokumenten nachvollziehen.
    Einen "Overactor" wie Villazón, der bereits den Preis für seine mangelnde Technik zahlt, will ich keineswegs als Rollenmodell des "modernen" Opernsängers anpreisen....doch insgesamt, ist das darstellerische Niveau in den letzten Jahrzehnten in Breite und Tiefe erheblich besser geworden...und das ist mir SEHR lieb.


    Es ist wohl eine Art "Generationenkonflikt"...übertrieben ausgedrückt, der sich teilweise hier abspielt...ich kenne die Vergangenheit, so wie das einem jüngeren Opernliebhaber möglich ist, doch ich will die Gegenwart nicht verdammt sehen!!!


    LG
    Fides :hello:

    La vita è bella!


  • Einen "Overactor" wie Villazón, der bereits den Preis für seine mangelnde Technik zahlt, will ich keineswegs als Rollenmodell des "modernen" Opernsängers anpreisen....doch insgesamt, ist das darstellerische Niveau in den letzten Jahrzehnten in Breite und Tiefe erheblich besser geworden...und das ist mir SEHR lieb.

    Dass Villazon eine schlechte Technik hat, möchte ich nicht mal unbedingt so sehen. Ihm fehlt meiner Meinung nach etwas auf der Bühne, was Edda Moser neulich so schön als "Gelassenheit" bezeichnet hat. Ich glaube, wenn er die Bühne betritt, lässt er alle Schranken fallen, lässt sich von seinen Emotionen mitreißen, was sich auch negativ auf Gesang und Szene auswirkt. Deshalb lieben ihn auch so viele Leute, weil er sich auf der Bühne fast auszieht, weil die Leute sehen, dass er sie mitreißen will. Nur leider ging das sehr stark zu Lasten des Gesangs. Ich hoffe, dass er sich wieder fängt.

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