Legenden auf dem Prüfstand: "Der Ring des Nibelungen" unter Sir Georg Solti (1958–1965)


  • Zwischen 1958 und 1965 entstand eine der legendärsten Studioproduktionen überhaupt: Sir Georg Solti (damals noch ohne Ritterschlag) nahm für die Decca Wagners "Ring" auf, die erste Stereoaufnahme dieses Mammutwerkes, die im Studio entstand. 1958 machte "Das Rheingold" den Anfang, gefolgt 1962 vom "Siegfried", 1964 von der "Götterdämmerung" und schließlich erst 1965 von der "Walküre".


    Oft wurde bedauert, daß Hans Hotter George London als Wotan ablöste, der diesen lediglich im Vorabend sang. Freilich, Hotter wäre 1958 vermutlich auch noch in einem besseren Zustand gewesen als sieben Jahre später.


    Auch Wolfgang Windgassen ist nicht der Favorit jedes Wagnerianers, zumal er Mitte der 50er Jahre (1955 unter Keilberth, 1956 unter Knappertsbusch) auch noch besser bei Stimme war.


    Die Nilsson schließlich mit ihrer sprichwörtlichen stählernen Höhe, aber ohne die überlegenen gestalterischen Mittel, die einer Varnay zur Verfügung standen.


    Sehr viele kaum kritisierbare Sängerleistungen gesellen sich dazu: Neidlingers Alberich ist vermutlich nicht zu überbieten, Kuëns ("Rheingold") und Stolzes ("Siegfried") Mime ebenfalls Legende. Kurt Böhme gibt einen beeindruckenden Fafner, der immer etwas im Schatten stehende Walter Kreppel einen wunderbaren Fasolt. Der Hunding und Hagen Gottlob Fricks kennt wenig Vergleichbares.


    James King und Régine Crespin geben das Wälsungen-Paar, Set Svanholm den Loge, Kirsten Flagstad ("Rheingold") und Christa Ludwig ("Walküre") die Fricka, Fischer-Dieskau den Gunther.


    Auch die kleinen Rollen sind prominent besetzt: Eberhard Waechter als Donner und Waldemar Kmentt als Froh verwöhnen des Ohr des geneigten Hörers, Marga Höffgen ist Erda ("Siegfried") und Lucia Popp die Woglinde. Viele weitere wären zu nennen.


    Allein, das Dirigat Soltis war nie unumstritten. Die Härte, mit der er das Orchester stellenweise durchpeitscht, ist nicht jedermanns Sache. Freilich, gerade die dramatischen Momente gelingen ihm mit den Wienern vorzüglich. Das Lyrische bleibt stellenweise aber auf der Strecke.


    So, genug von mir hierzu. Was haltet ihr vom Solti-"Ring"? Unumstrittene Referenz? Überschätzt? Was seht ihr als seine Stärken und Schwächen an?


    LG
    Joseph
    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Lieber Joseph,


    vielen Dank für diesen Beitrag! Ich habe den Solti-Ring seit Monaten auf der imaginären Liste der Hörvorhaben und melde mich ausführlicher, wenn ich dazu gekommen sein werde.


    Auch die kleinen Rollen sind prominent besetzt: Eberhard Waechter als Donner und Waldemar Kmentt als Froh verwöhnen des Ohr des geneigten Hörers, Marga Höffgen ist Erda ("Siegfried") und Lucia Popp die Woglinde. Viele weitere wären zu nennen.


    Nicht zu vergessen Joan Sutherland in der Mini-Rolle des Waldvogels ... erst im Haitink-Ring leistete man sich mit Kiri te Kanawa einen ähnlichen Luxus. Fast en Zitat. Auch das wäre mal ein Thread: Prominent besetzte Minirollen. Mir fällt Peter Schreier als junger Seemann im Tristan bei Böhm 1966 ein, die Damen in der Klemperer-Zauberflöte, wenn man sucht, findet man sicher viel mehr. Die Tenöre im Rosenkavalier (italienische Arie) sind allerdings meistens grandios besetzt ...

  • Hallo, Joseph II!


    Für mich das "NON PLUS ULTRA" der RINGE: Die Besetzung (fast) optimal. Schade, das Kozub nicht konnte! Für mich hat Solti bis ins Detail gearbeitet (z.Bsp. die Hämmer der Nibelungen klingen echt). An dieser Aufnahme des RINGS habe ich kaum etwas auszusetzen und erfreue mich oft daran!



    Gruß Wolfgang

    W.S.

  • Also vom Dirigat her würde ich Knappertsbusch oder Keilberth (zwei extrem verschiedene Sichtweisen, jede für sich für mich überzeugend) vorziehen (ich füge hinzu, daß ich diese Aufnahmen aber nur ausschnittsweise kenne, aber das, was ich hörte, überzeugte).


    Auch daß das Sänger-Niveau bei Solti einmalig gewesen soll, kann man so nicht bestätigen: Auch bei den oben Genannten singen mit Windgassen (erheblich frischer), Varnay (mir lieber als Nilsson), Vinay, Hotter (ebenfalls noch besser in Form), Neidlinger, Kuën, Greindl (ziehe ich Frick insgesamt vor), Weber, van Mill, Brouwenstijn, Uhde, Suthaus (als Loge!), Traxel usw. die absoluten Wagner-Ikonen der 50er Jahre. Im Detail finde ich die Sängerbesetzung sogar besser, wie bereits angedeutet. Hinzu kommt die Live-Atmospähre, und selbst auf Stereo muß man nicht verzichten, allerdings nur bei Keilberth 1955.


    :hello:

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    – Luís de Camões

  • Also für mich ist Soltis Dirigat schon das Highlight dieses "Rings". Ich mag diese fesselnde, zupackende Dramatik, die da entfaltet wird. Heutzutage erinnert mich Antonio Pappanos Stil immer ein wenig daran, der allerdings nicht ganz so scharf ran geht.
    Die Sängerbesetzung finde ich von daher klasse, weil sie eigentlich keinen Ausfall in dem Sinne hat. Auch Hans Hotter, der in diesem Ring nicht mehr ganz hält, was sein Name verspricht, ist daher problematisch, weil er sein "Alters-Wabble" nicht mehr in den Griff bekommt - und trotzdem ist seine Figuren-Zeichnung sehr scharf, die technische Bewältigung hervorragend.
    Gerade auch die kleinen Rollen sind für mich das große Highlight dieses Rings. Ewig bleibt mir der grelle Gehard Stolze im Ohr bei "Mime ist König, Fürst der Alben....". Den Gewitterzauber in der Kombination Ebehard Wächter und Solti habe ich seitdem nie wieder auf diesem Niveau gehört.
    Soltis Ring hat also für mich durchaus etwas legendäres, zumal ich sein Rheingold damals noch kurz vor dem Übergang zur CD auf Platte gehört habe. Kleine private Notiz am Rande: Die Platte hatte ich aus unserer Stadtbibliothek entliehen. Einmal vergaß ich den Deckel des Plattenspielers zu schließen, was unsere Katze zum Anlass nahm, Karusell auf der Platte zu fahren und ein paar hässliche Spuren mit ihren Krallen zu hinterlassen.....

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  • Auch wenn es vielleicht nicht ganz hierher gehört:
    Einen Teil des legendären Rufes verdankt diese Aufnahmen auch der Tontechnik uind der Klangregie, es wurde versucht eine imagionäre Studio-Bühne mit allen dramatisch wirksamen Geräuschen zu realisieren. J. Culshaw, der Produzent der Decca war Perfektionist und wollte die Möglichkeiten der neuen Stereotechnik exzessiv nutzen. Es sollte eine Aufnahme für die Ewiggkeit werden - und so wie es sich uns heute darstellt ist das auch gelungen. Der Kultcharakter der Aufnahme ist (bis heute) ungebrochen.



    mfg aus Wien


    Alfred

    POLITIKER wollen stets unser Bestes - ABER WIR GEBEN ES NICHT HER !!!



  • Angeblich sollte das Ganze in dieser Besetzung auch auf die Bühne. - Ist dann aber daran gescheitert, dass es für die Walküren auch gleich echte Pferde sein sollten!? - Wahrscheinlich eine schlecht erfundene Legende ...

  • Sollte nicht ursprünglich Knappertsbusch diesen "Ring" für Decca aufnehmen? Er weigerte sich dann aber, unter Studio-Bedingungen die Tetralogie zu dirigieren. Irgendetwas habe ich da im Hinterkopf ... ?(

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    – Luís de Camões

  • Culshaw hatte sehr genaue Vorstellungen und scheute sich nicht, mit allen möglichen Gimmicks (etwa der Stimmverfremdung, wenn Siegfried mit Tarnkappe an Gunthers Stelle agiert) zu glänzen, um das Visuelle zu ersetzen. Solti war offenbar recht kooperativ, er war damals auch lange noch nicht so berühmt. Ein Probenfaulenzer wie Knappertsbusch wäre niemals mit Culshaws Perfektionismus zurechtgekommen.


    Ich habe meine Vergleichsaufnahmen (Furtwängler, Böhm, einzelne historische Ausschnitte) noch nicht oft genug gehört. Aber dass Hotters Stimme in der Walküre nicht mehr ideal ist, hört man auch ohne jeden Vergleich. Die Durchschlagskraft Nilssons dürfte kaum jemand bestreiten, aber gerade im Studio kann man sich andererseits subtilere Deutungen vorstellen.


    Da nicht nur der Wagner-Gesang der 1930er, sondern inzwischen auch die meisten Bayreuther Produktionen der 1950er in recht ordentlich klingenden Mitschnitten gut dokumentiert sind, relativiert sich die Sängerqualität bei Solti m.E. doch erheblich. Wie gesagt, kenne ich noch zu wenig anderes, aber Keilberth, Clemens Krauss oder die halbe Walküre unter Bruno Walter oder später Böhm, Karajan und Boulez werden von vielen Kundigen beim Dirigat durchaus Solti vorgezogen, der zur Plakativität neigt, was durch die Klangtechnik auch noch unterstützt wird.


    Freilich ist die Kombination von Klangqualität, Sängern und Dirigat danach vermutlich nicht mehr erreicht worden. Aber welcher Wagnerianer legt schon allzuviel Wert auf die Tonqualität... ;)
    Für Nichtspezialisten ist aber vielleicht deswegen der Solti-Ring besonders attraktiv...

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Sollte nicht ursprünglich Knappertsbusch diesen "Ring" für Decca aufnehmen? Er weigerte sich dann aber, unter Studio-Bedingungen die Tetralogie zu dirigieren. Irgendetwas habe ich da im Hinterkopf ... ?(


    In der Tat wollte man mit Knappertsbusch aufnehmen. Allerdings muss man dazu erwähnen, dass es keine vollständige Ring-Planung gab. Konnte man doch überhaupt nicht abschätzen, wie sich diese Aufnahmen verkaufen lassen würden. Es gab ja erst eine einzige Einspielung einer Ring-Oper (Furtwänglers Walküre). Und diese schien nicht allzu erfolgreich gewesen zu sein, denn Walter Legge, der nicht viel von Wagner auf Schallplatte hielt, prophezeite dem Rheingold nur geringe Verkaufszahlen.


    Aber so weit war man noch nicht. John Culshaw ging schon einige Jahre lang mit der Idee einer Ring-Einspielung mit Solti schwanger. Dieser nahm 1957 die Todesverkündigung und den dritten Akt der Walküre auf - Aufnahmen, die am Markt recht gut ankamen. Diese günstigen Vorzeichen ermutigten die Decca zum Start des Projekts "Ring", aber statt des international noch nicht sehr bekannten Georg Solti wollte man einen Star am Pult und nahm Hans Knappertsbusch an Bord. Außerdem machte man keine Gesamtplanung für alle vier Opern, sondern wollte die Fortführung des Projektes dem Verkaufserfolg des Erstlings entsprechend weiterplanen. So begann also die Einspielung der Walküre mit Hans Knappertsbusch. Aber es stellte sich praktisch sofort heraus, dass Culshaws Perfektionismus im Detail und Knappertsbuschs eher großzügige Haltung in diesem Punkt für so ein Monsterprojekt nicht vereinbar waren, worauf sehr schnell gestoppt wurde. Man schwenkte also auf den schon einmal bewährten Solti um und dieser begann mit dem Rheingold (Kirsten Flagstad studierte dafür schnell die Rolle der Fricka, die sie hier einmalig sang, und für die ihre Stimme schon wesentlich geeigneter war; ihre Sieglinde war sehr gut, aber stimmlich doch etwas "reif"). Und entgegen gewissen Befürchtungen wurde die Aufnahme ein Sensationserfolg.


    Übrigens hat man die Aufnahmesitzungen mit Knappertsbusch nicht weggeworfen, sondern sie später sogar noch wirtschaftlich verwertet. Der erste Akt der Walküre unter ihm wurde später veröffentlicht und ist seither fast permanent erhältlich. Wenn man sich darüber wundert, dass der Ring-Zyklus nicht mit der Walküre, sondern mit Siegfried fortgesetzt wurde, so hatte das ganz einfach wirtschaftliche Gründe. Denn Solti wollte nämlich sehr wohl mit der Walküre fortsetzen und seinen schon vorhandenen 3. Akt zu einer Gesamtaufnahme vervollständigen. Da wurde aber bekannt, dass die RCA Amerika bereits über eine fertige Planung für eine Walküre unter Erich Leinsdorf verfügte und dem Decca-Boss, der zugleich Europa-Vertriebsleiter für RCA war, klar machte, dass er sich mit der Solti-Aufnahme selbst konkurrenzieren würde. Daraufhin wurde auf Siegfried umgesattelt. Erst Jahre später, als die guten Verkaufszahlen der ersten drei Aufnahmen und auch die Wünsche der Musikwelt eine Vervollständigung der Tetralogie erstrebenswert erscheinen ließen, gab Decca-Chef Moritz Rosengarten seine Zustimmung zu einer Decca-Walküre.


    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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  • Da ich erst kürzlich unter dem Thread "Idealbesetzung der Götterdämmerung" zu diesem Teil des Solti-Rings ausfürhrlich schrieb, möchte ich mich hier kurz halten.
    Die Decca-Aufnahme war die erste Aufnahme des Monumentalwerkes von Wagner unter Studio-Bedingungen, allein deshalb schrieb sie Schallplattengeschichte. Solti realisiert eine feurige, temperamentvolle ja teilweise exzessive musikalische Interpretation. Im parallel zur Aufnahme entstandenen Film "Hinter den Kulissen der Götterdämmerung" bezeichnet der Dirigent die Oper als Sinfonie mit Stimmen. Dieses Ideal versucht er auch in dieser Ring-Aufnahme zu erreichen. Allerdings geht das teilweise auf Kosten der Sänger, die in den Orchesterwogen teilweise untergehen, genau wie die manchmal übertriebenen Spielereien des Decca-Aufnahmeteams mit technischen Effekten, wie z. B. die nachgebauten Stierhörner zu sehr dominieren. Dabei konnte Solti auf eine bewährte Auswahl der besten Wagnersänger der damaligen Zeit zrückgreifen. Dennoch wurde diese Ringaufnahme später überarbeitet und die klangliche Balance zwische Orchester und Sängern verbessert. Alles in allem ist und bleibt dier Solti-Ring eine Meisterleistung des Dirigenten und ein Meilenstein der Aufnahmetechnik und des vorbildlichen Wagner-Gesangs. Übrigens stimmt die Legende vom lebenden Pferd tatsächlich. Am Ende der langen Aufnahmezeit wurde am letzten Tag sehr zur Erheiterung der Mitwirkenden an der Stelle wo Brünnhilde ruft: "Grane mein Ross" ein Pferd indden Saal geführt.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Also auch für mich ist dieser Ring der Ring auf Tonträger. Alles was davor war, kann klangtechnisch nicht mithalten und man muss hinsichtlich dieser Qualität deutliche Einbußen hinnehmen. Alles was danach kam, fällt sängerisch in den Hauptrollen doch deutlich ab. Schade finde ich noch immer, dass der Bayreuther Ring mit Böhm so durch die hörbare Souffleuse beeinträchtigt ist.
    Allles in allem im Gesamtpacket für mich auf cd die Referenz.
    Gruß Wenzeslaus :hello:

  • Ehrlich gesagt bin ich der Meinung, daß es ein herber Verlust war, daß Knappertsbusch den Decca-"Ring" nicht zu Ende gebracht hat. Wenn man den 1. Akt der "Walküre" bei Knappertsbusch und Solti vergleicht (wobei ich mich auf die Bayreuther Aufnahme von 1956 bei Kna beziehe), dann würde ich schon meinen, daß der alte Knappertsbusch den Spannungsbogen viel besser auskostet als der (damalige) Newcomer Solti. Interessant wäre natürlich noch ein Direktvergleich mit der von Theophilus vorgestellten Studio-Aufnahme aus Wien, die aufnahmetechnisch eher ein Level hätte. Soltis Dirigat ist stellenweise sicherlich beeindruckend, aber ich bin nicht der einzige, wie ich feststellen durfte, der es nicht für das Nonplusultra erachtet.

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    – Luís de Camões

  • Hallo, Taminos!


    Ich bin erstaunt, daß niemand näher auf die anderen Alternativen des "Rings" eingeht. Wenn es alleine um den Klang der Aufnahme ginge, wie von Alfred geschrieben, wären auch v.Karajans "Ring" der DG und die RCA/Ariola-Aufnahme mit Marek Janowski erste Wahl. Aber v.Karajan scheidet bei mir wegen des "Verdi-ähnlichen" Dirigats gleich aus, trotz interessanter Besetzung. Aber mit Janowskis "Ring" kann ich mich schon anfreunden und höre einzelne Opern daraus öfter. Eine echte Alternative zu Solti ist für mich Furtwängler. Ihm standen bei beiden Aufnahmen (Studio und RAI) gestandene Wagner-Spezialisten zur Verfügung. Voran FERDINAND FRANTZ als Wotan. Einen Besseren fand man kaum. Sogar die "kleinen" Rollen mit PATZAK, JURINAC, FEHENBERGER, WINDGASSEN und STREICH sind allererste Sahne.


    Darum sind die "Ringe" mit Furtwängler eine echte Alternative zu Solti. Auch wenn hier mal wieder die "Furtwänglerische Langsamkeit" bemängelt würde, die ich hier bei nicht finden kann.




    Gruß Wolfgang

    W.S.

  • Liebe Taminoianerinnen und Taminoianer,


    natürlich ist man mit dem Solti-Ring sehr gut bedient, vor allem, wenn man nicht unbedingt Wagner-Fan ist und deshalb nur einen Ring im CD-Regal haben möchte.


    Zwei wesentliche Gründe für diesen Ring sind die für damalige Verhältnisse spektakuläre Aufnahmetechnik und das grandiose Spiel der Wiener Philharmoniker. Die Technik versuchte nicht mehr und nicht weniger, als ein möglichst realistisches Abbild der Bühne ins Stereopanorama zu bannen. Das heißt: Man hat sich überlegt, wo welcher Sänger auf der Bühne stünde, und hat ihn entsprechend vor die Mikros gestellt - links/rechts, vorne/hinten. Zu den technischen Tricks gehören auch manche Verhallungen (Erda, Fafner als Wurm) sowie die elektronische Abdunklung von Siegfried Stimme, wenn er in Gestalt Gunters auf dem Walkürenfelsen erscheint. Nicht unumstritten, diese Effekte, aber hörenswert.


    Die Wiener Philharmoniker sind die Stars des Rings. Wen soll man hervorheben? Die Hörner, die Posaunen, die Fafner-Tuba? Die herrlichen Streicher?


    Dirigentisch ist vielleicht der Siegfried am besten gelungen, gefolgt von der Götterdämmerung. Beide sind die Highlights dieses Rings, auch von der Besetzung her: Wolfgang Windgassen, Birgit Nilsson, Dietrich Fischer-Dieskau, vor allem auch Gottlob Frick und Christa Ludwig und Neidlinger in der (kleinen) Rolle des Alberichs machen die Götterdämmerung zum Gesangsfest. Im Siegfried kann man sich wiederum an Wolfgang Windgassen und Birgit Nilsson erfreuen, dazu gibt Gerhard Stolze einen fantastischen Mime und Gustav Neidlinger einen kaum übertroffenen Alberich. Joan Sutherland als Waldvogel muss man gehört haben. Die alters- und gesundheitsbedingten Einschränkungen Hans Hotters fallen hier weniger ins Gewicht, da der Wanderer ja ein bereits gealterter, gelassener, fast resignierter Gott ist.


    In der Walküre werden die lyrischen Stellen im ersten Aufzug vielleicht etwas zu sehr ausgekostet, das Stück kommt erst ab dem zweiten Aufzug in Fahrt. Schade - ausgerechnet der erste Aufzug, dieser geniale Wurf, fällt dramaturgisch ab. Ein sehr gutes Wälsungenpaar (James King, Régine Crespin) wird von einem fast noch besseren Hunding (Gottlob Frick) komplettiert. Christa Ludwig gibt eine leidende Fricka. Die größte Einschränkung ist Hans Hotter als junger Walküre-Wotan. Im Jahre 1965 war er über seinen Zenit deutlich hinaus. Schade. Die Interpretation und vor allem die Autorität des Sängers ist immer noch großartig, aber die Stimme kann diesem hohen Niveau nicht mehr gerecht werden. - Wenn es Stereo sein soll, würde ich die Aufnahme unter Leinsdorf (ebenfalls Decca) vorziehen. Ansonsten den Live-Mitschnitt von der Met, ebenfalls unter Leinsdorf, aus dem Jahre 1941.


    Das Rheingold ist wiederum exzellent besetzt: George London als Wotan, Gustav Neidlinger als Alberich, Walter Kreppel und Kurt Böhme als Riesen, Kirsten Flagstad als Fricka. Weniger gut ist Set Svanholm als Loge, hier finde ich Charaktertenöre geeigneter.


    Fazit: Ein sehr guter Ring mit vielem, was Freude bereitet, und einigen Einschränkungen. Man kann verstehen, dass dieser Ring führend war, als die grandiosen Mitschnitte der 1950er Jahre noch nicht in akzeptabler Klangqualität vorlagen. Gegenüber den anderen beiden Gesamtaufnahmen unter Karajan (Studio) und Böhm (Bayreuth live 1967), mit denen er in der Frühzeit der CD den Markt dominierte, konnte er etliche Punkte sammeln, wenngleich auch die anderen beiden Ringe ihre Fans hatten und haben.


    Mittlerweile gibt es aber die Aufnahmen unter Furtwängler, Krauss, Keilberth, Knappertsbusch und Kempe in sehr gut anhörbaren Versionen, so dass der Solti-Ring auch starke Konkurrenz aus den 1950er Jahren hat - vor allem natürlich sängerisch, insbesondere durch den Ring unter Clemens Krauss 1953. Und dass es volldigital nochmals rauschfreier ist (Janowski, Levine, Haitink, Sawallisch, Thielemann), schafft auch von der klanglichen Seite her gute Alternativen.


    Der Solti-Ring war um das Jahr 1990 herum wohl die klar beste Empfehlung. Heute ist er einer unter mehreren empfehlenswerten Ringen.

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