Francisco Guerrero

  • Hallo liebe TaminoanerInnen


    Kürzlich sind zwei neue Aufnahmen mit Musik des Komponisten Guerrero veröffentlicht worden. Dies wollen wir zum Anlass nehmen ihm einen eigenen Thread zu eröffnen.


    Francisco Guerrero (1528 – 1599)


    Francisco Guerrero ist einer der drei grossen spanischen Komponisten der Renaissance. Neben seinen Zeitgenossen Morales und Victoria, war er zu seinen Lebzeiten berühmter als seine beiden Landsmänner. Trotzdem ist sein Bekanntheitsgrad heute geringer als der von Morales und Victoria.
    Guerrero war die meiste Zeit in den Diensten des Kapitels der Kathedrale seiner Heimatstadt in Sevilla. Seinem Beruf ging er nur in seinem Heimatland nach. Bereits mit fünfzehn wurde er als Sopranist eingestellt.
    Zu seiner Biografie ist relativ viel bekannt, da Guerrero 1590 selbst einen Reisebericht verfasste, indem er seine Fahrt ins Heilige Land schildert, die er in den Jahren 1588/89 unternommen hatte. Er nennt neben seinem Bruder Pedro Cristóbal de Morales als einen seiner Lehrer. Er war Chorknabe gewesen und wurde 1546 in Jaén zum Kapellmeister der Kathedrale gewählt. Bei einem Urlaub in Sevilla entschloss er sich nicht mehr nach Jaén zurückzukehren. Private Gründe hatten ihn dazu veranlasst, aber auch eine Aussicht auf die Nachfolge von Fernández de Castilleja als Kapellmeister der Kathedrale. Zweimal hätte er sich fast von der Aussicht fortlocken lassen, Kathedralenkapellmeister in Malaga zu werden, doch die Kanoniker von Sevilla überredeten ihn zum Bleiben. So erhielt er den erwünschten Titel nachdem er lange Jahre Assistent von Fernández gewesen war. Guerrero unternahm 1581 eine Reise nach Rom um sein zweites Buch mit Messen Papst Gregor XIII. in einer Privataudienz zu überreichen, danach reiste er weiter nach Venedig. So vernachlässigte er seine Pflichten an der Kathedrale von Sevilla öfters. Er wurde mehrfach vom Kapitel vermahnt, bei dem er darüber hinaus hoch verschuldet war. Als Komponist blieb er dennoch hoch geschätzt und Guerrero war ein gottesfürchtiger klerikaler Musiker. So wurde ihm ein Grab in der Kathedrale zugestanden. Mit zunehmendem Alter, als er immer weniger fähig war, sich effizient um die Chorknaben zu kümmern, zählte Alonso Lobo zu seinen Helfern.
    Guerrero schrieb zahlreiche Motetten, Hymnen, Vesperpsalmen, zehn Magnificate, sogar sechszehn Messen und ein Requiem. Seine Musik wurde in Sevilla, Louvain, Rom und Paris im Druck herausgegeben. Seine Kompositionen wurden vielfach nachgedruckt, so in Nürnberg, oder auch viele Jahrzehnte nach seinem Tod in der Neuen Welt. So dienten viele seiner Motetten nachfolgenden Komponisten als Vorbilder.


    zwei aktuelle Aufnahmen sind



    erschienen bei Coro mit der Messe de la Batalla Escoutez mit dem Ensemble The Sixteen unter Harry Christophers


    sowie



    erschienen bei der deutschen harmonia mundi mit der Missa "L'homme armé", mit dem Ensembles La Sestina


    Herzliche Grüsse


    romeo&julia

  • Hallo liebe TaminoanerInnen


    Das feine spanische Label glossa brachte 2007 eine vorbildliche Aufnahme der Messe „Super flumina Babylonis“ heraus, wie immer liebevoll editiert.



    Der australische Ensembleleiter Michael Noone forscht bereits drei Jahrzehnte die spanische vokalpolyfone Musiktradition der Renaissance. Sein „Ensemble Plus Ultra“ besticht durch strukturelle Durchsichtigkeit und eindrücklicher klanglicher Qualitäten. Auch wirkt Sally Dunkley mit, ein Mitglied des englischen Ensembles „Tallis Scholars“. Aufgelockert wird das Programm mit dem Instrumentenensemble „His Majestys Sagbutts and Cornetts“.


    Die Missa „Super flumina Babylonis“ wurde im beeindruckenden Archiv der erzbischöflichen Kathedrale von Toledo durch Noone entdeckt und mit viel Mühe und grossem Aufwand restauriert. Das illuminierte Chorbuch aus Pergament war schwer beschädigt, die meisten Seiten miteinander verklebt. Dieses handschriftliche Chorbuch enthält sechs bisher unbekannte Werke von Francisco Guerrero. Diese Werke dokumentieren erstmals mit Sicherheit die Anwesenheit Guerreros in Toledo zur Zeit von Morales‘ Dienst als Kapellmeister. Diese Handschriften gehören zu den frühesten Dokumenten seiner Kompositionen. Für diese CD wurden drei dieser Hymnen ausgewählt.


    Herzliche Grüsse


    romeo&julia

  • Ein Guerrero-Klassiker ist natürlich diese Aufnahme von Hesperion XX. Wenn ich heute Guerrero, Morales oder Victoria höre, frage ich mich, wieso ich das nicht schon vor 40 Jahren gehört habe. Aber besser spät als nie, denn durch mein Eintreten hier ins Forum bin ich mit der Nase drauf gestoßen worden.


    " ... wie weit soll unsere Trauer gehen? Wie weit darf sie es ohne uns zu entwurzeln...(Doe tote Stadt, Schluss)

  • Nachdem ich letzte Woche selbst zum ersten Mal in Sevilla in der Kathedrale stand und völlig erschlagen war von der immensen Prachtentfaltung - immerhin ist sie eine der größten Kathedralen der Welt, anbei untenstehend ein paar Fotos - habe ich nun einmal die nebenstehend gezeigte CD gehört, die ich unlängst geschenkt bekommen habe und die noch unberührt bis heute auf dem Stapel lag. Hier wird mit größter Sorgfalt und lupenreiner Intonation gesungen, die Sänger bringen es fertig, diese Musik niemals monochrom wirken zu lassen, sondern mit Leben zu erfüllen und nuancenreich darzubieten. Besonders hervorzuheben ist die Missa mit dem Beinamen l'homme armé, welche auf ein zur Guerreros Zeit immer noch populäres mittelalterliches Lied verweist, das Morales bereits als Grundlage für eine seiner Messen genommen hatte. Guerreros Messe ist also ein Jugendwerk, das Morales' Komposition quasi erneut aufgreift (das Booklet spricht von einer Parodienmesse) und zu Lebzeiten des Komponisten auch nicht veröffentlicht wurde. Jedenfalls eröffent diese Musik in ihrer edlen Schlichtheit, mit den Bildern der gewaltigen Kathedrale immer noch frisch in meinem Kopf, eine ganz eindrucksvolle, erhabene, berückende Klangwelt.