Beurteilung von Sängern – Eine Frage das Geschmacks oder objektiver Kriterien?

  • Zitat

    Rolf Björling hat dann Berlin nach zwei Spielzeiten verlassen. Wo er gelandet weiss ich nicht.


    Er landete an der Königlichen Oper in Stockholm wo er von 1964-1985 aktiv war. Am 31. März 1993 ist er gestorben.


    der Kritiker der New Yourk Times, Ross Parmenter schrieb nach einer Aufführung:


    "Mr. Bjoerling "made a favorable impression" he was "not yet in his father's class."


    Frei übersetzt: Herr Björling machte einen guten Eindruck, war aber noch nicht in der (qualitativen) Klasse seines Vaters


    Meiner Meinung nach ein Todesstoß. Rolf Björling wurde zeitlebens mit seinem Vater verglichen - und konnte dem Vergleich nicht standhalten.


    Hier eine "Kostprobe"



    mit freundlichen Grüßen
    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Vorige Woche hatte ich das Glück, Sebastian Holecek in einer Matinee zu erleben. In Memoriam Heinz Holecek. Es war ein großartiger Vormittag in Semmering. Und ein toller Sänger!


    Beim Vergleich der Vater/Kinder - Sänger fällt mir Martina Serafin ein (als Elsa in Dresden erlebt), die sich nicht hinter ihrem Papa zu verstecken braucht.


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.


  • Danke, Alfred, für die Information!
    Diese oben erzählte "Hilf, Vater, hilf" - Anekdote geht mir wirklich oft durch den Kopf...


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Rolf Björling wurde zeitlebens mit seinem Vater verglichen - und konnte dem Vergleich nicht standhalten.

    Nein, konnte er nicht. Wir waren aber hier in Stockholm durchaus zufrieden mit ihm, habe ihn selbst unter Anderem als Manrico erlebt. Gar nicht übel
    Die vokale Geschmeidigkeit des Vaters hatte er jedoch nicht, sein Onkel Gösta dagegen schon.


    Übrigens, verehrter Alfred, lass Dich nicht von Harald erwischen. Der mag diese Youtube-Schnipsel (beinahe hätte ich noch Schnitzel geschrieben, passiert mir oft, wenn ich an Wien denke) gar nicht.


    Grüße aus Stockholm
    hami1799

  • Da ich mich gestern auf youtube von einem mir völlig unbekannten Argentinier beschimpfen lassen musste, weil ich, die von ihm wohl verehrte Renata Tebaldi kritisiert habe, will ich mal zum Thema dieses Threads zurückkehren...
    Es ist ja immer eine schwere Frage, wenn es um Gesang geht, da Urteile zu fällen, denn letztlich wird es immer jemand anders sehen, selbst bei den hier angegebenen Kriterien jenseits des Geschmacks können Kritiker verschiedener Meinung sein.
    Letztlich ist es ja auch so wie Alfred hier schon einmal bemerkt hat, da ist ein Fan eines Interpreten, dem man ellenlang die technischen "Mängel" seines Lieblings aufzählen kann und am Ende sagt er eben : Stimmt, aber ich liebe ihn trotzdem. Da würde ich mich auch nicht ausschließen. Ich finde beides legitim, weswegen ich mir auch nichts daraus mache, wenn jemand, den ich gut finde, kritisiert wird. Da kann ich drüberstehen, weil ich die Meinung ja nicht übernehmen muss, außerdem geht da auch die Welt nicht von unter.
    Letztlich denke ich jedoch, das ganz am Ende eines jeden Technik-Katalogs auch immer ein Fünkchen "reiner" Geschmack steht, denn der Mensch kann nicht anders als subjektiv sein.
    Auch ist das wohl nicht nur im Operngesang so, sondern allgemein in der Klassichen Musik und allen anderen Bereichen.
    Um sowas besser einschätzen zu können, hatte ich ja die Disskusion gestartet, wem persönlich, was bei einem Sänger wichtig oder weniger wichtig ist, so kann man viel besser nachvollziehen, warum jemand einen Sänger gut oder schlecht findet (und dann wird wieder einer kommen, der das alles wieder ganz anders sieht).

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Letztlich denke ich jedoch, das ganz am Ende eines jeden Technik-Katalogs auch immer ein Fünkchen "reiner" Geschmack steht, denn der Mensch kann nicht anders als subjektiv sein.


    Liebe SchallundWahn,


    wenn Du Dir mal meinen Eingangsbeitrag dieses Threads anschaust, dann wirst du festsellen, dass ich nicht nur das ganze Spektrum der möglichen Gesichtspunkte (wissenschaftlich würde ich sagen: der Variablen) benennen wollte, die von Bedeutung sind, wenn man Sänger beurteilen will.
    Vielmehr ging es mir - vor dem Hintergrund der unfruchtbaren Gezänkes, ob nun Geschmack oder aber klare Kriterien den Ausschlag geben müssten - darum, deutlich zu machen, dass beides von Bedeutung ist: objektive Kriterien und subjektiver Geschmack!
    Deshalb sind in meiner Liste einzelne Variable rot und andere blau geschrieben!


    Ich würde immer einräumen, dass es ganz legitim ist, auch technisch perfekte Sänger abzulehnen, wenn einem deren Stimme ganz zuwider ist!
    Andererseits ist es durchaus nachvollziehbar, dass Jemand einen Sänger verehrt, weil ihm dessen Erscheinung und Stimme gefallen, obwohl der erhebliche gesangstechnische Defizite hat.
    Wichtig wäre nur, in der Diskussion klar auseinanderzuhalten, wo man persönliche Geschmacksurteile formuliert und wo man Gesangsleistungen an Standards, Kriterien und Massstäben der Gesangskunst misst!


    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Lieber Caruso,


    da Du gerade in einem anderen Beitrag auf diesen Thread verlinkt hast, habe ich mir die eingangs genannten Kriterien noch einmal durchgelesen, die sich für mich sehr vernünftig anhören. Aber das nützt mir nichts, denn mir fehlt die Expertise, um in konkreten Fällen beurteilen zu können, ob Intonation und Stimmführung gut sind oder - noch schwieriger - wie es mit Musikalität und Stil aussieht. Und ich vermute, dass es anderen Taminos ähnlich geht, selbst wenn sie regelmäßige Opernhörer sind, und es deswegen - wie von Dir oft beklagt - so wenig fundierte Diskussionen in den Threads über Sängerinnen und Sänger gibt. Ich frage mich nun, wie man dem abhelfen könnte. Wie kann man sich die Fähigkeit aneignen, die von Dir beschriebenen Kriterien anzuwenden? Durch bloße Beschreibungen finde ich das sehr schwierig, aber in unserem Multimedia-Zeitalter wäre es doch gut möglich, anhand von Klangbeispielen Unterschiede aufzuzeigen. Indem also einige Gestaltungen derselben Stücke durch verschiedene Interpreten anhand von Youtube-Clips oder MP3-Files nebeinandergestellt werden und die (oder einige der) von Dir genannten Kriterien einfach einmal durchgegangen werden. Das würde mir und sicher auch vielen anderen sehr helfen, das Ohr zu schulen, und vielleicht entwickeln sich daraus sogar interessante Diskussionen über die betreffenden Sänger und die Kriterien. Sozusagen eine gemeinsame Weinverkostung unter kundiger Anleitung zur Schulung des Geschmacks. Die ersten Beiträge müssten allerdings von jemandem kommen, der bereits das nötige Fachwissen hat. Vielleicht hast Du ja Zeit und Lust, ein solches Experiment zu wagen? Wäre es nicht ein höchst verdienstvolles Unternehmen, wenn das Tamino-Forum eine Schule des Gesangs-Hörens würde?


    Ansonsten kann ich nur versichern, dass ich keines Deiner Sänger-Themen auslasse, aber mich aufgrund fehlender Expertise dann eben doch fast immer auf die Rolle des stillen Mitlesers beschränke.


    Mit herzlichem Gruß und großem Dank für Dein Bemühen um das Thema Gesang
    Bertarido

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • ...Wie kann man sich die Fähigkeit aneignen, die von Dir beschriebenen Kriterien anzuwenden? Durch bloße Beschreibungen finde ich das sehr schwierig, aber in unserem Multimedia-Zeitalter wäre es doch gut möglich, anhand von Klangbeispielen Unterschiede aufzuzeigen. Indem also einige Gestaltungen derselben Stücke durch verschiedene Interpreten anhand von Youtube-Clips oder MP3-Files nebeinandergestellt werden und die (oder einige der) von Dir genannten Kriterien einfach einmal durchgegangen werden.....


    Lieber Bertarido,


    Du hast völlig Recht: durch vergleichendes Hören kann man sicher die Fähigkeit aneignen und entwickeln, Gesangsleistungen kompetent zu beurteilen.
    Ich habe einige Erfahrungen damit im kleinen Kreis von Freunden und auch bei größeren Vorträgen gemacht. Man kann eine Arie nacheinander in verschiedenen Aufnahmen hören und vergleichen. Das ist für Ungeübte noch immer eine gewisse Überforderung. Deshalb finde ich es hilfreich, kleine Takes zu vergleichen.
    Zum Beispiel (sehr geeignet): "Cielo e mar". Schon diese ersten Takte eigenen sich glänzend, Intonation und Stimmführung zu vergleichen und sich darüber auszutauschen wie musikalisch überzeugend die Phrase geformt wird und wie das die Intention des Komponisten umsetzt. Dann etwa "vi conquide, o sogni" und natürlich "vieni o donna, vieni al bacio....".
    Man kann sich auch die ganze Arie Take für Take vornehmen.
    Das Gleiche kann man mit der Gralserzählung machen, mit der Arie des Idomeneo "Fuor del mar" oder mit Kalafs so oft übel verhunzter Arie aus dem 3. Akt. Natürlich auch mit anderen Arien.
    Da sollte man dann sehr verschiedene Aufnahmen haben. Bei den Sänger sollten gute und weniger gute ausgewählt werden, welche die Maßstäbe setzen und welche die mit der gesanglichen Bewältigung eher ihre Probleme haben. Interessant ist auch, wenn man Aufnahmen aus verschiedenen Epochen nimmt.


    Also es gäbe da einen Weg. Wie das aber nun gemacht werden kann, wenn man nicht zusammen sitzt und gemeinsam hört und vergleicht, weiss ich nicht. Im Zeitalter der neuen Medien und der allgemeinen Verkabelung und Vernetzung müßten Kompetentere Rat wissen. Sollte man sowas wie Telefonkonferenzen machen? Das Problem aber wäre einfach die klangliche Qualität. Youtube ist doch eher für rasche Informationsbeschaffung, nicht für genaues Hören geeignet.
    Aber vielleicht hast Du eine Idee? Eine "gemeinsame Weinverkostung" kann ja auch nicht gemacht werden, wenn jeder zu Hause am Rechner hängt und schlürft.


    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Aber vielleicht hast Du eine Idee? Eine "gemeinsame Weinverkostung" kann ja auch nicht gemacht werden, wenn jeder zu Hause am Rechner hängt und schlürft.


    Lieber Caruso, lieber Bertarido,


    ich bin zwar nicht direkt angesprochen melde mich jedoch trotzdem. Das gemeinsame, vergleichende Hören ist eine sehr interessante Idee. Vielleicht ist sie bei einem Treffen von daran interessierten Taminos machbar. Wir könnten zum Beispiel vor oder nach einem Künstlertreffen der Gottlob-Frick-Gesellschaft, bei dem immer eine Reihe von Taminos anwesend sind, eine solches Treffen organisieren.Wir würden dafür auch gerne die räumlichen Möglichkeiten der GFG nutzbar machen.
    Ich bin allerdings zweifelnd ob es in Richtung Beurteilung von Sängerleistungen wirklich weiter bringt. Ich war bis jetzt zweimal bei Wettbewerben bei Jurysitzungen dabei. Niemals hätte ich mir träumen lassen, dass bei den Fachleuten solche Differenzen bestehen können. Die Auswahl, wer ins Finale kommt und wer nicht, artete fast in Streit aus. Besonders bei den Damen - berühmte Sängerinnen und bedeutende Gesangspädagogen - spielte offensichtlich eine große Rolle mit welchen Teilnehmern sie in der Woche gearbeitet hatten. Das waren in der Regel dann ihre Favoriten. Bin gespannt, was am Sonntag bei der Matinee, in der Fachexperten miteinander und später mit dem Publikum über das Thema "Gesangsausbildung in Deutschland" diskutieren, an greifbarem Ergebnis rauskommt.
    Bitte nicht falsch verstehen, ich bin nicht gegen ein Treffen, einen Workshop, der unser Beruteilungsvermögen von Gesangsleistungen weiter entwickelt. Nur ich warne etwas vor zu großen Erwartungen. Ein Treffen, mit den Tamino-Kollegen, mit denen im Forum die Diskussionen stattfinden ist immer interessant. Also bitte weitere Vorschläge zur Realisierung.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Toll


    Auf diese Weise wird mein Wunsch, daß sich die Mitglieder möglichst NICHT kennenlernen sollen eunmal mehr unterwandert und es werden sich "Machtblöcke" bilden. Die arbeiten dann gegeneinander und es kommt zu Konflikten.
    Man fragt immer - mit scheelen Blick auf den Forenbetreiber gerichtet . "Warum ist Mitglied X ausgeschieden ?" -"Hats DU dieses Mitglied rausgeekelt oder rausgeworfen?
    Das ist nur in den allerwenigsten Fällen passiert (und war NIE grundlos). Ich mache mir doch nicht die unheimliche Mühe, Mitglieder zu requirieren um sie dann rauszuwerfen!! - In 95 % aller Fälle waren es Differenzen der Mitglieder untereinander - offene und versteckte. Daher halte ich es für sinnvoll, möglichst keinen Kontakt untereinander zu haben - Das gilt auch für meine Person. Ich hab gelegentlich mit Mitgliedern telefonischen Kontakt, der ist aber "rein geschäftlich" - ich versuche taktische Fragen zu erörtern, Threads zu beleben etc. Aber ich bin derzeit mit keinem einzigen Mitglied mehr "befreundet".
    Und das funktioniert wunderbar. Würde ich heute erneut eine Klassikplattform gründen, so wäre das kein Klassikforum mehr sondern eine redaktionelle Plattform, ähnlich wie WIKIPEDIA. Die Redakteure würden ihre Meinung kundtun - keiner würde den anderen kennen. Daraus resultierte dann ein absolut reibungsloser Ablauf. Ich habe mich immer gefragt, warum manch kompetenter Schreiber nicht bei uns mitmacht, sondern gelegentlich einen Artikel bei Amazon einstellt. Aber wenn man genau drüber nachdenkt, dann ist die Ursache, daß er keinen Widerspruch mag und nicht diskutieren möchte.....
    Ein sachliches Statement für die Leser, Befriedigung des eitlen Ego für sich selbst......


    mfg aus Wien
    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Zit. Alfred Schmidt: "In 95 % aller Fälle waren es Differenzen der Mitglieder untereinander - offene und versteckte. Daher halte ich es für sinnvoll möglichst keinen Kontakt untereinander zu haben."


    Ich verfolge das Geschehen im Tamino-Forum nun schon viele Jahre, und das sehr aufmerksam. Und je länger ich das tue, desto besser kann ich diese Intention von Alfred Schmidt verstehen.
    Ich halte sie für sachlich gut begründet! Und deshalb ist sein Anliegen, solche Gruppenbildungen im Forum möglichst zu verhindern, nicht nur ein subjektives, in persönlicher Abneigung dagegen gründendes, sondern ein sachlich berechtigtes, weil es dabei um die Art und Weise geht, wie sich der Diskurs im Forum gestaltet, - und damit letztendlich um den Erhalt des Tamino-Forums!

  • Auf diese Weise wird mein Wunsch, dß sich die Mitglieder möglichst NICHT kennenlernen sollen eunmal mehr unterwandert und es werden sich "Machtblöcke" bilden. Die arbeiten dann gegeneinander und es kommt zu Konflikten.


    Lieber Alfred,


    es ist nicht die Absicht, Forenergeln zu unterlaufen oder gar gegen das Forum und den Forenbetreiber zu agieren. Zumindest in der Opernfraktion arbeitet niemand gegeneinander sondern miteinander. Außerdem sind eventuelle Treffen schwer zu organisieren und daher die Ausnahme. Ich kann Dir versichern, dass ich alles tue um das Forum in jeder Hinsicht zu stärken. So ist es und so bleibt es. Sollte diese Basis nicht mehr gegeben sein, dann müsste man über Konsquenzen nachdenken.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Zitat

    Ich halte sie für sachlich gut begründet! Und deshalb ist sein Anliegen, solche Gruppenbildungen im Forum möglichst zu verhindern, nicht nur ein subjektives, in persönlicher Abneigung dagegen gründendes, sondern ein sachlich berechtigtes, weil es dabei um die Art und Weise geht, wie sich der Diskurs im Forum gestaltet, - und damit letztendlich um den Erhalt des Tamino-Forums!


    Das sehen ich und einige andere Forenmitglieder etwas anders.

    W.S.

  • Ich sehe eine Gruppenbildung, die dann eine Machtbasis sein soll, hier nicht. Ich gehöre keiner Fraktion an, kenne aber ein paar Taminos persönlich. Ich z.B. froh, hier mit musikwanderer einen Austausch in der gleichen Stadt zu haben. Meine "normalen" Freunde schätzen klassische Musik, aber kennen nichts so richtig. Da bin ich froh, mit einem kundigen Taminokollegen eine reale Austauschbasis zu haben, die sich auf das Forum überhaupt nicht auswirkt. Dazu gibt es eine Reihe andere, die ich hier besonders gerne lese. Auch das wirkt sich nicht negativ auf das Forum aus.

    Manchmal ist wenig immer viel! (Thorsten Legat)

  • Damit ist wohl Bertaridos Idee fürs Erste vom Tisch.
    Sie wäre ohnehin schwer zu realisieren gewesen.


    Dass ein gemeinsames vergleichendes Hören nichts für eine begründbare Beurteilung von Sängerleistungen bringen würde, mag ich allerdings keinesfalls akzeptieren. Ich habe die gegenteilige Erfahrung gemacht.


    Das Beispiel von der Jury, die sich bei Sängerwettbewerben nicht einigen kann, ist sicher deprimierend. Aber es muss nicht entmutigen. Da gibt es ja eine ganz andere Aufgabe (Selektion und Erstellung einer Rangliste) und ganz andere Interesse (die können - Operus hat das angedeutet - sehr persönlicher Natur sein und werden meist gerade nicht diskutiert). Und die Profilierungsneurosen der Jurymitslieder spielen oft eine größere Rolle als Parameter und Kriterien der Gesangskunst.


    Wenn man aber zusammen hört, weil man wissen will, was die aufgelisteten Kriterien taugen und ob sie ein informierteres Hören und Urteilen fördern, dann ist das gemeinsames Hörtraining und ein gemeinsamer Lernprozeß .
    Dazu könnte ich einiges noch sagen, was meine oben skizzierte Praxis weiter ausfaltet und begründet. Ich weiß freilich nicht , ob dies jetzt angesagt wäre. Eher nicht!
    Allerdings: Die Schulung des Hörens und Urteilens anhand von Kriterien wäre vielleicht schon eine Thema für diesen Thread. Die Musikerziehung und Musikdidaktik haben da schon einiges zu bieten.
    Keiner muss sich ewig darauf rausreden, dass er Laie ist. Man kann hören lernen und trainieren.


    Beste Grüße
    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Du sagst, lieber Caruso: „Dass ein gemeinsames vergleichendes Hören nichts für eine begründbare Beurteilung von Sängerleistungen bringen würde, mag ich allerdings keinesfalls akzeptieren“….
    …und niemand hier dürfte Dir darin widersprechen. Aber ist das wirklich allein in Gestalt eines Meinungsaustauschs unter real miteinander kommunizierenden Menschen möglich?
    Dein obiger Vergleich mit einer Weinprobe („Eine "gemeinsame Weinverkostung" kann ja auch nicht gemacht werden, wenn jeder zu Hause am Rechner hängt und schlürft.“) deutet das ja an.
    Und diesbezüglich möchte ich Dir, die „Gesangsverkostung“ betreffend, um die ja hier ja eigentlich geht, doch widersprechen.
    Sie, also das „gemeinsame vergleichende Hören“, um Deine Worte zu benutzen, ist sehr wohl auch in einem Internet-Forum möglich, wie dieses eines ist. Was dabei natürlich verloren geht, weil nicht möglich ist, das ist non-verbale Kommunikation in Gestalt von Gestik, Mimik und „Knurr- und Schnurrlauten“, wie die Semantiker das nennen. Aber bringt all dieses wirklich etwas für die Fragen, wie sie z.B. dieser Thread thematisiert?


    Es kommt doch wohl darauf an, dass man bei einem Vergleich von gesanglichen Interpretationen von Musik in exemplarischer Weise verfährt, analytisch hörend ins Detail geht und das, was man da hört, feststellt und erkennt in Worte fasst.
    Dieses „In-Worte-Fassen“ ist das Entscheidende bei dem, worum es hier geht. Und das kann man sehr wohl in einem Forum wie diesem. Und man kann damit in einen diskursiven Prozess mit anderen eintreten, wenn diese sich ebenfalls bemühen, ihre aus dem Akt des analytischen Hörens gewonnenen Erkenntnisse in Worte zu fassen und diese in Gestalt eines Beitrags zu einem Thread wie diesem hier einzustellen.


    Nein, lieber Caruso! Real-gemeinsames Hören ist eine zweifellos schöne Sache, - und wahrlich der Gipfel und Höhepunkt der Rezeption von Musik. Aber sachlich erforderlich für einen Diskurs über Fragen der gesanglichen Interpretation derselben ist es, wie ich zu begründen versucht habe, in gar keiner Weise.


    (Dieser Beitrag knüpft an meinen vorangehenden an, indem er deutlich zu machen und zu begründen versucht, warum die regulativen Intentionen von Alfred Schmidt durchaus dem Geist und dem Wesen eines Internet-Forums entsprechen, ihm gemäß und förderlich sind. )

  • Ich habe in den vielen unterschiedlichen Beurteilungen, die hier über Sänger abgegeben wurden, immer wieder festgestellt, dass diese doch rein subjektiv sind. Die meisten Opernhörer sind wohl kaum so ausgebildet, dass sie nach den Kriterien, die Caruso in seinem Beitrag Nr 1 dieses Themas aufgezählt hat, im Einzelnen urteilen können. Es wird also in der Regel ein Urteil nach dem eigen empfinden sein. Ich kann also in der Regel nur sagen, ob mir der Sänger gefallen oder nicht gefallen hat und stelle daher auch keine vergleiche an, ob der eine Sänger des Manrico einen Deut besser war als der andere. Daher enthalte ich mich hier ganz einer Sängerbeurteilung.
    Was das Kennenlernen untereinander betrifft, kann ich Alfreds Meinung und seine Befürchtungen nicht teilen. Meine Frau und ich sind auch seit einigen Jahren - nachdem wir von der Gottlob-Frick-Gesellschaft gehört hatten - Mitglieder geworden, ohne dass wir wussten, dass es auch noch andere Taminos waren, die wir jährlich dort treffen. Wir sind Freunde geworden, ohne dass wir - was sich hier im Forum deutlich zeigt - immer einer Meinung sind oder gar eine Gruppe bilden, die geschlossen auftritt. Ich habe im Leben manche Freunde gehabt, denen ich durchaus in höflicher Form meine abweichende Meinung sagen konnte. Wahre Freundschaft lässt dem anderen auch eine andere Meinung und wird nicht daran zerbrechen. Zwei wahre Freunde, einer, mit dem ich über 60 Jahre, der andere, mit dem ich über 40 Jahre verbunden war, und mit denen ich oft unterschiedlicher Meinung war, sind leider kürzlich gestorben und ich trauere ihnen sehr nach.
    Und ich werde meine persönliche Meinung hier weiterhin vertreten, auch wenn Freunde (und das habe ich hier schon einige Male erlebt) anderer Meinung sind. Eine Freundschaft bedeutet doch nicht, dass wir alle immer im Gleichschritt marschieren. Dann wäre der Umgang miteinander sicherlich langweilig.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Ich möchte mal dieses Thema vom Blickwinkel einer anderen Wissenschaft beleuchten, der Soziologie. Dort gibt es den Begriff bias, was soviel wie Blickwinkel, Neigung, Voreingenommenheit usw. bedeutet. Den bias kennt jeder, sonst wäre er hier nicht Mitglied. Es ist die zentrale Bedeutung der sog. klassischen Musik, also der Komponisten Bach bis Richard Strauss. Ich habe das hier öfter moniert, ich muss aber zugeben, dass der bias stärker ist als ich.
    In der Musik bedeutet der bias, dass man bei Sängern (bzw. allen Musikern) gewisse Voreinstellungen hat, die man deshalb nicht korrigieren kann, weil man sie meist gar nicht kennt. Ich habe hier des öfteren vorgeschlagen, bei CDs eine "Blindverkostung" machen zu lassen; d.h. die Musikkritiker bekommen nicht bedruckte CDs und müssen sich ohne zusätzliche Informationen zurechtfinden. Die Zeitschrift Rondo hat das früher regelmäßig gemacht. Die Ergebnisse waren durchwachsen. Parallel hat ja Helmut die Weinverkostung erwähnt. Soweit ich weiß, enden dort die meisten Blindverkostungen als grandiose Desaster.

    Manchmal ist wenig immer viel! (Thorsten Legat)

  • Liebe Taminos,


    weil ich den ganzen Tag unterwegs war, komme ich erst jetzt dazu, mich wieder zu melden. Die Idee eines Treffens zur gemeinsamen Gesangs-"Verkostung" und Schulung des Gehörs ist reizvoll, lässt sich aber aufgrund der räumlichen Verteilung der gesangsinteressierten Forenmitglieder über ganz Deutschland nur schwer realisieren. Ganz abgesehen von Alfreds Abneigung dagegen, der die Nutzung dieses Forums für die Organisation eines solchen Treffens wohl kaum dulden würde. (Nur am Rande: Gab es nicht früher regionale Treffen von Taminos? Ich meine mich zu erinnern, in älteren Threads etwas darüber gelesen zu haben.)


    Meine Vorstellung war es, hier im Forum anhand ausgewählter Musik-Beispiele ein „gemeinsames vergleichendes Hören“ zu versuchen. Ich bin ebenso wie Helmut der Meinung, dass dies durchaus funktionieren könnte, auch wenn ein persönliches Treffen zu diesem Zwecke sicher noch fruchtbarer wäre. Ein der Materie Kundiger wie Caruso könnte zum Auftakt in einem neuen Thread verschiedene Interpretationen einer Arie oder auch nur geeigneter Teile davon mit Hilfe von YouTube-Clips oder zu diesem Zwecke gebastelten Audio-Clips vorstellen und erläutern, wie sich diese im Hinblick auf die genannten Kriterien unterscheiden. Vielleicht ist es auch sinnvoller, anfangs nur einige dieser Kriterien zu besprechen, das müsste man sehen. Die anderen Interessierten können dann vergleichend hören und die Bewertungen nachvollziehen, oder eben auch nicht, und - ganz wichtig - versuchen, ihre Bewertungen ebenfalls in Worte zu fassen. Weitere Beispiele, auch von anderen eingebracht, könnten folgen. Ich würde mir erhoffen, dass auf diese Weise eine Diskussion in Gang käme, die idealerweise in einer Verständigung darüber mündet, was objektive Bewertungen sind und welches eher subjektive Geschmacksurteile. Und am Ende einer solchen Diskussion würden dann vielleicht alle Mitlesenden und Mithörenden eine bessere Vorstellung davon haben, was mit diesen Kriterien gemeint ist und wie man sie anwendet, und sie würden mutiger sein, sich mit solchen Bewertungen in Sänger-Threads zu Worte zu melden.


    Was die technische Seite betrifft: Angesichts der Fülle der bei YouTube vorhandenen Opernaufnahmen sollten sich dort doch geeignete Gesangs-Beispiele auffinden lassen. Die Stellen, über die geredet werden soll, lassen sich durch Angabe der Zeit genau markieren. Falls sich wider Erwarten keine geeigneten YouTube-Clips finden oder deren Klangqualität nicht hinreichend ist, um die relevanten Unterschiede klar hörbar zu machen, könnte man auch aus einer CD-Sammlung heraus einzelne Stücke als MP3-Files präparieren, auf einem Cloudserver verfügbar machen und die Links hier einstellen (das kann ich gerne übernehmen). Ob dies eine Verletzung von Urheberrechten darstellt, wäre vorher zu klären; immerhin stelllen auch jpc und Amazon Ausschnitte aus CD-Tracks öffentlich zur Verfügung. Oder wir nutzen Spotify für diesen Zweck, was allerdings voraussetzt, dass jeder, der mitmachen will, einen Account dort hat. Ich bin mir sicher, dass wir eine Möglichkeit finden, wenn der Wille vorhanden ist. :hello: Die eigentliche Arbeit besteht im Aussuchen der Beispiele und in den Erläuterungen zu den einzelnen Bewertungskriterien. Und die Gefahr besteht darin, dass sich dann doch wieder niemand anderes dazu äußert; ich jedenfalls gelobe, dies auf jeden Fall zu tun.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Zitat

    Ob dies eine Verletzung von Urheberrechten darstellt, wäre vorher zu klären; immerhin stelllen auch jpc und Amazon Ausschnitte aus CD-Tracks öffentlich zur Verfügung.


    Es stellt in jedem Fall eine Urheberrechtsverletzung dar. Allerdings wird sie (derzeit) so gut wie nicht geahndet. Dahinter stehen strategische Erwägungen der Plattenkonzerne, die mit Boykott von Käufern rechnen könnten, wenn sie hier auf scharf machten. Auf der anderen Seite sind Klangbeispiele natürlich eine kostenlose Werbung, die man sich nicht entgehen lassen will.
    Es ist aber eine "Goodwill" Lösung - im Sinne "wir schauen weg - solange uns Dein Verhalten genehm ist".
    Ein Forum, das oft genug kritisch - und zeitweile sogar überkritisch - ist, gerät gern und schnell in die Schußlinie der Mächtigen, oder die sich dafür halten, daher handle ich überkorrekt. Eine Verlinkung zu Youtube ist eine andere Sache, die zahlen Lizenzgebühren (und streiten oft darüber mit den Lizenzgebern, aber das ist nicht mehr meine Sache).
    Prinzipiell ist es auch so, daß, so ein Mitglied urheberrechtsgeschütztes Material auf eine Cloud oder was immer lädt, es selbst dafür haftet und nicht das Forum. Man verlasse sich hier bitte nicht auf die Anonymität des Internets - die besteht nur auf dem Papier. So der Interessent genügend Einfluss hat, kann er JEDE Identität herausfinden - auch bei sogenannten anonymisierenden Servern.
    Amazon und jpc haben sicher Verträge mit den Rechteinhabern, welche ihnen gestattet haben Klangbeispiele zur Verfügung zu stellen - in deren ureigenstem Interesse!!!
    Jedesmal wenn ein Mitglied oder Mitleser ein Tamino-Cover anklickt wird es/er zum Werbepartner umgeleitet und Tamino entstehen keine Kosten.


    Ich selbst (somit Tamino) habe für unsere Weihnachtsrätsel seit einigen Jahren diesbezüglich mit Herrn Klaus Heyman (Naxos) eine Vereinbarung getroffen. Wir dürfen kurze Ausschnitte von maximal 60 Sekunden ins Forum stellen - AUSNAHME: Werke deren Copyright noch läuft - also von zeitgenössischen Komponisten, die noch keine 70 Jahre tot sind - SIND VON DIESER VEREINBARUNG AUSGENOMMEN!!!
    Eine ähnliche Vereinbarung gibt es mit Hyperion. Sie wurde indes nie von mir beansprucht, so daß ich nicht weiss, ob man sich dort noch daran erinnert - aber ich habe die Zusage noch auf meiner Festplatte gespeichert.
    Mit EMI konnte ich sowieso nie reden und Universal war sehr freundlich - aber nicht wirklich kooperativ (konkret ging es um Bilderrechte ihrer Stars fürs Forum - Nutzung auf Forendauer ohne Widerrufsmöglichkeit). Ich wurde damals - es ist einige Jahre her von einer Abteilung zur anderen verwiesen - bis ich aufgab. Ich habe es nicht nötig zu bitten, ob ich für jemanden Werbung machen darf. Heute brauchen wird indes keine derartige Unterstützung - wir verwenden nur Bilder von längst verstorbenen Komponisten. An Interpreten von heute habe ich für Avatarbilder 4 Künster in Kreide zeichnen lassen (Wunderlich - Callas - Karajan). Badura Skoda ist dem Künstler leider mißglückt und unbrauchbar. Aber sie wurden nicht verwendet, so habe ich diesen teuren Service eingestellt).


    Zum angeregten Projekt: Egal wie viele sich letztlich daran beteilige werden - es ist hochinteressant.


    Es hängt aber letztlich auch davon ab, welche Klangbeispiele gebracht werden. Ich beispielsweise kann weder mit Verismo, noch russischen Opern, noch Puccini Vergleiche anstellen, weil ich diese Musik nicht mag. Meine Welt beginnt bei Haydn und endet bei Verdi. Persönlich vergleiche ich Stimmen mit "La donna e mobile" oder "Questo Quello", "die Bildnis ist bezaubernd schön", "der Vogelfänger bin ich ja". Frauenstimmen vergleiche ich vorzugsweise mit Mozart, Bellini, Donizetti und Verdi. Logischerweise mit Arien, die ich mindestens in 3- 5 oder mehr Aufnahmen in meiner Sammlung habe.
    Man wird sich also überlegen müssen, welche Arien von einer möglichst großen Anzahl von potentiellen Mitspielern erkannt und akzeptiert werden.....
    Youtube-Ausschnitte sollten übrigens für unsere Absichten reichen....


    Das vorgeschlagene Projekt interessiert mich übrigens sehr - allerdings eher theoretisch. Denn man kann den Menschen mit Logik und Beweisen nichts nahebringen, was sie nicht wollen. Die Hörer werden ihre ihnen sympatischen Sänger weiter eher aus dem Bauch heraus auswählen als nach nachvollziehbaren Kriterien....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Lieber Helmut Hofmann, lieber Bertarido,


    Ihr habt mir irgendwie Mut gemacht, es zu wagen!


    Was dabei natürlich verloren geht, weil nicht möglich ist, das ist non-verbale Kommunikation in Gestalt von Gestik, Mimik und „Knurr- und Schnurrlauten“, wie die Semantiker das nennen.

    So ganz sind allerdings meine Bedenken nicht ausgeräumt. Ich halte das hic et nunc des g e m e i n s c h a t l i c h e n Hörens einfach für wichtig. Gerade wenn man einen Ausschnitt von wenigen Takten hört, dann ist es oft für das Hörenlernen essentiell , wenn alle spontan aufseufzen, wenn der Tenor unter der geforderten Tonhöhe bleibt oder sie erst mühsam erklimmt, wenn alle selig lächeln, weil ein Sänger eine großzügigere Phrasierung wagt als andere, wenn wegen einer ungelenke Koloratur alle "knurren" oder bei einem feinen Legato glücklichselig "schnurren".



    Dieses „In-Worte-Fassen“ ist das Entscheidende bei dem, worum es hier geht. Und das kann man sehr wohl in einem Forum wie diesem. Und man kann damit in einen diskursiven Prozess mit anderen eintreten, wenn diese sich ebenfalls bemühen, ihre aus dem Akt des analytischen Hörens gewonnenen Erkenntnisse in Worte zu fassen und diese in Gestalt eines Beitrags zu einem Thread wie diesem hier einzustellen.

    Auch für das „In-Worte-Fassen“ ist das Gemeinschaftliche eine entscheidende Hilfe. Wenn ich recht verstanden habe, fehlen ja vielen Opernfreunden die passenden Worte, um die Hörerfahrung auszudrücken. Wie sollen sie dann nach Hören am PC ausdrücken, was sie gehört haben? Im gemeinsamen Arbeiten könnten ohne Frage Worte und Phrasen leichter gefunden werden. Und es würde deutlich, dass es nicht nur eine Möglichkeit gibt, ein Hörerlebnis in Worte zu fassen.



    Und am Ende einer solchen Diskussion würden dann vielleicht alle Mitlesenden und Mithörenden eine bessere Vorstellung davon haben, was mit diesen Kriterien gemeint ist und wie man sie anwendet, und sie würden mutiger sein, sich mit solchen Bewertungen in Sänger-Threads zu Worte zu melden.

    Ja, darum geht es!
    Gerhard Wischniewski sagt, er könne nur sagen, ob ihm ein Sänger gefallen hat oder nicht. Wenn er sich an einer Hörschulung beteiligte, könnte er vielleicht mehr sagen, eine Gesangsleistung beurteilen und sein Urteil begründen. Vielleicht will er das gar nicht. Aber wenn er sich hier im Forum mit anderen austauscht, ist das schon nützlich.


    Und Alfreds Sorge, er müßte gar Puccini oder Tschaikowski hören, könnten wir wohl auch zerstreuen . Erstens gibt ja genügend andere Komponisten, die Musik geschrieben haben, die sich für die Hörschulung eignet, und zweitens wird er ja ein paar Takte Tschaikowski auch noch ertragen wenn es nur darum geht, die Tonbildung eines Sängers und seine Simmführung, seine Artikulation und seinen Stil an ganz bestimmten Phrasen zu prüfen und zu beurteilen.


    Leider werde ich die nächsten Tage erst mal wieder nicht Online sein.
    Ich habe einige Opernbesuche vor.
    Aber sicher werden andere die Idee inzwischen weiter entwickeln und konkretisieren.
    Darauf freue ich mich.


    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Das von Bertarido vorgeschlagene Projekt eines "gemeinsamen vergleichenden Hörens" (ein Begriff von Caruso) finde ich faszinierend. So etwas habe ich mir immer als Inbegriff eines Diskurses im Forum vorgestellt: Man lässt sich intensiv hörend auf ein musikalisches Werk und die Interpretation desselben ein, versucht das in Worte zu fassen und setzt sich dann mit dem auseinander, was andere dazu zu sagen haben, - und das so lange bis alle Fragen und Aspekte, die dabei auftauchten, hinreichend abgehandelt sind. Einigkeit muss dabei nicht herauskommen. Auch wenn am Ende alles offen bleibt, ist ein solcher diskursiver Prozess mit Sicherheit für alle ein Gewinn.


    Wenn Du einwendest, lieber Caruso, "Im gemeinsamen Arbeiten könnten ohne Frage Worte und Phrasen leichter gefunden werden. Und es würde deutlich, dass es nicht nur eine Möglichkeit gibt, ein Hörerlebnis in Worte zu fassen", so ist das ein ernst zu nehmender Aspekt. Den habe ich nicht hinreichend bedacht, bin freilich ein bisschen optimistischer als Du. Wenn man sich um Worte wirklich bemüht, findet man sie auch. Sie müssen ja keine detaillierte präzise Analyse der jeweiligen Sache beinhalten. Oft genügt die einfache Wiedergabe eines Eindrucks, und man versteht, was der andere meint und kann darauf reagieren

  • Es hängt aber letztlich auch davon ab, welche Klangbeispiele gebracht werden. Ich beispielswese kann weder mit Verismo, noch russischen Opern, noch Puccini Vergleiche anstellen, weil ich diese usik nicht mag. Meine Welt beginnt bei Haydn und endet bei Verdi. Persönlich vergleiche ich Stimmen mit "La donna e mobile" oder "Questo Quello", "die Bildnis ist bezaubernd schön", "der Vogelfänger bin ich ja" Frauenstimmen vergleiche ich vorzugsweise mit Mozart, Bellini, Donizetti und Verdi. Logischerweise mit Arien, die ich mindestens in 3- 5 oder mehr Aufnahmen in meiner Sammlung habe.
    Man wird sich also überlegen müssen welche Arien von einer möglichst großen Anzahl von potentiellen Mitspielern ekannt und akzeptiert werden.....

    Etwas von Mozart wäre sicher ein guter Anfang. Wenn ich mich nicht täusche, schätzt den jeder der für dieses Projekt in Frage kommenden Taminos. Selbst Dottore Pingel hat sich ja kürzlich als Liebhaber des "Don Giovanni" zu erkennen gegeben, obwohl der weder von Cavalli noch von Janáček ist ;) Außerdem gibt es von Mozart viel Material auf YouTube. Leider muss die Auswahl jemand vornehmen, der schon etwas von der Sache versteht, denn es sollten ja sehr verschiedene Gestaltungen derselben Arie sein, damit die Unterschiede markant hervortreten. Ich kann also hier nicht helfen.



    Youtube-Ausschnitte sollten übrigens für unsere Absichten reichen....

    Das glaube ich auch.



    Auch für das „In-Worte-Fassen“ ist das Gemeinschaftliche eine entscheidende Hilfe. Wenn ich recht verstanden habe, fehlen ja vielen Opernfreunden die passenden Worte, um die Hörerfahrung auszudrücken. Wie sollen sie dann nach Hören am PC ausdrücken, was sie gehört haben? Im gemeinsamen Arbeiten könnten ohne Frage Worte und Phrasen leichter gefunden werden. Und es würde deutlich, dass es nicht nur eine Möglichkeit gibt, ein Hörerlebnis in Worte zu fassen.

    Das ist zweifellos richtig, aber einen Versuch, ob es nicht auch hier im Forum gelingen kann, wäre es wert.



    Leider werde ich die nächsten Tage erst mal wieder nicht Online sein.
    Ich habe einige Opernbesuche vor.
    Aber sicher werden andere die Idee inzwischen weiter entwickeln und konkretisieren.

    Lieber Caruso, ist die Idee nicht inzwischen schon konkret genug? Ich fürchte nur, den Auftakt wirst Du machen müssen, weil Du der einzige bist, der die Musikbeispiele aussuchen und Deine Kriterien daran zur Anwendung bringen kann.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Zitat

    Und Alfreds Sorge, er müßte gar Puccini oder Tschaikowski hören, könnten wir wohl auch zerstreuen .


    Ich habe keine Sorge, aber ich habe aus diesen Bereich wenige bis keine Klangbeispiele, höchstens ein "Alibi-Exemplar" in meiner ach so umfangreichen und doch so unkompletten einseitigen Sammlung.
    Im übrigen war dies nur ein Beispiel, wozu ich als "dummy" oder "Schaufensterpuppe" gedient habe.
    Die Musikauswahl nimmt indes nur EINER vor, und das ist der Projektleiter!!!
    In diesem Fall wurde wohl Caruso41 gewählt. Er muss die Wahl dann annehmen und seine Frustschwelle möglichst hoch halten - egal was auf ihn zukommt, denn ich möchte keine abgebrochenen Themen wegen zu schwacher Beteiligung.
    Es gab in der Vergangenheit ählioch Projekte ("Alle sprechen über ...XXXX" XXXX=Platzhalter für das entsprechende Werk)
    Damals wurde "demokratisch" darüber abgestimmt, welches Werk besprochen werden soll. Die Diskussionen darüber waren meist umfangreiche, ausführlicher und langandauernder als letztlich der daraus resultierende Thread.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Es gab in der Vergangenheit ählioch Projekte ("Alle sprechen über ...XXXX" XXXX=Platzhalter für das entsprechende Werk)
    Damals wurde "demokratisch" darüber abgestimmt welches Werk besprochen werden soll. Die Diskussionen darüber waren meist umfangreiche, ausführlicher und langandauernder als letztlich der daraus resultierende Thread.


    Und hier geht es ja nicht primär um das Werk, sondern um die Art und Weise, wie die Sänger dieses interpretieren!

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Banner Trailer Gelbe Rose

  • Es gab in der Vergangenheit ählioch Projekte


    mfg aus Wien
    Alfred


    Ist das nicht Latein und heißt "alii"? :untertauch:


    Bertarido: Ich habe hier vor einigen Jahren (2013?) einen thread gestartet, der vorsah, dass man in einem ersten Beitrag alle seine Lieblingsopern nennen durfte. Dann mussten in jeder Woche ein oder zwei gestrichen werden. Rat mal, mit wieviel Lieblingsopern ich begonnen habe? Mit 60! Mein Sieger war dann natürlich "Das schlaue Füchslein". Im Moment nach dem Hören und Sehen von diversen Don Giovannis käme diese Oper für den ersten Platz durchaus infrage: Klemperer, Furtwängler, Abbado, Hengelbrock. Die schlechteste Aufnahme war leider die von René Jacobs (wegen der Sänger).

    Manchmal ist wenig immer viel! (Thorsten Legat)

  • Bertarido: Ich habe hier vor einigen Jahren (2013?) einen thread gestartet, der vorsah, dass man in einem ersten Beitrag alle seine Lieblingsopern nennen durfte. Dann mussten in jeder Woche ein oder zwei gestrichen werden. Rat mal, mit wieviel Lieblingsopern ich begonnen habe? Mit 60! Mein Sieger war dann natürlich "Das schlaue Füchslein". Im Moment nach dem Hören und Sehen von diversen Don Giovannis käme diese Oper für den ersten Platz durchaus infrage: Klemperer, Furtwängler, Abbado, Hengelbrock. Die schlechteste Aufnahme war leider die von René Jacobs (wegen der Sänger).


    Lieber Dottore, ich habe meine Bemerkung ja bewusst mit einem Augenzwinkern versehen, weil sie nicht ganz ernst gemeint war. Ich habe nie angenommen, dass sich Dein Repertoire auf Cavalli und Janáček beschränkt. Allerdings hast Du schon oft deutlich gemacht, dass Du mit der Oper des 19. Jahrhunderts eher weniger anfangen kannst, während diese bei vielen Melomanen im Vordergrund des Interesses steht. Ich hoffe jedenfalls, dass auch Du Dich an einem vergleichenden Hören von Mozart-Interpreten beteiligen würdest, während Du bei Bellini, Verdi oder Wagner wahrscheinlich die Flucht ergreifen würdest...

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Lieber Bertarido, ich habe dein Augenzwinkern schon verstanden. Übrigens gilt meine Aversion weniger Verdi und Puccini, sondern der 2. Reihe dahinter. Wagner mag ich durchaus, kenne auch vieles, habe auch viele Opern gesehen, aber für Wagner braucht man viel Zeit. Diese Zeit habe ich verwendet auf Cavalli, Monteverdi, Janacek. Aber Vergleiche mit Verdi, Puccini, Mozart würde ich bestimmt mitmachen. Ich würde wahrscheinlich einer der Teilnehmer sein, der bei den Sängern die lyrische Qualität schätzt, weil das in der Alten Musik halt schon wichtig ist.
    Eine Sache am Rand: ich liebe die "Tote Stadt". Da gibt es bei YouTube ein paar Aufnahmen der berühmten Szene und Schlussarie "Glück, das mir verblieb". Da ist auch ein Eintrag eines Kritikers über die Ausführung des Stücks von Klaus Florian Voigt: "Hat der keine Eier?" Ich schätze Voigt durchaus, aber "Glück, das mir verblieb" darf man nicht so windelweich singen.
    Nachtrag (eine echte Frage): Ich habe die Beobachtung gemacht, dass Monteverdi so zu Cavalli steht wie Verdi zu Puccini. Alos auf der einen Seite Kraft und Dramatik, auf der anderen die Betonung der Melodie. Sicher bin ich mir da nicht, das ist so ein Punkt, wofür man hier im Forum die Stimmenkenner braucht.

    Manchmal ist wenig immer viel! (Thorsten Legat)

  • In einer einsamen Mammutsitzung habe ich den ganzen bisherigen Thread nachgelesen.


    Im Grunde sind es ja 2 Teile: ein Teil über Grundsatzfragen mit dem Schwerpumkt "subjektiv / objektiv" - und der aktuelle Teil mit dem Fokus "gemeinsames Hören".


    Dem 2. Teil stehe ich, sagen wir: abwartend gegenüber. Nicht ablehnend, aber ich habe darin noch keine Erfahrungen sammeln können. Warten wir also ab, wie sich die Idee weiter entwickelt.


    Zum 1. Thema würde ich gern noch einige Gedanken äußern:
    Das Timbre einer Stimme ist nicht rein subjektiv zu betrachten. Die Gesangsausbildung soll ja die vorhandene Basis veredeln, und zwar mit technischen Mitteln: Stütze, Maske, Deckung, Atemführung usw. Es vermischen sich also subjektive und objektive Elemente. Wo die Meinungen auseinander gehen, ist der Stellenwert der einzelnen Aspekte, die in der Summe ein Ganzes ergeben, wenn die Ausbildung gelingt. Die Stimme wäre dann als sich entwickelndes kohärentes Gebilde zu sehen.
    Im Falle des Misslingens kommt diese Struktur nicht oder unvollkommen zustande. Ich hatte z.B. hintereinander zwei schlechte Gesangslehrer: Die erste betrachtete die Stimmbänder als Muskeln, die man durch regelmäßiges Röhren trainieren muss! Der zweite suggerierte uns, der Ton komme auf uns zu!! Klar, dass aus mir kein Sänger geworden ist...


    Was ich später noch dazu gelernt habe, ist mehr oder weniger auf meinem eigenen Mist gewachsen, ergänzt durch lesendes und hörendes Studium. Ich könnte wohl, aus dem Nähkästchen plaudernd, einiges zum Thema veranschaulichen. In diesem Sinne


    herzliche Grüße von Sixtus

  • Ich würde mich auch gerne an dem Projekt beteiligen, aber wie schwer es ist Stimmen zu bewerten sehe ich bei mir selber.
    Dadurch das ich mit 6 Jahren eine Mandel Op hatte und die Ärzte dabei an meine Stimmbänder gekommen sind, war ich nie im Stimmbruch und hatte immer eine hohe Stimme. Seit zwei Jahren bin ich bei einer sehr guten Logopädin die meinte, was mein Stimmmaterial angeht das vorhanden ist, aber wohl nie zum Vorschein gekommen ist, würde ich eine Bass Bariton Stimme bekommen. Jetzt bin ich bei einem Tenor der Opern und Konzert Sänger ist, wo ich den letzten Feinschliff bekomme (Tonleitern rauf und runter singen). Zu dem kommen auch viele Opernsänger die Stimmprobleme haben. Der meinte wiederum, das ich eine baritonale Heldentenor Stimmlage hätte. So unterschiedlich sind die Beurteilung auch von Experten, die sich berufsbedingt mit der Stimme beschäftigen.

  • Banner Trailer Gelbe Rose