Was ist so faszinierend am Regietheater ?

  • Hallo, Louis!


    Zitat


    Gerade diese Verfälschung macht das Theater lebendig. Die Musik und das Libretto bleibt immer das Gleiche; aber die Sichtweise kann ganz unterschiedlich interpretiert werden. Für mich sehr interessant.


    Deinen Ausführungen kann ich überhaupt nicht folgen. Dir geht es wahrscheinlich nur um etwas "Neues", oder das, was der Regisseur daraus macht. Opernfreunde gehen ins Opernhaus. Theaterfreunde ins Theater. In erster Linie geht es doch in der Oper um die Musik. Und nicht , was der Regisseur aus dem Libretto macht. Ich habe bei manchen Aufführungen den Verdacht, das mancher Regisseur das Libretto garnicht kennt. Sonst kämen nicht solch dämliche Ergüsse zum Vorschein, wie ich das schon erleben mußte. Aus Sensationslust auf eine ausgefallene, moderne Inszenierung in die Oper gehen, das kann wirklich nicht der Sinn der Oper sein.




    Gruß Wolfgang

    W.S.

  • Ich sehe mich außerstande, die im Titel genannte Frage zu beantworten. Gerne will ich aber eine Erinnerung sprechen lassen, die ich an eine Inszenierung der Meistersinger in Hamburg in bester, bewegender Erinnerung habe. Sie mag aus den Jahren 2002, 2003 oder 2004 stammen, ich weiß es nicht mehr genau. Konwitschny inszenierte, Metzmacher dirigierte.


    Dritter Aufzug, Beginn der Szene auf der Festwiese. Einzug der Zünfte. Die ersten, die da ankamen, trugen überdimensionale Grashalme und Wiesenblumen. Dann tauchten Gestalten aus der Biene Maja auf: Willi, Flip, Maja selbst und andere. Gelächter, Erheiterung. Und plötzlich wurde klar: Auch das ist Festwiese mit ihren Insekten! Die Herunterdimensionierung der Ereignisse um eine Größenordnung auf das Bewusstsein eines Insektenvolkes hat dem ganzen Schluss sein Pathos genommen. Auf einmal wurde alles viel harmloser, unpolitischer, unspektakulärer, auf befreiende Art menschlicher als die manchmal übergroßen Kulissen dieser Szene. Herrlich.

    Hallo Wolfram,


    auch ich erinnere mich recht gerne an diese Meistersinger - wie überhaupt an die Ära Metzmacher/Konwitschny an der Hamburger Staatsoper. Sicher nie unstrittige Inszenierungen und auch nicht immer bzw. in allen Belangen nach meinem Geschmack, aber immer spannend. Z.B. die "Festwiesen"-Wesen waren mir dann doch zu sehr Comic. Aber die Idee, den Sachs in seinem großen Schlußmonolog "Verachtet mir die Mesiter nicht" einfach zu unterbrechen und die Situation damit auf eine Metaebene zu heben ... Respekt! Ähnlich übrigens im Hamburger "Freischütz" ebenfalls in Konwitschnys Inszenierung - wo der Eremit ja, soweit ich mich erinnere, zeitweise im Publikum sitzt und die Handlung für einen kurzen Moment von außen zu unterbrechen scheint.

  • In erster Linie geht es doch in der Oper um die Musik. Und nicht , was der Regisseur aus dem Libretto macht. Ich habe bei manchen Aufführungen den Verdacht, das mancher Regisseur das Libretto garnicht kennt.

    Ja, was denn nun? - Wenn es in erster Linie um die Musik geht, also nicht um den Text ... warum ist es dann von Relevanz, dass der Regiesseur das Libretto kennt?



    Aus Sensationslust auf eine ausgefallene, moderne Inszenierung in die Oper gehen, das kann wirklich nicht der Sinn der Oper sein.

    Aber was ist denn der "Sinn der Oper"? Ich halte es da gerne mit Herrn Wapnewski, der in seinem Werkführer zu Wagners Ring m.E. sehr treffend schrieb "..., daß die Kunstform der Oper nichts anderes bedeutet, als die Emanzipation des Denkvorgangs aus den Fesseln rationaler Logik und empirischer Wahrscheinlichkeit ...". Und ist die Oper nicht tatsächlich im Vergleich zu anderen Kunstformen, wie der Malerei, der Bildhauerei, dem Schreiben oder dem "uninszenierten" Gesang vollkommen unnatürlich!? Man bedenke, was für einen riesigen Apparat es für eine Operninszenierung braucht und mit wie wenig ein Schriftsteller auszukommen vermag.


    Nun rechtfertigt diese "Unnatürlichkeit" sicherlich keinesfalls, sich auf beliebige Art und Weise an der Oper zu vergehen. Andererseits fordert eben diese "Unnatürlichkeit" den kontroversen Umgang mit der Oper nachgerade heraus. Vielleicht ist dies der "Preis", den die Oper aufgrund ihrer "Exklusivität" zu zahlen bereit sein muss.

  • Es geht ja bei der Aufführung einer 150 Jahre alten (oder älteren) Oper nicht darum ertwas "Neues" zu erleben, sondern die Gesichte in möglichst unverfälschter Form dargestellt zu bekommen. Selbstverstädlich unterschieden sich die Inszenierungen schon zu allen Zeiten voneinander und jeder Rgisseur bot seine persönliche Auffassung das. Jedoch immer in den vom Libretto gesetzen Grenzen , bzw Vorgaben,
    Wenn das Stück im 16. Jahrhundert spielt, dann erwarte ich mir historische Kostüme und ein entsprechendes Bühnenbild - und keine Leute in Straßen - uder Trainingsanzügern, bzw eine Verfremdung die den Inhalt des stückes umfunktioniert, politisch nach belieben auslegt, und plötzlich passen die Texte nicht mehr zum Umfeld. Wenn in Cosi Fan Tutte beispielsweise der Mesmersche Magnetismus - eine umstrittene Heilmethode - auf der Bühne lächerlich gemacht wird, dann funktioniert das nur dann, wenn das Stück im 18. Jahrhundert spielt, wo die Richtung in Mode war..



    Zitat

    Gerade diese Verfälschung macht das Theater lebendig. Die Musik und das Libretto bleibt immer das Gleiche; aber die Sichtweise kann ganz unterschiedlich interpretiert werden. Für mich sehr interessant.


    Es ist ungefähr so, wenn ich eine Sachertorte bestelle, und man mir eine Torte vorsetzt, die an Stelle der Schokoglasuer eine aus Zucker aufweist und an stelle der Marmelade bedindet sich eine Quargelmasse. Statt Schlagobers wird Oberskren dazu serviert.


    Auf meine Frage wieso diese "Sachertorte" nicht nach den bekannten Rezepten hergestellt worden sei, erklärt man mir, daß man jetzt "neue Wege" gehen müsse und die Sachertorte entstaubt habe. Man biete mir hier eine Geschmackskomposition, die weit origineller ist als das Original.....


    Ok, meine ich - aber warum nennt man dieses Produkt dann noch immer Sachertorte ? Es käre ja etwas völlig anderes.


    "Weil das ein bekannter Name ist, und der sich gut verkauft - unter anderem Namen würde das ja niemand bestellen".


    mfg aus Wien


    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....




  • Opernfreunde gehen ins Opernhaus. Theaterfreunde ins Theater. In erster Linie geht es doch in der Oper um die Musik.


    Seufz, glückliche Zeiten, als man noch ins Schauspiel gegangen ist, der Sprache wegen. Welch ein Genuss, alte Platten mit Gründgens oder Wessely zu hören. Dank des Regietheaters habe ich ins Schauspielhaus seit Jahrzehnten keinen Fuß mehr gesetzt. Was gäbe ich für einen werktreuen Faust!!!!

  • Zitat

    Ok, ,eine ich - aber warum nennt man dieses Produkt dann noch immer Sachertorte ? Es käre ja etwas völlig anderes.


    "Weil das ein bekannter Name ist, und der sich gut verkauft - unter anderem Namen würde das ja niemand bestellen"


    Ha! Das trifft's


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Dir geht es wahrscheinlich nur um etwas "Neues", oder das, was der Regisseur daraus macht.


    Lieber Wolfgang,


    ja, da hast Du wahrscheinlich Recht. Ich mag das Neue bei einer neuen Operninszenierung, das darf auch ausgefallen sein. Ich fände es schrecklich, wenn auch nach 135 Jahren die Walküren immer noch Flügelhelme und Römer-Schilde tragen würden. Ich habe nichts gegen einen Siegfried im Anzug oder einer Walküre im Sommerkleidchen. Warum nicht ? Die Opernaufführung findet ja 2011 statt, da darf man ruhig mal in die heutige Klamottenkiste greifen.


    Ich kann es schon verstehen, wenn jemand, wie Alfred sagt, zum "Sachertorte" essen geht und dann auch eine Sachertorte vorgesetzt haben möchte. Aber warum sollte man 135 Jahre die gleiche Torte essen ? Eine neue Schokoglasur ist vielleicht ungewohnt, eröffnet aber neue Geschmackserlebnisse.

  • Wenn ich an die furchtbaren Kosky Inszenierungen von Wagner am Aalto Theater denke, kann ich auf neue Geschmackserlenisse gut verzichten und bleibe liebe beim altbewärtem, obwohl ich eigentlich auch aufgeschlossen für vieles bin.

  • Es geht ja bei der Aufführung einer 150 Jahre alten (oder älteren) Oper nicht darum ertwas "Neues" zu erleben, sondern die Gesichte in möglichst unverfälschter Form dargestellt zu bekommen. Selbstverstädlich unterschieden sich die Inszenierungen schon zu allen Zeiten voneinander und jeder Rgisseur bot seine persönliche Auffassung das. Jedoch immer in den vom Libretto gesetzen Grenzen , bzw Vorgaben,
    Wenn das Stück im 16. Jahrhundert spielt, dann erwarte ich mir historische Kostüme und ein entsprechendes Bühnenbild - und keine Leute in Straßen - uder Trainingsanzügern, bzw eine Verfremdung die den Inhalt des stückes umfunktioniert, politisch nach belieben auslegt, und plötzlich passen die Texte nicht mehr zum Umfeld. Wenn in Cosi Fann Tutte berispielsweise der Mesmersche Magnetismus - eine umstrittene Heilmethode auf der Bühne lächerlich gemacht wird, dann funktioniert das nur dann, wenn das Stück im 18. Jahrhundert spielt, wo die Richtung in Mode war..


    Ich kann insoweit vollkommen zustimmen, als dass das "Neue" natürlich nicht die beliebiege Verfremdung und Umdeutung sein darf, die dem Regietheater relativ pauschal vorgeworfen wird. Sobald der Inhalt des Stückes nicht mehr mit der Dartsellung desselben via Inszenierung in eine Beziehung gesetzt werden kann, muss jeder halbwegs intelligente Opernhaus- oder auch Theaterbesucher zwangsläufig kapitulieren. Und dieses Kapitulieren ist dann nicht dem Zuschauer, sondern dem Regiesseur vorzuwerfen.


    Der Erwartung, ein Stück, welches im 16.Jahrhundert angesiedelt ist, muss in einer Inszenierung auch als solches zu erkennen sein bzw. die Geschichte sollte in möglichst unverfälschter Form dargestellt werden, möchte ich hier eine etwas andere Auffassung entgegenhalten:


    Was macht eine gute Geschichte aus? - Für mich ist es die Tatsache, dass wirklich gute Geschichten die Zeit überdauern, weil sie in ihrem wesentlichen Inhalt eben nicht zeitgebunden sondern vielmehr archetypisch sind. Oft sind es die in einem Buch, einer Oper oder einem Theaterstück beschriebenen Beziehungen zwischen Menschen, ihre Handlungsmotivationen, das soziale Gefüge etc., welches unabhängig von der eigentlichen Handlungszeit eben heute noch Gültigkeit besitzt. Mit anderen Worten: In bestimmten Dingen haben wir Menschen uns seit den griechischen Tragödien nicht wirklich weiterenwickelt - und, dies ist allerdings meine sehr persönliche Auffassung, wir werden es vermutlich auch nicht.


    Zum Beispiel Mozarts "Cosi fan tutte": Allein der Name "So machens alle" ist ja schon Programm! Denn was hier an Beziehung zwischen Frau und Mann, an Betrug und Lüge, aber auch an Liebe dargestellt wird, gilt m.E. heute noch genauso, wie vor zweihundert Jahren, d.h. "So machens alle allezeit". Da bin ich dann auch bereit, die zugegeben unmögliche Darstellung des Mesmerismus in der heutigen Zeit hinzunehmen.


    Ein anderes Beispiel Beethovens "Fidelio": Es geht um Gefangenschaft, Befreiung, Rettung durch aufopfernde Liebe. Gültig damals, gültig heute. Nun "Gott! Welch Dunkel hier! Oh grauenvolle Stille!" (Wie stellt man Stille in einer Oper dar?) und alle assoziieren einen dunklen Kerker, lichtlos, womöglich feucht, kalt und trostlos. Soetwas kann man - Regietheater hin oder her - nicht auf einer grünen, sonnenbeschienenen Blumenwiese unter blauem Himmel inszenieren. Auch dass "Argument", gerade durch diesen "Widerspruch" besonders auf die Qualen Florestans hinweisen zu wollen, kann nicht verfangen. Es funktioniert einfach nicht!
    Jetzt anders kein dunkler Kerker, sondern ein weißgekachelter Raum, beschienen in grellem Scheinwerferlicht - geht auch nicht, weil es doch ausdrücklich heißt "Welch Dunkel hier ..."!? Aber Folter ist nicht nur Dunkelheit, es gibt auch Folter durch permanente Helligkeit, durch andauernde Geräusche - Guantanamo läßt grüßen. Und egal, wie hell oder dunkel der Kerker ist, die innere Schwärze des zu Unrecht gefangenen kann nur die Freiheit erhellen. Die innere Dunkelheit Florestans bliebe für mich trotz grellen Scheinwerferlicht klar und offenbar, dafür sorgt nicht zuletzt die Musik. Auch klar wird aber, dass es sich nicht um eine singuläre, zeit- oder ortsgebundene (Sevilla im 18. Jahrhundert) Aussage handelt. Unmenschliche Gefangenschaft und menschlicher Freiheitsdrang sind auch im 21.Jahrhundert gültig - sie sind absolut!

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  • Es geht ja bei der Aufführung einer 150 Jahre alten (oder älteren) Oper nicht darum ertwas "Neues" zu erleben,


    Wahrscheinlich ist diese Einstellung eine der Wurzeln des Dissens in diesem Thread und dessen Verwandten.


    Es geht mir sehr wohl darum, bei der Aufführung einer Oper - gleich welchen Alters - etwas Neues zu erleben. Genauso, wie ich bei einer Predigt über - sagen wir - den Sündenfall im Paradies immer wieder aufs Neue erwarte, wenigstens einen Aspekt zu hören, dessen ich vorher noch nicht bewusst gewesen war.


    Wenn ich mir eine Aufnahme von Beethovens 9. Sinfonie kaufe, erwarte ich auch, dort etwas zu hören, was ich in den anderen Aufnahmen, die bei mir im Regal stehen, noch nicht gehört habe.


    Ich dachte, das wäre selbstverständlich?!

  • Zitat

    Wenn ich mir eine Aufnahme von Beethovens 9. Sinfonie kaufe, erwarte ich auch, dort etwas zu hören, was ich in den anderen Aufnahmen, die bei mir im Regal stehen, noch nichts gehört habe.


    Ja und nein.


    Prinzipiel passiert das ohnedies - ohne daß man hiezu etwas Besonderes tun müsste. So klingt Beethoven unter Karajan anders als unter Böhm oder Klemperer. Alle drei Dirigenten hatten einerseits ihren eigenen Stil - keiner von ihne versuchte es jedoch "anders" zu machen - hier wird einfach die Bandbreite menschlicher Subjektivität ausgeschöpft. Dazu kommt noch die Subjektivität des Tontechnikers. Bei Operninszenierungen - ich meine hier ausschliesslich unverfälschte - kommen weitere Aspekte ins Spiel - Die Bühnenbilder, die Kostüme, das Timbre und das Temperament der Sänger. Zudem gab es immer schon Regieeinfälle - auch in Zeiten vor dem "Regietheater" Sie waren aber in der Regel darauf angelegt, die Oper bühnenwirksamer zu realisieren, der Illusion der Realität näher zu kommen bzw eine Scheinrealität zu kreieren , welche der Vorstellung des Publikums entgegenkommt.


    Auf der Bühne will man edle Charaktäre dargestellt sehen, Romeo und Julia zwei schöne Kinder aus adeligem Geblüt, deren Liebe letal endet. Shakespeare wusste womit man ein Publikum fesselt.
    Der gleiche Stoff - in die Gegenwart versetzt - Karli Pimke und Resi Hawlicek aus dem Wohnbausilo in Jeans und T-Shirt. Wen interessiert schon ihr Schicksal ? Wenn man solche Leute sehen will setzt man sich in die U-Bahn aber man opfert nicht 200 oder mehr Euro für eine Eintrittskarte.......
    Nein ich zumindest sehe im musealen Aspekt der Oper einen wichtigen Bestandteil.
    Das haben auch die Librettisten der Vergangenheit gewusst, die ihre Opern -wenn auch nicht immer - so zumindest sehr oft - in der Vergangenheit spielen liessen - an exotischen oder gruseligen Schauplätzen - die schon allein für sich genügten um das Publikum zu beeindrucken. Kann sich jemand noch an die zeiten erinneren, wo das Bühnenbild nach Öffnen des Vorhangs "Zwischenapplaus" bekam ???


    mfg aus Wien
    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Kann sich jemand noch an die zeiten erinneren, wo das Bühnenbild nach Öffnen des Vorhangs "Zwischenapplaus" bekam ???


    Leider nein, noch nie erlebt. Die Gnade der frühen Geburt wurde mir nicht zuteil. Wird es jemals dergleichen wieder geben?


    Ich glaube, diese hohe Ideal von Oper, wie du, lieber Alfred, es hast, haben heutzutage bedeutend weniger Leute als vor vielleicht 30, 40 Jahren. Ich selbst habe es auch, hatte es immer, aber die Frage ist, ob es in einer Zeit von diversen "Superstar"- und "Dschungelcamp"-Sendungen, wie das Niveau allgemein, stark abgenommen hat.


    Es kommt ja oft das Argument, man wollte die Jugend mit dieser Art von modernen Inszenierungen in die Opernhäuser locken. Allein, die Jugend hat zum absoluten Großteil (und das meine ich sagen zu dürfen, der ich noch nicht allzu lange der heutigen Jugend entwachsen bin) nicht das geringste Interesse an Oper, ob sie nun historisch-traditionell oder aber modern inszeniert ist. Oper ist völlig uncool. Man setzt sich der Gefahr aus, als Spießer und Spinner zu gelten, wenn man als vielleicht 15jähriger ernsthaft herausposaunt, man gehe in die Oper. Insofern glaube ich, daß dieses scheinbare Argument nur vorgeschoben ist, um den Regietheater-Mumpitz irgendwie rechtfertigen zu können. Man vergrault damit lediglich die Stammkundschaft jenseits der 30.


    LG
    Joseph
    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Zitat

    Leider nein, noch nie erlebt. Die Gnade der frühen Geburt wurde mir nicht zuteil. Wird es jemals dergleichen wieder geben?

    dazu bedarf es überhaupt nicht der Gnade der frühen Geburt. Am 14.11.09 brandete zu Beginn der Rheingold-Premiere (Regie: Barrie Kosky) nach der Öffnung des Vorhangs (beim ersten Bild) spontaner Beifall auf, ob des Bühenbildes. Son Pech aber auch !!
    Leider geht Koskys Konzept in der Walküre und im Siegfried micht in gleicher Weise auf, deshalb gab es vom gleichem Pubklikum nach diesen Premieren - neben Zustimmung - auch deutliche Unmutsäußerungen. Dass ändert aber nichts an der Tatsache, dass Brrie Koskys Arbeit dem Schenkschen Dilletatentum in NYC (und auch dem der Folgeinszenierung vom Oktober 2010, wie ich kürzlich auf DVD erleben konnte) weit überlegen ist.
    :hello:

  • Alfred hat recht. Meinen Alltag sehe ich täglich um mich herum. Dazu brauche ich nicht ins Theater. Wenn ich mir jetzt noch mit einem portablen CD-Spieler die Oper dazuspiele, habe ich das, was das sogenannte "Regietheater" auch bietet, und brauche kein teures Eintrittsgeld mehr zu zahlen.
    Wenn also von Dillettantentum geredet wird, trifft das genau auf das "Regietheater" zu.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Zitat

    Alfred hat recht. Meinen Alltag sehe ich täglich um mich herum. Dazu brauche ich nicht ins Theater. Wenn ich mir jetzt noch mit einem portablen CD-Spieler die Oper dazuspiele, habe ich das, was das sogenannte "Regietheater" auch bietet, und brauche kein teures Eintrittsgeld mehr zu zahlen.
    Wenn also von Dillettantentum geredet wird, trifft das genau auf das "Regietheater" zu.

    woher weiste denn was aufs sog. "Regietheater" zutrifft oder nicht, wenn du nicht ins Theater gehsts und die Opern dir ausschließlich über CD reinziehst ?
    :hello:

  • Kann sich jemand noch an die zeiten erinneren, wo das Bühnenbild nach Öffnen des Vorhangs "Zwischenapplaus" bekam ???

    Ja, vor zwei Jahren das letzte Mal in Düsseldorf beim Schneider-Siemssen-Bühnenbild zu den Meistersingern. Und in Moskau bei jedem Bild von Eugen Onegin und Iwan Susannin. Beim Regietheater habe ich das noch nie erlebt.

  • Ich habe nirgendwo gesagt, dass ich mir Opern ausschließlich auf CD anhöre, sondern schon in einem anderen Beitrag erläutert, dass ich mein Abonnement gekündigt habe, nachdem ich einige dieser unsäglichen Aufführungen habe ansehen müssen bzw. sie dann wegen des guten Gesangs mit geschlossenen Augen angehört habe und dass ich heute nur noch dahin gehe, wenn ich einigermaßen sichersicher bin, dass ich nicht - wie ein Forenteilnehmer so schön sagte - Augenkrebs bekomme. Auch sehe ich mir die Fernsehübertragungen eine Weile an und kann dann aber wenigstens abschalten. In Theater hätte ich unsinnig Geld ausgegeben.
    Wenn ich hier sagte, dass ich mir z.B.Leute in Jeans auch ansehen könnte, wenn ich einfach einen portablen CD-Spieler mitnehme und mir zu der Musik von Mozart meine Umwelt, z.B. in der Straßenbahn anschauen würde, so war das ein fiktiver Gedanke zu dieser Art Theater.
    Zurück zum Thema. Dass die Gegner des "Verunstaltungstheaters" nichts Faszinierendes daran finden können, ist wohl klar. Aber auch die Befürworter haben bisher die Frage "Was ist so faszinierend an Regietheater?" nicht beantworten können und sich stattdessen auf Polemik gegen das konventionelle Theater beschränkt. Herr Amfortas hat bisher auch nicht ein Beispiel für Faszinierendes genannt. Er hat an anderer Stelle gemahnt beim Thema zu bleiben. Richtig! Die Frage lautet "Was ist das Faszinierende am Regietheater?". Damit brauchen wir hier keine Angriffe auf das konventionelle Theater vorzunehmen und schon gar keine persönlichen Angriffe

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Hallo, Gerhard!


    Ich hatte an anderer Stelle schon mitgeteilt, daß ich die letzten Jahre bis auf Ausnahmen schon soviel Auswüchse und Dämliches auf der Opern- und Operettenbühne erlebt habe, daß mir die Lust auf ein Abonnement vergangen ist. Es waren Aufführungen dabei, die hätte man besser im Irrenhaus aufgeführt. Auch ich stehe nicht alleine da. In meinem (großen) Bekanntenkreis gibt es mehrere Opernliebhaber die nicht mehr bereit sind, sich ein Abonnement zu kaufen, um sich den Ekel zu holen und sich aufzuregen. Schade um die schöne Musik, die durch solche Regisseure verunglimpft wird. Wir halten es jetzt so, daß wir nur nach guten Kritiken (selten) uns noch ins Musiktheater wagen.



    Gruß Wolfgang

    W.S.

  • Auf der Bühne will man edle Charaktäre dargestellt sehen, Romeo und Julia zwei schöne Kinder aus adeligem Geblüt, deren Liebe letal endet. Shakespeare wusste womit man ein Publikum fesselt.


    Also, ich will keine unrealistisch edlen Charaktere auf der Bühne sehen. Ich finde die gebrochenen Charaktere viel fesselnder: Don Giovanni (und dessen Abstieg, der mit dem Totschlag des Komturs beginnt), Rigoletto, Philipp II. und Don Carlo, Otello, Holländer, Tannhäuser, Wotan, Tristan und Isolde, Amfortas, Golaud, Elektra, Mimi, Butterfly, Turandot, Wozzeck, Lulu, ...



    Alfred hat recht. Meinen Alltag sehe ich täglich um mich herum. Dazu brauche ich nicht ins Theater.


    Vielleicht haben wir alle einen verschiedenen Alltag. Außerdem finde ich es wohltuend, manchmal einen neuen Blick auf das Alltägliche zu bekommen. Der Alltag gar nicht so schlecht, es gibt viel Interessantes darin zu finden, wenn man bereit ist, hinzusehen.

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  • Zitat

    und sich stattdessen auf Polemik gegen das konventionelle Theater beschränkt.

    Irrtum, nur die Regie vom Schenk-Ring in NYC und die Karajan-Inszenierung vom Rheingold (dabei in beiden Fällen jeweils auf das ausgezeichnete Orchester hingewiesen) kritisiert. Nirgendwo tauchte der Begriff "konventionelles Theater" auf.
    Ehe über das Faszinierende am sog. "Regietheater" zu diskutieren wäre, sollte dieser Begriff geklärt werden. Ich kann mir darunter nichts vorstellen und bin deshalb auch kein Verfechter desselben. Die Beschimpfungen gegen das sog. "Regietheater" trugen bisher noch nicht zur Klarheit bei...
    :hello:

  • Hallo Knusperhexe,


    ich fasse es als Loblied auf. Denn das Wort "Opa" hat wird nur von unerzogenen Leuten abfällig gebraucht. Schau auch mal unter Opernfilme nach. Dort erfährst du ebenfalls etwas über "Opas Theater" als Antwort zu einem Beitrag von mir.


    Liebe Grüße und frohe Ostern allen Forumsmitgliedern
    Gerhard :jubel:

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Zitat

    Wie nennst Du dann Deine Bezeichnung "Opas Theater"? Ein Loblied?

    diese liebevolle Bezeichnung enstammte einen von euch. Ich habe sie dann bloß aufgegriffen.


    Auch liebe Grüße und frohe Feiertage an alle Forianer
    :hello:

  • Sollte die Umerziehung also doch funktioniert haben, dass sich die Gegner des Regietheaters jetzt schon selbst geißeln? Glückwunsch. Nur ich werde da als "schwieriger Fall", niemals mittun.

  • Werte Knusperhexe, bei dem Wortprügel "Umerziehung" sträuben sich bei mir wieder etwas die Haare. Brrrrr...


    Wo bleibt denn da die "lässige Zurückhaltung" ?

    Zitat

    dass sich die Gegner des Regietheaters jetzt schon selbst geißeln? Glückwunsch. Nur ich werde da als "schwieriger Fall", niemals mittun.

    das verlangt auch keiner von denen, die du/ihr als Anhänger des sog. "Regietheaters" anseht...
    :hello:

  • ganz schnelll zum Schluss, auch diese Vergröberung passt auch nicht zu Alfreds "lässige Zurückhaltung", denn Opernbesucher sind i.d.R. mündige natürliche Personen... wie gesagt SACHLICHKEIT wäre das adäquate Mittel in unserer Diskusssion


    Gruß


    :hello:

  • Die Umerziehungstendenzen des Regietheaters haben wir doch schon zig Mal belegt. Ich denke allein an die neckischen Antwortschreiben div. Intendanten, "das Publikum müsse sich daran gewöhnen". Das finde ich schon massiv übergriffig: An was ich mich gewöhnen muss, das entscheide immer noch ich. Dann die ständige Verunglimpfung des traditionellen Theaters und dessen Freunde als "reaktionär". Insofern sollte man es auch "lässig" so nennen, was es ist: brainwash.

  • An was ich mich gewöhnen muss, das entscheide immer noch ich.


    Klingt gut, ist aber leider ein frommer Wunschtraum. Werbung und Medien arbeitet tagtäglich erfolgreich mit wissenschaftlichen Methoden an der Formung deines Geschmacks. Du entscheidest selbst schon wesentlich weniger, als du gerne würdest...


    ;)

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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