• Die Hanns-Eisler-Interpretationen des Komponisten Heiner Goebbels sind ein überzeugendes Plädoyer für einen der großen, immer noch unterschätzen Komponisten des 20.Jahrhunderts. Das, was Goebbels hier "Eisler-Material" nennt, macht betroffen und begeisterte mich.
    Grund Genug, mich wieder einmal intensiver mit seinen anderen Kompositionen zu beschäftigen und meine Empfehlung für all jene, die ansonsten "Berührungsangst" bei Musik der Klassischen Moderne haben: auf diesem (umgekehrtem) Weg könnte sich für den Einen oder Andern
    der bislang nicht geglücke Zugang zu Schönberg, Berg und Webern
    öffnen :beatnik:




    :

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Hallo BBB,



    BBB schrieb:

    Zitat

    ...auf diesem (umgekehrtem) Weg könnte sich für den Einen oder Andern der bislang nicht geglücke Zugang zu Schönberg, Berg und Webern öffnen...


    Mit obigen habe ich keine Schwierigkeiten, aber mit Eisler hat es bisher nicht so recht geklappt. Bei einem Freund hatte ich mal die Deutsche Symphonie? (wenn sie denn so heißt?) gehört und fands nicht sooo aufregend. Gibts noch was empfehlenswertes?


    Gruß
    Uwe

  • Zitat

    Uwe schrieb:Gibts noch was empfehlenswertes?


    Aber gewiss: da wären erst einmal die Lieder mit Gisela May, ein sogenannter "Eisler-Klassiker":



    auch die Fiimmusik-CD hier schätze ich sehr:






    aber unabhängig von alledem solltest du unbedingt mal in die Eisler Material CD hineinhören !

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Den Thread über H. Eisler finde ich wichtig. Ich habe bisher
    auch noch keinen richtigen Zugang zu Eisler gefunden.
    Ich kenne auch nur die Deutsche Symphonie.
    Bei Eisler besteht m.E. immer das Problem, daß er sich ganz stark
    als politischer Künstler sah. Er hatte ja auch die Nationalhymne
    der DDR komponiert. Diese starke politische Ausrichtung
    erschwert eine unvoreingenommene Bewertung.



    Gruß
    Rüdiger

    Gruß
    Rüdiger


    ________________________
    Lärm ist ... nur eines der Übel unserer Zeit, wenn auch vielleicht das auffälligste. Die anderen sind Grammophon, Radio und neuerdings die verheerende Television.


    C.G. Jung

  • Zitat

    Parsif schrieb:Diese starke politische Ausrichtung erschwert eine unvoreingenommene Bewertung.


    ja, ich kann mir denken, daß das Schwierigkeiten macht, wenn dieses
    Wissen sozusagen im "Hinterkopf" präsent ist. Vielleicht ist es von Vorteil,wenn Du bei Eisler mit nicht textbezogener Musik den Einstieg versuchst,obwohl nun da gerade wieder manches recht spröde ist.
    Andereseits ist es bekannt, das Wagner antisemitische Schriften verfasst hat, Pfitzner Mitglied der NSDAP war: in beiden Fällen kümmert mich das wenig, wenn ich deren Musik höre: Das Wissen darum ist zwar da, aber für mich kein Hinderungsgrund, das Gehörte unbefangen aufzunehmen.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

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  • zufällig in einem laden gesehen und sofort gekauft:


    Berlin Classics: Hanns Eisler
    14 Arten den Regen zu beschreiben op.70
    Divertimento op.4


    Arnold Schönberg
    Quintett für Flöte,Oboe,Klarinette,Horn und Fagott op.26


    werde ich mir heut mal anhören. mal schauen wie die stücke sind.

  • als großer eisler-fan kann auch ich jegliche darbietung von Gisela May empfehlen. ich finde eben jene vertonungen von brecht'schn texten genial.


    jedoch sind die meisten lieder nicht das, was man sich unter klassische moderne vorstellt... da höre man lieber die preisgekrönte CD von M. Goerne.


    auch begeistern mich immer wieder Eislers Klavierstücke.

  • Hallo,


    die Empfehlung hinsichtlich der CD "Eislermaterial" kann ich nur unterstützen. Ich habe das Programm live im Deutschen Schauspielhaus in Hamburg gesehen und war sehr angetan und berührt.


    Hanns Eisler war sicher ein überzeugter Kommunist (wobei er später genügend Schwierigkeiten im "real existierenden Sozialismus" hatte, wie etwa bei der nicht zustandegekommenen "Faust"-Oper) und als solcher auch ein parteilicher Komponist. Aber er hatte auch die Begabung, verständlich und einfach zu komponieren, ohne daß seine Werke billig oder ranschmeißerisch wirken oder seinen eigenen hohen Maßstab an kompositorischer Qualität (den er bei Schönberg gelernt hat) unterschreiten. Mich haben am meisten die kleineren Werke Eislers begeistert, etwa die Vetonung von Brechts "Kriegsfibel", das "Hollywood Songbook" oder sein letztes Werk, die "Ernsten Gesänge", acht Gedichtvertonungen u.a. von Hölderlin.


    Grüße


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Was viele garnicht wissen: Eisler hatte Kompositionsunterricht bei Arnold Schönberg, und hat sich auch zu DDR-Zeiten immer noch sehr dankbar und respektvoll über diesen Unterricht geäußert. Umgekehrt soll auch Schönberg große Stücke auf Hanns Eisler gehalten haben. Mindestens zu Zeiten, als dieser noch keine Arbeiterkampflieder komponiert hat. :D:D:D


    Es gibt von Eisler aus der Zeit eine Reihe von Stücken, die in reinster Zwölftontechnik komponiert sind. Eislers "Palmström op.5" nach Texten von Christian Morgenstern verwendet sogar eine ähnliche Besetzung wie Schönbergs Pierrot lunaire (Rezitation, Flöte, Klarinette, Violine, Violoncello). Wunderbare Stücke, sollte man kennen! Ebenso die "14 Arten, den Regen zu beschreiben" und die "Zeitungsausschnitte" für Sopran und Klavier. :jubel: :jubel: :jubel:


    Roswitha Trexler ist meine liebste Eisler-Interpretin, Gisela May ist aber auch nicht schlecht.


    Gruß
    Heinz

  • nicht nur das, eisler war auch schönbergs aussichtsreichster schüler... es gibt ja auch gemeinschaftskompositionen der beiden.

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  • eben bin ich über Fi-Di und Eisler gestolpert - ist die CD empfehlenswert? Der Inhalt ist ähnlich wie auf Goernes CD:




    1.Spruch 1939
    2.In die Städte kam ich
    3.An die Überlebenden
    4.Über die Dauer des Exils
    5.Zufluchtsstätte
    6.Elegie 1939
    7.An den Schlaf
    8.An den kleinen Radioapparat
    9.In den Weiden
    10.Frühling
    11.Auf der Flucht
    12.Über den Selbstmord
    13.Gedenktafel für 4000 Soldaten, die im Krieg gegen Norwegen versenkt wurden
    14.Spruch
    15.Hotelzimmer
    16.Die Maske des Bösen
    17.Despite these miseries
    18.The only thing
    19.Die letzte Elegie
    20.Unter den grünen Pfefferbäumen
    21.Die Stadt istnach den Engeln genannt
    22.Jeden Morgen, mein Brot zu verdienen
    23.Diese Stadt hat mich belehrt
    24.In den Hügeln wird Gold gefunden
    25.In der Frühe
    26.Erinnerung an Eichendorff und Schumann
    27.An die Hoffnung
    28.Andenken
    29.Elegie 1943
    30.Die Landschaft des Exils
    31.Verfehlte Liebe
    32.Monolog des Horatio


    Mich schreckt aber wieder der späte Aufnahmetermin... oder kennt ihr Alternativen?

  • Zitat

    Original von Maexl
    kennt eigentlich jemand Eislers Streichquartette?


    Ja, Zwölftonmusik vom feinsten, noch mehr würde ich aber zu den Klaviersonaten (2 und 3 sind zwölftönig) und anderen Klavierstücken (besonders op. 8 und die Variationen von 1941) raten. Eisler gelingt es vor allem in op. 8 einen ganz anderen Ausdrucksbereich in der damals noch ganz jungen Zwölftontechnik (sein op. 8 ist aus 1925!) als Schönberg zu erschließen, frech, witzig, geistreich, nervös klingt das zum Teil.


    Pardon, ich sehe gerade, dass Du Eislers Klavierstücke ohnehin kennst. Also die Streichquartette gehören in die Gegend der 3. Klaviersonate und der Variationen.

  • ich habe das glück in eine heidelberger musikerwg gezogen zu sein.
    dort bin ich nicht mehr der einzige in meiner umgebung, der sich für eislers kunstlieder begeistert. daher komme ich in letzter zeit immer häufiger dazu teile der hollywood-elegien etc. zu begleiten.


    kennt vielleicht jemand weitere gute aufnahmen von eisler-kunstliedern?
    die goerne-aufnahme ist immer noch die beste, die ich kenne.
    übrigens: grubers goerne interpretationen hören sich beinahe so an die original-aufnahmen von eisler. die sind auch sehr schön, und das obwohl eisler ein sehr leises organ hat.


    Max

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  • Eine etwas andere Interpretation der Lieder von Eisler (hauptsächlich Text von Brecht, aber auch Tucholsky, Heine oder Altenberg) liefert die Aufnahme von Dagmar Krause - Tank Battles von 1994. Die CD ist damals bei Voiceprint erschienen aber es gibt sie wohl nicht mehr. Konnte Sie jedenfalls nirgendwo mehr finden um sie zu verlinken.
    Dagmar Krause betont eher das politisch kämpferische an der Eislerschen Musik (vielleicht ähnlich wie Heiner Goebbels, mit dem sie ja auch schon zusammengearbeitet hat). Wahrscheinlich wäre diese Art der Interpretation sogar in Eislers Sinne gewesen. Ich erinnere mich da an ein paar Äusserungen von ihm in dem Buch "Fragen sie mehr über Brecht", wo er meinte, es würde irgendwie grotesk klingen, wenn bestimmte Lieder von ihm von klassisch ausgebildeten Stimmen vorgetragen würden.
    Gruß lasius

  • Ich bin vor einer Weile in Dortmund in einem Gebraucht-CD-Laden mal hierüber gestolpert:



    Insbesondere wegen der Kammersinfonie hatte ich die gekauft, weil mich dieses Genre sehr interessiert (wie ich mal in einem entsprechenden Thread darlegte).


    Aber auch die anderen Stücke kannte ich noch nicht und haben mir Eisler ein Stück näher gebracht.


    Bisher hatte ich nur die 'Vierzehn Arten' und das Bläser-Divertimento, die ich beide sehr schätze.


    Das Kunstlied an sich ist nicht mein Genre... :untertauch:

  • Hanns Eisler (1898-1962)


    Die Mutter


    Kantate nach dem Schauspiel von Bert Brecht
    für Mezzosopran, Bariton, mehrere Sprecher
    Chor und zwei Klaviere


    Op. 25


    Uraufführung der Kantate im Juni 1949 durch den Wiener Rundfunk.


    Anmerkung:


    Die Uraufführung des Bühnenstücks nach dem Roman von Maxim Gorki erfolgte im Januar 1932 in Berlin. Die Songs der später entstandenen Kantate waren sein Bestandteil. Publikum wie Kritik waren je nach Standpunkt über Wirkung und Stellenwert unterschiedlicher Meinung. Für die Aufführung in New York 1935 wurde die Instrumentalpartitur für zwei Klaviere umgeschrieben. Neu hinzu kam die Ballade von zerrissenen Rock. Auch später wurde an der Kantate ständig herumgebastelt. Die Urfassung ist aus unerklärlichen Gründen nicht mehr vorhanden. Eine Neufassung, hat das Hanns-Eisler-Archiv der Deutschen Akademie der Künste zu Berlin anlässlich des 70. Gedenktages des Komponisten erstellt, die nun als gültig angesehen wird.


    Heute stellt sich die Frage, ob uns die Texte noch etwas zu sagen haben. Eigentlich nicht, denn die Botschaft ist verklungen. Man werte das Musikwerk als Zeitdokument und erfreue sich an Satire und Wortwitz!


    Titel der Liedtexte:


    1.Wie die Krähe
    2.Das Lied von der Suppe
    3.Der zerrissene Rock
    4.Gedanken über die rote Fahne
    5.Lob des Kommunismus
    6.Lob des Lernens
    7.Lob des Revolutionärs
    8.Im Gefängnis zu singen
    9.Lob der Wlassowas
    10.Lob der dritten Sache
    11.Grabrede
    12.Steh auf!
    13.Lob der Dialektik



    Beschreibung:


    Nachdem der Pianist sich in die Tasten gelegt hat und die Ouvertüre verklungen ist, ergreift ein Kommentator das Wort und spricht bedeutungsvolle Sätze. In der russischen Stadt Twersk habe das Jahr 1904 begonnen. Früh am Morgen koche die 42-jährige Pelagea Wlassowa, Witwe eines Arbeiters, dem Sohn, der auf die Arbeit geht, die Suppe.


    Nun kommt die Mutter selbst zu Wort: Fast schämt sie sich, ihrem Sohn diese Suppe hinzustellen, aber sie kann kein Fett mehr hinein tun, nicht einen halben Löffel voll. Zum einen spart sie am Holz und zum anderen an der Kleidung, aber es langt nicht. Sie sieht keinen Ausweg.


    1
    Das Lied von der Krähe
    hat betrachtenden Charakter, analysiert die Situation und übermittelt Weisungen. Es muss mehr gearbeitet, gespart und genauer eingeteilt werden. Vor allem, es muss genauer gerechnet werden. Wenn die Kopeke fehlt, kann man nichts machen. Was auch immer der Bürger in Angriff nimmt, es wird nicht genügen. Die Situation kann sich nur noch verschlimmern und es geht nicht weiter. Es stellt sich die Frage nach dem Ausweg. Der Krähe geht es nicht viel besser. Wenn sie ihr Junges nicht mehr füttern kann und machtlos dem winterlichen Schneesturm ausgeliefert ist, jammert sie, weil sie keinen Ausweg sieht. Siehst du einen Ausweg?


    Was immer du tust, es wird nicht genügen. Deine Lage ist schlecht und sie wird täglich schlechter. So kann es nicht weitergehen. Aber wer zeigt euch den Ausweg? Fruchtlos arbeitet ihr und scheut die Mühe nicht, das Unersetzbare zu ersetzen, einzuholen, was nicht mehr einzuholen ist. Über das Fleisch, das euch in der Küche fehlt, wird nicht in der Küche entschieden!


    Der Kommentator schaltet sich ein und berichtet vom Kummer der Mutter, die ihren Sohn in der Gesellschaft revolutionärer Arbeitet sieht. Misstrauisch hört sie von den neuen Ideen, die in Russland aus den unterdrückten Massen aufsteigen.


    2
    Das Lied von der Suppe
    ist als Gleichnis zu verstehen. Wenn du keine Suppe hast, wie willst du dich da wehren? Du müsstest den ganzen Staat von unten nach oben kehren, bist du deine Suppe hast. Wenn für dich keine Arbeit zu finden ist, wie sollst du dich da wehren? Wenn du erst dein eigener Arbeitgeber bist, ist Arbeit für dich zur Genüge vorhanden. Keiner wird über deine Schwäche mehr lachen, wenn die bisher Missachteten eine große Macht sind.


    Der Sprecher scheint die Frau auf Schritt und Tritt zu verfolgen, denn er plaudert alles aus, was sie bedrückt. Im April 1905 hört Pelagea Wlassowa, dass ihr Sohn Flugblätter in der Fabrik verbreiten will. Der junge Mann hat sich der Polizei bereits verdächtig gemacht. Um ihn zu schützen, verkleidet die Mutter sich als Gurkenverkäuferin und übernimmt mit angeborener Geschicklichkeit unter diesem Deckmantel selbst die Verteilung der Drucksachen. Durch die Flugblätter aufgeklärt, lehnen die Arbeiter gegen den Rat ihrer Gewerkschaftsführer die unzulänglichen Zugeständnisse des Unternehmens ab.


    3
    Der zerrissene Rock
    hat in erster Linie symbolischen Wert, denn wenn etwas erklärt werden soll, was schwer oder gar nicht zu erklären ist, benutzt man ein Gleichnis. Also, wenn der Rock zerfetzt ist, dann muss mit allen Mitteln Abhilfe geschaffen werden. Man rennt zu der Stelle, die zum Ausbessern von Röcken zuständig ist und steht frierend im Regen und wartet. Schließlich kommt man im Triumph zurück, doch was hat man in der Hand? Nicht etwa den ausgebesserten Rock, sondern nur einen Flicken. So ist das auch, wenn der Mensch Hunger hat. Mit leerem Magen steht er an und wartet. Schließlich kommt er mit einer Scheibe Brot zurück. Aber wo ist der ganze Laib? Der mündige Bürger will keinen Flicken, sondern den ganzen Rock, er will keine Schnitte, sondern das ganze Brot. Er braucht auch keinen Arbeitsplatz, sondern die ganze Fabrik. Um was es geht, ist nun vernünftig erklärt, so dass auch der Dümmste es versteht.


    Der Sprecher berichtet, dass Pelagea Wlassowa zum ersten Mal an einer Demonstration teilnimmt, nachdem es infolge des Streiks zu Verhaftungen gekommen ist. Ein Arbeiter schildert die Turbulenzen während der Demonstration. Pelagea Wlassowa marschierte dicht hinter ihrem Sohn, der die rote Fahne trug. Als sie auf dem Erlöserboulevard angekommen waren, schrie plötzlich eine Stimme, dass der Wimpel zu verschwinden habe. Was soll das heißen? Die Fahne muss hochgehalten werden, besonders wenn sie rot ist, damit alle sie sehen können. So lange die Welt besteht, wird sie immer gesehen sein.


    4
    Gedanken über die rote Fahne
    schließen sich an. Immer wieder wird man sie sehen. Ob gern oder ungern, richtet sich nach der Einstellung, die man zu ihr hat. Die Stellung des Einzelnen im Kampf wird ausschlaggebend sein. Dieser kann nicht anders als mit dem vollständigen Sieg der Unterdrückten aller Länder enden.


    Der Sprecher, dem das Schicksal einer Mutter niemals gleichgültig ist, berichtet nun von einem kleinen Missgeschick. Wegen der Vorgänge bei der Demonstration zum 1. Mai ist Pawel Wlassow zu Gefängnis verurteilt worden. Die Mutter ist nun allein und ein Freund ihres Sohnes bringt sie zu einem Lehrer, der die Hilflose – so scheint es ihm – voller Mitgefühl bei sich aufnimmt. Wenige Wochen später ist seine Küche voll von Proleten aus der Nachbarschaft, denn Pelagea Wlassowa hat Propagandamaterial verteilt. Die Menschen sind geteilter Meinung. Die einen behaupten, der Kommunismus sei ein Verbrechen und die anderen glauben, es sei etwas Wahres dran und gut für sie.


    5
    Lob des Kommunismus
    ist der folgende Song übertitelt. Was spricht eigentlich gegen den Kommunismus? Er ist vernünftig und jeder versteht ihn. Wenn du selbst kein Ausbeuter bist, kannst du ihn auch begreifen. Für dich ist er in jedem Fall gut, du musst dich nach seiner Beschaffenheit genau erkundigen. Nur die Dummköpfe nennen ihn dumm und nur die Schmutzfinken nennen ihn schmutzig. In Wirklichkeit ist er gegen den Schmutz und gegen die Dummheit. Er bedeutet das Ende der Tollheit und bringt Ordnung in das Chaos.


    Der Sprecher, der Pelagea Wlassowa wie ein Spuk verfolgt, berichtet, dass es ihr gut gehe. Im Alter von 45 Jahren lernt die Mutter noch das Lesen zusammen mit jungen und alten Arbeitern aus der Nachbarschaft. Man sieht, dass Lehrer ein Segen für die Menschheit sind. Eigentlich wollte Nikolai sein Wissen gar nicht weitergeben – er leidet nämlich an Weltschmerz, aber die Arbeiter haben gierig danach gegriffen.


    6
    Lob des Lernens!
    Das Begreifen ist für Leute, die rechtzeitig kommen, einfach. Niemals ist es zu spät. Das ABC allein genügt nicht, du musst alles wissen, damit du deiner Aufgabe nachkommen kannst, wenn dir eines Tages eine Führungsposition angetragen wird. Der Obdachlose soll die Schule aufsuchen. Der Frierende soll sich Wissen verschaffen und der Hungernde ein Buch zur Hand nehmen. Lernen kannst du überall, im Asyl, im Gefängnis und in er Küche. Niemand soll sich scheuen, zu fragen. Wenn die Antwort nicht zufriedenstellend ist, kann der Wissbegierige auch selbst nachschlagen.


    Pelagea Wlassowa ist in Sorge um ihren Sohn, der im Gefängnis sitzt, aber auch mächtig stolz, weil er vonnöten ist.


    7
    Das Lob des Revolutionärs
    sollte zur Gewohnheit werden, weil er den Kampf um den Lohngroschen, um das Teewasser und die Macht im Staates organisiert. Dort, wo Unterdrückung herrscht, wird er seinen Mund aufmachen. Wohin sie ihn jagen, herrscht Aufruhr und von wo er verjagt wurde, bleibt die Unruhe. Nur er erkennt, ob die Kammer zu klein und das Essen gut genug ist. Wo er sich zu Tisch setzt, sitzt die Unzufriedenheit gegenüber.


    Pelagea Wlassowa besucht ihren Sohn im Gefängnis und findet ihn ungebrochen.


    8
    Im Gefängnis zu singen
    fällt leicht, wenn man seine Ideale hochhält. Die Justiz verfügt über Gesetzbücher und Verordnungen. Die Richter bekommen viel Geld und sind zu allem bereit. Der Klerus und die Professoren sind auch nicht unterbezahlt, die Staatsmänner gar nicht erst eingerechnet. Alle haben nichts anderes im Sinn, als den Genossen klein zu kriegen, weil sie die Wahrheit fürchten. Eines Tages werden sie sehen - es könnte schon bald sein - dass Kanonen sie nicht schützen werden und alles Getue ihnen nichts nützt. Selbst, wenn sie „Halt“ schreien, treffen sie auf taube Ohren, denn das Volk wird sich erheben.


    Die Landarbeiter rühmen Pelagea Wlassowa, weil sie sich beim Bündeln des Getreides und dem Einsammeln der Feldfrüchte besonders hervorgetan hat. Aus dem Gefängnis hatte Pawel schriftliche Anleitungen verteilen lassen.


    9
    Ein Lob der Wlassowas
    ist nun aber wirklich an der Zeit. Die Genossin ist eine gute Kämpferin, fleißig, listig und zuverlässig. Zuverlässig und listig gegen den Feind und umtriebig bei der Agitation. Obwohl ihr Arbeitsfeld nur klein ist, schätzt man ihre Zähigkeit. Doch sie kämpft nicht allein. Unentbehrlich sind auch die anderen, die ihren Lebensraum teilen. Eigentlich wird überall gekämpft, nicht nur in Twersk, sondern auch in Glasgow, Lyon, Chikago, Shanghai und Kalkutta. Die Wlassowas aller Länder sind gute Maulwürfe, als Soldaten der Revolution unentbehrlich für den Klassenkampf.


    Der Sprecher hält das Publikum auf dem laufenden. Pelagea Wlassowa sieht ihren Sohn wieder, als er auf der Flucht nach Finnland Twersk besucht. Er trifft sie beim Drucken illegaler Flugblätter an und nützt die wenigen Stunden, ihr dabei zu helfen. Die gemeinsame politische Arbeit hat ihr den Sohn näher gebracht. Wird Pawel lange fortbleiben? Wenn an der Basis gut gearbeitet wird nicht!
    Auch im Exil wird für die Sache gearbeitet, weil es dort ebenso wichtig ist, wie vor Ort.


    10
    Lob der dritten Sache
    Es ist überflüssig, darüber zu berichten, denn Pawel Wlassow wurde beim Versuch, die finnische Grenze zu überschreiten verhaftet und von der Polizei erschossen. Die Behörden unterrichten die Mutter.


    11
    Eine Grabrede
    wollen wir uns in diesem Report ersparen, weil die Botschaft nicht mehr interessiert. Der Wortwitz ist versandet und ödet nur noch an.


    Über Pelagea Wlassowa ist noch nachzutragen, dass der Ausbruch des Weltkrieges die Gealterte krank und elend angetroffen hat. Die Sache ist in Gefahr, doch Pelagea Wlassowa steht noch einmal auf und kämpft bis zum Umfallen.


    © 2010 TAMINO - Engelbert

  • Ein Thread über Eisler!!! Wie wunderbar! Verdanke ich ihm doch einige meiner wunderbarsten musikalischen Erlebnisse. Vor Jahren hörte ich zum Beispiel einen Liederabend des kürzlich verstorbenen Walter Raffeiner, in dem er Lieder von Schubert und Eisler im Wechsel präsentierte, auch um zu belegen, wie Eisler sich in die Tradition des deutschen Kunstlieds stellt.


    Was mich etwas wundert, ist, dass Eislers opus magnum, die Deutsche Sinfonie, hier gar nicht vorkommt! Ein grandioses Werk ist das, man hört es am besten in der Einspielung unter Adolph Fritz Guhl, dem damaligen musikalischen Leiter des Berliner Ensembles, bei Berlin Classics. Bitte nicht die Decca-Aufnahme mit Zagrosek nehmen. Der sucht das Werk und findet es nicht.
    Zwei tolle Interpreten von Eisler-Liedern möchte ich noch nennen: Irmgard Arnold, Felsensteins "Schlaues Füchslein" und Eislers Lieblingsinterpretin (gibt es bei berlin Classics) und Wolfgang Holzmair, dessen Aufnahme des "Hollywood Songbooks" leider vergriffen ist (er ist hier viel konziser und lebendiger als Goerne oder Fischer-Dieskau, der diese Lieder offensichtlich nicht sehr mag).

    Der Jugendtraum der Erde ist geträumt
    Grillparzer
    Macht nix!
    grillparzer

  • heute vor 50 Jahren gestorben:


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    Hanns (Johannes) Eisler (* 6. Juli 1898 in Leipzig; † 6. September 1962 in Ost-Berlin), war ein österreichischer Komponist, der neben seinen musikalischen Werken eine Reihe musiktheoretischer und einflussreicher politischer Schriften hinterlassen hat.


    Von 1949 bis zu seinem Tod lebte Eisler im Ostteil Berlins, wo er bis zuletzt die Meisterklasse für Komposition an der Deutschen Akademie der Künste leitete.
    Er ist der Komponist der DDR-Hymne, wofür er den Nationalpreis erster Klasse erhielt, blieb jedoch bis zu seinem Lebensende österreichischer Staatsbürger.


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

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  • Heute ist wieder sein Todestag. Dazu habe ich dies ausgesucht:



    Heute ist sein 53. Todestag.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).