Neulich wurde der Begriff "idiomatisch" im Forum "analysiert" und dann wurde diskutiert, was denn in der Musik nun "idiomatisch" überhaupt bedeute, wer hier die Regeln aufstelle was denn nun idiomatisch sei- und was nicht.
Als Beispiel einer idiomatischen Interpretation habe ich jene von Paul Badursa Schubert ins Treffen geführt, worauf Ullrich konterte
ZitatWer bestimmt denn, was idiomatisch ist? Wenn Badura-Skoda Schubert spielt, ist's idiomatisch wienerisch - mag schon sein, aber ist es auch das wienerische Idiom des Jahrs 1820??? Wenn nicht, was bringt dann die ganze Idiomatie?
Eine gute Frage, die mir einen ganzen Thread wert ist.
Eigentlich sind es ja gleich mehrere Fragen - und ich werde versuchen sie teilweise zu beantworten, bzw eine Näherung an eine Antwort zu suchen....
ZitatWer bestimmt denn, was idiomatisch ist?
Wissenschaftlich gesehen eigentlich niemand - Aber vor allem die entsprechende Gruppe in der das Idiom beheimatet ist.
Und auch hier ist die Sensibilätät dafür unterschiedlich ausgeprägt.
Wenn ich beispielsweise Schwyzerdeutsch rede - und meine Imitation ist gut , so wirde ein Österreicher -und vermutlich auch ein Deutscher die vielleicht für authentisch halten. Ein Schweizer jedoch wird entsetzt das Weite suchen (oder aber - je nach Temperament - lachen) weil er das Unidiomatische meiner Sprache heraushört. - Ein Fake gewissermaßen.
Zitataber ist es auch das wienerische Idiom des Jahrs 1820???
Vermutlich nicht - aber vermutlich nah dran. Bei Badura-Skoda ist das durchaus möglich, weil er sich ja auch musikwissenschaftlich betätigt hat.
Diejenigen, die das aber in letzter Konsequenz beurteilen könnten sind schon lange tot - und somit ist die Frage nach dem Jahre 1820 nicht mehr wirklich von Relevanz.
ZitatViel öfter begegnet uns das Wort in der Kombination "unidiomatisch" oder "völlig unidiomatisch", und ich habe den Eindruck, wenn einem Kritikaster gegen eine tolle Aufnahme, die er unbedingt verreißen will, alle Argumente ausgehen, dann holt er den großen Holzhammer heraus. Dann ist Harnoncourts Brahms oder Krivines Dvorak eben "völlig unidiomatisch" und prompt indiskutabel
Das sehe ich nicht so.
Es wird Werke geben, wo eine idiomatische Wiedergabe eher anzustreben ist.
Und es wird Werke geben, wo dies weniger von Bedeutung ist.
Es wird ferner Interpreten geben, die mittels unidiomatischer Wiedergabe zu interessanten Egebnissen kommen - andere werden das Werk dadurch zustören.
Wenn Lorin Maazel beim Neujahrskonzert Wiener Walzer dirigiert - dann ist das (trotz Wiener Philharmoniker) nicht idiomatisch - Gut ist es aber trotzdem.
Vielleicht wollt ihr das Thema an Hand existierender Tonbeispiele fortführen ?
mit freundlichen Grüßen
aus Wien
Alfred