Beethovens Klavierkonzerte

  • Nachdem ich die Aufnahmen der Klavierkonzerte mit Badura-Skoda und Scherchen jetzt ausführlich und mehrfach gehört habe: Meine Eindrücke, die ich oben bezogen aufs 3. Konzert angedeutet hatte, haben sich bestätigt: Eine wunderbare Gesamteinspielung, die ich vorbehaltlos empfehle!


    Allein die langsamen Sätze - wie die Interpreten schlicht, "klassisch" sich einlassen, klar, ohne Verschwimmen, einfühlsam - lassen mich ins Schwärmen kommen.

  • Sagitt meint:


    Schoonderwoerd ist schon so was. Klar, es klingt ganz anders. Aber im Ernst: will man einen so klapprigen Flügel hören ? Und dann nicht Michelangeli mit dem fünften, Brendel mit dem vierten ( Levine) und Zimerman mit dem dritten ?


    Die Begleitung finde ich ja interessant. Die Kombination von vollem Bläsersatz quasi mit Streichquartett, aber das Piano ?? Nee

  • Verehrter Sagitt


    So gerne will ich Dir recht geben: Schoonderwoerd und seine Band mag ja interessante Einblicke eröffnen, aber der Klang des Flügels ist einfach schauderhaft und das Ensemble ... klingt dürftig. Ich muss gestehen, dass ich keine Gesamtaufnahme kenne, die mich wirklich befriedigt.
    Wann um Himmels Willen bequemt sich Grigoriy Sokolow zu einer neuen Serie, bitte, biittteee!


    Mit liebem Gruss aus Bern, Walter

  • Zitat

    Original von sagitt
    Schoonderwoerd ist schon so was. Aber im Ernst: will man einen so klapprigen Flügel hören ? Und dann nicht Michelangeli mit dem fünften, Brendel mit dem vierten ( Levine) und Zimerman mit dem dritten ?


    Ja, ich will den klapprigen Flügel hören!!!!
    Nicht, daß ich deswegen Kempff oder Brendel in die Tonne werfen würde, aber das Erlebnis Schoonderwoerd möchte ich nicht missen.


    Ich empfehle Dir als Fan der Winterreise mal einen Blick auf die Kombination Jörg Mammel/Artur Schoonderwoerd. Ein Erlebnis!

  • Hallo!


    Ich habe mir gestattet, an besonderer Stelle zu antworten.


    :hello:


    Ulli

    Als Pumuckl sich zum Frühstück noch ein Bier reingeorgelt hat, war die Welt noch in Ordnung.
    (unbekannt)

  • Zitat

    Original von Robert Stuhr
    Ich empfehle Dir als Fan der Winterreise mal einen Blick auf die Kombination Jörg Mammel/Artur Schoonderwoerd. Ein Erlebnis!


    Völlig d'accord. Obwohl ich diesem Gespann die Aufnahme der Winterreise mit Christoph Prégariden und Andreas Staier vorziehe:

    Prégardien artikuliert noch klarer, Staier entlockt dem Instrument noch mehr Farben.


    hoppla, bin ich jetzt etwa OT gelandet??? :angel:


    Liebe Grüße, Ulrich


  • Lieber Bernhard,


    diese CD ist die Tamino Einspielung des vergangenen Jahres. Sie ist hervorragend. Das 5. Klavierkonzert ist eines meiner Lieblingskonzerte überhaupt. Diese Einspielung konkuriert bei mir mit der von Alfred Brendel :jubel: und sie ist nicht nur würdig im gleichen Atemzug genannt zu werden, sondern sie ist m.E. noch besser.


    LG


    Maggie


    PS: Auch ich bin ein bloßer Genußhörer und Anfänger auf dem Gebiet der klassischen Musik. Dennoch ist mir aufgefallen, dass ich mit meinen rein subjektiven Einschätzungen oft genau richtig lag. Dank Tamino habe ich in den wenigen Monaten meiner Mitgliedschaft wahnsinnig viel dazugelernt. Ich hoffe es wird Dir genauso gehen.

  • Klar, wenn es so klingt, wie auf der Schonderwoord-Aufnahme.


    Mit Sokolov und -gleich dazu Radu Lupu- bin ich dabei, wobei ich von Letzterem eine Aufnahme habe, ich glaube, mit einem israelischen Orchester


    Gruß aus Bonn :hello:

    Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinem andern zu

  • Hallo Beethoven-KK-Freunde,


    seit ein paar Tagen habe ich die EMI-Aufnahmen der KK mit
    Weissenberg / Karajan (EMI, 1974/77, ADD).


    **Die Aufnahmen haben durch das neuere EMI-Remastering hervorragend klangliche Aufbereitung erfahren.
    **Karajans Orchsterbegleitung ist voll OK und läßt das Klavier sehr schön in den Orchesterklang einfügen.
    **Obwohl vor den Aufnahmen keine Proben und Absprachen erfolgten -
    (Karajan kennt seine Partitur, Weissenberg seinen Klavierpart) entstand eine Aufnahme, die sehr einheitlich wirkt. Nicht umsonst hat er nur mit Weissnberg alle 5Konzerte als GA aufgenommnen - er hatte sich Weissenberg dafür ausgesucht.


    8) Aber ich bin dennoch mit den Aufnahmen nicht 100% glücklich.
    Weissenberg zeigt für meinen Geschmack zu wenig Emotion und Gefühl. Das Klavier "perlt" nicht, der Anschlag hat oft zu wenig Ausdruckskraft. Vieles bleibt unterbelichtet. Wo ist der dramatische Zugriff ?
    Wirkt das Ganze gar kühl ?
    Am Besten gefällt mit noch die Aufnahme des KK Nr.4.



    Ich habe gestern meine Favoriten
    Brendel/Haitink (Philips)
    Fleisher/Szell (CBS/SONY)
    passagenweise zum Vergleich aufgelegt- - - that´s Beethoven.


    :( An Beide kommen Weissenberg/Karajan IMO nicht heran.

    EMI, 1974/77, ADD


    -----------------------------------------


    Nun drei Fragen an die Schoonderwoerd - Bewunderer:


    Wie ist diese GA zu beurteilen ?


    Ist das "HIP-Kram" oder haben wie einen sinfonischen Beethoven mit straffem dramatischem Zugriff ( an den Stellen, wo es angebracht ist) ?


    Wenn man die Fleisher/Szell-Aufnahmen liebt, kann dann Schoonderwoerd/Christfori punkten ?

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Zitat

    Original von teleton
    Nun drei Fragen an die Schoonderwoerd - Bewunderer:


    Wie ist diese GA zu beurteilen ?


    Ist das "HIP-Kram" oder haben wie einen sinfonischen Beethoven mit straffem dramatischem Zugriff ( an den Stellen, wo es angebracht ist) ?


    Hallo nach Bonn,


    Du müsstest schon präzisieren, auf was sich Deine Fragen beziehen!? ?(


    Die von Dir genannten Einspielungen sind jedenfalls kein "HIP-Kram", sondern "HvK-Kram" :D - und auch keine GA [ich erkenne bloß "3 & 5"]...


    Verwirrte Grüße
    Ulli

    Als Pumuckl sich zum Frühstück noch ein Bier reingeorgelt hat, war die Welt noch in Ordnung.
    (unbekannt)

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Zitat

    Original von teleton
    Ist das "HIP-Kram" oder haben wie einen sinfonischen Beethoven mit straffem dramatischem Zugriff ( an den Stellen, wo es angebracht ist) ?


    Wenn man die Fleisher/Szell-Aufnahmen liebt, kann dann Schoonderwoerd/Christfori punkten ?


    Lieber Wolfgang,


    siehe Ulli ... und dann entgeht mir noch der Sinn des "oder", da "HIP-Kram" :baeh01: ja keinen Gegensatz oder nicht mal eine Abweichung zu sinfonischem Beethoven mit straffem dramatischem Zugriff an den Stellen, wo es angebracht ist, darstellt (HvK-Kram von 1974 allerdings auch noch nicht zwingend :D ).


    Aber gleich auch zu Deiner zweiten Frage: natürlich kann Schoonderwoerd punkten, wenn Du Fleisher/Szell liebst, ich würde sagen, gerade dann ... :yes:


    Liebe Grüße, Ulrich

  • Hallo Ulrich und Ulli,


    Danke für Deine Antwort.
    Meine Frage bezog sich nur auf die hier so bewunderten Schooderwoerd-Aufnahmen. Ich glaube das hat Ulli falsch verstanden, da er was von HvK-Kram schreibt.
    Die HvK/Weissenberg-EMI-GA habe ich ja vorliegen und da habe ich mir die Antwort schon selber gegeben, dass ich damit nicht sehr glücklich bin -
    es fehlt mir da einfach an Brillanz.


    Ich wollte nur feststellen, ob ein Schoonderwoerd-Kauf mich auch enttäuschen würde wie jetzt Weissenberg.


    Vielleicht habe ich mal die Gelegenheit oder sogar das Glück mal Schooderwoerd zu hören, da diese nach Ulrichs Eindruck voll punkten kann.
    Ich werde mal sehen, denn die Begeisterungen hier machten mich neugierig.


    Es ist richtig, das HIP einen sinfonischem Beethoven mit straffem dramatischem Zugriff nicht ausschließt, obwohl ich mit HIP keine begeisternden Erfahrungen gemacht habe --- daraus resultiert mein Vorurteil, das klar in meiner Frage von gestern steckte !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Zitat

    Original von teleton
    Vielleicht habe ich mal die Gelegenheit oder sogar das Glück mal Schooderwoerd zu hören, da diese nach Ulrichs Eindruck voll punkten kann.
    Ich werde mal sehen, denn die Begeisterungen hier machten mich neugierig.


    Hallo!


    Nichtsdestotrotz ist die Einspielung natürlich umstritten. Und ja - es ist "HIP-Kram". Aber Du hast ja Gelegenheit, via jpc oder amazon Hörbeispiele zu begutachten und in einem vernünftigen Plattenladen die CD etwas eingehender zu studieren.


    Achja: Das Fortepiano perlt m. E. :D


    Viel Erfolg weiterhin


    Ulli

    Als Pumuckl sich zum Frühstück noch ein Bier reingeorgelt hat, war die Welt noch in Ordnung.
    (unbekannt)

  • Lieber Wolfgang,


    im Ernst: wenn Du Dir die Fred-Äußerungen zu der Schoonderwoerd-Einspielung einmal zu Gemüte führst, wirst Du feststellen, dass sich die Aufnahme gerade nicht durch "sinfonischen" Zugriff auszeichnet; allerdings schon durch hohen dramatischen Impetus, wie ich finde.


    Es wird zwar mit vollem Bläsereinsatz, aber einer extrem reduzierten Streichergruppe gearbeitet. Das heißt, wenn die Orchesterstärke bei Szell Dir als der einzig gültige Ansatz erscheint, scheidet Schoonderwoerd quasi von vorneherein für Dich aus - ein Gedanke war, mit einer Besetzungsstärke zu arbeiten, die im Eroicasaal des Palais Lobkowitz in Wien Platz gehabt hätte, und der ist nunmal nicht groß, ohne Klaviereinsatz gerade mal für 28 Musiker (-> Ensemble 28/Grossmann). Insofern meinte ich auch, dass Schoonderwoerd gegen Fleisher/Szell punkten kann: Das ist von der Orchestergestaltung sozusagen das komplette Gegenteil und schon von daher eine reizvolle Alternative - kommt auf Dich an, ob Du zum Hörexperiment bereit bist ... :beatnik:


    Das Perlen dieses Fortepianos ist allerdings einzigartig ... :angel:


    Wie Ulli schon sagt, da hilft nur probehören - Frau Schulz bei der Gilde-Buchhandlung auf der Poststraße ist doch bestimmt gerne bereit, die CD einmal zum Anhören herein zu bestellen.


    Liebe Grüße, Ulrich

  • Einer muß doch mal nicht einverstanden sein mit Schoonderwoerds Aufnahme von Beethovens KK 4 + 5.
    Diesmal bin ich es.


    Ich unterscheide zwei Aspekten der CD: 1. Die Ausführung und 2. die technische Aufnahme.


    1. Die Ausführung finde ich sehr, seehr gut. Die 1. Violine mit nur eine Violine besetzen, macht das musikalische Bild dann auch komplett anders als man gewöhnt ist.


    Aber...


    2. Die Aufnahme finde ich einfach "horrible". Viel zu direkt. Ich saß mitten im mini-Orchester. Als die Bläser begannen, war das soo laut, daß meine Ohren schmerzten. Ich habe es bis halbwegs Teil 2 des KKs 4 gebracht, und dann abgeschaltet. Schon früher sagte ich, daß ich immer mehr Mühe mit Beethoven habe, weil er so "lärmend" schrieb.


    Diese CD hätte wunderbar sein können. Ich besitze soviel CDs wobei die Technik eine bessere Balance gelungen ist. Schade um diese Ausführung.


    LG, Paul

  • Hallo!


    Zitat

    Original von musicophil
    Einer muß doch mal nicht einverstanden sein mit Schoonderwoerds Aufnahme von Beethovens KK 4 + 5.


    Tsssk! Gegen die eigenen Landsleute...


    Es zwingt Dich ja niemand... aber Du bist nicht allein [siehe Links weiter unten]


    Zitat

    2. Die Aufnahme finde ich einfach "horrible". Viel zu direkt.


    Gerade die Direktheit ist ja wunderbar! Für mich jedenfalls, der ich eine möglichst gute "Kopie" eines Live-Erlebnisses nacherleben möchte, ist das genau richtig. Da ich jetzt auch den Vergleich Live/Konserve hatte, fühle ich mich bestätigt.


    Zitat

    Diese CD hätte wunderbar sein können.


    Sie ist es.


    :hello:


    Ulli

    Als Pumuckl sich zum Frühstück noch ein Bier reingeorgelt hat, war die Welt noch in Ordnung.
    (unbekannt)

  • Zitat

    Diese CD hätte wunderbar sein können.


    Nein lieber Paul,


    Diese CD IST wunderbar.


    Beethoven ist nun mal kein "beruhigender" oder "sanfter" Komponist.


    Ich finde auch die Klangbalace ganz vorzüglich getroffen - und ich kannte die Werke schon in sogenannten "HIP" Einspielungen als es HIP als Begriff noch gar nicht gab.
    Beispielsweise die Aufnahme mit dem Collegium Aureum und Jörg Demus (der an sich ein hervorragender Pianist ist) auf einem Graf-Flügel.
    Ich fand damals diese Aufnahme ein wenig zu brav und wenig überzeugend. Leider kann ich sie zurzeit nicht hören, einerseits finde ich sie nicht - andreseits habe ich derzeit keinen funktionierenden Plattenspieler und keinen Entzerrer-Vorverstärker......


    Ganz anders hier die Schoonderwoerd-Aufnahme:
    Ein interessant klingender Flügel, ein inspiriertes Orchester, der Kunstkniff mit der Minibesetzung - welcher des öfteren zu völlig neuen (positiven) Klangeindrücken führt.
    Widerstand könnte sich regen, wenn man verkünden würde, dies wäre nun die "richtige" Art diese Werke zu interpretieren. Aber das ist nicht der Fall: Es ist IMO jedoch eine interessante hörenswerte Alternative, die (mich) rundum überzeugt.


    mfg aus Wien


    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Man muss bei der Schoonderwoerd-CD zunächst einmal sehr deutlich zwischen der Aufnahme des 4. und der des 5. Klavierkonzerts differenzieren.


    Das 4. Klavierkonzert ist im Lichte der gewählten Aufführungsanordnung streckenweise durchaus gut und vor allem interessant gelungen. Besonders der Beginn des 2. Satzes ist hier sehr hörenswert. Eine interessante Neuformulierung eben, wenngleich sich natürlich der Eindruck aufdrängt, dass HIP mit dieser Aufführungsanordnung, die sich bereits weiter etwa von Harnoncourt entfernt hat, als dieser sich von den traditionellsten bzw. romantisierendsten Lesarten eines Furtwängler oder Walter unterscheidet, in eine Art exzessive Endphase eingetreten ist.


    Die Aufnahme des 5. Klavierkonzerts erscheint mir dagegen misslungen. Der großen Anlage dieses Klavierkonzerts kann diese Besetzung von vornherein nicht wirklich gerecht werden. Oftmals, etwa zu Beginn des 3. Satzes, schafft es die Minibesetzung dieser Aufnahme dennoch, diffuser zu klingen als ein herkömmliches Orchester in großer Besetzung. Sehr störend ist nebenbei bemerkt auch, dass der Dirigent in der Aufnahme des 5. Klavierkonzerts bei jedem Einsatz hörbar atmet.


    Der „Flügel“ erinnert mich in beiden Klavierkonzerten mit seinem harten, dürren, schnell verklingenden, klirrenden, unausgewogenen Klang regelmäßig an eine Kreuzung aus einer Spieldose und einer Harfe.


    Aber das ist alles recht subjektiv und letztlich nicht entscheidend. Wichtiger ist, dass die ach so informierte Aufführungspraxis in ihren Besonderheiten hier herzlich uninformiert daherkommt und angenommen werden darf, dass Beethoven selbst vor dem Hintergrund der heutigen Möglichkeiten wohl sehr betrübt über das klangliche Ergebnis dieser Einspielungen wäre:


    Die Größe der Besetzung ist zunächst und vor allem einmal eine Funktion des Raumes. Darin sind sich von Furtwängler, über Karajan bis Harnoncourt eigentlich alle einig. Ein absolutes Richtiger oder Falscher lässt sich hier also kaum festmachen. Zweifel an der gesteigerten Authentizität der Schoonderwoerd-Aufnahmen kommen aber insofern auf, als schon für die Beethovenzeit regelmäßig stärker besetzte Orchester überliefert sind und vor allem Beethoven selbst an größtmöglicher Besetzung interessiert war. Ein paar Beispiele: Privatkonzert Haus Fürst Schwarzenberg 1792 Streicher 6-6-4-3-3, Bläser einfach; Konzert Festsaal der Universität Wien 1808 Streicher 13-12-7-6-4, Bläser einfach; Orchester Theater an der Wien 1808 Streicher 12-4-3-3, Bläser je zweifach, insgesamt 35 Spieler; Redoutensaal 1815 Streicher 36-14-12-17 (17 Bässe(!)); Konzert der Tonkünstler-Societät (Christus am Ölberge) 1817 Streicher 20-20-8-7-7, Bläser doppelt und dreifach; 1824 (9.Sinfonie) Streicher 24-10-12-12. Dies spricht zum einen für wesentlich größere und zum anderen für immer größer werdende Besetzungen.


    Das Tempo in der Schoonderwoerd Aufnahmen unterscheidet sich nicht wesentlich von dem herkömmlicher Einspielungen.


    Die Besonderheiten liegen hier vielmehr in der Artikulation und Phrasierung des musikalischen Textes, die maßgeblich auch von der Beschaffenheit der verwendeten Instrumente geprägt sind. Im Vordergrund steht hier naturgemäß der verwendete, zeitgenössische Flügel.


    Die „normale“ Artikulation zu Beginn des 19. Jahrhunderts lag etwa zwischen legato und staccato. Beethoven selbst hat dabei in seinem Klavierspiel das stärkere Legato von Clementi übernommen. Auch Bindebögen deuten zur Zeit Beethovens eher auf eine Legato-Spielweise hin als auf die Art der Phrasierung. Beethoven bevorzugte so auch Flügel mit einem tendenziell klaren und sanften Ton (Wiener Mechanik). Czerny berichtet von dem ausgesprochen gebundenen Vortrag Beethovens, dessen Legato auf die Zuhörer einen beinahe zauberhaften Eindruck gemacht habe, trotz und gerade wegen der in dieser Hinsicht unzureichenden zeitgenössischen Instrumente, über die sich Beethoven auch zeitlebens beklagte. Berichten und Fingersätzen zufolge ist davon auszugehen, dass Beethoven mit runden Fingern und gleitenden Bewegungen, bei denen die Finger stets die Tasten berührten, einen ausgesprochen kantablen Stil anstrebte, der im wesentlichen legato war. Mozarts Spielweise etwa nannte er „gehackt“. Bei Schoonderwoerd kann man von diesen Beethoven’schen Vorstellungen nichts hören. Der Flügel klingt objektiv – aber vor allem auch für unsere heutigen Ohren – alles andere als legato, voll, sanft bzw. ausdrucksvoll. Eben eher wie eine harte, metallische Harfe. Natürlich müssen bei Einspielungen der Klaviermusik Beethovens auch die Besonderheiten und Unterschiede moderner Konzertflügel berücksichtigt werden und etwa zu Beginn des 2. Satzes des 3. Klavierkonzerts oder während des gesamten 1. Satzes der „Mondscheinsonate“ Kompromisse geschlossen werden, insgesamt dürfte aber Beethoven mit den so entstehenden Klangergebnissen wie erwähnt weitaus mehr einverstanden sein, als mit der Schoonderwoerd’schen „Spieldose“. 1826 schreibt Beethoven Holz gegenüber im Hinblick auf den Klang der zeitgenössischen Klaviere: „Es ist und bleibt ein ungenügendes Instrument“.


    Fazit: Besetzung und Flügel bei Schoonderwoerd schon unter HIP-Gesichtspunkten sehr fragwürdig. Ihren Zweck erfüllen diese Aufnahmen vor allem als abwechslungsreiche Kuriositäten in den Ohren übersättigter, nach dem Nie- bzw. Unerhörten lechzender Klassikkonsumenten.


    Loge

  • Zitat

    Original von Loge
    Fazit: Besetzung und Flügel bei Schoonderwoerd schon unter HIP-Gesichtspunkten sehr fragwürdig. Ihren Zweck erfüllen diese Aufnahmen vor allem als abwechslungsreiche Kuriositäten in den Ohren übersättigter, nach dem Nie- bzw. Unerhörten lechzender Klassikkonsumenten.


    Hallo,


    Deine Ausführungen sind zwar sehr hübsch und angenehm zu lesen, aber inhaltlich kann ich da überhaupt kaum zustimmen. Die Besetzungsgröße ist keinesfalls fragwürdig, sondern erwiesen: Das Konzert Nr. 4 wurde im Palais Lobkowitz in eben dieser, ggfs. leicht variierten, Besetzungsgröße aufgeführt - zudem von Beethoven selbst. Es handelt sich vielleicht um eine der vielen Ausnahmen und es mag Beethovens Vorstellungen nicht unbedingt entsprochen haben, aber dennoch entspricht es absolut der historischen Aufführungspraxis. "HIP" beschreibt die historisch informierte Praxis und nicht die Phantasie des Komponisten. Um die Letztgenannte umzusetzen, sind doch eher die modernen großen Orchester da (?) - es handelt sich also um eine bestimmte aus einem Pool von historischen Praktiken herausgegriffene solche.


    Zudem erinnert der Klang des Hammerflügels für mich alles andere als wie eine "Kreuzung aus einer Spieldose und einer Harfe" - er ist silbrig, sehr vielseitig und perlend. Ich habe ihn live gehört und kann keinen Unterschied zu der Aufnahme feststellen. Aber das dürfte insgesamt eher Geschmacksache sein.


    Zitat


    Sehr störend ist nebenbei bemerkt auch, dass der Dirigent in der Aufnahme des 5. Klavierkonzerts bei jedem Einsatz hörbar atmet.


    Ja? Komisch. Ich höre nichts. Das mag daran liegen, daß es ja auch keinen Dirigenten gibt. Mir jedenfalls ist Schoonderwoerd nicht vier-, sondern nur zweihändig begegnet. Und diese beiden Hände beflügelten die Elfenbeitasten des grandiosenFortepiano. Im Ernst: Es hat den Eindruck, daß Du mit Kopfhörern hörst. Dafür halte ich solche ziemlich direkten Aufnahmen für absolut ungeeignet.


    Und eigentlich war für Schoonderwoerd ein Extrathread vorgesehen:


    Arthur Schoonderwoerd | Ensemble Cristofori


    Vielleicht fühlt sich ein Moderator berufen, die entsprechenden Beiträge zu verschieben?


    :hello:


    Ulli



    Es gibt leider keine "entsprechenden" Beiträge.
    Dieser Thread ist "gewachsen" - er ist beim Thema geblieben - zugegebenermaßen mit Themenschwerpunkt Schoonderwoerld.
    Ein "Ausschneiden " ist in diesem Falll ziemlich schwierig - und eigentlich gibt es dafür auch keinen Grund.


    Der Thread "Schoonderwoerd wird unabhängig davon weiterwachsen.


    MOD 001 Alfred

    Als Pumuckl sich zum Frühstück noch ein Bier reingeorgelt hat, war die Welt noch in Ordnung.
    (unbekannt)

  • Lieber Ulli,


    Zitat

    Original von Ulli
    "HIP" beschreibt die historisch informierte Praxis und nicht die Phantasie des Komponisten. Um die Letztgenannte umzusetzen, sind doch eher die modernen großen Orchester da (?) - es handelt sich also um eine bestimmte aus einem Pool von historischen Praktiken herausgegriffene solche.


    Ein spannender Punkt. Hier kann ich nicht zustimmen. In aller Kürze: Die historisch informierte Praxis ist u.a. entstanden aus dem erklärten Bestreben, "Wahrheit" über "Schönheit" zu stellen. Gesucht wird also vor allem auch Wahrheit. Allerdings geht es natürlich um Wahrheit in der Kunst, nicht bloß ihrer (zufälligen) Praxis. Wofür sollte das auch nützen. Auch der HIP-Bewegung geht es letztlich darum, die künstlerischen Intentionen des Komponisten (authentisch) zu realisieren. Dabei geht man zunächst von den (technischen) Bedingungen aus, unter denen Aufführungen stattfanden (Ort, Besetzung, Instrumente, Stimmungen, Konventionen betreffend Tempo, Verzierungen, Notation etc.). Dies alles aber ist Teil der großen Frage nach den künstlerischen Intentionen des Komponisten, die sich in drei Stufen unterteilen lassen: Nur die 1. Stufe betrifft die vorgenannten technischen Aspekte. Auf der 2. Stufe geht es um die Klangvorstellungen des Komponisten. Die 3. Stufe befasst sich mit der beabsichtigten Wirkung der Musik (zu erheben, zu rühren, zu inspirieren, zu unterhalten etc.). Auch HIP muss, wenn sie ihrem eigenen Programm gerecht werden will, natürlich alle drei Stufen berücksichtigen. Die 3. Stufe ist dabei in der Kunst die Wichtigste. Setzt eine Aufführung einseitig nur die Intentionen der 1. Stufe um (evtl. identisch mit der herrschenden Praxis), so kann sie damit auf der 3. Stufe scheitern. Umgekehrt kann man auf der entscheidenden 3. Stufe nur zu überzeugenden (aktuell zeitgemäßen) Ergebnissen kommen, wenn man Teile der 1. Stufe außer Acht lässt. In diesem Sinne geht übrigens der weise gewordene HIP-Meister Harnoncourt vor, der damit allerdings die Verbindung zu Teilen seiner Bewegung verloren zu haben scheint.


    Zitat

    Ja? Komisch. Ich höre nichts. Das mag daran liegen, daß es ja auch keinen Dirigenten gibt...Im Ernst: Es hat den Eindruck, daß Du mit Kopfhörern hörst.


    Recht hast Du mit Deiner Vermutung, dass ich die CD mit Kopfhörer gehört habe. Allerdings habe ich eben im Schoonderwoerd-Thread gelesen, dass ein anderer Hörer ebenfalls von den Nebengeräuschen gestört war. Das Atmen taucht vor allem auf, wenn der Pianist in seiner Doppelfunktion als Dirigent dem Orchester die Einsätze gibt. Also vielleicht doch mehr als eine Idiosynkrasie meinerseits.


    Loge

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  • Zitat

    Original von MOD 001 Alfred

    Es gibt leider keine "entsprechenden" Beiträge.


    Hm. Dann bin ich blind. 8) - Man beachte nur mal die Postingüberschriften. :pfeif:



    Also, dattsehichgenauso. ADMIN 08/15 NERO

    Als Pumuckl sich zum Frühstück noch ein Bier reingeorgelt hat, war die Welt noch in Ordnung.
    (unbekannt)

  • Wartend auf oben genannte neue Einspielung des 3. Klavierkonzertes habe ich beim Durchhören von Guilinis Aufnahmen die von Michelangeli-Gulini mit den Wiener Ph. (Op. 15 und Op.37) wieder gehört.


    Was die beiden gemacht haben, gefällt mir vor allem bei Op. 15 sehr. Es ist eigenwillig, temperamentvoll gespielt. Es fällt mir nicht schwer, mir den jungen "störrischen" Beethoven so spielend vorzustellen.
    Gulini muß die Marotten seines Partners gut gekannt haben. Selten hört man ein so "harmonisches" Zusammenspiel, d. h. nicht geglättet, sondern durchaus im Sinne eines Konzerts, also einer Auseinandersetzung, eines Wettstreits.


    Nun bin ich gespannt auf das 5., daß ich doch gefunden und bestellt habe.


    Seit ich die Texte von Litwin über Op.15 kenne, warte ich auch immer im 2. Satz auf den Walzer, der bei Michelangeli auch kommt, wenn auch nicht in Wiener-Walzer-Manier, sondern ein bißchen wie ein Tanzbär, aber irgendwie humorvoll.


    Lieben Gruß aus Bonn :hello:


    Weiß jemand, ob es von Michelangeli-Guilini auch das 4. Konzert gibt?

    Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinem andern zu

  • Zitat

    Original von Stabia
    Weiß jemand, ob es von Michelangeli-Guilini auch das 4. Konzert gibt?



    Nein, leider nicht. Aus irgendwelchen Gründen haben Michelangeli und Giulini für die DG nur die Konzerte 1, 3 und 5 aufgenommen.


    Das Fünfte war ja eines der Lieblingsstücke von Michelangeli (ich finde die DG-Aufnahme auch ganz hervorragend). Für das Vierte hat er wohl nicht soviel übrig gehabt: es ist mit ihm nur einmal aufgezeichnet worden, in den 70er Jahren mit einem Belgrader Orchester.



    Viele Grüße


    Bernd

  • Liebe Beethoven-Freunde,


    durch Übernahme einer Klassik-CD-Sammlung ist mir die
    Giles/Masur-Aufnahme (Brillant) in die Hände gefallen, die auf 6CD´s auch die wichtigsten Beethoven - Sonaten enthält.
    Es spielt das Staatliche SO der UDSSR Moskau.
    Die KK-Aufnahmen sind LIVE vom Dezember 1976.
    Klanglich sind diese in Stereo, haben aber nicht das hohe Klangniveau von Westaufnahmen aus dieser Zeit; eben so, wie man es von den Russen aus dieser Zeit nicht besser gewohnt ist.
    :angel: Aber Klang beiseite --- was Gilels am Klavier abliefert und auch der sonst gerne gescholtene Masur mit den russischen Orchester an Beethoven abliefert ist mit einem Wort gesagt - Klasse !
    Gilels lupenreine, klare, starke, mannhafte Interpretation finde ich ausgezeichnet und begeisterungswürdig.
    Meine Meinung gebe ich einfach "aus dem Bauch heraus" wieder - ohne hier eine Analyse a´la Loge abzugeben.
    **** Gilels -das nenne ich einen idealen Interpretationsansatz für Beethoven.



    Emil Gilels, Staatliches SO der UDSSR Moskau, Kurt Masur
    Brillant, 1976-1984, LIVE, ADD Stereo


    Meine Favoriten-GA Fleisher/Szell (SONY) und Brendel/Haitink (Philips) möchte ich damit zwar nicht in Frage stellen, aber Gilels/Masur (Brillant, 1976) stellen eine Alternative dar, die ich nicht mehr missen möchte.


    Ich hatte es ja, wie hier berichtet dieses Jahr mit Weissenberg/Karajan (EMI) versucht, doch konnten mich Beide nicht in dem Maße begeistern, ansprechen oder fastzinieren, wie es jetzt ohne mit der Wimper zu zucken Gilels/Masur schaften.


    :hello: Wer kennt diese Brillant-Neuauflage mit Gilels ???
    Wie beurteilt ihr diese Aufnahmen ?

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo, es gibt eine neue Einspielung aller fünf Beethovenscher Klavierkonzerte durch Evgeny Kissin.


    Ich habe im Radio bei einer Vorstellung Ausschnitte gehört. Kissin spielt diese Werke außerordentlich dynamisch, virtuos und schnell, weit ab von jener langweiligen, retrospektiven Vortragsweise anderer Interpreten. Gefällt mir sehr gut. Was haltet Ihr davon?


    Gruß von Amadé

  • Sagitt meint:


    Kissin spielt nachdrücklich. Jeder Ton wird intensiv gespielt.


    Das gibt dem Konzert 1 und 2 eine grössere Bedeutung und rückt die Reihe der fünf näher beieinander.


    Mit gefällt Davis mit den Londonern nur mässig. Das klingt so konventionell.Do tausendmal gehört.


    Schade, denn Kissin bringt ein gute Version, die für dieses Jahr wenigstens den Maßstab abgeben könnte. Bei Beethoven ja keijne leichte Aufgabe.


    Alle haben die Konzerte gespielt, wenn auch nicht alle.


    Kaufen ?


    Schwer zu sagen. Wenn man den Pianisten schätzt, weges des Pianisten ja, sonst ?

  • Zitat

    Original von Gurnemanz
    Nachdem ich die Aufnahmen der Klavierkonzerte mit Badura-Skoda und Scherchen jetzt ausführlich und mehrfach gehört habe: Meine Eindrücke, die ich oben bezogen aufs 3. Konzert angedeutet hatte, haben sich bestätigt: Eine wunderbare Gesamteinspielung, die ich vorbehaltlos empfehle!


    Allein die langsamen Sätze - wie die Interpreten schlicht, "klassisch" sich einlassen, klar, ohne Verschwimmen, einfühlsam - lassen mich ins Schwärmen kommen.


    Klingt für mich sehr interessant. Ich kenne bisher nur ein paar Hörproben dieser Aufnahmen. Gemessen an dem, was man von Scherchen gewohnt ist, geht's wohl eher gemessen zu, aber nicht zum Nachteil - soweit mein Eindruck.



    Bei Beethovens Konzerten gibt es leider sehr weniges, was mir gefällt.


  • Hallo Sagitt,


    was meinst du mit diesem Beitrag?
    Der Beitrag erinnert mich an meine eigenen Beiträge: er sagt wenig aus ...

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Zitat

    Original von Mr.Deeds


    Klingt für mich sehr interessant. Ich kenne bisher nur ein paar Hörproben dieser Aufnahmen. Gemessen an dem, was man von Scherchen gewohnt ist, geht's wohl eher gemessen zu, aber nicht zum Nachteil - soweit mein Eindruck.


    So wird man daran erinnert, was man vor ein langer Zeitn gedacht und geschrieben hat. Soweit ich mich heute erinnere, sind besonders die Aufnahmen des 4. und 5. erstaunlich unspektakulär (im Vergleich zu Scherchens Beethoven-Symphonie-Aufnahmen, etwa der 3.), während mich besonders die des 1. und 2. wegen ihrer Klassizität und Klarheit beeindruckt hatten. Müßte mal wieder hineinhören. Weiß gar nicht, ob ich heute immer noch genauso begeistert wäre wie damals.


    Was mir noch gut präsent ist: meine Überraschung, als ich Badura-Skoda mit der Einleitung des Finalsatzes des 5.: das Hauptthema wie ein grandioser Wiener Walzer, das hat was!


    Peter (pbrixius) müßte eigentlich Aufschlußreiches beitragen können; er hat, glaube ich, mal Badura-Skoda mit Gulda eingehender hörverglichen.

  • Meine Lieben,


    Vor einiger Zeit fand ich unter den Sonderangeboten diese CD mit dem Klavierkonzert Nr.3, eine Aufnahme von den Bregenzer Festspielen 1970.




    Josef Krips dirigiert die Wiener Symphoniker mit temperamentvoller Strenge und versucht, so habe ich es wenigstens empfunden, Jörg Demus mitzureißen, der mir einen zu harten Anschlag und anfangs auch zu wenig Temperament hat, dann aber doch mit Krips besser mitgeht.
    Respektabel, aber nicht unbedingt Maßstab.


    (Die Fortsetzung auf der CD - Triple-Konzert mit Jochum und Demus - hört sich wesentlich spannender an).


    LG


    Waldi

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