Robert Schumann: Symphonien – Welcher Zyklus ist der beste? (2011)

  • Hallo,


    musiklisch sozialisiert bin ich mit Günter Wand, schon kurz nach dem Abitur hatte ich ein Abonnement in der Hamburger Musikhalle - und habe es auch noch heute. Schumann galt mir nicht so viel, wie etwa Bruckner, Schubert oder Mahler, aber auch Tschaikowsky. Eines Tages gab es auf dem Wühltisch von Schmorl & von Seefeld Schumann-Aufnahmen mit Franz Konwitschny. Mein Schumann-Bild hat sich dadurch sehr gewandelt. Wand´s Schumann wirkte im Vergleich viel zu statisch. Konwitschny hat einen ganz extremen Interpretationsansatz. Die Artikulation ist unglaublich sprechend, einzelne Notenwerte werden überaus stark betont - man kann das sehr romantisch nennen. Konwitschny ist der einzige mir bekannte Dirigent, der Schumanns Sinfonien muskalisch sinnvoll spielt, das Gewandhausorchester Leipzig geht diesen ganz extremen Interpretationsansatz vollkommen natürlich und organisch mit. Hier kann man bei jpc hineinhören:



    Liebe Grüße


    Andreas

    De gustibus non est disputandum (über Geschmäcker kann man nicht streiten)

  • Lieber Andreas,


    was ist "musikalisch sinnvoll" bei Schumann?


    Ich kenne zwar die Aufnahmen mit Konwitschny nicht, wohl aber aus dem Stegreif drei Gesamtaufnahmen, die ich als sehr gelungen bezeichnen würde:



    -fantastischer, farbiger Orchesterklang, hervorragende Balance zwischen "Strenge" und "Gefühl", stimmige Tempi



    -subjektiver Zugang, klar, "später Lenny", aber sprühend vor Spielfreude und der erste Dirigent, der mir die 2. Sinfonie näher bringen konnte.




    -frische Tempi, transparenter Orchesterklang und fernab jeglicher Routine.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Hallo Norbert,


    bezugnehmend auf den Vergleich der Schumann-Sinfonien-Einspielungen Holliger-Gaudenz imThread: "Was hört ihr gerade jetzt!" kann ich dir nur empfehlen, beide Einspielungen parallel abzuhören - und nicht die eine oder andere nur im Ohr zu haben...


    Schon allein die ersten Takte der 4. Sinfonie offenbaren mit den herausragenden Pauken den grandiosen Vorzug der Gaudenz-Einspielung. Außerdem kann Gaudenz auch mit der (hörbar) wesentlich besseren Aufnahmequalität punkten. Bei Holliger höre ich doch hier und da so einen merkwürdigen Mischi-Maschi-Klang.


    Fazit: Holliger ist in vielen Sequenzen sehr gut -- aber Gaudenz überzeugt zumindest mich selbst mehr.



    :hello: LT

  • Hallo Liebestraum,


    "im Ohr haben" bedeutet für mich "aus dem Gedächtnis zitieren".
    Natürlich ist ein Direktvergleich aussagekräftiger, aber beim ersten Hören vergleiche ich selten direkt, sondern lasse die neuen Aufnahmen erst einmal auf mich wirken.


    Der direkte Hörvergleich könnte spannend werden, denn auch Holliger wartet nicht unbedingt mit einem "romantischen" Schumann auf.


    Beim ersten Durchhören kann ich die Tonqualität der Gaudenz Aufnahmen igs. loben, wenngleich ich bei der 1. Sinfonie einige Schwankungen in der Balance vernommen habe.


    Diese werde ich aber, wie meine weiteren Eindrücke, zu einem späteren Zeitpunkt spezifizieren.


    Das Cover dazu:


    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Chistoph von Dohnanyi


    Für die Schumann-Sinfonien liegen bei Tamino, neben Einzelbetrachtungen der Sinfonien, mehrere Threads vor.

    kein Wunder, denn ....

    Das sind die Werke, von denen man gerne mehrere Aufnahmen haben muss !

    Eher zufällig habe ich seit ein paar Monaten die Dohnanyi-Aufnahmen (allerdings erst mal nur die abgebildete CD).

    Im Gegensatz zu seinen Brahms-Sinfonien (die mir mit Dohnanyi etwas zu langsam erscheinen) spüre ich, genau wie bei seinen herausragenden Mendelssohn-Sinfonien (Decca) die gleiche Frische und Klarheit mit Temprament. Spieltechnisch liefert das Cleveland Orchestra eine frapierende Transparenz, wie bei Brahms, aber hier im Tempo angemessen zügig, so wie es mir liegt. Zwar nicht so herrlich "zackig-flott" wie Szell (SONY) mit gleichem Orchester, aber auch richtig Klasse, denn die Decca-Klangtechnik und das Cleveland Orchestra gleichen alle Bedenken aus ...


    :) Die Dohnanyi-Aufnahmen sollten in diesem Thread (neben meinen Favoriten aus Beitrag 11, 16 und 27) unbedingt erwähnt werden. Im anderen Schumann-Sinfonien-Thread wurde die Dohnanyi-GA schon von u.a. von Andrew hervorgehoben.


    Zunächst habe ich nur diese CD:

    Decca, 1988, DDD


    Die GA mit den Sinfonien Nr.1 - 4:




    Decca, 1988, DDD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • In Beitrag 5 vom inaktivem Mitglied Wolfram bereits erwähnt wurde die Einspielung, die Rafael Kubelik mit den Berliner Philharmonikern 1963/64 aufgenommen hatte. Gefällt mir, weil die Einspielung Elan hat, kraftvoll und fliessend ist, und, wo es nötig ist, federnd bei mir rüberkommt. Die lyrischen Passage sind wunderbar "ausgesungen". Satter Sound kommt aus den Lautsprechern.

    Wenn ich es richtig wahrnehme, sind die 1. und 2. Violinen links und rechts vom Dirigentenpult aus gesehen aufgestellt, was der Durchhörbarkeit zugute kommt. Man bekommt als Zugaben die Ouvertüren zu Manfred und Genoveva.


    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Ob dieser Zyklus nun "der beste" ist, wage ich nicht zu behaupten, aber er wurde, soweit ich gesehen habe, hier noch gar nicht genannt:


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    Eliahu Inbal dirigiert das New Philharmonia Orchestra London (Aufnahme: 1970, London).


    Das war zu der Zeit, als Otto Klemperer seine Tätigkeit als Chefdirigent nur noch eingeschränkt ausüben konnte. Der junge Israeli Inbal, der später lange Jahre in Frankfurt a.M. wirkte, legt hier jedenfalls eine bemerkenswerte und diskussionswürdige Gesamtaufnahme vor (ursprünglich enthielt seine GA auch die sogenannte "Zwickauer Sinfonie"*, die hier aber ausgespart wurde, um mit 2 CDs auszukommen).

    Bei Amazon habe ich eine begeisterte, fast überschwengliche Rezension gefunden, die ich hier gerne zur Kenntnis bringe:


    "Als die Phillips im Jahre 1970 diesen jungen Nachwuchsdirigenten mit den gesamten Schumann Sinfonien beauftragte,war der ehemalige Chef schon sehr krank,---das Orchester beäugte Inbal kritisch,"was will der?",ja dann wurde für mich ein wirklich ernsthafter Zyklus eingespielt,auch bei Phillips Duo nachschauen,da fehlt nur die Jenaer Sinfonie,----gewiß,dies ist kein Schumann des aufgebauschten Überschwangs,ein möchte ich sagen, Schumann der streng ,metronomisch,bei einer wunderbaren Durchhörbarkeit aller Mittelstimmen einnimmt,und weil dieser Zyklus nicht künstlich,auftrumpfend aufspielt,klingt z.B.der 2.Satz der 1. so ergreifend,hier spielt niemand, husch,husch mal Schumann ein,hier vermittelt sich die Seele dieses Komponisten,----und das New Philharmonia,es folgt Inbal herrlich,spielt klangschön,durchhörbar und folgt der These dieses "damaligen Newcomers",Schumann mal ernst nehmen,-mal was anderes als die plakativen Einspielungen eines Bernstein,oder Karajan.Leider heute nur gebraucht zu erwerben!Ein Orchester ist wie ein Meer,das New Philharmonia London "wogt" bzw. "schwapt" zu Schumann,dies Orchester ist herrlich."


    *) Der Rezensent nennt sie irrtümlich die "Jenaer" Sinfonie.


    P.S.: Ich habe den Inbal-Zyklus von PHILIPS, wie ich soeben gesehen habe, bereits im Mai 2019 in dem Thread "Robert Schumann - Die Sinfonien" vorgestellt (#140). Aber "doppelt genäht hält bekanntlich besser".


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Hat jemand von euch die Aufnahmen mit Szell und sind sie empfehlenswert?

    Musik ist höhere Offenbarung als alle Weisheit und Philosophie. Wem meine Musik sich verständlich macht, der muß frei werden von all dem Elend, womit sich die anderen schleppen.

    Ludwig van Beethoven


    Bruckner+Wand So und nicht anders :)

  • Szell ist der vielleicht am häufigsten empfohlene Schumann-Zyklus. Mir persönlich ist er zuu glatt, perfekt, kalt und brillant. Aber das ist eine Einschätzung, die ich lange keiner Neubeurteilung unterzogen habe.


    Er hat Jehova gesagt!

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  • Ein Schumann-Zyklus ist hier noch nicht genannt worden, den ich sehr hoch schätze (wennglich die Bernstein-Aufnahmen mit den Wiener Philharmonikern immer noch meine Favoriten sind): Barenboims Einspielung mit der Staatskapelle Berlin.



    Barenboims zupackende Interpretation mit manchmal dickem Pinselstrich ist in gewisser Weise altmodisch, da recht weit entfernt von neueren Lesarten, die eher die leichten, tänzerischen Seiten der Symphonien herausstellen. Und gerade deswegen gefällt mir sehr gut, was ich hier höre. Die gute Aufnahmetechnik trägt das ihre dazu bei. Interessanterweise scheinen diese Aufnahmen international mehr Aufmerksamkeit erregt zu haben als in Deutschland (man vergleiche die Zahl der Kommentare auf der deutschen mit der auf der amerikanischen Amazon-Seite).

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Den Szell-Zyklus würde ich, trotz seiner Wertigkeit, auch nicht als erste Empfehlung benennen. Johannes Schlüter hat das ja treffend benannt.


    Mein erster Zyklus war der von Sawallisch mit der Staatskapelle Dresden, der auch aus heutiger Sicht sicherlich insgesamt sehr gut ist. Bernstein (New York oder Wien) sind auch unbedingt zu nennen. Als Geheimtipp vielleicht Boult. Gäbe es einen kompletten von Ansermet, wäre das auch ein heißer Kandidat (die beste Zweite für mich). Der Threadverlauf zeigt weitere Alternativen.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Szell hat auch, wobei ich das nicht anhand konkreter Passagen benennen kann, in die Instrumentation eingegriffen. Anders als vorher Mahler u.a. hatte er allerdings das Ziel, Schumann weniger in Richtung Spätromantik als in Richtung Weber und Mendelssohn zu "verbessern". Sawallisch ist auch eher "klassisch", aber nicht so einseitig "drahtig" wie Szell. Müsste es eigentlich günstig geben, davon gab es etliche Auflagen und die Aufnahmen waren kaum je aus dem Katalog. Für eine intensive, persönlich-romantische Sichtweise mit einigen exzentrizitäten, Bernstein/Wien (DG).

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Vielleicht stehe ich bei der Aufnahmen alleine da, aber der Zyklus von Thielemann ist auch eine empfehlung wert.

    Der einzige Nachteil bei Aufnahme ist leider die Tonqualität.


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    Ludwig van Beethoven


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  • RE: Szell und seine Eingriffe in die Instrumentation der Schumann-Sinfonien

    Szell hat auch, wobei ich das nicht anhand konkreter Passagen benennen kann, in die Instrumentation eingegriffen. Anders als vorher Mahler u.a. hatte er allerdings das Ziel, Schumann weniger in Richtung Spätromantik als in Richtung Weber und Mendelssohn zu "verbessern".

    Wo Szells Eingriffe in die Instrumentation sein sollen, habe ich nie ergründen können. Jedenfalls ist sein Ergebnis so fabelhaft gut im Sinne Schumanns gelungen, dass ich an Szells GA der Schumann-Sinfonien höchstens etwas an der Klangabmischung mäkeln könnte. Besonders der Szell-typisch straffe Zugang bei den Sinfonien Nr.1, 3 und 4 ist (wie eigentlich immer bein Szell) ganz auf meiner Wellenlänge.


    Leider ist ausgerechnet meine "Referenzsinfonie", die Sinfonie Nr.2 für Schumann-Sinfonien-GA klangtechnisch nicht sehr erbaulich; die Pauken (hier "CBS-Donnerbüchsen") im letzten Satz klingen total nicht.


    Da greift man dann doch lieber auf andere persönliche Referenzen, wie Solti (Decca), Levine (DG), Bernstein (DG und SONY), Karajan (DG) und natürlich , wie Josef auch meine Lieblingsaufnahme der Zweiten = Ansermet (Decca).

    :!:Noch eine, die auf Szells Spuren wandelt und mit Szells Cleveland Orchestra ganz grossartig gelungen ist = Dohnanyi (Decca) - siehe Beitrag 35 ... mein letzter Schumann-Sinfonien - Zulauf in meiner CD-Sammlung im :angel: allerfeinstem Decca-Sound !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Prinzipiell hat Herreweghe ein gutes Händchen für Schumann, das Klavierkonzert auf CD und Konzerterlebnisse (Cellokonzert) überzeugten mich sehr. Sein Zyklus wurde hier noch nicht genannt. Ich besitze ihn (mehr oder weniger ungehört), habe ihn aber gerade leider nicht zur Hand.

    Das Paradoxe an Herreweghe ist, dass die historischen Instrumente und die schlankere Besetzung eigentlich für mehr Transparenz und Kontrast/Kontur sorgen sollten, es im Resultat aber manchmal trotzdem auffallend plüschig und weichgezeichnet klingt.


    Er hat Jehova gesagt!

  • Vielleicht stehe ich bei der Aufnahmen alleine da, aber der Zyklus von Thielemann ist auch eine empfehlung wert.

    Der einzige Nachteil bei Aufnahme ist leider die Tonqualität.

    Ich habe mir den vor einiger Zeit komplett und auch vergleichend mit Thielemanns erstem Zyklus (DG) angehört und kam zu dem Schluss, dass im neuen Zyklus einzig die Vierte besser ist als im alten. Klanglich ist das Sony-Produkt wirklich ein Armutszeugnis und eines Thielemann unwürdig. Man höre sich mal im Vergleich die 1965er (!) EMI-Einspielung der Ersten unter Klemperer und die aus demselben Jahr stammende Decca-Einspielung der Zweiten unter Ansermet an. Die klingen ungleich transparenter. Das waren noch wirklich sorgfältige Studio-Produktionen ohne Gehudel. Vom künstlerischen Wert ganz zu schweigen. Im Blindtest hätte ich eher die Sony-Einspielung auf die 60er Jahre geschätzt. :pfeif:

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    – Luís de Camões

  • Ja.......


    Szell ist für mich in den letzten Jahren einer meiner Lieblinge geworden, er hat seine eigne Box damit ich ihn immer gleich finde. Aber Solti ( den ich auch sehr verehre ) und Dohnanyi sind auch meine Mit-Favouriten bei Schumann - und der oft geschmähte Gardiner Zyklus gefällt mir auch ..... vielleicht habe ich einfach keinen guten Geschmack ( grins ) .


    Kalli

  • Lieber Kalli,


    doch, Dein Geschmack ist doch astrein ... und deckt sich mit dem Meinen ... an den Gardiner (DG) konnte ich mich auch zuerst nicht so recht gewöhnen.

    ;) Inzwischen gefällt mir seine detaireiche Herangehensweise, bei der auch die Pauken saugut wegkommen.

    Freut mich, dass Du als einer der Wenigen auch erkannt hast, welche Wertschätzung der Dohnanyi-Zyklus (Decca) wert ist.


    Dein Geschmack würde ich schon deshalb als gut bezeichnen, weil Du Interesse zeigst, dich überhaupt mit den Schumann-Sinfonien zu befassen.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Mon sollte für Schumann auch Günter Wand erwähnen!

    Leider hatte der Wand nur die letzten beiden Sinfonien aufgenommen.

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    Musik ist höhere Offenbarung als alle Weisheit und Philosophie. Wem meine Musik sich verständlich macht, der muß frei werden von all dem Elend, womit sich die anderen schleppen.

    Ludwig van Beethoven


    Bruckner+Wand So und nicht anders :)

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  • New York Philharmonic / Bernstein (CBS, 1960)

    (Nr. 1-4; Manfred; Genoveva - Remastering 2011)

    (Nr. 1-3; Genoveva - Remastering 2017)


    Erst erstaunlich spät kam ich dazu, mich mit Bernsteins erstem Schumann-Zyklus mit den New Yorkern auseinanderzusetzen, den er 1960 für Columbia/CBS einspielte. Die vier Symphonien wurden in kurzer Abfolge im Oktober 1960 im Manhattan Center in New York City aufgenommen. Die beiden Ouvertüren zu Manfred (1958) und Genoveva (1963) ergänzen dies.


    Dass Schumann für Bernstein eine Herzensangelegenheit war, braucht nicht weiter erläutert zu werden. Die 2. Symphonie bezeichnete er ja sogar als seine Lieblingssymphonie überhaupt. Besonders bei dieser hat er dann auch die Referenzaufnahmen vorgelegt, die für mein Dafürhalten einzig von Ansermet (Decca) erreicht wurden.


    Die klanglichen Einschränkungen, die man beim älteren CD-Remastering (Royal Edition) machen musste, gelten für die neuen Remasterings nicht mehr. Daher bilde ich die alten Ausgaben gar nicht extra ab. Die Symphonien Nr. 1-3 und die Genoveva-Ouvertüre wurden 2017 sogar nochmal remastered. Ich habe mir diese als FLAC-Downloads besorgt - die ganzen Boxen sind für mich nicht von Interesse, da mir vieles schon anderweitig vorliegt. Ich finde den Klang in diesen aktuellsten Remasterings jedenfalls voll auf der Höhe und würde ihn sogar gegenüber den späteren Wiener Aufnahmen (die auf Live-Mitschnitten basieren) vorziehen. Das Orchester ist näher, voller und sehr räumlich.

    Ich bilde nochmal die einzelnen Werke im jeweils neuesten Remastering ab, wie man sie als hochauflösende Downloads beziehen kann:


    A10301A0003713951Q.jpg Symphonie Nr. 1; Genoveva-Ouvertüre


    A10301A00037139051.jpg Symphonien Nr. 2 & 3


    A10301A0002678749J.jpg Symphonie Nr. 4


    A10301A0003986208D.jpg Manfred-Ouvertüre

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Dass Schumann für Bernstein eine Herzensangelegenheit war, braucht nicht weiter erläutert zu werden. Die 2. Symphonie bezeichnete er ja sogar als seine Lieblingssymphonie überhaupt. Besonders bei dieser hat er dann auch die Referenzaufnahmen vorgelegt

    Lieber Joseph II.,


    Bernsteins Schumann-Aufnahmen, insonderheit die der 2. Sinfonie, sind Legende.

    Ich möchte deshalb auf eine alte Einspielung aufmerksam machen, mit der ich in den späten 1950er Jahren Schumanns Zweite kennengelernt habe:

    Robert Schumann: Sinfonie Nr. 2 C-Dur Op. 61 (LP) - Bild 1

    Es ist eine DGG-Lizenzausgabe der amerikanischen DECCA, sie wurde in den USA auf dem Brunswick-Label veröffentlicht. Die Aufnahme entstand ca. 1953, mit dem "Stadium Concerts Symphony Orchestra of New York". So nannten sich die New Yorker Philharmoniker während der sommerlichen Festspiele.

    Es ist eine recht gut klingende Mono-Produktion, die aber leider nicht mehr in meinem Besitz ist. Interessant ist sie wohl vor allem deshalb, weil es wahrscheinlich Bernsteins erste Aufnahme des Werks auf LP ist. Wer sie unbedingt in seiner Sammlung haben möchte, in dieser 5 CD-Box (z.Zt. preisgünstig) ist sie zu haben:

    die außerdem noch Beethoven 3, Brahms 4, Dvorak 9 und Tschaikowsky 6 enthält, sämtlich mit dem "Stadium Orchester".


    LG Nemorino


    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Bernstein / New Yorker PH - Schumann-Sinfonien in neuem Remastering 2018 auf CD

    Ich finde den Klang in diesen aktuellsten Remasterings jedenfalls voll auf der Höhe und würde ihn sogar gegenüber den späteren Wiener Aufnahmen (die auf Live-Mitschnitten basieren) vorziehen. Das Orchester ist näher, voller und sehr räumlich.

    Für die CD-Klassikhörer sollte man vielleicht noch erwähnen, dass man für die Schumann-Sinfonien Nr.1 - 4 und die Manfred-Ouvertüre, wie vorher in der Royal-Editon auch hier nur 2 CD´s benötigt. Die Genoveva-Ouvertüre ist auf CD nicht dabei !

    Die CD´s mit dem neuen Remastering 2018 in dieser neuen SONY-Japan-Veröffentlichung tragen das alte Cover der ehemaligen LP´s (und darauf sind nur die Frühlingssinfonie und die Rheinische aufgeführt):


    Sinfonien Nr.1 und 2

    SONY, 1960, ADD


    Sinfonien Nr.3 und 4, Manfred-Ouv

    SONY, 1960, ADD



    Wenn der Preis dieser beiden SONY-Japan-Import-CD´s etwas "ziviler" wird, werde ich mir diese wegen des neuen Remasterings auch zulegen.

    8) Solange bleibe ich mit meinen CD´s SONY-Royal-Edition zufrieden und geniesse auch damit Bernsteins Schumann mit den New Yorkern mit grösster Freude.

    :angel:Als Bernstein-Fan sind diese CBS-Aufnahmen für mich unverzichtbar ... aber die Begeisterung geht nicht soweit, dass ich mir die von nemorino gezeigte Monoaufnahmen zulegen würde/müsste/wollte; zumal ich als Ergänzung mit Bernstein die ebenfalls sehr gute GA mit den Wiener PH (DG) habe.

    Erfreulich ist, dass Bernstein nicht wie sonst bei seinen späten DG-Aufnahmen die Sätze hier vom Tempo nicht viel länger ausufern lässt, als in seinen früheren CBS-Aufnahmen.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Danke für eure Ergänzungen, nemorino und Wolfgang!


    Ich glaube, auf der gezeigten Mono-Box sind auch Bernsteins Erläuterungen und Gedanken zu Schumann und speziell zur 2. Symphonie enthalten.


    Diese Japan-Ausgaben kannte ich gar nicht - eine wichtige Neuerscheinung, da man sonst schwer in klassischer CD-Form an den New Yorker Schumann kommt. Die Japaner verwenden für gewöhnlich eigene Remasterings, doch bin ich sicher, dass diese mindestens so gut gelungen sind wie die von mir genannten. Den Preis finde ich mit ca. 9 EUR pro CD eigentlich bereits "zivil", macht 18 EUR für alle vier Symphonien, da kann man nicht wirklich meckern. (Die Genoveva-Ouvertüre passte scheinbar nicht mehr drauf.)

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • die Begeisterung geht nicht soweit, dass ich mir die von nemorino gezeigte Monoaufnahmen zulegen würde/müsste/wollte

    Lieber Wolfgang,


    das hatte ich auch nicht erwartet:). Ich würde sie ohnehin nur den Sammlern empfehlen, die von Bernstein wirklich alles haben möchten oder speziell an einer frühen Schumann-Aufnahme des Dirigenten interessiert sind. Denn ich bin nicht so kühn zu behaupten, daß die alte Aufnahme künstlerisch die beiden späteren Studioeinspielungen bei CBS und DGG überragt. Ich selber habe sie auch auf CD nicht neu gekauft.


    LG nach Bonn,

    Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Es gibt die Schumann-Sinfonien alternativ bei Amazon auch in einem 2 CD-Album, das sieht so aus:

    ist aber teurer als wenn man die zwei Einzel-CDs aus der "Royal Edition" kauft (gebraucht).


    Ich besitze Bernsteins Schumann-Aufnahmen von 1960 bei CBS auf drei LPs. Da ich seine spätere DGG-Ausgabe mit den Wienern auf CD habe, ist es dabei geblieben.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Interessant vielleicht in dem Zusammenhang die Spielzeiten von Bernsteins Aufnahme mit dem New York Stadium Orchestra von 1953:

    1. Satz 12.27 / 2. 6.58 / 3. 11.53 / 4. 8.12 Minuten.

    Zum Vergleich seine Wiener DGG-Aufnahme aus dem Jahr 1985: 1. Satz 12.59 / 2. 7.07 / 3. 13.49 / 4. 8.46 Minuten.

    Auffällig ist, daß Bernstein sich 1985 für das Adagio espressivo zwei Minuten mehr Zeit läßt, ansonsten hat sich nicht viel geändert.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Ich habe mir die letzten zwei Tage nunmehr alle CBS-Schumann-Einspielungen (also die vier Symphonien und die beiden Ouvertüren) von Bernstein angehört. Fazit: Sehr gut bis herausragend. Am besten gelingt wirklich die Zweite. Auch die Vierte hat mich sehr gepackt (großartig auftrumpfende Blechbläser im Kopfsatz). Klanglich alle wirklich gut, wobei die Manfred-Ouvertüre ganz leicht abfällt (die ist auch am ältesten, von 1958). Ich weiß gar nicht, ob ich weiterhin die späten Wiener Aufnahmen bevorzugen soll, weil das, was er in New York vorgelegt hat, schon ganz exquisit gelungen ist. Das New York Philharmonic mag nicht immer hundertprozentig sauber spielen (fiel mir besonders in der Rheinischen auf), aber angesichts der famosen Interpretationen vergisst man das gern. In Sachen Schumann war Bernstein ein echter Überzeugungstäter. Geht es um einen gesamten Zyklus, spielt er auch nach fast 60 Jahren definitiv ganz vorne mit.

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    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Konwitschny


    Seit ein paar Tagen habe ich die fabelhafte GA der Beethoven-Sinfonien mit Konwitschny / Gewandhausorchester Leipzig in der MAMBRAN-Ausgabe mit Beethoven-Ouvertüren und den Schumann - Sinfonien und Ouvertüren Manfred und Genoveva, sowie Ouvertüre, Scherzo und Finale op.52.


    Wenn ich einen neuen Schumann-Zyklus erhalte knöpfe ich mir immer zuerst die Sinfonie Nr.2 vor.

    Erst einmal fand ich augenscheinlich die recht zügigen Spielzeiten von Konwitschny gut.

    Den 1.Satz nimmt er sehr detailreich, kraftvoll und spannend. Der 2.Satz Scherzo ebenfalls überzeugend. Klanglich ausgewogen und für das Aufnahmejahr 1960/61 wirklich ordentlich.

    Leider wurde meine erste Begeisterung ab dem 3.Satz Adagio espressivo getrübt: Er zieht den Satz recht kühl durch ohne auf die Gefühlswelt Schumanns einzugehen (eigentlich Konwitschny-untypisch); der - Spieldauer nur 7:45. Selbst so flotte Schumann-Interperten, wie Szell wissen was hier was angesagt ist - Szell 11:07. Den 4.Satz Finale bringt er zunächst wieder recht Stimmig. Im genialen Finale sind die Paukenschläge nur in den letzten Takten zwar zaghaft da; aber es wirkt abgespult ohne dieses Hammerfinale richtig mit Gansehaut effektvoll vorzubereiten. Das ist weit entfernt von den von mir favorisierten packenden Aufnahmen mit Bernstein (DG und SONY), Levine (DG), Dohnanyi (Decca), Karajan (DG) und ganz besonders Solti (Decca) der hier absolute Gänsehaut zelebriert. Nicht zu vergessen Paavo Järvi mit den Bremern auf DVD.

    :angel: Ansermets Grosstat der Zweiten auf CD (Decca) liegt mir leider nicht auf CD vor (leider sind in der schwer erhältlichen GA nicht alle Sinfonien in Stereo), aber die Zweite als YT-Datei. Besser gehts kaum !


    :!: Konwitschnys Schumann-Aufnahmen sehen sich einer erdrückenden Konkurrenz gegenüber, an der er offenbar nur schwerlich herankommt. Meine Kritikpunkte sind bei den Sinfonien Nr.1, 3 und 4 weniger ausgeprägt, aber auch hier ist die Konkurrenz erdrückend.

    *** Ganz anders sein Beethoven-Zyklus, der bis heute nach 60Jahren immer noch mit den Besten mithalten kann.


    MEMBRAN, 1959-1961, ADD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo Wolfgang,


    die Frage nach der "besten Aufnahme", und noch mehr die Frage nach dem "besten Zyklus" bereitet mir immer ein gewisses Unbehagen. Sowenig es eine "beste Aufnahme" eines Werkes gibt, um so weniger gibt es einen "besten Zyklus", weil es einfach keinen Dirigenten, so gut und herausragend er sein mag, gibt, auf den alle Werke eines Komponisten die gleiche Wirkung haben. Das wäre wohl besonders an Beethovens Neunen zu demonstrieren, doch hier geht es ja um Schumann.


    Im Gegensatz zu Dir zieht es mich mehr zu den Sinfonien Nr. 1 und 4 hin, während die Zweite für mich immer ein wenig problematisch ist. Trotz vieler Schönheiten wirkt sie doch insgesamt ein wenig "langstielig" auf mich, mit etlichen Leerlaufstellen. Man weiß ja, daß Schumann das Werk in seiner ersten depressiven Phase komponiert hat, und das hört man auch.


    Für mich stehen, was diese Sinfonie betrifft, zwei Interpretationen an vorderster Stelle:

    Beide Aufnahmen sind keinem Zyklus entnommen, es handelt sich um Einzeleinspielungen. Was Ansermet betrifft, so treffen sich unsere Geschmäcker, wie ich gelesen habe. An zweiter Stelle steht bei mir die Sinopoli-Aufnahme aus dem Jahr 1983 (die spätere aus der GA mit der Staatskapelle Dresden kenne ich nicht).

    Auch Sinopoli hat m.E. das richtige "Feeling" für dieses schwierige Werk, und die Wiener Philharmoniker spielen ganz einfach hinreißend.


    Konwitschnys Aufnahme besitze ich ebenfalls, doch im Gegensatz zu Dir gefallen wir seine zügigen Tempi sehr gut, und gerade der dritte Satz beeindruckt mich mit seinem doch recht flotten Tempo, weil er nicht ganz so tieftraurig und melancholisch daherkommt, wie das sonst oft der Fall ist. Es ist, zugegeben, eine etwas ungewöhnlich Lesart, doch mir gefällt sie.


    Noch ein Wort zu dem Solti-Zyklus (Decca): So sehr ich diesen Dirigenten auch schätze, seine Schumann-Sinfonien können mich nicht überzeugen. Sie klingen in meinen Ohren wie ein verfrühter Bruckner, viel zu hart, viel zu viel Pathos. Wo bleibt da "die blaue Blume der Romantik"?

    Und was die Vierte angeht: Seit ich zum erstenmal Furtwänglers Aufnahme vom 14.5.1953 mit den Berliner Philharmonikern gehört habe, bin ich für alle anderen verloren. Die ist zwar noch in Mono produziert, aber welch eine hinreißende Interpretation! Wer sie nicht kennt, der hat etwas verpaßt.


    LG Nemorino

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