Helmut Müller Brühl - Eine stille Berühmtheit

  • Helmut Müller Brühl (1933-2012) ist einer jener Dirigenten, die einerseits große lokale Bedeutung erlangt haben, andrerseits nie zu den weltweit gepushten "Stardirigenten" gezählt wurden (Weder mein Musiklexikon, noch der Harenberg-Konzertführer erwähnen ihn) - Und dennoch war er einer.
    Nein - nicht nur im Verborgenen, und halb verkannt, sondern auch vom Publikum geschätzt, anfangs vor allem seiner Aufnahmen von Werken "unbekannter" Komponisten des 17. und 18. Jahrhunderts. ich besaß einige Schallplatten , die Müller-Brühl mit dem Kölner Kammerorchester - er arbeitete seit 1963 mit dieem Orchester zusammen - für das Label Schwann gemacht hat, wer sich- wie ich - mit "unbekannten Komponisten des 18. Jahrhunders" befasst hat, der kam um Aufnahmen mit diesem Orchester und diesem Dirigenten nicht herum. Zwischen 1976 und 1986 firmierte das Kölner Kammerorchester dann unter dem Namen "Capella Clementina" und spielte auf Originalinstrumenten. Warum diese Phase beendet wurde, und man wieder zum konventionellen Instrumentarium zurückkehrte - darüber fand ich keine Informationen, bin also auf Mutmaßungen angewiesen.
    Die Schwann Aufnahmen sind im Netz nur mehr vereinzelt zu finden, sind leider grösstenteils gestrichen


    Die Serie "Meisterhaft gespielt" - ich hatte sie leider nur auf Vinyl und wollte sie "irgendwann mal" auf CD nachkaufen.
    war für mich prägend, lernte ich doch zahlreiche Werke von Hoffmeister, Vanhal, Tomasini, Fasch etc kennen, in einer Zeit, wo Aufnahmen dieser Komponisten eher selten waren.
    Sie ist heute nur mehr gebraucht (zu Wucherpreisen) erhältlich, teilweise sogar nur auf Vinyl , und einiges überhaupt nicht mehr. Dennoch wollen wir einige der noch vorhandenen Cover hier zur Erinnerung einstellen




    Die Serie umfasste ursprünglich 10 Titel. meine Lieblingstitel "Klavier" und "Violine" (mit Euard Melkus als Solisten)
    sind hier nicht abgebildet. Alle Aufnahmen wurden vom Kölner Kammerorchester unter Helmut Müller Brühl begleitet....


    Ab 1995 kam es glücklicherweise zu einer langjährigen Zusammenarbeit zwischen Müller-Brühl, "seinem" Kölner Kammerorchester, und dem Label Naxos.
    Ich erinnere mich an ein Interview, wo Müller Brühl ein wenig über die Grundvoraussetzungen der Zusammenarbeit mit Naxos berichtet hat. Ursprünglich wollte man ihn und sein Orchester erneut für "Nischenrepertoire" - wie gehabt - engagieren. Er lehnte dies jedoch ab, mit dem Hinweise, er habe lange genug dieses Genre gepflegt, ud sei dadurch "abgestempelt" worden. Er möchte in Hinkunft "großes, klassisches Repertoire" aufnahmen - oder eben nichts.
    Naxos - immer mit dem richtigen Gespür das Richtige zu tun - ging auf diese Forderungen ein, und hatte es meiner Information nach nie zu bereuen. Und auch wir nicht. Einerseits wurden über 60 Cds mit Müller Brühl und den Kölnern aufgenommen, andrerseits verkauften sie sie auch gut. Mit ist nichts über begeisterte Kritiken oder ähnliches bekannt (vielleicht gab es sie dennoch) - aber über eine gute weltweite Publikumsresonanz - Müller Brühl avancierte zum "Naxos-Star-Dirigenten" - und das ist sicher nicht das Schlechteste.


    2008 zog sich Müller Brühl von der Leitung des Kölner Kammerorchesters zurück - nahm aber dann doch noch die eine odere andere CD auf von denen die letzte im Spätsommer 2011 aufgenommen und im Herbst auf den Markt gebracht wurde. Ein Abschied mit Mozart - was kann es schöneres geben.



    Kommentare, Korrekturen und CD-Vorstellungen sind gern gesehen


    mit freundlichen Grüßen


    aus Wien

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo Alfred,




    vielen Dank für den schönen Nachruf!
    Jetzt ist mir - dank deines Hinweises auf Naxos - auch wieder eingefallen - welche Aufnahmen u.d.L. von Müller-Brühl ich so sehr schätze. Er hat eine Reihe von unbekannteren Haydnkonzerten eingespielt, die zu meinen liebsten CDs gehören.





    tukan

  • Wie an anderer Stelle schon erwähnt, habe ich den in diesen Tagen verstorbenen Künstler persönlich gekannt und sehr geschätzt. Deshalb durfte ich mir vor Weihnachten auch nicht die WDR-Produktion "Der Traum von Rom" entgehen lassen.



    Dieser Dokumentarfilm zeigt, wie für den Dirigenten Helmut Müller-Brühl ein großer Traum in Erfüllung ging und den krönenden Abschluss seiner 50-jährigen Karriere bildete:
    Zusammen mit seinem Kölner Kammerorchester gestaltete er Pfingsten 2009 den musikalischen Teil der Papstmesse im Petersdom. Zum 200. Todestag von Joseph Haydn war er von Papst Benedikt XVI.eingeladen worden, die Pfingstmesse im Petersdom in Rom musikalisch zu gestalten.
    http://www.wdr.de/tv/westart/k…mueller_bruehl.jsp#pbild1



    Ausgehend von diesem großen Ereignis blickt Helmut Müller-Brühl zurück auf sein Leben, das eng mit den Brühler Schlosskonzerten und der Musikszene im Rheinland verbunden war:


    Helmut Müller-Brühl wurde 1933 in Brühl geboren. Hier besuchte er Grundschule und humanistisches Gymnasium, war er Messdiener und Jugendgruppenleiter. Hier genoss er den ersten Geigenunterricht und spielte begeistert im Schulorchester. Nach dem Abitur trat er zunächst als Priesteramtskandidat ins erzbischöfliche Konvikt in Bonn ein und begann mit dem Studium der Philosophie und Theologie. Wegen einer Tuberkulose-Erkrankung reiste in die Schweiz, ins Kloster Disentis, die älteste Benediktinerabtei nördlich der Alpen. Der wohlmeinende Abt ermöglichte ihm den Besuch des Luzerner Konservatoriums, wo der Klosternovize auf Wolfgang Schneiderhan traf, einen der bedeutendsten Geiger seiner Zeit. Diese Begegnung veränderte alles: In Schneiderhan hatte Müller-Brühl seinen Mentor, Lehrer und Freund gefunden.
    Zurück im Rheinland, in Anknüpfung an die rheinischen Kammermusikfeste der frühen 1920er Jahre, rief Müller-Brühl 1958 die Brühler Schlosskonzerte und sein erstes Orchester, das Junge Kölner Streicherensemble ins Leben. Später übernahm er den Namen des 1923 gegründeten Kölner Kammerorchesters.

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Glücklicherweise hat Müller-Brühl - entgegen seinen Intentionen - zwischen den Hauptrwerken der Klassik auch sogenanntes Nischenrepertoire eingespielt, das - wie immer man das sehen mag - dennoch seine Stärke war. Hier konnte er sich unbeeinflußt von "Referenzaufnahmen" sogenannter "großer " Dirigenten frei entfalten - und die Ergebnisse waren meist hervorragend.
    Vanhals Violinkonzerte können sich sehen (und hören) lassen, und auch von Mozarts Sinfonien, die ja wirklich in etlichen Einzelaufnahmen, fertigen und halbfertigen Zyklen vorliegen verkaufte Naxos hohe Stückzahlen. Der bei Schwann erworben Ruhm trug nun bei Naxos Früchte. Aber Müller Brühl und sein Orchester versuchten kein revolutionären Neudeutungen und Sichtweisen, sondern boten gutes Handwerk und befriedigten die Erwartungshaltung ihres Publikums. Diesen Ansatz teilt er mit zahlreichen Dirigenten und Solisten seiner Generation, und es hat sich gezeigt, daß diese Künstler zu Lebzeiten meist ein dankbares Publikum finden, von der Nachwelt indes zumeist zu gering geschätzt und somit vergessen werden. Dies zu verhindern wurde dieser Thread von mir ins Leben gerufen, denn durch Müller Brühl lernte ich zahlreiche bir bis dato unbekannte Komponisten kennen. Und natürlich habe ich dann auch - Jahre später etliche Mainstream-Einspielungen von ihm gekauft. Eine Insel des Wohlklangs in einem stürmischen Meer voller "Neudeutungen"


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Alfred,
    Müller-Brühl ist tot?
    Mann, ich habe doch erst "gestern" mit ihm noch gesprochen, da war er im Saturn in Köln und war ein wenig bissig gegenüber Maurice Steger....
    Viele Werke habe ich unter seiner Leitung entdeckt, die Bach-Söhne z.B..
    Manchen Fasch und Telemann.


    Ich habe ihn "gestern" gefragt, warum er zurückkehrte zum modernen Instrumentarium, und er antwortete Mackerras ähnlich: der Intonation wegen.
    Der Sinnlichkeit wegen.
    Passt zu ihm und ich zitiere ihn alles andere als despektierlich: "Ich bin mit einer Frau verheiratet, aber lebe mit einem jungen Mann zusammen".


    Musik, und nicht nur die, das Leben überhaupt, war für ihn etwas zum Anfassen, zum Be-Greifen.


    Ich höre seine Aufnahmen immer wieder gern. Sie tragen eine uneitle Schönheit, die an Dogmen nicht festgemacht wird.


    Herzliche Grüße,
    Mike

  • Müller Brühl ist einer jener, die in Gefahr sind, vergessen zu werden.
    Zunächst hatte er das Pech, daß zahlreiche seiner besten Aufnahmen mit dem Verschwinden des Labels koch-schwann-musica mundi aus den Katalogen verschwanden. Über die Plattenserie "Meisterhaft gespielt ..." habe ich ihn kennengelernt.
    Und dadurch auch Komponisten, wie Viotti, Vanhal, Tartini etc. Die Aufnahmen mit Müller Brühl und dem Kölner Kammerorchester haben mich in gewisser Weise geprägt - wobei ich in Bezug auf das Repertoire natürlich gewillt war mich prägen zu lassen. Müller Brühl hat indes in seinem Leben vier signifikante Entscheidungen gefällt. Die erste war, sein Orchester auf alte Musikinstrumente umzustellen und in "Capella Clementina" umzubenennen, die zweite, diesen Schritt wieder rückgängig zu machen. Die dritte Entscheidung war, einen Exklusivvertrag mit dem Label NAXOS abzuschliessen. Diese Entscheidung wird ihm zumindest am Plattenmarkt ein langes Leben bescheren, denn Naxos belässt die einzelnen Titel sehr lange im Katalog. Ob allerdings die vierte Entscheidung klug war, nämlich diesen Pkattenvertrag nur unter der Bedingung zustande kommen zu lassen , daß er auch Mainstream Werke dirigieren dürfe - da habe ich so meine Zweifel. Denn in Sachen "Nischen des 18. und 19. Jahrhunderts" war er schon vor Johannes Moesus und Matthias Bamert eine Berühmtheit. Und auch wenn viele es nicht wissen, in seiner Jugend hat er auch mit Berühmtheiten ersten Ranges wie Schneiderhan, Kempff und Igor Oistrach Konzerte bestritten.........


    Glücklicherweise hat er für Naxos indes nicht nur Mainstream-Repertoire aufgenommen, sondern sich gelegentlich an vergangene Zeiten erinnert - und "sein" Kernrepertoire vereinzelt auch auf Naxos für die Nachwelt festgehalten



    mit freundlichen Grüßen
    Alfred Schmidt
    Tamino Klassikform Wien

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo,


    ich habe von ihm die H-Moll Messe als SACD - eine Aufnahme die mir sehr gefällt - sicher wurde sie hier schon einmal erwähnt - sehr empfehlenswert.


    Es gibt sie auch als CD :


    Gruss


    Kalli

  • Müller-Brühl ist ein Beispiel für eine lokale Größe, die sich um Nischenrepertoire verdient gemacht hat, und im Alter dann auch eine Reihe "Hauptwerke" von Bach, Mozart usw. aufnehmen durfte. Ich vermute mal, dass sich der (geringe) Bekanntheitsgrad einigermaßen erhalten hat. Vermute aber, dass man weder mit Anthologien von Nischenrepertoire wie "$instrument meisterhaft gespielt" noch mit der 150. Aufnahme von Bachs Orchestersuiten sich auf längere Zeit in die Annalen der klassischen Musik eintragen wird. Vgl. den heutigen Bekanntheitsgrad von Karl Ristenpart oder Bernhard Paumgartner (und die waren zu ihrer Zeit vermutlich berühmter als Müller-Brühl).

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Das Problem bei Müller-Brühl dürfte sein, daß er sich persönlich nie um sein PR-Image gekümmert hat. Dazu hat er ein Kammerorchester geleitet. Kammerorchester kamen irgendwann um 1970 in Mode, weil sie doch erheblich billiger für Aufnahmen waren, als "herkömmliche" Orchester. Dann aber kam der schwere Schlag: Spezialorchester für "historische Aufführungspraxis" erschienen auf der Szene und überschwemmten den Markt. Die großen Orchester flüchteten vorerst ins romantische Repertoire. Die Kammerorchester indes konnten ihren Trumpf - Gute Durchhörbarkeit bei relativ weniger Kosten - nicht mehr ins Spiel bringen - HIP-Orchester waren mehr gefragt.
    Die von Mühller -Brühl dann ins Leben gerufene "Capella Clementina" war - so scheint es - nicht das Gelbe vom Ei, und so kehrte man reumütig zum "normalen" Kammerorchester zurück


    Inwieweit Bernhard Paumgartner zu Lebzeiten berühmter war als Müller-Brühl - das vermag ich nicht abzuschätzen - mit Sicherheit hat er indes keine 200 CDs auf den Markt gebracht. Und genau das ist Müller Brühl Pluspunkt. Naxos Künstler werden zwar in der Regel (ungerechterweise)(noch) nicht zur Spitze gerechnet, aber sie bleiben WELTWEIT sehr lange im Katalog.


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Wer sich mit unbekannteren Komponisten des 18. Jahrunderts wenig beschäftigt, für den dürfte der Dirigent HELMUT MÜLLER-BRÜHL wohl auch kaum ein Begriff sein, hat dieser doch überwiegend die MUsik dieser Zeit in den Mittelpunkt seines Schaffens gestellt, diese Werke aufgeführt und in über 200 Schallplatten- und CD-Aufnahmen, vor allem mit seinem KÖLNER KAMMERORCHESTER, eingespielt. Auch den frühen Kompositionen HAYDNs und MOZARTs hat er seine ganze Aufmerksamkeit geschenkt, während deren Spätwerke für sein Kammerorchester weniger in Betracht kamen, vor allem aber entsprachen Werke der Romantik und vor allem der Moderne - STRAWINSKY vielleicht einmal ausgenommen - weniger seinem musikalischem Denken und Fühlen.


    Mit seinen Konzerten und Aufnahmen der Werke des 18. Jahrhunderts erntete er auch bei strengen Kritikern fast durchweg großes Lob und Anerkennung. Man stellte vor allem die wunderbar lyrische Grundhaltung der langsamen Sätze lobend heraus, die natürliche Frische, das Musikantische in den schnellen Sätzen, sowie das Talent, die klanglichen Proportionen innerhalb der Solisten und Orchestergruppen beeindruckend stimmig zu gestalten, ferner die Qualität seiner Solisten, wie z. B. vor allem dem Geiger EDUARD MELKUS, den Cellisten CLAUDE STARCK und ESTHER NYFFENEGGER, dem Klarinettisen HANS-RUDOLF STALDER, dem Oboisten MICHEL PIQUET, oder dem Fagottisten WALTER STIFTNER, und in einigen Fällen konnte MÜLLER-BRÜHL sogart Berühmtheiten wie WILHELM KEMPFF, CHRISTOPH ESCHENBACH, HENRYK SZERYNG, IGOR OISTRACH, JEAN-PIERRE RAMPAL als Solisten in seinem Orchester gewinnen.


    Von seinen so zahlreichen Tondokumenten erscheint mir z. B. seine Aufnahme bei schwann/MUSICA MUNDI unter dem Titel "Die Klarinette meisterhaft gespielt" besonders geeignet, das hohe Niveau seiner Konzerte und Einspeilungen hörbar werden zu lassen. Der Solist dieser Aufnahme ist der exzellente Klarinettist HANS-RUDOLF STALDER, der auch das Spiel auf der hohen Klarinette und dem Bassetthorns meisterhaft beherrscht, und die Aufnahme zusammen mit dem KÖLNER KAMMERORCHESTER zu einem wirklichen Ohrenschmaus werden läßt, zumal auch die Werke dieser Aufnahme, d. h. das Klarinettenkonzert Es-dur von KARL STAMITZ, das Konzert für hohe Klarinette und Streicher A-dur von JOHANN MELCHIOR MOLTER, und das Konzert für Bassetthorn und Orchester F-dur von ALESSANDRO ROLLA, absolut hörenswert sind.

    Es gibt für mich mit HELMUT MÜLLER-BRÜHL als Dirigenten sogar eine Referenzaufnahme erschienen bei Scjwamm, und zwar von JOSEF HAYDN's Sinfonia Concertante für Violine, Violoncello, Oboe, Fagott und Orchester B-dur, H 1 : 105 mit den erstklassigen Solisten EDUARD MELKUS, Violine, VERA SCHWARZ, Cembalo, GARO ATAMACAYAN, Violoncello, MICHEL PIQUET, Oboe und Walter Stiftner, Fagott und mit der CAPELLA ACADEMICA WIEN, Künstlerische Leitung EDUARD MELKUS. Dieses Ensemble spielt unter HELMUT MÜLLER-BRÜHL's Leitung auf historischen Instrumenten. Hier wird nach authentischer Partitur gespielt. Für mich die überzeugendste und beste Einspielung, die ich bisher von dieser Sinfonia Concertante gehört habe!


    wok

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Ich besass damals die gesamte Serie und hatte sie dummerweise mit meiner LP-Sammlung aufgegeben, da ich der Überzeugung war, sie dereinst auch auf CD wieder erwerben zu können. Entweder sie wurde nie wieder aufgelegt, oder aber ich war zu spät dran. Mein persönlicher Favorit aus der Serie war: Das Klavier - meisterhaft gespielt. Unter andem waren Werke von Josef Haydn und Franz Anton Hoffmeister. Die beiden Pianisten auf dieser Platte waren Wilhelm Neuhaus und Heinz Schröter (1907-1974). Dazu kam der silbrig-helle Klang der sehr durchsichtigen Aufnahmetechnik. Seit damals ist mir Müller Brühl ein Begriff. Die Entscheidung, in späteren Jahren für Naxos aufzunehmen wird sichnoch als richtig herausstellen, denn sie machte Büller-Brühl einerseits weltweit bekannt - und auch der "Nachruhm" wird lange andauern, da Naxos die Produktionen in der Regel über Jahrzehnte im Katalog behält....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Alfred Schmidt: Inwieweit Bernhard Paumgartner zu
    Lebzeiten berühmter war als Müller-Brühl - das vermag ich nicht
    abzuschätzen - mit Sicherheit hat er indes keine 200 CDs auf den Markt
    gebracht. Und genau das ist Müller Brühl Pluspunkt. Naxos Künstler
    werden zwar in der Regel (ungerechterweise)(noch) nicht zur Spitze
    gerechnet, aber sie bleiben WELTWEIT sehr lange im Katalog.

    Man darf die Bedeutung BERHARD PAUMGARTNERs sicher nicht an der Anzahl seiner Aufnahmen messen, die damals gewiß nicht den Umfang jener von HELMUT MÜLLER-BRÜHL erreichten, doch war PAUMGARTNER eben nicht nur Dirigent, sondern auch Musikwissenschaftler und Komponist und so etwas wie eine Ikone in Salzburg. Seine musikalische Ausbildung und sein Wissen waren umfassend. Schon durch seine Abstammung von dem Pianisten und Musikforscher HANS PATZAK und der Kammersängerin ROSA PAPIER hatte er Musik und musikalisches Talent im Blut, und sein Studium in Wien in Theorie und Orchesterleitung bei BRUNO WALTER schuf noch weitere Voraussetzungen für größte Kompetenz in Sachen Musik.


    Seine Stationen in Wien waren: Solokorrepetitor an der WIENER OPER (1911 - 1912), Dirigent des TONKÜSTLERORCHESTERS (1914 - 1917), Unterricht an der WIENER MUSIKAKADEMIE, 1920 gründete er mit MAX REINHARDT die SALZBURGER FESTSPIELE, Direktor des SALZBURGER MOZARTEUMS (1917 -1938 und 1945 - 1953), Präsident des MOZARTEUMS (1945 - 1953), Leitung des MOZARTEUM ORCHESTERS ab 1922. Ab 1945 Reorganisation des MOZARTEUMS und der SALZBURGER FESTSPIELE, 1952 Gründung und Leitung der CAMERATA ACADEMICA, ab 1960 Präsident der SALZBURGER FESTSPIELE. Daneben war er Leiter eines Forschungsinstitutes der Uni Wien in Florenz über italienische Barockmusik. Eine beeindruckende Karriere! Schließlich war er auch der Mentor HERBERT VON KARAJANs, der anläßlich des Todes von PAUL PAUMGARTNER am 27. 07. 1971 mit den WIENER PHILHARMONIKERN und dem WIENER STAATSOPERNCHOR auch das MOZART-Requiem leitete.


    Viel Zeit verbrachte BERNHARD PAUMGARTNER mit musikwissenschaftlichen Arbeiten, auch als Herausgeber von Partituren nach Originaldokumenten, und mit dem Studium des Lebens und Wirkens von AMADEUS MOZART.
    Die SALZBURGER FESTSPIELE führte er zu hohem internationalen Ansehen und erntete mit diesen große Erfolge. Vor allem seine Uraufführung von EMILIO DEL'CAVALIERIs "Rappresentazione di anima e di Corpo" hinterließ einen derartigen Eindruck, daß schon 1970 eine erste Schallplattenaufnahme durch CHARLES MACKERAS erfolge. PAUMGARTNER selbst hatte dieses Werk wieder entdeckt und bearbeitet.


    Die Tondokumente von BERHARD PAUMGARTNER, insbesondere der Werke MOZARTs, lassen mit jedem Takt verspüren, wie eng sich dieser mit MOZART verbunden fühlte, und wie nahe er in Salzburg diesem auch physisch und geistig war. Selbst aus der Interpretation der so überstrapazierten "Kleinen Nachtmusik" Serenade KV 525 mit den WIENER SYMPHONIKERN machte er ein wunderbares Ereignis, und selten habe ich diese Serenade wieder so herrlich natürlich erklingen hören. PAUMGARTNER's Interpretationen wurden mitunter als "genial-schlampig" bezeichneet, wobei dieses Attribut primär ein Ausdruck der Bewunderung dafür war, wie authentisch und unartifiziell er MOZART's Musik zum Erkingen brachte.
    Aber auch einige Konzerte von JOSEPH HAYDN hat er mit erstklassigen Solisten eingespielt, wie z. B. sein Cellokonzert D-dur op. 101 mit seiner CAMERATA ACADEMICA mit dem hervorragenden Cellisten ANDRÉ NAVARRA, oder auch sein Trompetenkonzert Es-dur mit den WIENER SYMPHONIKERN und dem vorzüglichen Trompeter HARRY SEVENSTERN, beides für mich absolute Referenz-Aufnahmen dieser Werke! Auch KLARA HASKIL, GEZA ANDA, und WALTER KLIEN waren u. a. Solisten in seinen Konzerten und Aufnahmen.


    Ich wollte eigentlich nur ein paar Bemerkungen zu Alfred's Beitrag machen, doch nun ist es ein ganzes Plädoyer und eine Eloge über diesen Dirigenten geworden, die wohl besser in den eigenen Thread über BERNHARD PAUMGARTNER gehört hätten!


    HAYDN Cellokonzert NAVARRA - PAUMGARTNER Symphonie Nr. 94 - LUDWIG


    wok

  • Wer sich mit unbekannteren Komponisten des 18. Jahrunderts wenig beschäftigt, für den dürfte der Dirigent HELMUT MÜLLER-BRÜHL wohl auch kaum ein Begriff sein, hat dieser doch überwiegend die MUsik dieser Zeit in den Mittelpunkt seines Schaffens gestellt, diese Werke aufgeführt und in über 200 Schallplatten- und CD-Aufnahmen, vor allem mit seinem KÖLNER KAMMERORCHESTER, eingespielt.


    Ich gestehe freimütig, dass mir bis jetzt der Name Helmut Müller-Brühl noch nie zur Kenntnis gelangt. Nun bin ich wohl doch Kulturbanause. Geahnt habe ich es ja immer. ;)


    Im übrigen, lieber wok, hat mich Deine Verteidigungsrede für Paumgartner sehr gefreut - wie ich auch Alfred dankbar bin, dass er meinen schlichten Horizont um einen Dirigenten erweiterte. :)

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Ich gestehe freimütig, dass mir bis jetzt der Name Helmut Müller-Brühl noch nie zur Kenntnis gelangt. Nun bin ich wohl doch Kulturbanause. Geahnt habe ich es ja immer. ;)


    Tja, zu viel Zeit mit Keilberth-Bootlegs von Richard Strauss verbracht statt mit Klarinettenkonzerten von Carl Stamitz.... ;)


    Mir war auch nicht ganz klar, dass Müller-Brühl in seinen letzten Jahren in derartigem Umfang für Naxos aufgenommen hat. Besonders für Hörer, die keine alten Instrumente mögen, sind die Bach-Aufnahmen sicher eine gute Option. U.a. weil mich so etwas weniger interessiert (und ich auch bei Mozart-Sinfonien gut ausgestattet war), habe ich eigentlich nur die Haydn-Aufnahmen bei Naxos wahrgenommen. Ich hatte vorübergehend zwei oder drei CDs (80/81/99, dann eine mit #13 und evtl. noch eine weitere) mit Haydn-Sinfonien dieses Dirigenten in meinem Besitz, habe die aber irgendwann wieder verschenkt. Wie evtl. in einem der Haydn-Threads nachzulesen, fand ich die Nr. 80 eher misslungen (aufgrund von willkürlichen rubati/Pausen im Kopfsatz). Abgesehen davon waren das größtenteils solide und geradlinige, transparente Aufnahmen, als Lückenfüller bei weniger bekannten Werken geeignet, aber m.E. nicht irgendwie herausragend.

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    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Es ist schon eigenartig, wie verschieden die Wahrnehmung der einzelnen Musikfreunde ist. Müller Brühl war mir schon ein Begriff als ich 20 war. Damals war er eindeutig ein Spezialist für unbekannte Komponisten des 18. Jahrhunderts
    Er hat aber auch schon vorher "Mainstream" aufgenommen. Wir sehen hier ein Bild, welches sich auf der Website des Kölner Kammerorchesters befindet - http://www.koelner-kammerorchester.de - Wir sehen ihn hier links im Bild, als jungen Dirigenten, im Gespräch mit Wilhelm Kempff. Er arbeitete indes mit einigen Größen der klassischen Musik zusammen, auch das findet man auf der Website des Kölner Kammerorchesters....


    Der Wunsch, bei Naxos "Große Klassik" aufzunehmen, wurde ihm erfüllt.
    Einerseits war das vermutlich ein Fehler, weil das Orchester immer wieder an den Einspielungen der ganz Großen gemessen wurde - aber finanziell war das Orchester dadurch wahrscheinlich abgesichert....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Rheingold 1876:I
    Ich gestehe freimütig, dass mir bis jetzt der Name Helmut Müller-Brühl
    noch nie zur Kenntnis gelangt. Nun bin ich wohl doch Kulturbanause.
    Geahnt habe ich es ja immer

    Hallo Rheingold,


    Nein, das bist du ganz bestimmt nicht. War ja wohl auch nicht ernst gemeint. Deine musikalischen Schwerpunkte liegen wohl , falls ich dies richtig sehe, auch überwiegend auf dem Gebiet der Oper - wo ich Dein breites Wissen sehr bewundere - während Müller-Brühl doch vor allem durch seine Konzerte und Aufnahmen von Instrumental-Konzerten mit seinem Kammerorchester bekannt geworden ist, und eben noch dazu mit der Aufnahme weniger bekannter Komponisten und deren Werke. Ich habe ihn ja auch nicht als allgemeine Berühmtheit herausgestellt, sondern mir war daran gelegen, sein Lebenswerk zu würdigen und auf einige besondere Leistungen seines Wirkens hinzuweisen. Mit der Thread-Bezeichnung "eine stille Berühmtheit" liegt Alfred Schmidt wohl nicht so daneben. Da ich mich seit etwa 1950 für alle Interpreten klassischer Musik besonders interessiere, und mich mit diesen und deren Konzerte und Aufnahmen intensiv beschäftige, auch deren biographische Daten sammelte, weil es einmal mein Vorhaben war, ein Interpreten-Lexikon herauszugeben, das auch weniger bekannte Künstler berücksichtigt, (mußte ich leider aus zeitlichen und beruflichen Gründen später aufgeben), kenne ich eben u. a. auch diesen Dirigenten schon seit langer Zeit und verfolgte auch dessen Wirken.


    Viele Grüße
    wok