Vor 130 Jahren geboren: James Joyce

  • James Joyce (* 2. Februar 1882 in Dublin; † 13. Januar 1941 in Zürich)
    irischer Schriftsteller.
    Besonders seine wegweisenden Werke Ulysses und Finnegans Wake verhalfen ihm zu großer Bekanntheit.



    Er trank, war sexbesessen und ständig pleite. ...

    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Vor genau 90 Jahren, also an Joyce's 40. Geburtstag, ist, so heute morgen im Radio, interessanterweise auch die erste komplette Ausgabe des Ulysses erschienen (in Paris, in englischsprachigen Ländern hatte das Werk als zu anstößig gegolten...).

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Wer sich die Odyssee von James Joyce durch Dublin antun will, sollte darauf achten, unbedingt die deutsche Übersetzung von Hans Wollschläger zu kaufen! Die früheren deutschen Versionen sind nicht zeitgemäß übersetzt.



    Damit kann man auf den Spuren von Leopold Bloom durch Dublin streifen - es muß nicht unbedigt am 16. Juni (dem Bloom's Day) sein.


    Zitat

    Der Roman verfolgt die Ereignisse im Leben von drei Figuren am 16. Juni 1904 und beeindruckt vor allem durch seine stilistische und sprachliche Vielfalt und die tiefgehende Darstellung der Figuren. Im Roman entwickelt Joyce die Technik des inneren Monologs weiter zum "stream of consciousness" (Bewußtseinsstrom) und stellt als erster den Fluß von Eindrücken, Halbgedanken, Assoziationen und plötzlichen Impulsen eines menschlichen Bewußtseins mit Hilfe von Sprache dar.


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Lieber Harald,


    ich danke dir für den Hinweis auf Joyce und will, gängiger Vorurteile (die Unlesbarkeit etc. betreffend) auch ein wenig Propaganda für diesen Roman machen.


    Der Roman hat zwei Hauptfiguren - Leopold Bloom, ein jüdischer Annoncenacquisiteur mittleren Alters, bei einer Dubliner Tageszeitung; sowie Stephan Dedalus, Hilfslehrer und angehender Dichter, ein junger Held.


    Der Roman beginnt mit der Schilderung des anbrechenden Morgens in der schrägen Aussteiger-WG, die Stephan mit seinem Freund Buck Mulligan in einem verlassenen Festungsturm an der Küste gegründet haben. Stephen hat es zu Hause nicht mehr ausgehalten, doch auch dieser Ausbruchsversuch wird scheitern. Er ist ein jugendlicher Intellektueller voller Aufbegehren und Zweifel, Zartheit und Sehnsucht, der dem brutalen, banalen und faszinierenden Alltagseben noch wie ein Zuschauer gegenübersteht, weltflüchtig in hochfliegende Künstlerpläne verwickelt und ohne festen Platz in der Wirklichkeit.


    Dann lernen wir Leopold Bloom kennen, wie er am selben Morgen für sich und seine noch schlafende Frau und die Katze das Frühstück zubereitet, er hat unkoschere Leber eingekauft und ist auf seine Art auch ein Intellektueller, ein reflektierter Mensch, in dessen Erleben aber die Erfahrung eines langen Lebens mitschwingt. Er hat Grund zu der Annahme, daß seine Frau ihn betrügt, wozu sie ausreichend Gelegenheit hat, da sein Beruf ihn zwingt, viel in der Stadt unterwegs zu sein.


    Der Roman zeichnet die verschlungenen Wege nach, auf denen diese beiden Protagonisten im Mikrokosmos Dublins schließlich aufeinandertreffen wie ein Vater und ein Sohn - Odysseus und Telemachos.


    Jedes Kapitel hat seine eigene Anlage und Stilistik. Eines schildert im Stil von groß aufgemachten Zeitungsartikeln ein vom Zufall choreographiertes Zusammentreffen aller Hauptpersonen im Zentrum der Stadt; ein anderes, das Bloom am späten Nachmittag bei einer Rast an der Küste zeigt, parodiert wunderbar die überschwengliche Trivialliteratur. Dies ist das "Nausikaa"-Kapitel von Blooms Odyssee, eine erotisch getönte Voyeurszene. - Unvergeßlich auch jener Romanabschnitt, der die Schilderung einer Geburt, bei der der angehende Mediziner Buck Mulligan zugegegen war und wovon er anläßlich eines feucht-fröhlichen Beisammenseins Kundschaft gibt, in einer Sprache schildert, die sich - in der Wollschlägerübersetzung - vom Mittelhochdeutschen über die historischen Formen des Neuhochdeutschen, Luther, Frühbarock usw. unmerklich der Gegenwartssprache annähert.


    Aber keine Angst - dieser Roman ist, in bester irobritischer Tradition, in jeder Faser geerdet und gibt ein umfassendes Bild unserers Lebens in all seinen Verästelungen, sinnlich, derb, klug und über die Maßen berührend.


    :hello:

    Zerging in Dunst das heilge römsche Reich


    - uns bliebe gleich die heilge deutsche Kunst!

  • Die Vorurteile, werter farinelli, glaube ich schon länger hinter mir gelassen zu haben.
    Allerdings - gelesen ist das Werk noch immer nicht, mein Wille scheiterte stets an einer reichlich banalen und doch so grundsätzlichen Frage: Original oder Übersetzung. Letzteres ist sicherlich der mühelosere Weg, doch was entgeht mir dabei?


    Ich hoffe auf Rat!

    'Architektur ist gefrorene Musik'
    (Arthur Schopenhauer)

  • Ich habe es vor knapp 20 Jahren in der Wollschläger-Übersetzung gelesen. Obendrein hatte ich ein Kommentar-Buch, in dem die Episoden den entsprechenden der Odyssee (oft durch ziemlich vage Assoziationen) zugeordnet werden. Letzeres findet man heutzutage vermutlich auch ganz ordentlich im Internet. Ich fand es insgesamt wohl auch eher leichter zu lesen als befürchtet, aber einige Abschnitte sind dennoch ziemlich schwierig, wie etwa der, der mittelhochdeutsch beginnt (das ist wohl analog zum Original) oder die wie ein Schauspiel gestaltete Szene ("Circe", im Bordell).
    Wegen des Jubiläums las ich mir vorgestern die Synopsen bei wikipedia durch und war erstaunt, dass ich doch noch einiges ganz gut in Erinnerung hatte.
    So etwa, dass Bloom eine Niere, keine Leber zum Frühstück kauft (und sie brennt ihm an, wenn ich recht erinnere). Und er ist jüdischer Abstammung, aber konvertiert (katholisch mit Molly verheiratet) und hält eh nicht koscher.


    Zur Schwierigkeit der Originalversion kann ich nichts sagen. Als Nicht-Anglist habe ich mich da auch noch nicht rangetraut, obwohl ich Krimis, SF, auch Bronte oder Dickens meistens ziemlich flüssig und problemlos im Original lesen kann.

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  • So etwa, dass Bloom eine Niere, keine Leber zum Frühstück kauft


    Danke, lieber Johannes, für die Richtigstellung. Mein Beitrag war tatsächlich eher aus dem Bauch heraus verfaßt; daher sollte man dergleichen manchmal nicht gar so auf Herz und .. na du weißt schon ...


    :hello:

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  • Vor allen über die Bedeutung des Frühstücks.
    "Kidneys were in his mind as he moved about the kitchen softly, righting her breakfast things on the humpy tray...."
    Zwei weitere Textstellen:
    Zuerst der Schluss, dann ein Teil vom Anfang.


    ".. and then I asked him with my eyes to ask again yes and then he asked me would I ask yes to say yes my mountain flower and first I put my arms around him yes and drew him down to me so he could feel my breasts all perfume yes and his heart was going like mad and yes I said yes I will Yes."


    "Ugly and futile: lean neck and tangled hair,.. Yet someone had loved him, borne him in her arms and in her heart...."


    Der Ulysses ist neben dem Tristram Shandy das Größte der britischen Literatur. Finnegans Wake hält damit nicht mehr stand. Der Dichter verschwindet. Wie Arno Schmidt in seinen letzten Werken.
    Lesen wir also voller Freude die "Dubliners" und vor allem: "Portrait of an Artist." Da ist sie, die pralle Lebensfreude, die auch den Ulysses bestimmt.
    Hans Wollschläger kam damals nach Kiel und las das letzte Kapitel aus seinem frisch übersetzten Werk. Das war ein großer Abend.


    Gruß aus Kiel

  • Heute vor 90 Jahren erschien erstmals Joyces "Ulysses":
    Die vollständige Erstausgabe erschien 1922, verlegt durch Sylvia Beach, Besitzerin der Buchhandlung Shakespeare and Company (Rue de l’Odéon 12) in Paris, allerdings gekürzt um Passagen, die zu dieser Zeit als obszön galten.
    Die erste vollständige und von Joyce autorisierte deutsche Übersetzung durch Georg Goyert erschien 1927.



    Ursprünglich war der Stoff des Romans als 13. Erzählung in dem Band Dubliner geplant, Joyce entschied sich jedoch anders und begann 1914 mit einer epischen Bearbeitung. Er beschreibt im Ulysses in 18 Episoden einen Tag – den 16. Juni 1904 – im Leben des Leopold Bloom, seines Zeichens Anzeigenakquisiteur bei einer Dubliner Tageszeitung.
    In Anlehnung an Homers Irrfahrten des Odysseus lässt er den Leser an Blooms Gängen durch Dublin teilhaben.

    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

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