Booklet-Texte - nötig oder überflüssig?

  • Es freut mich natürlich, lieber hami1799, wenn ein ehemaliger Programmierer mir darin zustimmst, dass das informationalstechnologische Potential, das in einem heutigen PC steckt, eine Gefahr beinhalten kann, - ich betone das Wort kann. Davon geht die uralte Faszination aus, die Welt um sich herum in den Griff zu kriegen. Und so etwas geht ja heute viel besser als je zuvor. Es ist nur so, dass man dabei so sehr mit dem In-den-Griff-Kriegen der Welt beschäftig ist, dass einem die Welt selbst entgleiten kann.


    ABER!


    Ich will den Computer ja überhaupt nicht verteufeln. Als ein riesiger Karteikasten, den ich selbst mit endloser Tipparbeit gefüllt habe, leistet er mir hervorragende Dienste. Und dass ich über dieses Gerät Zugang zum Tamino-Forum gefunden habe, - dafür müsste ich ihm eigentlich einmal ein buntes Schleifchen verpassen. Und im übrigen bin ich mir natürlich auch der Tatsache bewusst, dass ich ein alter Mensch bin, der sich bestimmte Denk- und Verhaltensweisen mühsam aneignen muss, die einem Jüngeren, der im Computerzeitalter aufgewachen ist, sozusagen "in Fleisch und Blut übergegangen" sind. Ich bringe es nur mit größter Mühe und Konzentration hin, einigermaßen so zu denken und zu ticken wie dieser Kasten da vor mir, in den ich eben gerade diesen Beitrag eintippe. Und gewichtige, weil sachbezogene und auf analytischer Arbeit beruhende Beiträge muss ich grundsätzlich erst einmal mit Kuli auf Papier schreiben, um sie dann abzutippen. Verrückt!


    Übrigens - um zum Thema des Threads zu kommen: Die alten Beilagen zu den Schallplatten waren nicht nur besser zu lesen, sie enthielten im Durchschnitt mehr Informationen, und diese waren - so scheint mir - sehr oft auch qualitativ hochwertiger. Darin stimme ich Dir ausdrücklich zu. Für mich ist eine solche Beilage - oder ein Booklet, wie das heute heißt - eine Sache, auf die ich auf keinen Fall verzichten kann, - ganz einfach deshalb, weil mir in vielen Fällen die musikwissenschaftliche und -historische Bildung fehlt, die eine solche Beilage - wenn sie denn gut ist und ihre Funktion erfüllt - liefern kann.

  • Ja, für mich sind Booklets auch wichtig.

    Ich möchte sehr gute Informationen von das Werk und über den Komponisten haben.

    Bei Opernaufnahmen sollte immer ein Libretto dabei sein.

    Die besten Aufmachungen sind bei Decca, RCA und SONY, nicht wie z.B bei der DG dort bekommt man fast nur 0815 Infos.

    Musik ist höhere Offenbarung als alle Weisheit und Philosophie. Wem meine Musik sich verständlich macht, der muß frei werden von all dem Elend, womit sich die anderen schleppen.

    Ludwig van Beethoven


    Bruckner+Wand So und nicht anders :)

  • :!:Ich würde mir wünschen, dass in CD - Booklets mehr INFOs über die Gegebenheiten bei der Aufnahme / Aufnahmeumstände / Interpretationsfragen des Dirigenten / Infos vom Dirigenten geschrieben wird.


    Abhandlungen und INFOs über die jeweilige Komposition/Werk sind natürlich auch von Bedeutung, aber bei vielen klassischen Werkreihen eher uninteressant (weil inzwischen eh bekannt und klar). Solche INFOs lese ich mir in der Regel dann gar nicht mehr durch.


    :thumbup: Vorbildlich mit genauer INFO ist diese SONY-CD:

    Dort erfährt man, wie Szell sich Werk und Interpretation vorstellt, wie er geprobt hat, welche Umstände dabei eine Rolle spielten.


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    SONY, 1959/1965, ADD


    :) Nebenbei ist das die beste Prokofieff 5 die ich je gehört habe !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Abhandlungen und INFOs über die jeweilige Komposition/Werk sind natürlich auch von Bedeutung, aber bei vielen klassischen Werkreihen eher uninteressant (weil inzwischen eh bekannt und klar). Solche INFOs lese ich mir in der Regel dann gar nicht mehr durch.

    Lieber teleton,


    nicht jeder ist musikalisch so vorgebildet wie die Masse der Forenteilnehmer. Mancher kauft sich eine CD des Repertoires zum ersten Male und freut sich über Infos. Mancher klassisch vorgebildete Musikliebhaber kauft sich eine CD von Stenhammer o.a. zum ersten Male, ohne ihn zu kennen und freut sich auch über Infos. Und selbst wenn ich z.B. "eine Alpensinfonie" fast auswendig kenne, so kann ein gutes Booklet doch etwas Neues bringen. Ich bin schon für gute Booklets, sie ersetzen aber keinesfalls ein gut gestaltetes Programmheft einer Live-Aufführung oder einen Konzertführer wie den Harenberg, wobei den letzteren Einsteiger in die Klassikwelt vielleicht noch nicht einmal dem Namen nach kennen.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Ach wie schön, wenn alte Threads mal wieder ausgegraben werden!

    Sollte viel häufiger geschehen, weil man da - ganz überraschend - vergangenem Tamino-Leben begegnet und zum Beispiel sieht, in wie lebhaftem und sachbezogenem, zu interessanten Einsichten führendem Diskurs das damals noch verlaufen ist …

    und:

    einem Menschen begegnet, wie das mir eben gerade bei "hami1799" der Fall ist , der - zu unser aller großem Bedauern - auf schreckliche Weise aus diesem Leben gerissen wurde.

    Nebenbei:

    Natürlich sind "Booklets" eine sinnvolle und höchst nützliche Sache. Keine Frage, dass sie - so gut gemacht freilich, das ist die Bedingung - geradezu unverzichtbar sind.

    Um das mit einem Beispiel zu belegen:

    Das Booklet zu der bei cpo erschienenen Ausgabe der "Complete Songs" von Clara Schumann - (an denen ich gerade in dem entsprechenden Thread sitze) - enthält einen ausführlichen, nämlich achtseitigen und höchst informativen Begleittext zu diesen Liedern. Der Verfasser (Joachim Draheim) hat sich dabei reichlich aus dem Kommentar der bei Breitkopf und Härtel erschienenen zweibändigen Notenausgabe der Lieder bedient. Das wird einem nun beim Kauf der CD mitgeliefert. Wer kauft sich schon für reichlich viele Euros diese Notenbände, um zu eben diesen für das Verständnis der Lieder höchst hilfreichen Informationen zu kommen.

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  • Ich würde mir wünschen, dass in CD - Booklets mehr INFOs über die Gegebenheiten bei der Aufnahme / Aufnahmeumstände / Interpretationsfragen des Dirigenten / Infos vom Dirigenten geschrieben wird.


    Abhandlungen und INFOs über die jeweilige Komposition/Werk sind natürlich auch von Bedeutung, aber bei vielen klassischen Werkreihen eher uninteressant (weil inzwischen eh bekannt und klar). Solche INFOs lese ich mir in der Regel dann gar nicht mehr durch.

    Lieber Wolfgang,


    da sprichst Du mir sowas von aus dem Herzen! Was interessiert bei einem Standardwerk, wie z.B. einer Beethoven-Sinfonie, eine kurze Werkbeschreibung, die man meist schon x-mal in ähnlicher Form hat, bzw. die in jedem Konzertführer leicht zu finden ist?


    Ein besonders schlechtes Beispiel hatte ich dieser Tage in Händen:


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    BEETHOVEN: Sinfonien Nr. 1, 3, 6 & 8 (Dir.: Pierre Monteux).


    Da gibt es eine Textbeilage, in der in nicht weniger als 4 Sprachen eine kurze Einführung in diese Werke enthalten ist, gezeichnet "DECCA 1994". Kein Wort über den Dirigenten, die Aufnahmetätigkeit, das Aufnahmeteam, den Aufnahmeort (es sind die Wiener Sofiensäle). Noch nicht einmal die genauen Aufnahmedaten sind vermerkt, lediglich die Aufnahmejahre. Na, immerhin!


    In den letzten Jahren ist das zwar, aber noch längst nicht bei allen Ausgaben, besser geworden, aber ich lege schon Wert auf die Umstände der Aufnahme, warum z.B. die Sinfonien Nr. 1,3,6,8 mit den Wiener Philharmonikern, die Nr. 2,4,5,7 mit dem LSO produziert wurden, und warum die Neunte komplett fehlt (sie wurde von WESTMINSTER, damals einem Independent-Label, 1962 aufgenommen). Da WESTMINSTER inzwischen, wie auch DGG, Decca u.a. in UNIVERSAL aufgegangen sind, kann man seit einiger Zeit den kompletten Zyklus erwerben. Wie es da mit dem Booklet aussieht, entzieht sich meiner Kenntnis.


    LG nach Bonn,

    Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Ich bin ein großer Freund von Booklets.

    Damit meine ich natürlich nur jene, die gut gemacht sind und mehr anbieten als doe Lebensdaten von Komponisten. Alles in allem kann man sagen, daß die GUTEN Booklets oft mehr informationsgehalt anbieten sl so manches - oberflächlich recherchierte Musiklexikon. Für meine Beiträge zu einem Werk nutze ich - so vorhanden - oft mehrere Booklets, da er Schwerpunkt des Inhalts oft recht unterschiedlich ist.....

    Naturgemäß sind die Booklets von Nischenrepertoire oft die ausführlichsten gemacht, oft vom Interpreten selbst, oder von demjenigen, der das Werk "ausgegraben" hat....


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich hatte den Thread eröffnet. Für mich sind Booklet-Texte wichtig.


    Wenn Interpreten persönliche Worte zu einem Werk oder Komponisten schreiben, schätze ich das. Gelungen finde ich die beiden Seiten Booklettext, den Dina Ugorskaja für ihre Schubert Aufnahme verfasst hat.



    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Wie bereits weiter vorn ausgedrückt, schätze ich auch gute, das heißt, aussagekräftige Booklets. Bei neuen Liedproduktionen junger Sänger (Appl, Krimmel, Hasselhprn, Fingerlos usw.) schätze ich es sehr, dass sich die Interpreten auch im Booklet äußern und sehr freimütig mit ihren Gefühlen, Nöten und Sehnsüchten umgehen. Meist finden sich auch die Liedtexte, was nicht immer nötig ist - wie bei "Winterreise" oder "Dichterliebe". Gut leben kann ich mit der Lösung, wenn Labels die Texte ins Netz stellen, wo sie auch heruntergeladen werden können. So geschehen beispielsweise bei der Naxos-Gesamtaufnahme der Lieder von Peter Cornelius, die uns Helmut Hofmann in Teilen auch genau besprochen hat. Da vermisse ich nichts.


    Es gibt aber auch sehr mühsame, ja ärgerliche Fälle. So hat Philips die Opern von Berlioz in der frühen Einspielung unter Davis kompakt in einer Box wiederaufgelegt.


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    Schriftlich gibt es lediglich die Besetzungslisten und Inhaltsangaben. Das ist bei Berlioz nicht genug. Als ich mich wieder genauer mit "Benvenuto Cellini" befasste, war nicht einmal ersichtlich, ob diese Fassung nun komoplett ist oder nicht. Die Fassungsgeschichte ist nämlich so spannend wie die ganze Oper. Also besorgte ich mir die alte fürstliche Plattenkassette, nur, um ein sehr aussagekräftiges Booklet mit Libretto zu haben. Das hat wenig zu tun mit dem digitalen Zeitalter. Es hat sich dennoch gelohnt! :)


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    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Sicher sind ausführliche Booklets wichtig. Leider fassen sich einige Labels dabei ziemlich kurz und präsentieren nur die Besetzungsliste mit Sängern/innen und Dirigent und einer Trackliste. Das gilt in erster Linie für die auf historische Aufnahmen spezialisierten Billig-Labels. Bei Studioaufnahmen renommierter Firmen findet man meistens tadellose Booklets mit Inhaltsangabe der Oper, Sängerbiographien und manchmal auch Berichte über die Umstände der Aufnahme. Nun kenne ich sehr viele Opern genau und habe bei vielen auch Partitur und Klavierauszug im Notenschrank. Da brauche ich nicht unbedingt den gesamten Operntext im Booklet. Aber Informationen über die jeweilige Aufnahme halte ich für wichtig. Leider fehlen bei den erwähnten auf historische Aufnahmen spezialisierten Billig-Labels meistens sogar so wichtige Angaben wie das genau Datum der Aufnahme. Meistens wird da nur das Jahr angegeben. Und das reicht nicht. Bei Studioaufnahmen gehen die Labels viel gründlicher vor. Da werden genau die Aufnahmedaten angegeben. Auch enthalten sie oft sehr informative Aufsätze, die extra für die betreffende CD geschrieben worden sind. So etwas finde ich gut. Als Beispiel seien da nur die Labels Deutsche Grammophon und Decca genannt. CDs bei diesen Labels sind nicht gerade die billigsten. Aber das liegt nicht zuletzt auch an den sorgfältig errichteten und oft recht dicken Booklets. Da ich aber gerade ein sehr großer Anhänger von historischen Aufnahmen bin, kaufe ich oft CDs, in denen man das alles nicht findet. Das ist schade, aber da kann man nichts machen. Auf den musikalischen Genuss dieser alten, zum großen Teil ausgezeichneten Aufnahmen möchte ich nicht verzichten.


    Herzliche Grüße von Wagner 1

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  • Leider fehlen bei den erwähnten auf historische Aufnahmen spezialisierten Billig-Labels meistens sogar so wichtige Angaben wie das genau Datum der Aufnahme. Meistens wird da nur das Jahr angegeben. Und das reicht nicht. Bei Studioaufnahmen gehen die Labels viel gründlicher vor. Da werden genau die Aufnahmedaten angegeben.

    Nicht nur die Billigheimer. Das sowjetische Staatslabel Melodija gab früher fast immer nur das Aufnahmejahr (also nicht die genauen Tage) an, meist auch nicht den Aufnahmeort. Was den Einspielungen freilich nichts an ihrem künstlerischen Wert nimmt.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Sicher sind ausführliche Booklets wichtig. Leider fassen sich einige Labels dabei ziemlich kurz und präsentieren nur die Besetzungsliste mit Sängern/innen und Dirigent und einer Trackliste. Bei Studioaufnahmen renommierter Firmen findet man meistens tadellose Booklets mit Inhaltsangabe der Oper, Sängerbiographien und manchmal auch Berichte über die Umstände der Aufnahme. angegeben. Bei Studioaufnahmen gehen die Labels viel gründlicher vor. Da werden genau die Aufnahmedaten angegeben. Auch enthalten sie oft sehr informative Aufsätze, die extra für die betreffende CD geschrieben worden sind. So etwas finde ich gut. Als Beispiel seien da nur die Labels Deutsche Grammophon und Decca genannt. CDs bei diesen Labels sind nicht gerade die billigsten. Aber das liegt nicht zuletzt auch an den sorgfältig errichteten und oft recht dicken Booklets.

    Ein Label, das sich mit der Gestaltung von Booklets ganz besondere Mühe gibt ist Hänssler Profil. So ist zum Beispiel das Booklet der Festaufführung des Großen Hauses der Dresdner Staatsoper 1948 direkt ein bibliographisches Meisterwerk. Reich bebildert mit hervorragenden Fotos, Zeitzeugen kommen zu Wort, die ganze Geschichte der Nachkriegszeit bis zur Eröffnung der neuen Semperoper wird beeindruckend geschildert. So informativ und spannend, dass allein das kunstvolle Booklet den Kauf der Box lohnt. (Profil Hänssler Semperoper Edition Vol.2 PH1033).

    Ein weiteres Beispiel für ein mustergültiges Booklet ist die Beilage zum Gottlob Frick Porträt, die anlässlich des 25jährigen Todestages bei Hänssler Profil erschienen ist. Zu fast allen Aufnahmen gibt es Fotos,umfangreiche Informationen zu den Aufnahmen und ein Porträt das nicht nur Werke und stimmliche Qualitäten des Sängers aufzeigt sondern vor allem auch den Menschen Gottlob Frick erlebbar vorstellt. (Profil Hänssler Der schwärzeste Bass PH18047)

    Diese Jubiläums Box mit 4 CDs wurde von unserem Tamino-Freund Rheingold im Thread "Gottlob Frick der schwärzeste Bass" ( Beitrag 491) kompetent und ausführlich besprochen.

    Herzlichst

    Operus (Hans)

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Leider fassen sich einige Labels dabei ziemlich kurz und präsentieren nur die Besetzungsliste mit Sängern/innen und Dirigent und einer Trackliste. Das gilt in erster Linie für die auf historische Aufnahmen spezialisierten Billig-Labels. Bei Studioaufnahmen renommierter Firmen findet man meistens tadellose Booklets mit Inhaltsangabe der Oper, Sängerbiographien und manchmal auch Berichte über die Umstände der Aufnahme.

    Es sollte bedacht werden, dass die gedruckten Booklets in der Herstellung oft teurer sind als die CDs selbst. Alte Rundfunksaufnahmen - um bei diesem Beispiel zu bleiben - würden sich durch ein ausführliches Booklet drastisch verteueren und dann womöglich nicht mehr verkauft werden. Es ist üblich geworden, Booklets - wenn sie denn beiliegen - mehrsprachig anzubieten. Das ist auch ein Kostenfaktor. Und Libretto ist auch nicht Libretto. Es müsste in vielen Fällen genau die Fassung abgedruckt werden, die auch zu hören ist. Die so genannten Billig-Labels, die weniger geworden sind, waren oft darauf angewiesen, von privaten Sammlern beliefert zu werden. Nicht selten wurden Aufnahmedaten etwas vage gehalten, um die Quellen zu verschleiern. Durchweg tadellos finde ich die Booklets bei Studioaufnahmen renommierten Firmen nun auch nicht. Ich hatte ja den Fall des "Benvenuto Cellini", der wirklich ausführliche Informationen verlangt, geschichildert.

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    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Wenn Booklet-Texte ein Werk erklären, ist dies für mich als Hörer hilfreich. Diese CD ist ein gutes Beispiel:


    Die 15. Sinfonie Dmitri Schostakowitschs ist ein kompexes, rätselhaftes Werk. Der informative Text von Clive Bennett klärt über die verwendeten Zitate aus Rossinis Ouvertüre zu Wilhelm Tell, Wagners Schicksalsmotiv aus dem Ring/Walküre, Siegfrieds Trauermarsch aus der Götterdämmerung, Zitat aus Tristan und Isolde, ein Eigenzitat aus der 4. Sinfonie des Komponisten, die Tonfolge D Es C H, die für den Namen des Komponisten steht sowie die Zwölftonskalen auf, in welchem Kontext sie stehen. Nie würde ich erkennen, dass es sich um eine Zwölftonfolge handelt, die der Komponist bewusst als Chiffre des Todes einsetzt


    Ich bin für diese Hinweise dankbar. In etlichen Gesamtausgaben und ihren beigelegten Booklets wird mir dieses Wissen nicht vermittelt.


    Des Russischen bin ich nicht mächtig. Die deutsche Übersetzung des Zyklus Aus jüdischer Vokspoesie hilft mir beim Verständnis der Lieder.


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    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Ein vorbildlicher Booklet-Text ist dieser, den Christian Binde, der Hornist des Ensembles Compagnia di punto, für diese Doppel-CD mit Transkriptionen beethovenscher Sinfonien, die Carl Friedrich Ebert und Ferdinand Ries erstellten, geschrieben hat..


    Es fängt mit dem Cover an. Johann Georg von Dillis: Wolkenstudie D. 507. Das ausgewählte Bild hat einen Bezug zum abgedruckten Text: Der mit "Himmelsbeben" betitelte achtseitige Text setzt die vertretenen Werke in den historischen Kontext, wie Beethoven auf die bereits bestehenden Modelle der Sinfonie kompositorisch reagiert hatte, die äusserst akribischen Angaben in den Original-Partituren, die Wichtigkeit eines verlässlichen Kopisten, denn penible Angaben in der Partitur steht eine schwer entzifferbare Handschrift gegenüber. Die Legitimation der zeitüblichen Bearbeitungen und Beethovens Verhältnis zu den Bearbeitern wird breiter Raum gegeben. Die Wichtigkeit der Mäzene, deren Widmungsträger der Sinfonien, erscheint im Kontext der Zeit. Abschliessend würdigt das Mitglied des Ensembles die Qualität der Bearbeitungen und wo im Notentext Veränderungen vorgenommen wurden.


    Nach der Lektüre ist man um einiges informierter und hat sein Wissen und das Verständnis für diese Musik vergrössert.


    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
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  • Ich habe in diesem Thread bereits einige Beiträg geschrieben - mit gleicher Tendenz, aber leichten Abweichungen. Heute will ich es etwas schärfer formulieren:

    Ein Booklet sollte Hintergrundinformationen bieten.

    Das geschieht vorbildlich vor allem bei Nischenrepertoire, wo In Opern- und Konzert- und sonstigen Führern keine brauchbaren Informationen zu finden sind.

    Die Booklets sind in diesem Falle wahre Fundgruben und sie sind eine enorme Hilfe beim Verfassen von Tamino -Klassikforum Artikeln.

    Es sit wie bei Spirituosen: Es gibt edle Brände und Fusel......


    Von Infos auf CDs halte ich wenig.

    Der typische Klassikfreund würde sie nicht benutzen. Ich selbst habe gegen diese Art von "Lesevergnügen" eine gewisse Abneigung.

    Das wird zwar nicht auf alle zutreffen - aber doch auf einen Großteil der typischen Klassikhörer und Sammler.


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • An anderer Stelle hatte ich schon erwähnt, über die Alpensinfonie zur Klassik gekommen zu sein. Es war in den 90-er Jahren, als mir das Regietheater Opernbesuche versauerte, ich Alternativen suchte und im Konzert fand. Die Alpensinfonie fiel mir aus Preisgründen zufällig in die Hand, ich hatte bis dato keinen Konzertführer und die Opern oder sinf. Dichtungen von Strauss waren mir ein Greuel. Im Booklet fand ich eine Erläuterung, daß diese "Sinfonie" eine Art Inhalt hat. Ich habe mich absichtlich zuerst in mir aus der Natur bekannte Vorgänge wie den Sonnenaufgang, am Bache, am Wasserfall, auf dem Gipfel, das Gewitter und alles nach dem Gewitter konzentriert und wollte mehr. Also das ganze Ding angehört, mit dem Booklet in der Hand, einmal und noch einmal. Und war begeistert.

    Ohne das Booklet hätte ich länger gebraucht, das Stück zu verstehen. Vielleicht hätte es nie geklappt. Ich habe mir dann antiquarische Konzertführer gekauft, bis zum Harenberg, viele Biographien usw. Und bin Stück für Stück in den Konzertsaal eingedrungen, habe mein Opernanrecht gekündigt und ein Konzertabo abgeschlossen. Jetzt brauche ich für die Alpensinfonie und viele andere Stücke kein Booklet mehr, aber bei jeder neuen CD oder DVD, bei jeder Konzertübertragung im TV (Radio höre ich kaum) informiere ich mich über das, was mich erwartet. Ich weiß nicht, was mich musikalisch ohne den Zufall mit der Alpensinfonie und dem Booklet geleitet hätte. Und so wie es mir vor mehr als 25 Jahren ging, kann es auch heute noch Neueisteigern wie mir damals gehen. Also, die Vorbereitung auf ein Konzert besonders mit unbekannter Musik ist für mich sehr, sehr wichtig, egal ob über Booklet, Konzertführer, Biographien, Wikipedia oder Konzerteinführung. Wie hätte ich sonst Freude an Mahler, Bruckner oder Strauss finden sollen, oder an Werken wie dem "Poem de l´Extase", an der "römischen Trilogie" oder gar an der Musik von Schostakowitsch??


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Unabdingar sind mir Angaben zu Aufnahmedatum, Ort und Interpreten.

    Nice to have: bei Nischenrepertoire Erläuterungen zum Werk und ggf Libretto.

    Bei Standardrepertoire wie Beethoven 4. + 7. Sinfonie: um Himmels willen lieber nichts zum Werk schreiben als die olle Kamelle "apollinisch vs dionysisch" zum tausendsten mal aufzuwärmen.

    Für mich persönlich gehört Schostakowitschs 15. zum Standardrepertoire, aber es darf natürlich gerne ein guter Einführungstext, vielleicht gar mit neuen Ideen, beigelegt werden.

    Er hat Jehova gesagt!

  • Großes Interesse hatte und habe ich meist an Fotos die während der Aufnahmesitzungen gemacht werden. Das ganze Mikrofon- und Kabelwirrwarr inmitten von Orchester, Chor und Solisten. Für mich sehr direkte Einblicke die man so selten bekommt. Ob aus der Lukaskirche Dresden, Jesus-Christus-Kirche Dahlem Berlin, Abbey Road Studio London oder wo auch immer...

  • Unabdingar sind mir Angaben zu Aufnahmedatum, Ort und Interpreten.

    Sehe ich auch so. Das ist das Wichtigste und Wesentlichste.

    Es gibt Booklets, die sehr informativ gestaltet sind, wo aber ausgerechnet die Aufnahmedetails fehlen (so teils beim sonst vorbildlichen Label Lyrita). Das ist dann schon ärgerlich, zumal wenn man mit etwas Internetrecherche selbige ausfindig machen kann und es ein Leichtes gewesen wäre, sie mit anzugeben.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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  • Booklet sind aus meiner Sicht eine sehr gemischte Angelegenheit. Oft kann ich darauf verzichten. Wie Apollon und Joseph sind auch mir Aufnahmedaten und Aufnahmeorte sehr wichtig. Nicht immer werden sie genannt. Bei Übernahmen offizieller Aufnahme durch Zweit- und Drittverwerter in Billigformaten sollen durch den Verzicht auf diese Daten offenkundig auch die Quellen verwischt und verschleiert werden. Dafür gibt es genügend Beispiele. Neulich kamen "Freischütz"-Szenen aus Paris heraus, auf die noch Caruso hingewiesen hatte. Im Booklet war zu lesen, dass mit Originalinstrumenten aufgenommen wurde. Und nichts weiter. Wer soll sich darunter genau etwas vorstellen können. Dieses Album war für mich letztlich rausgeschmissenes Geld, denn ich hatte es in der Erwartung erworben, mehr über das Instrumentarium zu erfahren. :(


    Die Booklet-Kultur ist im Niedergang. Dafür gibt es viele Gründe. Die Kosten sind wohl ein ganz wichtiger. Die aus meiner Sicht mit Abstand besten Booklets liefert Hänssler in seiner Fortsetzung-Edition aus der Semperoper Dresden. Sie gleichen Büchern in Miniformat. Die Ausstattung ist üppig, bilderreich und volle Informationen, die diesen Namen auch verdienen und nicht woanders einfach abgeschrieben sind. Hier ein paar Beispiele:


    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Als ich angefangen hab zu sammeln, gab es kein Internet. Da waren für mich die Booklet Texte unverzichtbar. Aber heute braucht man sie nicht mehr wirklich und manche Texte waren auch viel zu klein geschrieben und mehr als einmal beim auspacken hab ich sie auch nicht gelesen.

  • Meine Meinung zu diesem Thema stimmt in etwa mit der von rodolfo39 überein. Das Web bietet so reichliche Informationen, dass ich ein Booklet nicht benötige. Und das Interesse an Aufnahmedaten und -orte hält sich bei mir auch in Grenzen. Das Problem mit der notwenigerweise kleinen Schrift bei den CD-Booklets kenne ich natürlich auch, da waren die Hefte zu den LPs besser zu lesen. Allerdings: bei mir unbekannten Opernaufnahmen habe ich gerne den Text, kann mir allerdings auch mit CD-Rom-Ausgaben von Operntexten helfen. Dabei geht es natürlich nur um ältere Kompositionen, neuere Werke fallen unter Copyright...

    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Ich möchte die Booklet-Texte nicht missen!


    Vorbildlich ist die Serie der Herausgabe von Konzerten der Salzburger Festspiele des Labels Orfeo - wie hier:



    Man bekommt jeweils ein wunderbar geschriebenes Essay über die Umstände der Konzerte - Andas Wirken in Salzburg, seine Konzerte und Konzertplanung in Salzburg, dazu werden Ausschnitte aus Kritiken von der damaligen Zeit zitiert und natürlich gibt es eine sehr kompetente Bewertung des Schreibers - oft noch aus eigenem Erleben des Künstlers und des Konzertabends heraus. Eine kleine Biographie ist das! Bei Weissenberg und anderen Interpreten sind die Texte ähnlich aufschlussreich. Orfeo gebührt dafür eigentlich eine Goldmedaille für vorbildliche Booklets! :)


    Bei Michelangeli-Mitschnitten habe ich ähnlich Vorbildliches in meiner Sammlung. Bei einem der BBC-Mitschnitte berichtet der Produzent der BBC über das Konzert, die Proben-Vorbereitung - und man erfährt, dass ABM dort den Beethoven auf einem Steinway C spielte und den Debussy nach der Pause auf einem Steinway D und auch warum. Bei einem anderen ABM-Mitschnitt hat den Klappentext ein gewisser Dr. Cementy verfasst. Das ist einer der beiden Kardiologen, die zufällig in Bordeau bei ABMs Konzert als Zuhörer im Saal anwesend waren, als er mitten beim Vortrag von "Ondine" (Debussy Prelude Heft II) seinen schweren Herzanfall bekam und ihm das Leben retteten. (Das Konzert gibt es inzwischen bei Youtube sogar!) Man erfährt, dass sich ABM mit den beiden Ärzten und ihren Familien anfreundete mit Fotos, wie die Diagnose lautete, dass er sich von ihnen operieren lies und wie er damit umging. So unnahbar war ABM also nicht, er konnte auch sehr persönlich freundlich-freundschaftlich sein, wenn er Vertrauen in die Menschen gefasst hatte! Ohne diesen Klappentext hätte man es nicht gewusst!


    Die Klappentexte von Maurizio Pollini bei der DGG schreibt schon seit Jahren sein Freund, der italienische Musikwissenschaftler Paolo Petazzi. Die Texte sind immer sehr intelligent geschrieben und lehrreich - ich lese sie sehr gerne!


    Nein, die CD-Klappentexte sind ein Stück Kultur. Es wäre sehr bedaurlich, wenn es sie nicht mehr gäbe! :)


    Einen schönen Sonntag wünscht

    Holger

  • Nein, die CD-Klappentexte sind ein Stück Kultur. Es wäre sehr bedaurlich, wenn es sie nicht mehr gäbe! :)

    Teil 1: unumwunden zugegeben. Teil 2 : Die Zeit wird kommen, wo es Booklets nicht mehr geben wird. Die wichtige Frage ist doch: durch was ersetzen?


    In meiner idealen Vorstellung finde ich zu der Musik, die ich durchaus lokal streame, auf meinem ipad (oder was da so sein wird ;)) vernünftige Links zu vernünftigen Beschreibungen der Komponisten, der Stücke und der jeweiligen Aufnahme.


    Auch Booklettexte können langweilen. Ich kann mich noch an den Plattentextautor Uwe Kraemer erinnern, der gefühlt in meiner Erinnerung die Hälfte aller Plattencover vollgeschrieben hat :(. Anders ist es selbstverständlich, wenn der Interpret zu seiner Interpretation etwas sagen möchte oder zur Zusammenstellung auf der CD . Die Firma hyperion macht es beim Download schon ziemlich gut. Sie liefert immer ein digitales Booklet mit und häufig ein EPUB-formatiertes Dokument, was bei meinem Player dazu führt, dass gezielt zum gerade abgespielten Stück entsprechender Text gezeigt werden kann.


    In diese Richtung ist IMHO weiterzudenken. Ein kleines digital verlinktes Buch, wie das zur Box von Dinorah Varsi, ist der nächste Schritt in der Digitalisierung :)

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  • Kleine Notiz:
    Ich habe gerade beim Hören einer CD, die mich interessierte, festgestellt, dass ich eine Stelle in dem beiliegenden Booklet vor längerer Zeit mit gelbem Filzstift markiert hatte. Ich wurde stutzig und hörte genauer hin, einen bestimmten Aspekt dieser Aufnahme betreffend. Und mir ging ein Licht auf. Ich hatte in bezug auf diesen Komponisten ganz falsche Erinnerungen. Jetzt musste ich mein Bild von ihm korrigieren.


    Kann sich so etwas - dies meine Frage - mit all den Internet-Klicks ereignen, die hier so hoch gepriesen und als wahre technische Errungenschaft dargestellt werden?

    Das ist eine gute Frage, die durch das, was ich beschrieben habe noch nicht gelöst ist. Meines Erachtens ist das ein Thema von Software. Die a... App Audib... ermöglich es beim Hören sogenannte Marker zu setzen und diese sich später noch einmal aufzurufen. Bei einer guten Synchronisierung von Lestext und Musikabspielen, könnten solche Marker mit Text zum Beispiel sofort zur Stelle auf der CD führen, etwas, was mit reinem Markieren im Booklet nicht erreicht werden könnte.

  • Zur Zeit bin ich nur lesend und schreibend mit Musik beschäftigt. Ich arbeite mich durch die Booklet-Texte der CDs meiner Sammlung durch. Das sind tausende von Seiten.


    Letzthin habe die Aufnahmen der Schubert-Sinfonien in den Interpretationen von René Jacobs und dem B'Rock Orchester erworben, weil sie in der Preisaktion sind. Eine Gesamtaufnahme ist am Entstehen. Die Kombination der Sinfonien auf jeder CD ist nicht zufällig. René Jacobs begründet dies genauestens (mehr sei hier nicht verraten) und empfiehlt: Zitat "Versuchen Sie die beiden Sinfonienpaare als zwei in sich geschlossene Entitäten anzuhören!" (Anmerkung moderato 2. und 3. bzw. 4. und 5.)


    Ein dickes Booklet wird zu der CD (4. & 5. Sinfonie) respektive SACDs (1. & 6. Sinfonie sowie 2. & 3.Sinfonie) geliefert. Autor ist der Dirigent René Jacobs, ein Vertreter der historisch informierten Aufführungspraxis. Er hat die Sinfonien einer ausführlichen Analyse des Notentextes unterzogen, wie sie mir in einem Booklet-Text noch nie begegnet ist: Jede Sinfonie als Ganzes, jeder Satz im Speziellen wird genauestens beschrieben, die Abfolge der Tonarten und ihre Bedeutung, Unregelmässigkeiten im erwarteten traditionellen Schema des Sonatensatzes. Der Text zeugt von einer intensiven Beschäftigung. René Jacobs lässt uns in seine Werkstatt blicken. Der Nachteil ist: Ohne Kenntnisse zu Harmonik versteht man diesen Teil betreffend wenig von seinen Ausführungen. Zum Glück hatte ich sie mir bereits angeeignet. Ein Hörer, der unbedarft den Text liest, wird schnell überfordert sein. Jacobs Beschäftigung mit dem musikalischen Aufbau ist durchaus bereichernd. So erfährt man die musikalischen Gründe, weshalb in der 4. Sinfonie "Tragische" zwei Hörnerpaare unterschiedlicher Stimmung zum Einsatz kommen. Die Sinfonien seiner Komponistenkollegen weisen diese Besonderheit nicht auf. Die musikwissenschaftliche Sekundärliteratur wird von René Jacobs zitiert, nicht nur zur Untermauerung sondern auch als Widerpart zu den eigenen Vorstellungen des Dirigenten. Das zeugt von Selbstbewusstsein und Expertenwissen.



    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • In den 12 einzeln erschienenen SACDs der Gesamt-Aufnahmen der Mozart Sinfonien, die Adam Fischer mit dem Danish National Chamber Orchestra zwischen 2008 und 2013 aufnahm, hat Claus Johansen längere Aufsätze zu verschiedenen Aspekten der mozartschen Musik geschrieben. Das liest sich gut und ist informativ.


    Mozart in Salzburg

    Mozart in Wien

    Was macht man mit einem Orchester?

    Mozarts Stellenjagd

    Die schweigende Anerkennung, Mozarts Verhältnis zum Publikum

    Es heisst Wiener Klassik

    Mozart komplett?

    Musikalische Reisen

    Mozart und die Bässe

    Was 1772 sonst noch passierte

    Mozart und das Orchester, Über die Oboe

    Wir nennen es klassisch

    Mozart und die Flöte

    Die einzigartige Sinfonie

    Mozart und das Horn

    Mozartproben

    Mozart und die Violinen

    Mozarts Gespür für Tonarten

    Über Mozarts Verhältnis zum Publikum, Auf der Grundlage der Briefe vom 3.7. und 9.7. von W. A. Mozart in Paris an L. Mozart in Salzburg

    Mozart und sein Dienstmädchen

    Mozart und die Trompete

    Mozart und die Klarinette

    Musik muss kochen


    Zuweilen sind Gedanken des Dirigenten zu den Sinfonien in bildreicher Sprache abgedruckt. So kann man auch Musik in sich aufnehmen, denke ich, obwohl es meiner Art Musik zu hören diametral entgegengesetzt ist.


    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Es gibt Booklettexte, die ein hohes sprachliches Niveau besitzen.


    In der Box der Gesamtaufnahme der Sinfonien Schuberts, die Nikolaus Harnoncourt mit dem Royal Concergebouw Orchestra eingespielt hat, ist mir der Booklet-Text sprachlich aufgefallen. Eine Annäherung an den Komponisten, die mich sehr angesprochen hat.


    Am Ende steht der Name des Verfassers: Peter Härtling. Wenn ein Schriftsteller über einen Komponisten sich äussert, kommt eine weitere Dimension hinzu.


    Jahre später wird er ein Buch über Franz Schubert schreiben, das ich jedem nur empfehlen kann.


    Da ich nicht weiss, ob der von mir gelobte Text in der neueren Ausgabe dieser Einspielung enthalten ist, setze ich das Cover der Erstausgabe.


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    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Der Pianist und Dirigent Arthur Schoonderwoerd nimmt mit dem Ensemble Cristofori die Klavierkonzerte Wolfgang Amadeus Mozarts auf. Das Projekt ist ins Stocken geraten. Ich hoffe, diese Reihe wird fortgesetzt werden.


    Neben dem spannenden interpretatorischen Konzept, die Konzerte so erklingen zu lassen, wie sie ursprünglich aufgeführt wurden, bieten die von Arthur Schoonderwoerd verfassten Texte wichtige Informationen zu den Orten der ersten Konzerte und den verwendeten Instrumenten. Ein Detail soll das verdeutlichen. Wenn aus der Wohnung Mozarts, die Stiegen des Treppenhaus hinunter, durch Wiens Strassen das Instrument für die Aufführung zum Aufführungsort getragen wird, taucht vor mir das Bild dieses Instrumentes auf: ein leichtes Hammerklavier.



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    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




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