Hallo Norbert,
danke für die Warnung - dann lasse ich lieber die Finger davon. Schade, denn von CvD fehlt mir noch eine wirklich schöne Aufnahme in meiner Sammlung.
Anton Bruckner: Sinfonie Nr 4 "Die Romantische"
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Vor zwei Jahren habe ich die IV. mit Rattle (1x VPO, kurz darauf BPO) in Wien gehört. Obwohl ich persönlich von Celibidache und Marthé herkomme, haben mich Rattles Interpretationen zutiefst berührt und begeistert und mir völlig neue Perspektiven für Bruckner aufgezeigt.
Ich halte ihn für einen grossen Musiker und Dirigenten. Vor allem sein genuines Rhythmusgefühl (er hat ja bekanntlich als Kind zuerst Schlagzeug gelernt) tut Bruckner erstaunlich gut.
Seine IV. mit den Wienern wurde in der Zeitung "Die Presse" sinngemäß als "aufgeblasener effektheischender Krach" rezensiert - vielleicht bin ich zu leicht zu beeindrucken, selbstverständlich unterwerfe ich mich dem Urteil eines der prominentesten österreichischen Musikkritikers, muss mich halt noch ein bissl mehr mit Bruckner beschäftigen, um in Zukunft besser differenzieren zu können. Sei es, wie es sei, ich hab mir damals den ORF-Mitschnitt besorgt, oft gehört, viel von Rattle gelernt und kann mich daher derzeit am "Rattle-Bashing" nicht beteiligen.
Der Unterschied im Orchesterklang VPO/BPO war - ohne hier werten zu wollen - allerdings ertstaunlich. Die neue BPO-IV. werde ich mir bei Amazon besorgen und dann detaillierte klangliche Vergleichsstudien anstellen - nicht um zu kritisieren, sondern um zu erfahren und zu lernen.
Klaus
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Hallo,
folgende Aufnahmen sind mir ans Herz gewachsen:Klemperer in dieser Ausgabe
Einfach nur gewaltig
Walter
Der Romantischste für mich....
Inbal
der Erstfasser
Und auf der Orgel
die Transcription von SchmögnerMeine anderen CDs von Wand, Klemperer I, Kempe, Böhm, Solti
bleiben immer öfter im Regal.Zulegen werde ich mir wohl noch Tintner und Nott (sofern er sie aufnimmt).
Gruß
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Salü,
just in diesem Moment erklingt [vielleicht noch?] unweit von mir:
Anton Bruckner
Sinfonie Nr. 4 Es-DurHerbert Blomstedt
Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Festspielhaus Baden-BadenEs war eine Überlegung wert... die allerdings zugunsten von "Amadeus" dann revidiert wurde - außerdem ist morgen Montag und ich hasse Sonntagskonzerte und darauffolgende Montage.
Ulli
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Die 4. Sinfonie von Bruckner das "einfachste" Werk, um Bruckner kennen zu lernen. Auch ich tat das mit der sehr empfehlenswerten Aufnahme mit dem Orchestre de Champs-Elysees und Philippe Herreweghe. Diese Einspielung kommt so frisch und natürlich aus dem CD-Player, das man Lust auf mehr bekommt. Sie soll wirklich allen Brucknerfreunden ans Herz gelegt werden.
Auch schon im Konzert habe ich die "Romantische" erlebt. Das "recreation"-Orchester Graz spielte dieses Werk diesen Juni.
Live war die Sinfonie ein noch größeres Erlebnis. Bei solchen monumentalen Werken muss man doch das riesige Orchester sehen, um ganz mitfühlen zu können. Das Orchester war übrigens spitze!Hier die Aufnahme:
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Hallo
Es gibt glücklicherweise viele schöne Vierte, aber offenbar ist nach wie vor ein besonderer Schatz so gut wie unbekannt. Also noch einmal eine Empfehlung für ein echtes Highlight der Plattengeschichte, ein Mitschnitt des Konzerts vom 19. 1. 1953 im Musikverein, die Wiener Symphoniker unter Volkmar Andreae.
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Zitat
wie unterschiedlich doch geschmäcker sind: ich empfand diese vierte als schwächste bruckner-aufnahme, die ich seit jahren gehört habe. völlig blutleer, nüchtern und fad, absolut spannungsfrei - ich war regelrecht entsetzt.
gut, das ganze soll wohl anti-romantisierend sein
aber hier hört man, was dann (oft) dabei herauskommt.greetings, uhlmann
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Wann sagt denn endlich jemand was zu der neuen Rattle-Einspielung? Gestern las ich eine sehr positive Rezension in der Fonoforum, die ja grundsätzlich nicht in dem Verdacht steht, Rattle zu hofieren, jedenfalls nicht seit seinem Anfang in Berlin. Die Bruckner 4 erhält aber für Interpretation und Klang die Höchstwertung!
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Zitat
Original von uhlmann
wie unterschiedlich doch geschmäcker sind: ich empfand diese vierte als schwächste bruckner-aufnahme, die ich seit jahren gehört habe. völlig blutleer, nüchtern und fad, absolut spannungsfrei
Ich kann mich (der ich ansonsten Klemperers Studio-Aufnahme dieser Symphonie sehr schätze) nur Gerald in der Empfehlung der Herreweghe-Einspielung anschließen.
Uhlmanns Kritik kann ich übrigens genausowenig nachvollziehen wie Geralds Charakterisierung als "frisch": ich empfinde Herreweghes Lesart als durchaus "romantisch", eher elegisch im Grundcharakter und mit viel Liebe zum klanglichen Detail. Höchste Ausdrucksintensität erreicht Herreweghe vor allem in den zurückhaltenderen Passagen, hier wird mit höchster Klangkultur und feiner Differenziertheit ein wahrer Reichtum an Ausdrucksschattierungen geboten, der auf modernen Instrumenten schlicht nicht zu erzielen ist.
Bruckner ändert mit historischen Instrumenten so völlig seinen Charakter. Das Blech tritt zurück, die in anderen Aufnahmen oft anzutreffende Aggressivität verschwindet und die klangliche Mischung wird insgesamt viel homogener: ein großer Gewinn an Subtilität und Schattierungsreichtum, der "Defizite" an brutaler Klangmacht mehr als ausgleicht, zumal gerade in dichten Passagen der Satz viel durchhörbarer ist, weil nicht das Blech oder in den Holzbläsern die Flöten dominieren.
Gerade am Klangcharakter der Trompeten und der Querflöten zeigt sich ein geradezu krasser Unterschied zu Aufnahmen mit modernen Instrumenten, der mich jedenfalls vollständig von der Überlegenheit der alten Instrumente überzeugt hat.
Ich hoffe und wünsche demnach, dass Herreweghe einen möglichst vollständigen Bruckner-Zyklus einspielen wird - diese IV. und auch die zuvor aufgenommene VII. lassen Großes hoffen.
Womit ich natürlich anderen Geschmäckern nicht die Berechtigung absprechen will, aber einen kleinen Kontrapunkt zu Uhlmanns Beitrag wollte ich schon setzen...
Flo
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Hallo Uranus,
ZitatWann sagt denn endlich jemand was zu der neuen Rattle-Einspielung?
Tja...da stand ich schon manchesmal im CD Geschäft und hielt diese CD in der Hand, den hohen Preis betrachtend, und mich fragend, ob denn nun,
wenn der Klang auch noch so gewaltig ist, mir ein Kauf wie der im Falle von der 5. unter Thielemann bevorsteht; d.h. Die Gesamtqualität auf Grund der Interpretation dann doch darunter leidet.Mit Rattle's- Mahlerinterpretationen bin ich gut hingekommen, und ich
glaube ich scheue mich am Allermeisten deswegen vor dem Kauf, wegen
des Gedanken, dass Rattle eben Mahler wusste zu interpretieren und
somit seinen "Spezialbereich" abgedeckt hat. (Auch seine älteren Aufnahmen z.B. Janacek's Sinfonietta sind erste Sahne). Aber das ist eben alles nicht Bruckner!!! (Und es wird mir zuviel von den Medien gejubelt...)Möglicherweise ist Bruckner nicht Rattle's Metier.
Und genau das lässt meine Hand kräftig zucken und die CD
wieder zurück ins Regal stellen. Vielleicht nächstes Mal...Nun ja...etwas Nonsens, bis denn mal endlich jemand eine glaubwürdige
Rezension zu Rattle abgibtSolange höre ich dann eben diese hier (mein Favorit):
Skrowaczewski, Saarbrücker RSO
(Derzeit übrigens für 4,99 oder 5,99 bei Zweitausendeins) -
Zitat
Original von Uranus
Wann sagt denn endlich jemand was zu der neuen Rattle-Einspielung? Gestern las ich eine sehr positive Rezension in der Fonoforum, die ja grundsätzlich nicht in dem Verdacht steht, Rattle zu hofieren, jedenfalls nicht seit seinem Anfang in Berlin. Die Bruckner 4 erhält aber für Interpretation und Klang die Höchstwertung!Hier (zweiter Absatz) hat schon einmal lohengrins seine Eindrücke zusammengefasst.
Viele Grüße
Bernd
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Hallo Jaan,
genauso wie Dir geht's mir auch - auch ich halte Bruckner nicht unbedingt für Rattle-Terrain und zögere deshalb.
Aber die Berliner haben unter Wand meine all-time-favorite-Aufnahme geliefert (Skrowaszewski ist aber - wie immer bei Bruckner - auch großartig!), und außerdem wird die Klangqualität im ff auch noch als perfekt beschrieben... -
Hi!
Bin nach wie vor ganz zufrieden mit der Aufnahme hier:
LG Florian
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Ich habe gehört, dass Claudio Abbado mit dem Festival-Orchester Luzern die 4. aufgenommen hat - kennt jemand schon diese Aufnahme?
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Zitat
Original von Uranus
Ich habe gehört, dass Claudio Abbado mit dem Festival-Orchester Luzern die 4. aufgenommen hat - kennt jemand schon diese Aufnahme?Mit dem Lucerne Festival Orchestra hatte ich zuvor Mahler 2 / Debussy La Mer. Letzteres äußerst farbenprächtig inszeniert, Mahler auch äußerst detailreich, aber bei mehrmaligem Hören fehlt ganz einfach Mahler.
Zu Bruckner 4 passt Abbados Zugang mit dem LFO allerdings prächtig, muss ich sagen. Das Orchesterspiel ist grandios. Prächtiger und detailreicher erklingt diese Musik auch in Studioaufnahmen sonst nicht. Die Aufnahmetechnik ist auch superb, soweit mit meinem bescheiden Equipment zu beurteilen. Durchhörbar, gute Dynamik, in den (sehr kurzen) Pausen zwischen den Sätzen kann man das Publikum wahrnehmen, aber ansonsten praktisch nicht.
Erstaunt hat mich die Coda des Finales, muss ich sagen. So deutlich wie hier habe ich den abschließenden Triumph des Hauptthemas noch nie gehört. Das hatte für mich durchaus einen ähnlich umwerfenden Effekt, wie damals, als ich die Coda unter Celi zum ersten Mal hörte (nun, nicht ganz so).Hier noch die Zeitangaben der Sätze: 18:25, 16:32, 10:01, 21:30
Bisher war Celibidache mit den Münchnern mein Favorit. Ich glaube, das bleibt er auch nach dieser Aufnahme. Aber Abbado/LFO hat seinen Reiz, keine Frage. Ich glaube, er ist ganz nah an dem, was Bruckner selbst genau vorschwebte. Allenfalls das kämpferische Element der Musik scheint mir etwas zu kurz zu kommen. Kann aber auch täuschen, habe die Aufnahme erst zweimal gehört.
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Dass Bruckner IV der Schlaflosenächtebereiter schlechthin für jeden Hornisten ist, dürfte kein Geheimnis sein.
Ich hörte vor langer Zeit im Radio eine recht staubige, wenn auch faszinierende Aufnahme mit einem grandios verpatzen Horneinstieg.
Ich meine, es war Furtwängler.Weiß jemand etwas?
Gruß,
audiamus
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Zu Abbado/Luzern ist vielleicht noch erfreulicherweise anzumerken, dass das Festival Orchestra Luzern nun, wie einige andere Orchester auch, CDs in eigener Regie veröffentlicht!
http://www.lucernefestival.ch/…ail&artId=3704&SearchFor=
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Spielen wir nun wieder "alle Aufnahmen durchhecheln"?
Ich finde die Abbado-Aufnahme allerdings fantastisch! -
Zitat
Original von ben cohrs
Ich finde die Abbado-Aufnahme allerdings fantastisch!
Lieber Ben,
vollumfängliche Zustimmung!
Ich hatte allerdings beim inzwischen wiederholten Hören das Gefühl, die Musik stellenweise noch nie gehört zu haben, obwohl Bruckners Vierte die einzige ist, die ich vor meiner Zeit hier im Forum schon des öfteren gehört hatte.
Deshalb meine Frage: unterscheidet sich die von Abbado gespielte "2. Version 1878-80" tatsächlich so weit von der "Version 1886", die Rattle mit den Berlinern gerade vorgelegt hat und die ich auch besitze?
LG, Elisabeth
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Wer "Bruckner subjektiv" mag, der wird Enoch zu Guttenbergs Aufnahme faszinierend finden, wer -wie z.B. bei Jochum oder Böhm üblich- ein Grundtempo schätzt, an dem sich der Verlauf einer Sinfonie orientiert (auch wenn das Grundtempo modifiziert werden kann), der wird mit der Einspielung nichts anfangen können.
Das "Corpus delicti" :
Entstanden ist die SACD während zweier Live-Konzerte des Orchesters der Klangverwaltung (wenn es für mich ein "typisch deutsches Wort" gibt, dann ist das eins... ) im Großen Saal des Wiener Musikvereins am 25. und 26. April 2007.
Ich kenne und schätze Bruckners 4. seit vielen Jahren, ich habe das Werk sehr häufig im Konzert und auf CD gehört, aber so noch nie. Ich habe beileibe nichts dagegen, alt tradierte Hörgewohnheiten über Bord zu werfen, aber Enoch zu Guttenbergs Deutung gerät derart subjektiv, daß es in meinen Augen nur zwei Reaktionen geben kann - Begeisterung oder Ablehnung.
Was aber ist so besonderes an der Aufnahme? Orchester und Dirigent scheinen die Sinfonie nicht als Einheit, sondern als Aneinanderreihung von Stimmungen und einzelnen Abschnitten zu begreifen. Es ist -wenn man so will- ein "Scheibchen-Bruckner" oder ein "Mosaik-Bruckner".
Mal bremst zu Guttenberg das Tempo fast bis zum Stillstand ab, insbesondere im Andante quasi allegretto (2. Satz), um dann (z.B. bei einzelnen tänzerischen Motiven) schlagartig zu beschleunigen. Wo z.B. Mrawinsky oder Thielemann durch Rubati Tempi modifizieren, herrscht bei Guttenberg eine einzige Modifikation vor. Man hat keine Chance, ein Grundtempo zu erkennen.
Ähnliche Extreme entdeckt man in der Dynamik, wobei hier erfreut zur Kenntnis genommen wird, daß das Pendel eindeutig in Richtung "leise" ausschlägt. Ein "knalliger" Orchesterklang wie bei Karajan in der 4. ist hier nicht zu finden. Das Orchester spielt stellenweise sehr schön verinnerlicht und zurückhaltend und ist durch die Bank sehr gut besetzt.
Positiv ist zu vermerken, daß die Violinen antiphonisch aufgestellt sind und daß -wenn sich der Dirigent einmal dazu durchringt, längere Passagen durchgängig und nicht "in Mosaiksteinen" zu spielen- etliche schöne Phrasierungen und Motive zu hören sind.
Die letzten ca. drei Minuten des Andante geraten somit fast zum Höhepunkt der gesamten CD: Guttenberg läßt die Musik fließen, betont die rhythmischen Strukturen.
Ansonsten herrscht bei mir das Gefühl vor, daß Bruckner bewußt "gegen den Strich gebürstet" werden sollte. Oder, wie es in der sehr positiven Rezension bei klassik.com heißt: "Und wie auch seine [zu Guttenbergs] musikalischen Interpretationen Gegensätze und Ausdrucksextreme nicht scheuen, stehen die künstlerischen Ergebnisse ebenso diametral gegenüber: etwa Sternstunde oder Themaverfehlung."
So ist es...
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Auch "anders", aber für mich erheblich "besser" als der Dirigent oben beschriebener Aufnahme interpretiert Claudio Abbado Bruckners 4. Sinfonie.
Das Orchester an sich ist ein musikalisches "Unikat": Den "Stamm" bilden Mitglieder des Mahler Chamber Orchestra. Dieser wird ergänzt durch hochkarätige Solisten wie Kolja Blacher (Ex-Konzertmeister der Berliner Philharmoniker), Sabine Meyer, Mitglieder des Hagen Quartetts, des Alban Berg Quartetts etc.
Aufgrund dieser Tatsache verwundert es kaum, daß viele Solostellen wunderschön grazil und zart gespielt werden wie in kaum einer anderen Aufnahme. Daß das "Orchesterkollektiv" einige kleine Wackler im 1. Satz hat, sei verziehen und nur "beckmesserisch" am Rande erwähnt: Die künstlerische Qualität dieser Live-Aufnahme ist für mich außerordentlich.
Sicher, man kann Bruckner erheblich konturenschärfer und "blockhafter" (im Sinne von Bruckner als Organist) dirigieren. Otto Klemperer fällt mir hier exemplarisch ein. Man kann Bruckner wunderbar "romantisch" dirigieren wie es Karl Böhm oder Bruno Walter vermochten, man kann Klangmassen auftürmen wie Karajan oder Solti, man kann die große Bewunderung für Bruckner verdeutlichen wie Jochum.
Oder man läßt die Musik einfach nur wunderbar fließen, sich organisch entwickeln wie es Abbado vollbrachte. Die einzigarte Verquickung eines Orchesterstammes mit herausragenden Solisten läßt selbst im Orchestertutti solistische Melodien hörbar werden (exemplarisch für mich im 2. Satz bei ca. 13'20"-13'50", wo die Flöte gut eingebettet, aber vernehmbar zu hören ist) und schafft somit eine unerhörte Klangtransparenz. Sprächen wir hier nicht von einem großen Sinfonieorchester, so könnte man den Ansatz fast "kammermusikalisch" nennen.
Die Tempi sind klug disponiert und wirken stimmig, also weder schleppend noch verhetzt. Kleine Abstriche mache ich diesebzüglich im Scherzo, bei dem es sich weniger um ein "Jagdscherzo", sondern wohl eher um eine Wahl zum "Galopper des Jahres" handelt ( ). Das hervorragende Orchester schafft es allerdings, diesen "wilden Ritt" zu beherrschen.
Das große Plus an Abbados Einspielung ist, daß er es geschafft hat, eine neue Facette in der Interpretationsgeschichte Bruckners 4. beizufügen.
(An dieser Stelle noch einmal ein besonderer Dank an die Person, die es mir ermöglichte, meinen Erfahrungsschatz in Hinblick auf Bruckners 4. zu erweitern... )
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Zitat
Original von honigschlecker
Hier noch die Zeitangaben der Sätze: 18:25, 16:32, 10:01, 21:30Hallo honigschlecker,
in meiner Aufnahme werden leicht abweichende Zeitangaben genannt: 17'44'', 15'42'', 09'48'' und 21'01''.
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Zitat
Original von Norbert
Hallo honigschlecker,in meiner Aufnahme werden leicht abweichende Zeitangaben genannt: 17'44'', 15'42'', 09'48'' und 21'01''.
Hui, das sind aber recht große Abweichungen. Meine Angaben waren jedenfalls netto. Allerdings lag mir nicht die CD, sondern nur ein Livemitschnitt vom 18.08.2006 vor, während die CD offenbar zwei Monate später augenommen wurde.
Diese beiden verschiedenen Versionen sind auch auf abruckner.com so gelistet.
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Okay, das erklärt dann die Unterschiede.
Nebenbei, was Du in Bezug auf die Coda schriebst, findet meine volle Bestätigung.
Die Schlußsteigerung ist phänomenal. -
Hallo Florian,
die Box mit dem BO Linz besitze ich auch und ich schätze den Dirigenten Kurt Eichhorn unbedingt, da er für Bruckners Werke eine m.E. passende Phrasierung findet (welche die Gliederung und Form sinnfällig macht) und ihm auch die Gewichtung von Haupt- und Nebenstimmen überzeugend gelingt.
Die vierte (und dritte) Sinfonie ist allerdings in dieser Box unter Leitung eines anderen Dirigenten aufgenommen, dessen Phrasierung mir weit weniger zusagt, als die Eichhorns. Ich habe sogar vergessen, wie dieser Dirigent heißt Auf mich wirkte diese Vierte jedenfalls einfach bloß runtergespielt.Also meine ich, daß die Box an sich wirklich gelungen ist, mit Ausnahme jedoch der Dritten und Vierten Sinfonie. Daher sehe ich die Erwähnung in diesem Thread etwas kritisch.
Gruß
Andreas
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Hallo Norbert,
schön, dass du doch noch Gelegenheit gefunden hast, den neuen Abbado zu hören. Ich kann deine Eindrücke nur bestätigen. Momentan höre ich die CD rauf und runter und bin jedes Mal ziemlich ergriffen, besonders von der Coda im Schlusssatz.
Es wäre wünschenswert, wenn die Aufnahme noch etwas weit verbreiteter vertrieben werden könnte, denn das würde man ihr unbedingt wünschen!
LG, Peter.
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Hallo Peter,
ja, über ein paar verschlungene Pfade ( ) kam ich dann doch noch in den Genuß, mir Abbados neue Bruckner-Aufnahme anzuhören.
Es scheint mir (unbewiesener Maßen), als ob Abbado durch seine sehr schwere Erkrankung einen neuen Weg zur Musik gefunden hätte.
Schon Mahlers 6. hatte Abbado seiner Zeit eklatant (und bewußt) "gegen den Strich" gebürstet. Abgründe erscheinen geglättet, eine gewisse Art der musikalischen Ästhetik scheint mir eingesetzt zu haben.
Diese Art als "Schönklang" zu bezeichnen, trifft es nicht ganz, es ist aber auch nicht verkehrt, sie so zu bezeichnen.
Abbados "neues Musikempfinden" muß nicht unwidersprochen geteilt werden, aber die Konsequenz, mit der er seinen Interpretationsansatz angeht, verdient Respekt, denn er erscheint mir -sowohl bei Mahler als auch bei Bruckner- schlüssig.
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Einen zwiespältigen Eindruck hinterläßt meine Neuerwerbung:
Leider sind Aufnahmen von Bruckners 4. in der Urfassung von 1874 sehr rar gesät. Die Popularität der heute gängigen Fassung (von 1878 mit dem Finale von 1880) wird sicherlich dafür verantwortlich sein, aber wohl auch die Tatsache, daß "das Original" sehr viel sperriger ist und man sich namentlich im Finale erst einmal "hineinhören" muß - das beginnende Baßstakkato des Finales ist durchaus gewöhnungsbedürftig.
Wie bei der 3. und 8. Sinfonie ist es Eliahu Inbal zu verdanken, daß das Werk in der Urfassung auf Schallplatte/CD veröffentlicht worden ist. Seine Aufnahme ist für mich immer noch "Referenz" (aber wohl nur deshalb, weil ich Michael Gielens Aufnahme leider nicht mehr besitze). Jesus Lopez-Cobos' Einspielung erhalte ich demnächst; Dennis Russel Davies kommt über gute Ansätze imo leider nicht hinaus und verägert sowohl durch Manieriertheit (2. Satz) und Ungenauigkeit (Scherzo).
Simone Young hätte also eine gute Chance gehabt, mit ihrer Live-Aufnahme vom 01.-03. Dezember 2007 auf das Werk aufmerksam zu machen - sie nutzt sie in meinen Augen leider nur teilweise.
Fraglich ist z.B., weswegen die Dirigentin in der Urfassung der 2. Sinfonie in der deutschen Orchesteraufstellung spielen ließ und in der 3. und 4. in der amerikanischen. Leider findet man nirgendwo eine Erklärung für diese Inkonsequenz.
Zu Beginn der Sinfonie weiß Frau Young zu gefallen: Spannend und in den Bässen sonor läßt sie Bruckners "Urnebel" (Streicher-Tremolo) spielen, aber schon im ersten Tutti folgt die große Ernüchterung, genannt "Klangbrei".
Eine differenzierte Klangbalance ist (beim Hören über Kopfhörer im CD-Spieler zumindest) nicht auszumachen, hohe Streicher gehen im Tutti fast vollständig unter, bei den Blechbläsern wird zu wenig differenziert. Ob die Tontechnik schuldig ist oder Frau Young das Orchester nicht im Griff hatte, spielt dabei eher eine untergeordnete Rolle, das Ergebnis ist jedenfalls ärgerlich (zumal Tontechnikerkollegen von RCA vor über 1 1/2 Jahrzehnten die Akustik der Laeisz-Halle bei Aufnahmen mit Günter Wand und dem NDR-Sinfonieorchester sehr gut in den Griff bekamen...).
Interpretatorisch hat sie ihre stärksten Momente, wenn sie die Musik "voran treiben" kann. Die Tempi in den Sätzen 1, 3 und 4 scheinen mir gut gewählt und stimmig, der 2. Satz schleppt sich stellenweise arg dahin und gerät bisweilen ins Stocken.
Das Scherzo, das übrigens in der Urfassung mit dem bekannten "Jagdscherzo" nichts gemein hat, gefällt mir besonders gut. Er besticht durch Leidenschaft und Temperament und durch ein beschwingt-tänzerisches Trio.
Daß sich Simone Young für die Urfassungen einsetzt, ist sehr lobenswert (dieses Jahr steht die Urfassung der 8. auf dem Programm). Bei der 3. Sinfonie störte mich noch ein wenig die uneinheitliche Tempogebung (=Rubati). Bei der 4. habe ich dieses Gefühl nicht. Auch deswegen hätte es mich durchaus interessiert, wie das zu hörende Ergebnis wohl im Konzert geklungen haben mag...
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Hi Norbert! Demnächst erscheint meine ausführliche Rezension bei Klassik Heute. Daher hier nur eine Bemerkung zu den angeblich stimmigen Tempi:
Im von Bruckner überwachten und 2004 in der Gesamtausgabe veröffentlichten Erstdruck gibt Bruckner eine Metronomangabe für den ersten Satz von Halben = 72 für ein sehr ruhig bewegtes "Allegro molto moderato".
In der Erstfassung ist das Haupttempo des Kopfsatzes schneller, nämlich "Allegro". Frau Young kommt auf einen Durchschnitt von etwa Halben = 56 ...
Man höre im Vergleich die neue Einspielung unter Roger Norrington (Hänssler), der den Charakter wesentlich besser trifft ...