UMFRAGE: Oper auf deutsch oder/und in der Originalsprache

  • Wie bereits in verschiedenen Beiträgen betont wurde, bietet die italienische Sprache (aber auch das Französische) einen herrlichen Sprachfluß, der sich eigentlich nicht in andere Sprachen übertragen läßt. Sofort kommt es zu Kollisionen, verlieren die Texte ihren Fluß.
    Auf der anderen Seite bietet die deutsche Sprache einen Umfang an Begriffen, wie ihn kaum eine andere Sprache bereitstellt. D. h., es können sprachliche Nuancen zum Ausdruck gebracht werden, durch die in der Übersetzung das Stück bereichert wird.
    Letztlich ist es also eine Frage, welchem Element man den Vorrang geben möchte. Ich tendiere immer zur Originalsprache, aus Gründen, die hier wiederholt genannt wurden. Aber eine Übersetzung, in der versucht wird, möglichst wenig vom Fluß der Sprache zu verlieren (aufgrund der Vokalärme des Deutschen nie einfach), die hat doch etwas.
    Auch wenn Russisch gesprochen vielleicht nicht angenehm im Ohr klingt (man frage aber auch einmal die Südeuropäer, wie wir uns so anhören ...), ist es doch ein Erlebnis, sie gesungen zu hören (Onegin ist doch ein tolles Beispiel). Denn auch wenn die Sprache nicht fließt, doch sind auch hier Musik und Struktur der Sprache aufeinander abgestimmt und sich das einmal anzuhören, lohnt auf jeden Fall.
    D. h. tendenziell höre ich immer im Original, eine wirklich durchdachte Übersetzung kann das Original auch bereichern, aber nie ersetzen


    Beste Grüße
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Ks. Eberhard Waechter hat in seiner kurzen Amtszeit als Chef der Wiener Staatsoper vorgehabt, die Opern in der Originalsprache an der Staatsoper und in deutscher Sprache an der Volksoper aufzuführen. Begründung: Die Zuschauer sollten auch an der richtigen Stelle lachen. Recht so!


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Durch den Einsatz von Über- bzw. Untertiteln ist es heutzutage doch fast jedem Opernbesucher möglich, dem Geschehen zu folgen. An der STOP kann jeder Besucher die deutsche oder englische Version der Übersetzung mitverfolgen.

    Hear Me Roar!

  • An der STOP kann jeder Besucher die deutsche oder englische Version der Übersetzung mitverfolgen.

    ...ob er will oder nicht... an der Leuchtschrift kommt man ja kaum vorbei...
    ich hasse Übertitel, weil sie mich ständig ablenken.


    Ausserdem habe ich den Eindruck, dass manche Leute bloss mitlesen, um nachher wieder über undeutliche Aussprache der Sänger lästern zu können.
    Anstatt sich auf den Gesang zu konzentrieren!!



    Begründung: Die Zuschauer sollten auch an der richtigen Stelle lachen.

    @Bernward: lachen... gut und schön - - wo genau gibt es bei Tosca oder Il Tabarro was zu lachen... oder bei Peter Grimes?


    schade, dass mein Argument scheinbar nicht ankommt: ein guter Sänger akzeptiert diese Auflage nicht - noch dazu, wenn er diese Partie an keinem anderen Opernhaus verwenden kann.
    also bekommt man nicht die besten Leute... Ist es das, was wir wollen?

    Im übrigen bin ich der Ansicht, dass gepostete Bilder Namen des Fotografen, der dargestellten Personen sowie eine genaue Angabe des Orts enthalten sollten.
    (frei nach Marcus Porcius Cato Censorius)

  • ich hasse Übertitel, weil sie mich ständig ablenken.
    ...ob er will oder nicht... an der Leuchtschrift kommt man ja kaum vorbei...

    In meinem heimatlichen Opernhaus, wie auch in der Dresdner Semperoper sehe ich die Schrift nicht zwingend, wenn ich nicht bewußt hinschaue. Vielleicht kommt es auch ein wenig auf den jeweiligen Sitzplatz, auf die Sichtposition an.



    Ausserdem habe ich den Eindruck, dass manche Leute bloss mitlesen, um nachher wieder über undeutliche Aussprache der Sänger lästern zu können. Anstatt sich auf den Gesang zu konzentrieren!!

    Also, das verstehe ich jetzt nicht. Wie sollte jemand, der den Text in deutsch mitliest, anschließend über eine evtl. undeutliche ital. Aussprache eines Sängers lästern können? Das könnte doch nur jemand, der die ital. Sprache beherrscht, bzw. den ital. Text drauf hat. Dies hat dann aber wiederum überhaupt nichts mit dem deutschen Text lesen zu tun.



    schade, dass mein Argument scheinbar nicht ankommt: ein guter Sänger akzeptiert diese Auflage nicht - noch dazu, wenn er diese Partie an keinem anderen Opernhaus verwenden kann.

    Wieso kommt Dein Argument nicht an? Wie ist das mit "diesen Auflagen" gemeint?
    Ein guter Sänger hat seine Partie, seinen Text, in der Originalsprache drauf. Und damit kann er doch an fast jedem Opernhaus auftreten. Oder verstehe ich Dich auch hier falsch. Anna Netrebko z. B., beherrscht die Partie der Mimi in ital., so wie es sein sollte und muß. Sie kann also (übertrieben gesagt) heute in Wien, morgen an der Met, übermorgen in Berlin usw. damit auftreten. Wo ist das Problem?



    also bekommt man nicht die besten Leute...

    Doch, somit wäre eigentlich theoretisch die Möglichkeit gegeben, die gegenwärtig besten Leute zu bekommen, wenn wir mal andere Faktoren dabei weglassen.


    Herzliche Grüße
    CHRISSY


    (PS.: Ergänzend möchte ich auf meine Btr. 7 u. 13 hier in diesem Thread verweisen)

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Zum eigentlichen Thema habe ich ziemlich zu Anfang des Threads meine Meinung geschrieben. Was ich noch nachreichen möchte, ist folgendes: Zu meiner aktiven Theaterzeit, die etwa Mitte der achtziger Jahre abrupt, aber vollkommen bewußt endete, gab es noch keine Überschriften bei fremdsprachlichen Aufführungen.


    Als ich erstmals davon hörte, kam mir sofort der Gedanke, daß diese Form der Handlungs-Erklärung doch nur ablenken kann. Übrigens (das ist vielleicht OT, ich denke es mir nur als eine Art Vergleich) konnte ich mich auch niemals mit der Regisseurs-Idee anfreunden, während einer Opernouvertüre die Handlung bereits einsetzen zu lassen.


    Ich kann insofern den heute noch "aktiven" Opernbesuchern, die das als Ablenkung empfinden (und das auch hier geäußert haben), nur Recht geben. Aber: Es gibt auch in diesem Bereich sicherlich den berühmt-berüchtigten Gewöhnungseffekt, will sagen, daß man es irgendwann (und irgendwann kann ja schon heute sein) nicht mehr anders kennt.


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • ...ob er will oder nicht... an der Leuchtschrift kommt man ja kaum vorbei...
    ich hasse Übertitel, weil sie mich ständig ablenken.


    Das mit dem mitlaufenden Fließtext muß man schon konkretisieren: Die meisten Bühnen (soweit meine Erfahrung reicht) lassen den Text am oberen "Bild"-Ende mitlaufen. Da kann es schon sein, daß sich manche Leute davon gestört fühlen. An der Wiener Staatsoper ist vor jedem Sitzplatz ein etwa 40 cm langes und 6 cm breites Display-Kästchen (deutsch oder englisch) montiert, das der Besucher nach eigenem Gutdünken aktivieren oder einfach ignorieren kann. Ich finde, das ist eine gute Lösung.

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Zitat von Bernward Gerlach

    Ks. Eberhard Waechter hat in seiner kurzen Amtszeit als Chef der Wiener Staatsoper vorgehabt, die Opern in der Originalsprache an der Staatsoper und in deutscher Sprache an der Volksoper aufzuführen. Begründung: Die Zuschauer sollten auch an der richtigen Stelle lachen. Recht so!


    Hallo, Bernward!


    Auch ich kann dies nur gutheißen denn ich ziehe Opern, wenn möglich, in Originalsprache vor. Wenn man natürlich die Auswahl hat, wie von Eberhard Waechter vorgeschlagen, umso besser. Da würde ich mir beide Versionen zu Gemüte führen. Denn ich persönlich mag weder Unter- noch Übertitel.


    Herzlichst
    Wolfgang

    W.S.

  • Ich bevorzuge ganz klar Opern in ihrer Originalsprache. Musik und Original-Text verschmelzen zu einer Einheit und die hab ich gerne auch als solche.
    Vor 2 Jahren war ich in einer Tosca-Aufführung auf deutsch - dazu mit Nicht-Muttersprachlern. Das war kaum zum Aushalten und wirkte fast schon lächerlich.

  • Vor 2 Jahren war ich in einer Tosca-Aufführung auf deutsch - dazu mit Nicht-Muttersprachlern. Das war kaum zum Aushalten und wirkte fast schon lächerlich.


    Und ich erinnere mich an eine Aufführung von Janáčeks "Věc Makropulos", die ich mit einem Freund aus Prag hier in Deutschland besuchte. Es sangen Russen, Deutsche und Amerikaner - natürlich in der Originalsprache bzw. was sie dafür hielten. Mein Freund hat sich köstlich amüsiert, was bei diesem Stück nicht die zwangsläufige Regung ist. Es habe sprachlich nichts gestimmt. Wörter und Sätze seien oft völlig sinnentstellt herüber gekommen. Mich rettete, dass ich kein Tschechisch verstehe. In so einem Fall nützen auch die Laufbänder nichts. Du sieht, lieber Louis, dieses grundsätzliche Eintreten für die Originalsprache kann auch peinliche bis verheerende Folgen haben. Mehr jetzt nicht, denn ich hatte mich schon weiter oben zum Thema verbreitet und stand so ziemlich allein in weiter Flur mit meiner Auffassung, dass die Originalsprache nicht das Allheilmittel ist.


    Gruß Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

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  • Ich bevorzuge ganz klar Opern in ihrer Originalsprache. Musik und Original-Text verschmelzen zu einer Einheit und die hab ich gerne auch als solche.


    Volle Zustimmung, das sehe ich genauso. Außerdem, wie sollte das mit ausländischen Künstlern, bzw. Gästen sonst funktionieren als in der Originalsprache?
    Beispiel: Vor vielen Jahren - Staatsoper Berlin "Rigoletto": Da standen mal 4 Nationen auf der Bühne.
    Gilda = Polin, Duca = Italiener, Rigoletto = Bulgare, der Rest Deutsche
    Auch in Aida oder Butterfly - Hauptpartien = Italiener, Bulgarin oder alternativ Spanierin und Deutsche.
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Und ich erinnere mich an eine Aufführung von Janáčeks "Věc Makropulos", die ich mit einem Freund aus Prag hier in Deutschland besuchte. Es sangen Russen, Deutsche und Amerikaner - natürlich in der Originalsprache bzw. was sie dafür hielten. Mein Freund hat sich köstlich amüsiert, was bei diesem Stück nicht die zwangsläufige Regung ist. Es habe sprachlich nichts gestimmt. Wörter und Sätze seien oft völlig sinnentstellt herüber gekommen. Mich rettete, dass ich kein Tschechisch verstehe. In so einem Fall nützen auch die Laufbänder nichts. Du sieht, lieber Louis, dieses grundsätzliche Eintreten für die Originalsprache kann auch peinliche bis verheerende Folgen haben. Mehr jetzt nicht, denn ich hatte mich schon weiter oben zum Thema verbreitet und stand so ziemlich allein in weiter Flur mit meiner Auffassung, dass die Originalsprache nicht das Allheilmittel ist.


    Gruß Rheingold


    Das ändert nichts an der Frage, ob Orignalsprache oder Übersetzung. Da in obigem Beispiel neben Deutschen auch Russen und Amerikaner zugange waren, wäre es vermutlich in Deutsch ebenso verheerend gewesen.


    Wenn man in Originalsprache-Aufführungen keine idiomatisch geeigneten Sänger engagiert, muß man entweder mit ihnen die Aussprache exakt einstudieren (eigentlich sollten sie bei einem Engagement dies bereits beherrschen!) oder Sänger engagieren, wo dieses Problem nicht auftritt.


    Also ist dies ein Problem des jeweiligen Hauses und hat mit der Frage Original oder Übersetzung nichts zu tun!

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Ks. Eberhard Waechter hat in seiner kurzen Amtszeit als Chef der Wiener Staatsoper vorgehabt, die Opern in der Originalsprache an der Staatsoper und in deutscher Sprache an der Volksoper aufzuführen. Begründung: Die Zuschauer sollten auch an der richtigen Stelle lachen. Recht so!


    Als EW Opernchef war, hat die Volksoper noch ausschließlich in Deutsch gespielt! Die erste in Originalsprache gespielte Oper war in der zweiten Hälfte der 90er-Jahre Gounods Faust. In der Vorstellung, die ich sah, gab es bis auf zwei kleine Chargen-Rollen ausschließlich ausländische Sänger. Beim Versuch, die den Faust in Deutsch singen zu lassen wäre wahrscheinlich Esperanto herausgekommen.


    Ich teile daher Tastenwolfs Einschätzung, die deutsche Sprache nur bei eher populären und häufig gespielten Werken einzusetzen. Nur dann kommt man zu guten Besetzungen. Soweit mir bekannt ist, arbeitet die Volksoper jetzt nach diesem Rezept. Wenn man keine brauchbare Besetzung für eine deutsche Fassung zusammenbringt oder keine überzeugende deutsche Übersetzung verfügbar ist, wird in Originalsprache gesungen.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat von Theophilus

    Ich teile daher Tastenwolfs Einschätzung, die deutsche Sprache nur bei eher populären und häufig gespielten Werken einzusetzen. Nur dann kommt man zu guten Besetzungen. Soweit mir bekannt ist, arbeitet die Volksoper jetzt nach diesem Rezept. Wenn man keine brauchbare Besetzung für eine deutsche Fassung zusammenbringt oder keine überzeugende deutsche Übersetzung verfügbar ist, wird in Originalsprache gesungen.


    Ich sehe das als eine zufriedenstellende Lösung an. Damit könnte ich leben.

    W.S.

  • Sprachlich mangelhaft vorbereitete Sänger sollten eher nicht als Argument in dieser Sache dienen.


    Natürlich wird ein gewisser Restakzent nur ganz selten ausgemerzt werden können.


    ein glanzvolles Beispiel ist für mich Stephen Milling, dessen Gurnemanz in Salzburg so gut gearbeitet war, dass sich mancher Deutschsprachige ein Beispiel daran nehmen könnte... ich fand sogar, dass Wolfgang Koch gewisse bayrische Momente nicht vermeiden konnte, während das Deutsch von Milling einwandfrei war.


    Ich glaube, dass ein "Sprachbewusstsein" bei Italienern oder Franzosen eher ausgeprägt ist, als im Deutschsprachigen Raum, der durch Dialekte zersplittert ist.
    Aber die Arbeit mit dem Sprachcoach bzw. das Bemühen, sich gut auszudrücken, sollte eigentlich selbstverständlich sein.


    nur wenige Sänger haben eine beispielhafte Diktion.


    Vielleicht wären hier Briefe an das jeweilige Theater angebracht, um auf diese Mängel hinzuweisen.


    meistens wehre ich mich dagegen, ein "Bühnendeutsch" zuzulassen, dass der regionalen Umgangssprache komplett widerspricht.
    z-B: Umlaut A ist in Österreich eher geschlossen, in Deutschland eher offen...
    in der Schweiz gibt es bei anderen Wörtern offene Vokale, die man in Deutschland nicht verwenden würde. (und ich meine damit nicht den Dialekt!)
    In erster Linie geht es doch um Verständlichkeit, und weniger um den Volkshochschulkurs "richtiges Deutsch"
    und die Abgrenzung zwischen "richtigem Deutsch" und "typischem Bunnesdeutsch" wird nicht immer gemacht.


    Hochsprache als theoretisches Phänomen finde ich ohnehin fragwürdig.
    Vielleicht hat es auch mit einem idealistischen Ansatz zu tun
    - dass auf der Bühne Idealzustände erwartet werden - also ohne Rücksicht auf reale Entsprechung
    - im Gegensatz zu der Haltung, dass das Theater die Welt spiegeln sollte, (also die Menschen genauso sprechen wie im Alltag...)


    ich habe gerade bei problematischen pathetischen Texten den Zugang, die möglichst direkte persönliche Art zu finden, wie man es selbst sprechen würde - nur dann kann es glaubwürdig werden. Der Text muss auch mit der richtigen Emotion verbunden werden.
    die Gefahr, in blosses Deklamieren zu verfallen, ist sehr gross.

    Im übrigen bin ich der Ansicht, dass gepostete Bilder Namen des Fotografen, der dargestellten Personen sowie eine genaue Angabe des Orts enthalten sollten.
    (frei nach Marcus Porcius Cato Censorius)

  • Gerade höre ich von Meyerbeer die Afrikanerin in deutscher Übersetzung. Nachdem teilweise sehr gewöhnungsbedürftigen Französisch in der gestrigen Aufführung des Propheten in Essen bin ich mal wieder voll der Meinung, dass es kein Beinbruch wäre, wenn Stücke wieder auch auf Deutsch gespielt würden. Zumal die Übertitel auch keine rechte Lösung sind.

  • Wie schon oben angemerkt wurde, ist eine deutschsprachige Aufführung auch keine Garantie für eine einwandfreie Aussprache, wenn die Sänger nicht alle Deutsche sind. Und das ist heute kaum noch der Fall. Das Problem bleibt das gleiche, im Gegenteil fällt uns ein falsch ausgesprochenes Deutsch noch mehr auf und stört noch stärker. Man braucht einfach einen Sprachcoach und eine sorgfältige Vorbereitung (und natürlich die Bereitschaft der Sänger, auf die Aussprache zu achten).


    Meine Meinung zu dem Thema ist ansonsten bekannt: Ich bin immer für Aufführungen in der Originalsprache, weil der Klang der Sprachen sich einfach stark unterscheidet. Verdi auf Deutsch finde ich ebenso scheußlich wie Wagner auf Englisch etc. Und ein "Le Prophète" auf Deutsch hätte ich mir wahrscheinlich gar nicht angehört. Die Eleganz der französischen Sprache ist da einfach ein zu wichtiger Bestandteil.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Ich gehöre zu der Generation, die mit Oper ausschließlich in deutscher Sprache großgeworden sind. Man hörte "Lodern zum Himmel" oder "Du lieber Mond so silberzart..." und man fand das gut und richtig. Im Radio hörte man die deutschen Sänger mit deutschen Texten, im Theater erklang "Lache Bajazzo". Man war dran gewöhnt.


    Mit der Umstellung auf Originalsprache waren zwei Effekte zu verzeichnen. Zum einen verabschiedete man sich von bekannten Gewohnheiten, und das fiel schwer. Andererseits kam mit der Originalsprache eine andere Klangfarbe, eine neue Phonetik in die Theater. Und wer will leugnen, daß "che gelida manina" besser klingt und besser auf dem Ton liegt als das eiskalte Händchen. Als im Radio die deutschen Versionen weniger wurden, hörte man die großen Stars (und bald nur noch diese), und deutsche Sänger der neueren Generation hatten mit dem Nimbus der Unbekanntheit zu kämpfen. Sie wurden bei Plattenaufnahmen übergangen, wenn sie nicht Original sangen. Und was dabei textlich herauskam, das wissen viele gar nicht. Ich verstehe weder tschechisch noch genügend russisch, weder italienisch noch französisch. Nebeneffekt: die Sänger konzentrieren sich auf den Originaltext und können deutsch kaum noch singen, so daß man heute schon bei deutschen Opern den Text mitlaufen lassen muß. Welche Textverständlichkeit hatten Sänger wie Peter Anders, Fritz Wunderlich, Gottlob Frick u.a. Und wie schlecht versteht man heutige deutsche Sänger in deutschen Opern!?


    Aber ein Problem kam dazu. Immer mehr Aufführungen auch unbekannter Opern in Originalsprache führten zu Unverständlichkeiten der Handlung. Rusalka auf tschechisch oder Eugen Onegin auf russisch - da versteht keiner, um was es geht. Bei 20-25 der bekanntesten Opern kannte man den Inhalt und wußte z.B. beim Rigoletto, was der Sänger gerade versucht, italienisch zu singen. Aber unbekannte Opern erschlossen sich nicht mehr.


    Ich fände es durchaus gut, wenn an einem deutschen Provinztheater mit überwiegend deutschem Publikum wieder deutsch gesungen würde. Aber in Wien, Dresden oder Berlin u.a. mit internationalem Publikum sollte doch im Original gesungen werden. Erwähnen möchte ich noch, daß mich im Parkett die oben laufenden Texteinblendungen doch gewaltig vom Bühnengeschehen ablenken, negativ.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Das, lieber La Roche, deckt sich ganz mit meinen Erfahrungen und mit meiner Meinung. In der DDR war es ja so, daß man 14 Jahre alt sein mußte, um ins Theater zu dürfen, und ich war also sehrglücklich, daß ich dann ab den späten 60ern meine Eltern zu ihren Abonnementsveranstaltungen begleiten durfte. Und ich kann mich an ein, für mich damals sehr verstörendes, Erlebnis erinnern: Mussorgskis "Boris", auf deutsch gesungen. Aber eine Rolle eben nicht, sondern auf bulgarisch. Ich bin mir meiner Erinnerung nicht mehr sicher, aber es könnte eine Einspringerin gewesen sein und es könnte vielleicht sogar Anna Tomowa-Sintow gewesen sein. (Wie gesagt, das wird so '68 oder '69 gewesen sein. Vielleicht weiß ja Stimmenliebhaber mehr?)


    Also auch meine Meinung:

    Ich fände es durchaus gut, wenn an einem deutschen Provinztheater mit überwiegend deutschem Publikum wieder deutsch gesungen würde. Aber in Wien, Dresden oder Berlin u.a. mit internationalem Publikum sollte doch im Original gesungen werden.

    Einer acht´s - der andere betracht´s - der dritte verlacht´s - was macht´s ?
    (Spruch über der Eingangstür des Rathauses zu Wernigerode)

  • Aber ein Problem kam dazu. Immer mehr Aufführungen auch unbekannter Opern in Originalsprache führten zu Unverständlichkeiten der Handlung. Rusalka auf tschechisch oder Eugen Onegin auf russisch - da versteht keiner, um was es geht. Bei 20-25 der bekanntesten Opern kannte man den Inhalt und wußte z.B. beim Rigoletto, was der Sänger gerade versucht, italienisch zu singen. Aber unbekannte Opern erschlossen sich nicht mehr.


    Das ist nun aber heute kein Problem mehr, wo man den Inhalt jeder Oper ausführlich im Internet nachlesen kann, wenn man das Geld für ein Programmbuch nicht ausgeben möchte, wo ja auch die Handlung zusammengefasst ist.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

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  • Offensichtlich ist das ein Problem. Auch die Umfrage spricht nicht eindeutig für Aufführungen nur in der Originalsprache, Beratrido. Mir persönlich ist auch ein radebrechendes Deutsch immer noch lieber als eine Sprache, die ich überhaupt nicht verstehe. Übertitel sind keine gute Lösung. Und Libretto und Inhaltsangabe vorab zu lesen, das tun viele Besucher nicht. Weiter oben wurde es schon einmal gesagt, dass die Leute bei deutsch gesungenen Opern eben auch an der richtigen Stelle lachen. Ich habe einmal La Bohème auf deutsch sehen dürfen am Gärtnerplatztheater und das war wesentlich lebendiger als der italienische Schöngesang, den ich bisher nur kannte. Ich finde eben, das Theater dürfte ruhig wieder vielfältiger sein, nicht nur in Bezug auf Spielpläne, Kostüme und Bühnenbild. Und es wurde keinem Ästheten einen Zacken aus der Krone brechen, wenn er dann auch mal eine Carmen, eine Boheme oder ein Rigoletto auf deutsch sehen würde. Ganz zu schweigen von den Vorteilen für junges Publikum.

  • Wenn so glorios gesungen wird wie von Koszlowski, kann ich den Lohengrin sehr gut auf russisch hören!
    Wenn so schmelzend schön gesungen wir wie von Tagliavini, kann ich die Martha sehr gut auf italienisch hören!
    Wenn so hinreißend interpretiert wird wie von Reginald Goodall, kann ich Tristan sehr gut englisch hören!
    Mit der Zauberflöte in der English National Opera aber hatte ich meine Probleme!


    Beste Grüße
    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • In der DDR war es ja so, daß man 14 Jahre alt sein mußte, um ins Theater zu dürfen

    War das so? Gab es da eine Ausweiskontrolle am Einlass? Und wie kommt es dann, dass ich im Alter von 7 Jahren "Hänsel und Gretel" in der Berliner Staatsoper gesehen habe?

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Hallo Caruso, ich finde das sogar bereichernd Opern dann mal in einer Übersetzung zu hören. Hänsel und Gretel auf Englisch fand ich extrem witzig.

  • Das ist nun aber heute kein Problem mehr, wo man den Inhalt jeder Oper ausführlich im Internet nachlesen kann, wenn man das Geld für ein Programmbuch nicht ausgeben möchte, wo ja auch die Handlung zusammengefasst ist.

    Das war und ist auch nicht das Problem. Es gab auch in meiner Jugend Opernführer (ich hatte mindestens 3) und Programmhefte (die ich mir immer kaufte!!). Aber mehr als eine grobe Inhaltsangabe war denen nicht zu entnehmen. Texte zu verstehen, darum sollte es in der Oper doch auch gehen?


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Gab es da eine Ausweiskontrolle am Einlass?


    Stichprobenmäßig schon, glaube ich mich zu erinnern. So wie im Kino. Ist aber ein Weilchen her. Vielleicht war Berlin da toleranter? Und ein Abo ging gleich gar nicht.
    Aber das soll ja hier nicht das Thema sein. :rolleyes:


    "Hänsel und Gretel" könnte ja als Kindervorstellung durchgegangen sein. Sowas gab es in Leipzig natürlich auch. War auch mal zur Kinderweihnachtsfeier von Papas Betrieb in der OPer. :D

    Einer acht´s - der andere betracht´s - der dritte verlacht´s - was macht´s ?
    (Spruch über der Eingangstür des Rathauses zu Wernigerode)

  • Wenn so glorios gesungen wird wie von Koszlowski, kann ich den Lohengrin sehr gut auf russisch hören!
    Wenn so schmelzend schön gesungen wir wie von Tagliavini, kann ich die Martha sehr gut auf italienisch hören!
    Wenn so hinreißend interpretiert wird wie von Reginald Goodall, kann ich Tristan sehr gut englisch hören!
    Mit der Zauberflöte in der English National Opera aber hatte ich meine Probleme!

    Lieber Caruso41,


    nicht jeder, der in die Oper geht, hat Dein offensichtlich sehr hohes Bildungsniveau und Sprachinteresse. Die meisten Opernbesucher (noch dazu Anrechtsinhaber) im Stadttheater können kaum noch richtig deutsch.


    Aber wie gesagt, an den großen Opernhäusern, wo Opern auch von Touristen zielgerichtet besucht werden, um bestimmte Opern, bestimmte Sänger und vielleicht auch bestimmte Regisseure zu erleben oder zu erleiden, da ist die Originalsprache angebracht.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Allen, die deutsch gesungen Oper ablehnen, kann ich nur zurufen:" Ihr wisst nicht, was ihr verpasst." Gerade höre ich André Chénier mit Metternich und Marianne Schech. Das rührt mich jedes Mal zu Tränen.

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