Hallo Martin!
Zitatetwa in der 2. Sinfonie, die sicher nicht ganz so zugänglich ist wie Khataturians Säbeltanz.
Und wieder ein Vergleich...
Bleiben wir einmal dabei? - Chatchaturjans "Säbeltanz" ist der Gipfel der Banalität. Scheinbar. Denn der "Säbeltanz" ist verdammt gut instrumentiert, seine Harmonik ist bunt, sein Rhythmus anspringend. Und er hat innerhalb des brillant gearbeiteten Balletts "Gayaneh" eine ganz bestimmte Funktion.
Ihn aus dem Kontext zu lösen, entspricht der dummen Idee, "Die Ode an die Freude" in etwa zu halbieren und von den anderen drei Sätzen getrennt aufzuführen.
Und in der gleichen Dummheit hat man den Säbeltanz (der, um nur ja kein Missverständnis aufkommen zu lassen, natürlich nicht ansatzweise Beethoven erreicht) totgespielt.
Bloß, Martin - Du machst den identischen Fehler wie zuvor: Abgesehen davon, dass man Elgar und Chatchaturjan nicht vergleichen kann (und Symphonie und Ballettmusik wohl auch nicht so recht), nimmst Du wieder ein eben totgespieltes und daher als schwach empfundenes Werk des Letzteren und spielst es gegen ein Hauptwerk Elgars aus, das ich zwar nicht als sonderlich gut empfinde, das aber doch innerhalb von Elgars Schaffen einiges Gewicht hat.
Umgekehrt müsste ich jetzt sagen: Wenn ich ein Stück nehme wie Elgars "Froissart Overture", dann stinkt das schon gewaltig ab gegen ein Werk wie Chatchaturjans 3. Symphonie.
Also lassen wir das Vergleichen (obwohl es natürlich immer gerade der Vergleich ist, der sicher macht) und reden wir über Elgar so, als gäbe es keine großen Komponisten.
Die ganze Diskussion hat dazu geführt, dass ich mir die 1. und die 2. Symphonie in der Colin-Davis-Aufnahme angehört habe. Hübsche Musik, zweifellos. Sicher gut geschrieben für das Orchester, sicher so komponiert, dass ich stellenweise dachte "Aha, interessant", in einigen Momenten wesentlich stärker (vor allem der 2. Satz der II.), vielfach aber auch wesentlich schwächer (I/3. Satz; II/Finale), als ich die Stücke in Erinnerung hatte.
Self fulfilling prophecy - nun ja: Entweder ein Komponist nimmt mich gefangen oder er tut es nicht. Es gibt auch Werke, bei denen ich umdenke: Ich tat lange Zeit Mahlers 7. als schwach ab, habe aber seit Jahren irgendwie ein Nahverhältnis zu ihr aufgebaut. Der Grund: Es gab da doch den gewissen Funken, der mich faszinierte.
Es ist nämlich so, dass ich mir als groß ausgegebene Komponisten oder Kompositionen, die ich weniger mag, von Zeit zu Zeit wieder vornehme, ob mein Urteil hält. In vielen Fällen hält es nicht.
Im Fall Elgar hat es gestern und heute gehalten: Handwerklich gut gemachte Musik, die groß sein will ohne groß zu sein, die am besten dort ist, wo sie ihr Auftrumpfen ablegt, die in den Streichern wunderschöne Dinge macht, aber mit dem Blech erstaunlich wenig anfangen kann, die viele Versprechungen macht, was Thematik, Entwicklungsmöglichkeiten, Steigerungen etc. betrifft, aber nur weniges davon hält.
Ich weiß, dass Du das nicht gerne hörst: Aber in meinen Augen und Ohren war Elgar einfach kein Symphoniker. Das Denken in Gegensätzen fehlt ihm ebenso wie das Denken in Verwandlungsmöglichkeiten: Er ist gut, wenn er Themen in lyrischem Fluss ausspinnt und sich immer wieder neue Wendungen der Melodie einfallen lässt. Aber in der großen Tradition der Symphonie ist er IMHO ein Außenseiter.
Ich bleibe dabei: "Falstaff", "Cockaigne", "In the South", "Sea pictures" sind tolle Musik. Allerdings bezweifle ich, dass die Welt ihretwegen zu Elgar bekehrt werden müsste.
Hallo BigBerlinBear!
Meines Wissens nach werden beide Anekdoten über Gershwin erzählt.
LG