Antoine Pesne - malender Biograph des preußischen Hofs

  • Über Pesne ist hier zu meinem Erstaunen noch nichts gesagt worden, und so will ich - in der Hoffnung, damit weitere Pesne-Fans zum Austausch anzuregen - einfach mal beginnen. In der Malerei ist das Rokoko meine Lieblingsperiode, und neben Watteau schätze ich den "preußischen" Franzosen Pesne ganz besonders.


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    Antoine Pesne wurde am 23.Mai 1683 in Paris geboren. Seine Ausbildung erhielt er nicht nur bei seinem Vater Jean, der als Portraitmaler tätig war, sondern bei seinem Großonkel Charles de La Fosse, dem Hofmaler Ludwigs XIV. Von 1705-1710 bereiste er Italien, wo er sich vor allem in Rom bei Andrea Cellesti fortbildete. 1710 wurde er von Friedrich I. nach Berlin berufen, wo er 1711 nach dem Tode des Niederländers Augustin Terwesten zum offiziellen Hofmaler ernannte wurde. Als der sparsame Friedrich Wilhelm I, der "Soldatenkönig" 1713 dann die Regierung übernahm, wurde Pesne zwar weiterhin beschäftigt, allerdings wurde sein Gehalt um die Hälfte reduziert.


    Das oben gezeigte Selbstbildnis, das ihn mit seinen Töchtern zeigt, malte er als Berwerbungsbild für die Aufnahme in die Pariser Académie Royale. 1722 wurde er zum Direktor der Berliner Kunstakademie ernannt.
    Von 1736-40 lebte Pesne am Rheinsberger Hof des jungen Kronprinzen Friedrich, der sich für Antoine Watteau begeisterte und in Pesne einen zweiten, "preußischen" Watteau zu erkennen glaubte. In Rheinsberg enstanden viele wichtige Portraits sowie einige Deckenfresken. Hier lernte er auch den Architekten Georg Wenzelslaus von Knobelsdorff kennen, mit dem er bei der Gestaltung der Schlösser in Rheinsberg, Charlottenburg, Sanssouci und des Potsdamer Stadtschlosses zusammenarbeitete.


    Der 1740 zum König gekrönte Friedrich II schenkte Pesne ein Grundstück in der Oberwallstraße 3 in Berlin, wo der Maler sich ein Haus baute, in dem er bis zu seinem Lebensende wohnte. Er starb am 5. August 1757.
    Neben Knobelsdorff und dem Ornamentiker Johann August Nahl zählt Pesne zu den wichtigsten Künstlern des friderizianischen Rokoko, gehört aber neben Watteau, Boucher und Lancret auch zu den bedeutendsten Malern des französischen Rokoko.
    Seine Portraits der Königlich-Preußischen Familie, des Hofstaates, aber auch von Tänzerinnen und Schauspielerinnen (man denke an die berühmte Tänzerin Barbarina) kann man in den Berliner/Brandenburger Schlössern und Museen bewundern.


    Ich habe große Schwierigkeiten, mich für ein Lieblingsbild zu entscheiden, empfinde aber das Kinderbildnis, welches Friedrich II mit seiner 3 Jahre älteren Schwester Wilhelmine darstellt, schon als sehr guten Kandidaten. Die ältere Schwester macht schon einen fast erwachsenen, besonnenen Eindruck, der kleine Bruder blickt bewundernd zu ihr auf:


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    Das Portrait der jüngsten Schwester Friedrichs, der scharfzüngigen und intelligenten Amalie, hier im recht feschen Reitkleid, gefällt mir ebenfalls gut:



    Das Portrait der virtuosen Tänzerin Barbarina Campanini, der der ansonsten so sparsame Friedrich ohne Zögern nahezu unverschämt hohe Gagen zahlte, ist ebenfalls ein Favorit:


    "Tatsachen sind die wilden Bestien im intellektuellen Gelände." (Oliver Wendell Holmes, 1809-94)

  • Ich setze diesen Tread nach langer Pause fort - und zwar mit einem Portrait des Kronprinzen am preussischen Hof - dem späteren Friedrich II - bekannt unter dem Namen "der olle Fritz". Dieser König war nicht nur dilettierender Amateur und Förderer der Musik, sondern auch Komponist. Sein Portrait passt also ausgezeichnet in unser Forum.
    Das sehr lebensnahe Portrait (ca 1740) zeigt den etwas dicklichen Prinzen mit einem indifferenten Gesichtsausdruck, dem man den "großen" König, der er einst werden sollte in keiner Weise ansieht. Leicht desinteressiert, Melancholisch. Pesne hat dieses Bild offensichtlich als Schablone für spätere genommen, wo Friedrich bereits in anderem Outfit als König posiert, Haltung und Gesichtsausdruck sind nahezu identisch, sodaß man davon ausgehen kann , daß für die beiden anderen Bilder der König gar nicht persönlich Modell saß - eine Praktik, die schon seit Jahrhunderten geübt wird. Den charakteristischen harten Gesichtsausdruck erhielt der König erst in späteren Jahren

    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !