Der Musiker Gräber

  • Anton Reicha - *25. Februar 1770 Prag - † 28. Mai 1836 Paris


    Nach den meisten Lebensbeschreibungen des Komponisten Reicha wäre dieser erst am 26. Februar geboren. Eine historische Skizze seines Grabes zeigt unter Reichas Porträt das Geburtsdatum 27. Februar, welches auch in einer Musikzeitschrift von 1844 so abgedruckt ist. In jenen Zeiten haben sich bei solchen Daten oft auch Fehler eingeschlichen, weil Geburts- und Taufdatum verwechselt wurde. Wenn man sich jedoch an der Grabinschrift orientiert, dann steht da: »PRAGUE LE 25 FÉVRIER 1770«. Auch bei der Namensschreibung tauchen in der Literatur verschiedene Möglichkeiten auf: Anton Reicha, Antonin Rejcha und Antoine-Joseph Reicha ... - wenn man den Lebenslauf des Komponisten kennt, hat man die Erklärung dafür.


    reichacq7k5u.jpg


    Auf dem Grabdenkmal ist Reichas Geburtstag so angegeben


    Antons Vater, ein Stadtpfeifer in Prag, konnte dem kleinen Anton gerade noch seine Musikalität vererben, dann starb er jedoch bevor sein Söhnchen das erste Lebensjahr erreicht hatte. Dem leiblichen Vater folgte ein Stiefvater, der dem Jungen kein ordentliches Zuhause bot.

    In der »Zeitschrift für Deutschlands Musik-Vereine und Dilettanten« (Bände 4-5), findet man zu den Kindheitstagen von Anton Reicha folgenden Beitrag:


    »Reicha (Anton, Joseph) wurde den 27. Februar 1770 in Prag zu Böhmen geboren. Kaum zehn Monate alt, hatte er das Unglück, seinen Vater zu verlieren. Die Mutter vermählte sich einige Zeit nachher zum zweiten Male, und so kam zwar ein neuer Vorsteher ins Haus, aber für Reicha blieb die Stütze verloren. - Seine Erziehung wurde vernachlässigt und dergestalt selbst, dass es dem elfjährigen Kinde, in dieser Lage nicht mehr gefallen wollte. Er beschließt der Eltern Haus zu verlassen, und hängt sich drum eines Tages auf den Fusssteig eines Eilwagens, der nach Glatow, einem Böhmischen Städtchen fuhr, wo des Kindes Großvater wohnte. Es war diess ein achtzigjähriger Greis, und wie liebreich der Knabe auch aufgenommen wurde, konnte er dennoch hier nicht erlangen, was er im Vaterhause vermisst hatte. Hier also auch wieder war des Bleibens nicht. Reicha bittet um die Erlaubnis bei seinem Onkel unterkommen zu dürfen, der mit einer Französin verheirathet, kinderlos jedoch, als Musiker in Wallerstein, einem Städtchen Schwabens lebte«.


    Der eher ans Nichtstun gewöhnte Junge hatte zunächst bei all den neu zu erlernenden Dingen Anlaufschwierigkeiten, aber seinen neuen »Eltern« gelang es recht bald Antons Leben zu strukturieren. Auch in seinem weiteren Leben war Anton Reicha stets ein strebsamer Mensch, der auch neue Wege nicht scheute. Sein Onkel, Joseph Reicha, der in Wallerstein, beziehungsweise Schloss Harburg (Landkreis Donau-Ries), ein angesehener Orchestermusiker war - Cellist der Fürstlich Öttingenschen Kapelle - muss schon ein etwas außergewöhnlicher Musikus mit guten Kontakten gewesen sein. Dieser heiratete 1779 in Wallerstein die aus Metz stammende Lucie Certelet. Diese Ehe blieb kinderlos und so nahmen Onkel und Tante den elfjährigen Knaben zu sich nach Wallerstein. Der Elfjährige hatte bis dahin nur tschechisch gesprochen, nun machte ihn vor allem seine Tante Lucie mit der französischen Sprache vertraut und mit Deutsch natürlich auch. Sein Onkel unterrichtete Anton in Flöte, Geige, Klavier und Tonsatz. Während all diesem Flöten und Geigen ergab es sich, dass Onkel Joseph eine alte Bekanntschaft aus Wien wieder aufleben lassen konnte. Diese Bekanntschaft war Maximilian von Österreich, der Bruder Joseph II., der nun das Kurfürstentum Köln erhalten hatte. Da der neue Kölner Kurfürst etwas von Musik verstand, wollte er den tüchtigen Joseph Reicha bei sich im Rheinland zum Aufbau eines guten Orchesters haben. So ergab es sich, dass die beiden böhmischen Musiker, also Onkel und Neffe, 1785 nach Bonn reisten.


    Joseph Reicha wurde Kapellmeister der Kurfürstlichen Hofkapelle. In diesem Orchester war Anton Reicha zweiter Flötist und der gleichaltrige Ludwig van Beethoven spielte Bratsche; sie pflegten über Jahre hinweg ein freundschaftliches Verhältnis, da muss man wohl die gängigen Beethovenbilder aus dem Kopf scheuchen -
    die beiden waren damals gerade mal 15 Jahre alt! Und dann gesellte sich noch Haydn hinzu, der im Dezember 1790 auf seiner ersten London-Reise in Begleitung des Konzertunternehmers Johann Peter Salomon unterwegs war und über Bonn reiste.


    Beethoven und Reicha schrieben sich auch an der Universität Bonn ein und Reicha nahm bei Ludwigs Lehrer Christian Gottlob Neefe Musikunterricht und entwickelte neben dem auch Interessen an Philosophie und Mathematik; auch erste Kompositionsversuche entstanden; der junge Reicha erkannte, dass es da noch mehr gab als nur nach fremden Noten zu spielen. Hier reifte wohl auch der Entschluss nicht mehr als Interpret auftreten zu wollen. Sein Onkel hielt nichts von diesen Kompositionsversuchen seines Neffen und bezeichnete das als Zeitverschwendung. Anton fügte sich aber nur scheinbar den Machtworten seines Ziehvaters - er besorgte sich heimlich Lehrbücher zum Thema Komposition, die er nachts studierte und tagsüber unter seiner Matratze verbarg. Mit Feuereifer machte er sich mit den Werken von Händel, Mozart und Haydn vertraut. Der Onkel sah seinen Neffen eher als zukünftigen Orchesterleiter und nicht als Komponisten. Dies änderte sich schlagartig, als Anton - einerseits mit schlechtem Gewissen, andererseits mit Selbstbewusstsein - seinem Onkel eine seiner Kompositionen auf den Tisch legte und sogleich verschwand. Erst spät am Tag kehrte er mit zwiespältigen Gefühlen zurück; ein »Wunder« geschah, sein Onkel erkannte die gute Arbeit und gab dem nunmehr Siebzehnjährigen den Weg frei. Politische Ereignisse im Rheinland führten zur Auflösung des Hoforchesters in Bonn.1794 wurde die Stadt von französischen Revolutionstruppen besetzt und Maximilian flüchtete kampflos aus seinem Kurfürstentum.


    Anton Reichas Flucht vor den französischen Truppen führte ihn gegen Norden, und man kann nur vermuten, dass er gegen Norden zog, weil Hamburg zu der damaligen Zeit den Ruf einer Kulturmetropole hatte. Immerhin hielt er sich hier von 1794 bis 1799 auf, aber man weiß heute nicht mehr wo er in Hamburg wohnte, nur, dass während seiner Tätigkeit als Harmonie- und Klavierlehrer, auch einiges entstanden war, das jedoch in den Hamburger Jahren noch nicht an die Öffentlichkeit trat, sondern erst später Früchte trug. So richtig wohlgefühlt scheint er sich nicht zu haben, denn er schrieb über die Stadt Hamburg:»Sie hat mit ihren vielen Kanälen, feucht und häufig im Nebel, kein günstiges Klima für Fremde.«


    Von Hamburg aus zieht es Reicha zunächst nach Paris, wo er jedoch nur mäßig erfolgreich war, obwohl er zwei fertige Opern im Gepäck hatte, denn die Kammermusik war in Frankreich damals nicht en vogue, konnte er mit seinen Werken nicht reüssieren, sodass er sich schon 1801 oder1802 (in der Literatur findet man beide Jahreszahlen) nach Wien begab wo er sich bis 1808 aufhielt. Dort hatte Reicha Kontakt zu erstrangigen Musikern wie Haydn, Albrechtsberger, Salieri ... und natürlich Beethoven, seinem Orchesterkollegen aus Bonner Jugendtagen. Anton Reicha veröffentlichte in Wien Kompositionen von Gelegenheitsmusik, aber auch seine 36 Fugen op. 36, die man als so eine Art »Wohltemperiertes Klavier der neuen Zeit« betrachten kann. Das Werk erschien im Eigenverlag und war mit einem Widmungsgedicht an Joseph Haydn versehen. Man vermutet, dass erste Überlegungen dazu bereits in seiner Hamburger Zeit entstanden sein könnten und es gilt als sicher, dass in Paris ein Dutzend Fugen gefertigt wurden; aber in Wien dann 1803 der gesamte Zyklus zur Veröffentlichung kam. Bei der Ausgabe 1805 erläuterte Reicha dann auch sein »neues Fugensystem« und reagierte damit auf die Einwände seiner Kritiker, zu denen auch Beethoven gehörte.


    Als Reicha nach Wien kam, lebte die alte Freundschaft wieder auf; Ludwig lud Anton im November 1802 zum Abendessen ein und bat seinen Verleger darum mal einen Blick auf die Sinfonien seines Freundes zu werfen. Mit den revolutionären Fugen Reichas war Beethoven aber überhaupt nicht einverstanden und wohl noch der alten barocken Form verpflichtet. Insgesamt war die Wiener Zeit für Anton Reicha ein schaffensintensiver Lebensabschnitt von sechs Jahren, in welchem etwa fünfzig Werke entstanden. Als sich jedoch eine kriegerische Auseinandersetzung zwischen Österreich und Frankreich abzeichnete, entwickelte Reicha die pfiffige Idee, dass er den Unbilden mit französischem Militär am besten aus dem Weg geht, wenn er sich wieder nach Paris begibt, man schrieb das Jahr 1808.


    Dort wurde Antoine Reicha zum Franzosen mit allem Drum und Dran. Er heiratete die Französin Virginie Enaust, die ihm zwei Töchter schenkte. Er komponierte nach französischen Texten und erwarb 1829 die französische Staatsbürgerschaft und schon1831 folgte die Ernennung zum Ritter der Ehrenlegion. Zu seiner ursprünglichen Heimat hatte er keine Beziehung mehr, in seiner Vita ist lediglich 1806 ein Besuch bei seiner Mutter vermerkt, die er seit 26 Jahren nicht mehr gesehen hatte, weil ihn sein Reiseweg nach Leipzig in anderer Angelegenheit dort vorbeiführte, schaute er mal in Prag vorbei.


    In seinen Pariser Jahren stieg Reicha in zu einer geachteten Persönlichkeit in der Gesellschaft auf, vor allem wirkte er als Lehrer. 1814 veröffentlichte er seine erste Abhandlung »Traité de mélodie«, der später »Cours de composition musicale« und »Traité de haute composition musicale« folgten. Seit 1818 hatte Reicha eine Professur für Kontrapunkt und Fuge am Pariser Conservatoire inne. 1833 veröffentlichte Antoine Joseph Reicha »Art du compositeur dramatique ou Cours complet de composition vocale«.


    Seine vielfältigen Werke waren lange Zeit nicht besonders beachtet worden, eine Ausnahme bildeten seine Bläserquintette für Flöte, Oboe, Klarinette, Horn, Fagott und Waldhorn. So wie man Haydn als den Vater des Streichquartetts bezeichnen kann, könnte man Reicha adäquat dazu den Vater des Bläserquintetts nennen.


    Carl Czerny hat Reichas umfangreiche Kompositionslehre ins Deutsche übersetzt und die Schülerliste von Reicha verzeichnet so prominente Namen, dass ganz klar wird, was dieser Mann geleistet hat; seine Lebensspanne war voll ausgeschöpft und wirkte noch weit in die folgende Zeit hinein. Seine bekanntesten Schüler waren: Adolphe Adam, Hector Berlioz, Ambroise Thomas, Franz Liszt, Friedrich von Flotow, Charles Gounod, César Franck ...


    1835 wurde Antoine Joseph Reicha noch in die Académie Francaise als Nachfolger von Francois-Adrien Boieldieu aufgenommen.


    reichaactjva.jpg


    reichabd8kpu.jpg


    grabskizzereichavlj4a.jpg


    Ob das Grabmal ursprünglich mit abschließender Lyra ausgeführt wurde ist nicht bekannt; unter dem Reicha-Porträt - in dieser Darstellung kaum lesbar - ist das Geburtsdatum 27. Februar angegeben.


    Praktische Hinweise:

    Das Grabmal von Antoine Joseph Reicha befindet sich auf dem Pariser Friedhof Cimetière du Père-Lachaise / Division 7. Man geht vom Haupteingang auf der Avenue Principale eine kurze Strecke von etwa 100 Metern geradeaus, biegt dann rechts in die Avenue du Puits ab, um von dort (WC) der etwas aufsteigenden Avenue Casimir Périer zu folgen, bis man zur Nahtstelle zwischen Division 7 und 14 kommt, dort ist Reichas Grab. Die gesamte Gehstrecke vom Haupteingang aus beträgt etwa 300 Meter.



























  • Richard Mühlfeld - *28. Februar 1856 Salzungen - †1. Juni 1907 Meiningen


    mhlfeldtotalad9jl0.jpg

    Zum heutigen Geburtstag von Richard Mühlfeld

    Erläuterungen zum Stein links des Mühlfeld-Grabes und dem Text auf dem Schild sind unten angefügt


    mhlfelddetailm2j0r.jpg


    p11401035dkf8.jpg


    Erst seit 1923 heißt die in Thüringen gelegene Geburtsstadt Mühlfelds Bad Salzungen; der Ort liegt knappe 40 Kilometer von Meiningen entfernt. In Meiningen regierte der künstlerisch begabte Großherzog Georg II. seit 1866 und formte die relativ kleine Residenzstadt mit damals etwa 10.000 Einwohnern zu einer kulturell blühenden Stadt. Optisch kam dies mit einem Theater-Neubau im Jahre 1909 zum Ausdruck; in den Giebel des Hauses ließ Georg II. unter seinen Namen schreiben: DEM VOLKE ZUR FREUDE UND ERHEBUNG. Das Meininger Hoftheater ist jedoch weit älter und wurde bereits 1831 gegründet. Man hatte Georg II. auch den Beinamen »Theaterherzog« gegeben, weil er sich im Theater höchstselbst um alles Mögliche kümmerte, also: Dramaturgie, Bühnenbild, Kostümentwürfe ... und Georgs dritte Frau stammte auch aus dem Theatermilieu.

    Damit Hans von Bülow - ein wichtiger Mann für das Orchester - überhaupt nach Meinigen kam, bedurfte es einiger Überredungskünste, denn die Jahresgage des neuen Orchesterleiters war für von Bülows Verhältnisse mit 5000 Mark nicht üppig und er bedauerte keine Droschke keinen Schneider und andere in Großstädten selbstverständliche Bequemlichkeiten in diesem Nest verfügbar zu haben, aber die sonstigen Vertragspositionen waren recht günstig. Bülow reizte es, hier ein in allen Belangen mustergültiges Orchester aufzubauen zu können, mit dem er auch ohne Zeitdruck so lange üben konnte, bis die absolute Perfektion erreicht war. Als von Bülow die Saison 1880/81 in Meiningen begann, hatte er einige Musiker vor sich, die den Kern des Bayreuther Festspielorchesters bildeten. Die bisher fest angestellten 36 Musiker sollten um acht verstärkt werden; von Bülow reiste selbst in die umliegenden Nachbarstädte, um nach geeigneten Musikern Ausschau zu halten, auch um die Qualität der ortsansässigen Militärkapelle kümmerte sich der neue Intendant, falls es zusätzlicher Verstärkung bedurfte. Richard Mühlfeld, der schon seit 1873 in der Hofkapelle als Geiger und ab 1876 als Klarinettist tätig war, sollte ihn zusammen mit Konzertmeister Friedhold Fleischhauer bei den Einzelproben unterstützen. Auch während seines dreijährigen Militärdienstes kam Mühlfeld nicht aus der Übung, denn auch die Militärkapelle hatte Bedarf an tüchtigen Musikern, und in der winterlichen Konzertsaison war er ohnehin vom Militärdienst suspendiert, damit er die Hofkapelle unterstützen konnte.


    Wie so oft, kann man auch hier feststellen, dass Richard Mühlfeld in einer musikalischen Familie aufwuchs. Richard war der vierte Sohn des Stadtmusikdirektors Leonhard Mühlfeld. In diesem Umfeld war es nicht verwunderlich, dass der Knabe recht früh mit Musikinstrumenten in Berührung kam, in diesem Falle waren es vor allem Violine, Klavier und Klarinette, die er von seinem Vater und den älteren Brüdern erlernte, zudem wirkte er vier Jahre lang als Vokalist im Kirchenchor mit. Was Familie Mühlfeld hier praktizierte ging weit über den Begriff »Hausmusik« hinaus, das spielen von Instrumenten wurde bei ihnen nicht als Zeitvertreib betrachtet, sondern mit einem gewissen Ernst betrieben. Schon der jugendliche Mühlenfeld war sehr umtriebig und als Geiger und Klarinettist unterwegs, arrangierte und leitete Proben.


    Die Meininger Hofkapelle war stets ein Reservoire für das Bayreuther Orchester, es versteht sich fast am Rande, dass auch Richard Mühlfeld für die Mitwirkung an den Festspielen ausgewählt wurde; ein Dutzend Mal war er dort tätig und konnte sogar ein Empfehlungsschreiben von Richard Wagner vorweisen. Zwar gehörten fast alle Dirigenten Mühlfelfds der Spitzenklasse an, aber als Hans von Bülow die Hofkapelle in Meiningen übernahm, formte er daraus ein Spitzenorchester. Der »Hausgott« war hier zunächst Beethoven und der »Theaterherzog« ließ es sich nicht nehmen bei 40 Proben zum Beethoven-Zyklus zugegen zu sein. Bülows Devise war Proben in allen möglichen Varianten. Einen Einblick in von Bülows Schaffensweise gibt er selbst:


    »Ich arbeite nach den Meininger Prinzipien: Separatproben von Bläsern und Streichern, letztere wieder subdividiert in 1. und 2. Geigen, Violen, Celli und Bässe. Jede dynamische Nüance wird studirt, jeder Bogenstrich, jedes Staccato genau gleichmäßig vorgezeichnet, musikalische Phrasirung und Interpunction in jedem Detail probirt, in der Kunst gibt es keine Bagatellen, ist meine Maxime ...«


    Bülow wusste, dass er materiell nicht aus dem Vollen schöpfen konnte und machte deshalb zum Prinzip, dass im Meininger Orchester die durch Fleiß erworbene Qualität die Quantität ersetzen müsse. Der anspruchsvolle Dirigent hatte vermutlich als einziger seiner Zunft in Deutschland die Möglichkeit eine Kapelle zu leiten, die sich ausschließlich dem Konzertrepertoire widmen konnte.


    So bekommt man in etwa einen Einblick in das musikalische Umfeld, in welchem sich der damals 24-jährige Klarinettist befand, der noch eine steile Karriere vor sich hatte, die auch mit der gesamten Leistungsfähigkeit des Orchesters etwas zu tun hatte, dessen Darbietungen sich keineswegs nur auf Meiningen beschränkten, sondern auch auf ausgedehnten Konzertreisen in Deutschland und Europa Furore machte.


    Auch Johannes Brahms hatte ein Auge auf dieses Orchester in Verbindung mit der Abgeschiedenheit des Ortes geworfen; den Anstoß dazu gab Bülow selbst, der mit dem jungen Brahms erstmals 1854 in Hannover zusammengetroffen war. Nun bot Bülow - im Anschluss an einen Klavierabend, den er im Frühjahr 1881in Wien gegeben hatte - Brahms an, dass die Meininger Hofkapelle für ihn zu Voraufführungen zur Verfügung stände. Wie Brahms die Sache sah, geht aus einem Brief an seinen langjährigen Freund Ferdinand Hiller hervor, der Bülow nicht mochte:


    »Ich war in Meiningen, um vor allem ein neues Clavierkonzert in Ruhe und ohne die unbehagliche Aussicht auf ein Concert spielen und probiren zu können. Daskann ich sonst nirgendwo haben ... Warum denn hier und bei Bülow, der freilich ein sehr eigengearteter, ein sehr streitlustiger, aber doch ein geistreicher, ernster und tüchtiger Mann ist? Du mußt Dir auch vorstellen können, wie ganz eminent seine Leute eingeübt sind; kommt nun Unsereines dazu und musizirt mit ihnen, wie ihm um´s Herz ist, so weiß ich nicht, wo er es vortrefflicher haben kann.«


    In der Zeit zwischen 1881 und 1895 hielt sich Brahms fünfzehnmal in Meiningen auf. Der Komponist hatte auch außerordentlich guten Kontakt zum Fürstenpaar, das ihm im Schloss eine Wohnung mit einem Flügel zur Verfügung stellte, wo Brahms ungestört arbeiten konnte.


    Im September 1885 hätte Brahms gerne seine 4. Sinfonie, »hübsch und behaglich«, wie er meinte, aus den bereits bekannten Gründen in Meiningen zur Uraufführung gebracht. Bülow studierte das Werk auch ein, hielt sich aber bei der Uraufführung in Meiningen vornehm zurück und überließ den Taktstock dem Schöpfer des Werkes. Brahms zog dann mit seinem neuen Werk und der Meininger Kapelle durch die Lande und für Bülow fand sich dabei keine Gelegenheit, das von ihm einstudierte Werk selbst zu leiten, was zu einer Verstimmung führte.

    Für eine kurze Zeit erschien der 21-jährige Richard Strauss als Orchesterleiter in Meiningen, überwarf sich jedoch bald mit dem Herzog und verließ die thüringische Residenz schon wieder 1886, um den Dirigierstab an den 31-jährigen Fritz Steinbach weiterzugeben, der das Erbe Bülows in bewährter Qualität zu erhalten vermochte.


    Brahms hatte Richard Mühlfeld zwar schon sehr oft im Orchester gehört, aber bis 1891 ergab sich kein besonderer Kontakt. Erst während eines Besuchs in diesem Jahr hatte Brahms den Klarinettisten bei der Aufführung des Klarinettenquintetts von Mozart und dem Klarinettenkonzert f-Moll von Weber gehört. Brahms war von Mühlfelds Spiel so begeistert - der warme und singende Ton hatte es ihm angetan - dass er Mühlfeld mit dem Kosename »Fräulein Klarinette« bedachte. Ziemlich am Ende seines Schaffens, wo Brahms eigentlich nicht mehr komponieren mochte, bemerkte er erstaunt, dass er musikalisch noch nicht alles gesagt hatte. Wäre das Erlebnis mit Mühlfelds Spiel nicht gewesen, hätte Brahms seinen ursprünglich gefassten Entschluss wahrgemacht und sich im Sommer 1890, nach der Vollendung seines Streichquintetts G-Dur op. 111, als Komponist zur Ruhe gesetzt und seine letzten Werke wären nicht entstanden.


    Für Brahms war das Gehörte ein Grund sich mit den Möglichkeiten der Klarinette näher zu befassen; bis zu diesem Zeitpunkt hatte er für Klarinette weder ein Konzert noch ein Kammermusikwerk geschrieben. Seine Begeisterung über Mühlfelds Spiel ist in einem Brief an seine alte Freundin Clara Schumann nachzulesen, aus Bad Ischl schreibt er ihr im Juli 1891: »Diese beiden Stücke zu hören, freue ich mich einzig auf Meiningen. Du hast keine Idee von dem dortigen Mühlfeld. Er ist der beste Bläser überhaupt, den ich kenne.«

    Während des üblichen Sommerurlaubs in Bad Ischl hatte er 1891 seine ersten zwei Kammermusikwerke mit Klarinette, das Klarinettentrio op. 114 und das Klarinettenquintett op. 115. komponiert. Für die private Erstaufführung im November des Jahres lädt sich Brahms »auf das Zudringlichste« nach Meiningen ein, möchte er für diese Stücke an gar keinen anderen Ort denken als an Meiningen.


    Die öffentliche Uraufführung der beiden neuen Werke erfolgte bei einem Streichquartett-Abend in Berlin, zu welchem der berühmte Geiger Joseph Joachim eingeladen hatte. Diese erste öffentliche Aufführung fand am 12. Dezember 1891 in der Berliner Singakademie statt und war ein großer Erfolg. Der bekannte Musikwissenschaftler und Kritiker Max Kalbeck berichtete von dieser Aufführung, dass man Meister Brahms und seinen Genossen Ovationen bereitete und das Publikum außer Rand und Band geriet. Damit war der Klarinettist mit einem Schlag berühmt und begehrt; er war nun eben »der Brahms-Klarinettist«.

    Brahms schrieb ihm, dass für ihn die Zusammenarbeit mit Mühlfeld zu seinen schönsten Erlebnissen des Musizierens gehört. Auch die Zusammenarbeit mit Joseph Joachim und dessen Streichquartett war für Mühlfelds Karriere sehr wichtig. Joachims Kontakte öffneten ihm den Weg nach England und zu über 50 Konzerten. In den Jahren zwischen 1892 und 1907 war Mühlfeld bis zu fünfzig Mal im Jahr solistisch unterwegs, wobei er jedoch weiterhin seinen Dienst in der Hofkapelle versah, die sich aber manchmal auch in der Programmgestaltung an den auswärtigen Verpflichtungen des berühmten Kollegen orientierte.


    Die künstlerische Zusammenarbeit zwischen Johannes Brahms und dem Soloklarinettisten der Meininger Hofkapelle bewirkte die Komposition von vier der berühmtesten und meistgespielten Kammermusikwerke für Klarinette, Violoncello und Klavier. Die beiden Sonaten für Klarinette und Klavier op. 120/1 und 120/2 hatte Brahms 1894 geschrieben und sie Mühlfeld gewidmet. Auch im Entstehungsjahr der Sonaten begegneten sich Komponist und Interpret vorher persönlich, diesmal jedoch in Wien. Es müssen wunderschöne Tage im Kreis von Freunden gewesen sein, wie aus einem Brief, den Brahms an Freifrau von Heldburg schrieb, hervorgeht. Im gleichen Jahr hatten beide noch ein Treffen in Bad Ischl angedacht, aber daraus wurde nichts; schließlich traf man sich stattdessen zum Proben und der ersten Privataufführung bei Prinzessin Elisabeth von Sachsen-Meinigen in Berchtesgaden.


    Ende September 1895 besuchte Brahms Meiningen zum letzten Male; Anlass war das Landesmusikfest. Am 3. April 1897 stirbt Johannes Brahms. Bei den Trauer- und Beisetzungsfeierlichkeiten, die am 6. April in Wien stattfinden, vertritt Richard Mühlfeld den Großherzog. Am 7. Mai 1897findet in der Berliner Philharmonie ein Gedenkkonzert zu Ehren von Brahms statt, bei dem Mühlfeld mitwirkt.

    Die ständig hohen Erwartungen und die damit verbundene Anspannung bei Mühlfelds Auftritten, führten zu hoher Nervosität des Interpreten, die durchaus von den Kollegen wahrgenommen wurde. 1901 entschloss sich Mühlfeld zu einer mehrwöchigen Kur und reduzierte auch sein Arbeitspensum, wurde dann aber wieder etwas aktiver, schließlich galt er nach Brahms´ Tod als der authentische Interpret seiner Werke. Als Richard Mühlfeld am 1. Juni 1907 stirbt, wird sein Tod als plötzlich und unerwartet beschrieben.

    Mühlfelds Klarinetten sind noch in gutem Zustand erhalten; sie sind aus Buchsbaum gefertigt und nicht wie heute üblich aus Grenadillholz.


    Das Grabmal von Richard Mühlfeld gestaltete der Berliner Bildhauer Reinhold Felderhoff. Die stehende Frauengestalt mit Blasinstrument symbolisiert Euterpe, die Muse der Tonkunst und der lyrischen Poesie. Das Grabmal entstand auf Initiative des Meininger Hofkapellmeisters Wilhelm Berger und wurde aus Spendengeldern finanziert. Die feierliche Enthüllung erfolgte am 21. November 190.


    meiningentrauerhalle34j1d.jpg

    Die Trauerhalle in der Nähe des hinteren Eingangs


    Links des Mühlfeld-Grabes steht ein Gedenkstein, der an den Violoncellisten Karl Piening erinnert.


    schildmeiningenggjiz.jpg


    pieninga14jfv.jpg


    Praktischer Hinweis:

    98617 Meiningen, Parkfriedhof - dort wo die Straßen Am Steinernen Berg und Regerstraße zusammenstoßen, befindet sich ganz in der Nähe von Trauerhalle und Krematorium ein Eingang und eine Informationstafel. Man wendet sich dort nach links, wo es etwas bergauf geht, und erreicht das Grab in einer Gehzeit von etwa drei bis fünf Minuten.


    2 Mal editiert, zuletzt von hart ()

  • Hector Berlioz - *11. Dezember 1803 La Côte-Saint-André - † 8. März 1869 Paris


    berliozportr3wjr2.jpg


    Zum 150. Todestag von Hector Berlioz


    p1130243lakcn.jpg


    Am rechten senkrechten Grababschluss steht in goldenen Lettern:

    ICI REPOSENT

    HARRIET SMITHSON ET MARIE RECIO

    †1854 †1862


    Sein Geburtsort liegt gute 500 Kilometer von Paris entfernt und hatte damals etwa dreieihalbtausend Einwohner, von La Côte-Saint-André bis Grenoble sind es etwa fünfzig Kilometer. Die Familie Berlioz war in der Stadt und ihrer Umgebung seit mehreren Jahrhunderten ansässig und Berlioz´ Vater besaß umfangreiche Ländereien. Louis Hector, so seine beiden Vornamen, bekam noch zwei Schwestern zur Seite, die das Erwachsenenalter erreichten, andere Geschwister verstarben schon im frühen Kindesalter. Der Vater war Arzt, und nach der Darstellung seines Sohnes war er ein tüchtiger und pflichtbewusster Arzt. Zunächst wurde der Sechsjährige auf das kleine Seminar in La Côte geschickt, um mit dem Lateinunterricht zu beginnen, aber nach zwei Jahren nahm in sein Vater dort wieder weg und übernahm die schulische Bildung seines Sohnes selbst. Hector interessierte sich im Alter von zwölf Jahren erstmals für ein Mädchen, aber in dieser Zeit entdeckte er auch die Liebe fürs Flageolett, ein frühes Holzblasinstrument aus der Gruppe der Schnabelflöten, und bald hatte er auch eine Querflöte samt Lehrbuch in der Hand. Der Vater unterstützte des Sohnes Bemühungen und besorgte einen Musiklehrer aus Lyon, bei welchem Hector jeden Tag zwei Stunden Unterricht genoss; bald waren ihm die schwierigsten Stücke von Drouet geläufig. Aus familiären Gründen zog sein Musiklehrer wieder weg und ein neuer, besserer Lehrer, übernahm, der fast alle Instrumente beherrschte. Hector Berlioz verbrachte Tage und Nächte mit dem Studium von Harmonie- und Akkordlehren - und begann mit ersten Kompositionen; er war zwölfeinhalb Jahre alt. Flageolett, Querflöte und Gitarre beherrschte er ausgezeichnet; sein Lehrer erklärte dem Vater, dass der Sohn auf Augenhöhe mit ihm sei. Klavier wollte ihn sein Vater allerdings nicht lernen lassen, weil er wohl fürchtete den Sohn ganz an die Musik zu verlieren. Im Rückblick meinte der erfolgreiche Berlioz, dass er durch diese Unkenntnis auch freier im Komponieren war. Immer wieder signalisierte der Vater seinem Sohn, dass dieser beruflich in seine Fußstapfen treten solle. Für Hector war der Gedanke an den Beruf eines Mediziners ein Gräuel. Der Vater versuchte es mit einem »Kuhhandel«: Der Sohn bekommt eine schon lang ersehnte ganz besondere Flöte mit neuartigen Klappen; im Gegenzug studiert er dafür Monros aufwendige Knochenlehre, ein medizinisches Standartwerk. Nach diesen Vorstudien begab sich der 17-Jährige nach Paris, um dort seine Medizinstudien aufzunehmen. Beim ersten Besuch im Sektionssaal packte den Studenten schon das blanke Entsetzen; dann biss er sich einige Zeit durch, bewunderte auch Könner auf diesem Gebiet, wusste jedoch immer, dass er hier nicht glücklich werden wird. Parallel dazu entdecke er die Oper und die Bibliothek des Conservatoires mit ihren unzähligen Partituren - wie er in seinen Memoiren schreibt, gab das der Medizin den Gnadenstoß. Allerdings führten auch politische Unruhen dazu, dass die medizinische Fakultät mehrere Monate geschlossen war; als die Fakultät im April 1823 wieder öffnete, war Hector Berlioz nicht mehr eingeschrieben ...ein Jurastudium in dieser Zeit kann als Episode betrachtet werden.


    Nun las er Partituren von Gluck, schrieb sie ab und lernte sie auswendig. Und er schrieb auch Briefe an seinen Vater und dieser schrieb zurück. Als er »Iphigenie auf Tauris« hören konnte, schwor er beim Verlassen des Opernhauses, dass er - Vater, Mutter, Onkeln, Tanten und Freunden zum Trotz- Musiker werden würde. Hieraus folgte, dass der Briefwechsel immer heftiger wurde. In der Bibliothek des Conservatoires traf er einen Schüler von Jean-François Lesueur, der ihm die Möglichkeit ausmalte in die Kompositionsklasse von Lesueur aufgenommen zu werden. Lesueur war ein äußerst erfolgreicher Lehrer, der eine Menge Schüler zum begehrten Rom-Preis führte. Ab 1823 war Berlioz bei ihm Privatschüler, erst ab 1826 erfolgte die Aufnahme ins Conservatoire.


    Mit der ersten von Berlioz komponierten Messe klappte es nicht, das Ganze landete im Chaos, aber der zweite Anlauf war dann besser organisiert. Seinen Eltern konnte er berichten, dass seine Messe in Saint-Roch vor einem großen Publikum glänzend aufgeführt wurde. Mit dem großen Cherubini, der von 1822 bis 1835 Direktor des Pariser Konservatoriums war, hatte Berlioz seine liebe Not, einmal warf ihn der Direktor sogar aus der Bibliothek.


    Durch den Erfolg der Messe waren die Eltern zwar fürs erste ruhig gestellt, als sie jedoch erfuhren, dass ihr Sohn bei einer Vorprüfung zu einem Kompositionswettbewerb nicht überzeugen konnte, nahm der Vater das zum Anlass ihm mitzuteilen, dass er ab sofort einen Aufenthalt in Paris nicht mehr finanziert. Postwendet schrieb Berlioz´ Lehrer dem Vater einen Brief und zeigte die Begabung des Sohnes auf und garnierte das Ganze noch mit einigen religiösen Gedanken, was allerdings konterproduktiv war, denn Vater Berlioz schrieb retour: »Ich bin nicht gläubig, Monsieur!«


    In Berlioz´ Autobiografie wird dargestellt, dass er wegen seinem Misserfolg wieder nach La Côte zurückkehren musste und im Elternhaus eine ungute Atmosphäre geherrscht habe. Die neuere Forschung widerspricht allerdings dieser Darstellung und belegt, dass zwischen dem unbefriedigenden Rompreis-Wettbewerb und der Rückkehr nach La Côte kein kausaler Zusammenhang besteht. Tatsache ist jedoch, dass es eine Heimreise von Paris nach La Côte gab und ihm dann der Vater die Rückreise nach Paris zum Musikstudium erlaubte. Dieser Entschluss sollte vor allem vor der Mutter verborgen werden, welche völlig überzogene religiöse Vorstellungen hatte und in dieser Beziehung überhaupt nicht zu ihrem Mann passte. Marie-Antoinette Joséphine Berlioz stufte alles was mit dem Theater zusammenhing als Teufelswerk ein: Schauspieler, Schauspielerinnen, Sänger, Musiker, Dichter und Komponisten waren für sie verworfene Kreaturen, die für die Hölle bestimmt waren. Unter diesem Aspekt war die Abreise des Sohnes in den Sündenpfuhl Paris eine für sie unerträgliche Vorstellung. Hectors Abreise konnte schließlich vor der Mutter nicht verheimlicht werden und es kam zu dramatischen Szenen; Berlioz selbst schildert, wie sich ihm die Mutter zu Füßen wirft und anfleht; als er standhaft bleibt, verflucht sie ihn - mit diesem Fluch im Gepäck reiste er nach Paris.


    In Paris hatte er noch Schulden zu begleichen; er gab deshalb Flöten-, Gitarren- und Gesangsunterricht, lebte spartanisch und gönnte sich kaum etwas zu Essen. Auf diese Weise ging die Schuldentilgung jedoch im Schneckentempo vor sich, weshalb der Gläubiger an den Vater in La Côte schrieb und dringend um die Rückzahlung von 600 Francs bat. Sein Vater hatte insgeheim erhofft, dass sein Filius in Paris Stufe um Stufe emporsteigt, dann kam so etwas. Vater Berlioz beglich die Schulden und gab dem Sohn zu verstehen, dass unter diesen Umständen von zu Hause nichts mehr zu erwarten sei.


    Musikalisch gesehen kreuzten damals bedeutende Namen seinen Weg: er studierte zusätzlich noch bei Reicha und hatte organisatorische Schwierigkeiten mit Rudolphe Kreutzer, der Generalmusikdirektor der Opéra war. 1824 war Rossini nach Paris gekommen und spaltete dort die Musikwelt in glühende Anhänger und erbitterte Gegner; Berlioz mochte Rossini nicht, aber verehrte Weber, dessen Reise nach London über Paris führte, aber zu einer persönlichen Begegnung reichte es nicht, wie gerne hätte er den Schöpfer des »Freischütz« von Angesicht zu Angesicht gesehen. Dem jungen Musiker ging es finanziell schlecht, er dachte an alles Mögliche, konnte sich gar vorstellen Paris zu verlassen, nur dass er nach La Côte zurückkehren wird, das konnte er sich nicht vorstellen, aber angedacht waren immerhin New York, Mexiko, Sydney oder auch Kalkutta, wo er zu dieser Zeit durchaus mit dem Gedanken spielte, irgendwo als Flötist in einem Orchester unterzukommen, auch ein Dasein als Seemann schloss er nicht aus. Als er in den ganz fernen Ländern keinen Bedarf ausmachen konnte, bewarb er sich an einem zweitklassigen Pariser Theater als Flötist, aber alle Stellen waren bereits besetzt, jedoch bot sich am Théâtre des Nouveautés die Möglichkeit Chorsänger zu werden; bei einem Vorsingen stach er vier Mitbewerber souverän aus und bekam diese Stelle, die mit 50 Francs pro Monat dotiert war. Mit Geld nicht zu bezahlen, war das Erlebnis mit einer Shakespeare-Schauspieltruppe - genauer gesagt, mit der Darstellerin Harriet Smithson, der er erst fünf Jahre später so richtig begegnen sollte. Harriet Smithson, welche die Ophelia spielte, hatte den jungen Musiker in einen Liebestaumel versetzt, der als Geburtsstunde seiner »Symphonie Fantastique« angesehen wird. Die Uraufführung fand im Dezember 1830 in Paris statt, aber über einen Zeitraum von fünfzehn Jahren feilte er dann immer wieder an seinem Werk herum, bis die endgültige Fassung stand.


    Das Theater gewährte einen14-tägigen Urlaub, damit Berlioz erneut am Wettbewerb teilnehmen konnte, wo jedoch seine Arbeit mit dem Argument zurückgewiesen wurde, dass die eingereichte Kantate unspielbar sei. Dazu kam eine schwere Krankheit; sein wohlhabender Vater schickte wieder Unterhaltsgeld nach Paris. Wenn Berlioz die Oper besuchte, dann betrieb er - vor allem wenn Gluck gespielt wurde - einen Riesenaufwand, schleppte dazu alle möglichen Unterlagen mit und verteilte seinen Freundeskreis auf die seiner Ansicht nach besten Plätze.


    Berlioz wurde die Möglichkeit geboten sich als Kritiker zu betätigen; nach kurzem Widerstreben erkannte er seine Vorteile: Er konnte seine finanzielle Situation verbessern, und das was für ihn schön war loben, aber auch das in seinen Augen Schlechte verdammen. Den renommierten Rom-Preis hatte er immer noch nicht erringen können, aber 1830 war es dann endlich soweit, seine Kantate »La Mort de Sardanapale« war als Preiswürdig durchgegangen, die Romreise konnte beginnen, zum Jahresende 1830 reist er aus Paris ab und gelangt über La Côte-Saint-André und dann weiter nach Rom. Insgesamt ist der Rom-Aufenthalt für Berlioz eine große Enttäuschung. Zunächst erwartete er in Rom sehnlichst Post aus Paris, aber als diese endlich eintraf, war ein Brief dabei, der ihn wie ein Keulenschlag traf; die Mutter der Pianistin Marie Moke übermittelte die Verlobung ihrer Tochter mit dem wohlhabenden Pianisten und Klavierfabrikanten Camille Pleyel nach Rom; der Bräutigam war 22 Jahre älter als Marie, die Mutter hatte das so arrangiert, um den mittellosen Berlioz auszubooten. Hector hatte 1830 Marie in einem Mädchenpensionat kennengelernt, wo sie Klavierunterricht gab und er als Gitarrenlehrer tätig war; Berlioz hatte die Absicht das Mädchen zu heiraten; nun schmiedet er blutige Rachepläne und will nach Paris, um dort einige Leute umzubringen, beendet jedoch schon in Nizza seinen Rachefeldzug und kehrt wieder nach Rom zurück.


    Berlioz verlässt aber enttäuscht die Stadt schon wieder Anfang Mai 1832, macht einen Abstecher in seiner Heimat und trifft im November wieder in Paris ein. Dort angekommen, hatte Berlioz dann mit der Unterstützung für Harriet Smithson, die das Bein gebrochen hatte und finanziell am Ende war, alle Hände voll zu tun. Berlioz versuchte der finanziellen Situation etwas aufzuhelfen, in dem er Chopin und Liszt für ein Benefizkonzert gewinnen konnte. Am 3. Oktober 1833 heiratete Berlioz Harriet in der Kapelle der Britischen Botschaft zu Paris, einer der Trauzeugen war Franz Liszt. Natürlich gingen dieser Eheschließung wieder dramatische Kämpfe mit den Eltern voraus, weil Sohn Hector noch keine dreißig Jahre alt war; der Vater hielt es in seinem Tagebuch fest: »Verehelichung mit Harriet Smithson entgegen dem Willen der Eltern«. Die Eltern der Braut waren übrigens auch gegen diese Verbindung, aus der 1834 Sohn Louis hervorging. 1841 hatten sich die Ehepartner auseinandergelebt und Berlioz verkehrte mit der Mezzosopranistin Marie Recio, die ganz in der zeitlichen Nähe der Entstehung des Liederzyklus »Les nuits d´été« in engere Verbindung mit ihm tritt und die er dann auch heiratete, nachdem Harriet 1854 gestorben war, wobei zu erwähnen ist, dass Berlioz Hariett ehrlich betrauerte; die einst so Gefeierte hatte Karriereende nicht verkraftet und hatte ein ungutes Ende.


    Berlioz schreibt 1834 die Sinfonie »Harold en Italie«, welche Niccoló Paganini für seine neue Stradivarius-Bratsche haben wollte. Paganini war das Werk 20.000 Francs wert. Seit 1835 arbeitet Berlioz fachjournalistisch als fester Mitarbeiter des »Journal des Débats«. Als er bei einer Aufführung von »Harold en Italie« bemerkt, dass der Dirigent nicht auf der Höhe dieser Komposition ist, beschließt er seine Werke auch selbst zu dirigieren. Längst ist Berlioz kein Unbekannter mehr; er steht im Briefwechsel mit Robert Schumann und seine Ouvertüre »Les Francs Juges«, ein Fragment einer schon 1826 geschriebenen Oper, wird in Leipzig aufgeführt. Trotz seiner Bekanntheit konnte er 1838 eine im März angestrebte Professur am Conservatoire nicht bekommen, aber quasi als Weihnachtsgeschenk klappte es dann mit der Ernennung zum »sous-bibliothécaire« am Conservatoire. Etwa ein Jahr später entstand seine große Chorsinfonie »Roméo et Juliette«, ein von Harriet Smithson inspiriertes Werk, das eine gewisse Nähe zur Oper hat. In der ersten Hälfte der 1840er Jahre hält sich Berlioz häufig in Deutschland auf. 1847absolviert er eine mehrmonatige Reise nach Russland und im November des gleichen Jahres wird er Musikdirektor der Englischen Oper am Drury Lane Theater im Londoner West End. Da es1848 auch in Frankreich politisch unruhig ist, hält sich Berlioz bis Mitte Juli in London auf. 1850 steht in der Familie Berlioz ein neuer Vater-Sohn Konflikt ins Haus; diesmal will Vater Hector die Berufswahl seines Sohnes Louis nicht akzeptieren, der dann doch zur See fuhr und noch vor dem Vater 1867 in Havanna am Gelbfieber starb.


    Berlioz ist weiterhin auch international viel konzertierend unterwegs, schlägt im August 1852 sogar eine Einladung nach New York aus, nachdem er im Juni in London das New York Philharmonic Orchestra dirigiert hatte. Im Jahre 1856 ist es dann - endlich - soweit; Hector Berlioz erhält, zwanzig Jahre nach seiner ersten Bewerbung und insgesamt fünf Anläufen, den begehrten Sitz in der Akademie der Schönen Künste. Dieser Sitz bedeutete nicht nur Ehre, sondern auch ein jährliches Zubrot von 1.500 Francs im Jahr. Im gleichen Jahr begann Berlioz ein monströses Werk, nämlich seine Oper »Les Troyens«, wobei er hier auch als Librettist in Erscheinung trat. Diese Oper gehört mit einer überlangen Spieldauer von etwas mehr als sechs Stunden zu den größten Werken der Operngeschichte, die aber wegen des immensen Aufwandes nur selten auf die Bühne kommt. Zu seinen Lebzeiten erlebte Berlioz nur eineTeil-Aufführung seines gewaltigen Werkes.


    In den 1860er Jahren war Hector Berlioz auf der Höhe seines Ruhms angelangt, aber gesundheitlich ist er nicht mehr ganz auf der Höhe. Im Frühjahr 1860 stirbt seine Schwester Adéle, im Juni 1862 seine zweite Frau Marie Recio und Sohn Louis erhält eine Anstellung als Kapitän der Transatlantischen Gesellschaft; 1866 hält sich Louis für mehrere Wochen bei seinem Vater in Paris auf, im August 1866 sehen sich Vater und Sohn das letzte Mal, Ende Juni 1867 erhält der Vater die Nachricht vom Tod seines Sohnes. Hector Berlioz macht sein Testament, folgt aber noch einer Einladung zu einer Russlandreise, wo er in Sankt Petersburg Konzerte dirigiert und zum Jahreswechsel Tschaikowsky trifft. Nachdem er im Januar 1868 noch Konzerte in Moskau dirigiert hatte, kehrte er im Februar erschöpft nach Paris zurück. Seine Memoiren, deren Arbeit er schon 1848 begonnen hatte, vervollständigte er im Januar1865 und gab sie dann zum Druck. Es war ein Privatdruck von 1200 Exemplaren; ein Exemplar bekam seine älteste Liebe Estelle, die er schon als Zwölfjähriger angebetet hatte und mit der er in dieser Zeit noch korrespondierte. Familienangehörige wurden auch mit einem Buch bedacht; den großen Rest der Auflage deponierte er im Conservatoire zur posthumen Veröffentlichung. Ein beachtliches, 1844 verfasstes Werk, »Grand Traité d´instrumentation et d´orchestration modernes«, das in mehrere Sprachen übersetzt und 1905 von Richard Strauss bearbeitet und unter dem Titel »Instrumentationslehre« veröffentlicht wurde, ist auch noch für Musiker unserer Zeit von Bedeutung.


    Vermutlich hat kein anderer Komponist so viel vom eigenen Lieben und Leiden in seiner Musik zum Ausdruck gebracht. Er war ein musikalischer Visionär; DIE ZEIT produzierte einmal eine Headline »Der konservative Revolutionär«. Von anerkannten Musikexperten gibt es sich widersprechende Aussagen über Berlioz. Felix Mendelssohn meinte über die Werke von Hector Berlioz, den er auch persönlich kannte, seine Partituren seien so schmutzig, dass man sie nur mit Handschuhen anfassen könne. Ganz anders das Urteil des 2013 verstorbenen Engländers Sir Colin Davis, der Berlioz´ gesamtes Werk aufnahm und meinte: »Berlioz ist so groß wie Mozart. Davon bin ich zutiefst überzeugt. Ich weiß nicht, was ich nach Berlioz noch dirigieren soll«.

    Hector Berlioz lebte seit einigen Jahren in seiner Pariser Wohnung Rue de Calais Nr. 4. Seit etwa1860 wurde er von Caroline Scheuer betreut, die dafür einen Jahreslohn von 400 Francs erhielt.


    Praktische Hinweise:

    Montmartre-Friedhof, 20 Avenue Rachel, 75018 Paris

    Cimetière de Montmartre ist über die Metro-Station Blance mit der Linie 2 zu erreichen

    Am Eingang befindet sich eine Informationstafel mit dem Friedhofsplan. Man folgt vom Eingang aus der Avenue Principale bis zum Kreisel und wendet sich auf dem breiten Weg nach links, um dann gleich wieder rechts in den Weg Chemin Artot abzubiegen, der direkt zur Avenue Hector Berlioz führt; im Gräberfeld (Division) 20 findet man das Grab. Es gibt zwar noch einen näheren seitlichen Eingang, der jedoch nicht immer geöffnet ist.


    berlioz-avcwk35.jpg


    Schilder dieser Art dienen der Orientierung, Hector Berlioz ist jedoch im Feld 20 zu finden, aber dieses Schild stand im besseren Licht ...

    --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------


    berlioz-lehrem9kvn.jpg

  • Luigi Cherubini - *14. September 1760 Florenz - † 15. März 1842 Paris


    cherubiniazakb5.jpg


    Zum heutigen Todestag von Luigi Cherubini


    cherubiniausschnittnpj3f.jpg


    Wenn einer schon an der Schwelle vom Kindes- zum Jugendalter auf die Komposition einiger eigener Werke zurückblicken kann, darf man von einem Wunderkind sprechen; beim nur vier Jahre eher geborenen Mozart ist das selbstverständlich, aber während Mozart und seine Werke einem breiten Publikum bekannt sind, ist Cherubinis Werk heute weitgehend vergessen, aber einige seiner Kompositionen genießen immer noch eine gewisse Exklusivität.


    Luigi war das zehnte Kind in einer Schar von einem Dutzend Kindern. In alter Literatur ist nachzulesen, dass der Knabe schon im Alter von drei Jahren »herrlich gesungen« haben soll. Da sein Vater als Cembalist am Pergola-Theater wirkte, war es naheliegend, dass er seinem Sohn schon frühzeitig Musikunterricht erteilte; da war der Junge gerade mal sechs Jahre alt, es sollen bereits ernsthafte musikalische Studien gewesen sein. Den Kompositionsunterricht übernahmen Bartolomeo Felici und dessen Sohn Alessandro Felici. Später wurde er von Pietro Bizzari (Gesang) und Guiseppe Castrucci (Klavier, Orgel) weiter unterrichtet. Alle seine Lehrer, der Vater eingeschlossen, waren Anhänger des strengen Stils. So wurde der junge Mann schon recht früh mit den Geheimnissen des Kontrapunktes vertraut gemacht und machte dabei so beachtliche Fortschritte, dass er bereits mit dreizehn Jahren eine vierstimmige Messe und ein kleines theatralisches Intermezzo komponieren konnte. Dem Großherzog von Toscana war dieses musikalische Talent nicht verborgen geblieben und er stellte Mittel zur Verfügung, dass der junge Mann zu dem damals berühmten Guiseppe Sarti nach Bologna gehen konnte. Dieser führte seinen Schüler in den idealen Stil Palestrinas ein und ließ ihn eine Anzahl mehrstimmiger Antiphonien komponieren. Im Jahre 1779 folgte Cherubini seinem Lehrer nach Mailand, wo er sich zwar noch eine Weile der Kirchenmusik widmete, aber Sarti hatte seinem Lieblingsschüler einen Opernauftrag verschafft; der Erstling hieß »Il quinto Fabio« und es folgten weitere dramatische Werke, die in Florenz, Venedig , Livorno und Mantua erfolgreich aufgeführt wurden. Durch die Vermittlung Sartis erhielt Cherubini 1784 eine Einladung nach London. Dort hatte er zwar mit seiner ersten Oper »La finta principessa« Glück gehabt, aber seine zweite Oper »Il giulio Sabine« war ein Flop. Dieser Misserfolg verleidete ihm den weiteren Aufenthalt in London, sodass er 1786 die Insel in Richtung Paris verließ. Dort traf er auf den Violinisten Viotti, der als Vater des modernen Violinspiels gilt. Von Paris aus begab sich Cherubini noch einmal in seine italienische Heimat, weil er 1788 für den Karneval in Turin eine Oper zu schreiben hatte, das Werk hieß »Ifigenia in Aulide« und kam beim Publikum recht gut an. Dieses Werk wurde in Mailand, Parma und Florenz aufgeführt und machte den Komponisten bekannt.


    In Paris hörte Cherubini erstmals eine Symphonie von Haydn, die ihn so beeindruckte, dass er die Werke Haydns intensiv studierte; ähnlich beeindruckt war er von Gluck und Mozart. Entsprechend vollzog er einen Stilwandel, welcher in seiner nächsten Oper - es war die erste französische Oper nach seinem Umzug von London nach Paris - »Démophon« zum Ausdruck kam, aber diese Oper war ein Misserfolg, wohl auch mit verursacht, weil er der französischen Sprache noch nicht mächtig war; der Musikwissenschaftler Basil Deane schrieb dazu, dass der italienische Komponist Schwierigkeiten hatte Französisch zu setzen und dass es zahlreiche Beispiele für falsche Akzentuierung gibt, und dass es dem Komponisten nur teilweise gelang seinen musikalischen Stil von der Opera seria zu einem von Christoph Willibald Gluck beeinflussten Stil zu ändern; der »Neufranzose« geriet sozusagen zwischen die Fronten, denn damals kämpfte man mal wieder um Stilfragen in der Oper; der sogenannte »Piccinisten-Streit« ist in die Musikgeschichte eingegangen.


    Sein einflussreicher Freund Viotti verstand es einzurichten, dass man Cherubini die Direktion der neu gegründeten italienischen Oper übertrug, die der Friseur von Marie Antoinette gegründet hatte. Aber nun begannen in Frankreich unruhige Zeiten, in dessen Wirrnisse auch Cherubini hineingezogen wurde, man steckte ihn sogar in die Nationalgarde. Man mag es kaum glauben, aber auch in dieser Zeit entstand eine Cherubini-Oper, »Lodoïska« heißt das heroische Werk, das am 18. Juli 1791 im Feydeau-Theater seine Uraufführung erlebte und deren Beliebtheit mit zweihundert Aufführungen im Jahr dokumentiert ist. Es ist ein Werk von Wucht und Größe, das als ein Drama der Revolution in diese Zeit passt. In der Literatur findet sich eine Stelle, wo Cherubinis Frau Cécile berichtet: »Vormittags wurde guillotiniert, und abends waren die Theater bis auf den letzten Platz gefüllt«. Bei all dem Trubel zog sich dann Cherubini in das etwa 130 Kilometer von Paris entfernte Rouen auf das Gut eines Freundes zurück, um erst wieder Ende 1794 nach Paris zurückzukehren wo er auch, nach einer längeren Verlobungszeit, Cécile Tourette, die Tochter eines ehemaligen königlichen Musikers heiratete.

    Bei der Gründung des Pariser Konservatoriums wurde Cherubini unter die Inspektoren des Instituts gewählt und war damit zum »Staatsbeamten« geworden. Damit einher ging, dass er nun für diverse republikanische Festlichkeiten Hymnen schreiben musste. Erst 1797 hob er, abermals im Feydeau-Theater, ein gewaltiges Werk aus der Taufe: »Médée« oder Medea. Diese Oper ist zwar ein großes Werk, das bis in unsere Tage wirkt, hatte aber damals das Pariser Publikum nicht besonders begeistert, währende die Resonanz in Deutschland besser war. 1854 bearbeitete Franz Lachner das Werk für eine Frankfurter Aufführung, indem er die gesprochenen Dialoge durch Rezitative ersetzte; später gab es dann noch eine italienische Version, die auch in London auf den Spielplan kam. Ganz groß heraus kam »Medea« aber 1953 durch die Jahrhundertsängerin Maria Callas und dem Dirigat von Leonard Bernstein; später kam noch ein Film hinzu, der Cherubinis Werk zusätzlich populär machte. Nun kamen noch weitere Kompositionen, die man in diesem Rahmen überspringen kann, was man aber bei der Oper »Les deux journées« (Der Wasserträger) nicht tun sollte, weil das als eines seiner bedeutendsten Werke angesehen wird, wobei abermals zu bemerken ist, dass auch dieses Werk in Deutschland weit erfolgreicher war als im Land seiner Entstehung; der Stoff ist dem realen Leben entsprungen und Gesangssolisten werden nicht besonders herausgestellt, auch Beethoven war an dieser Cherubini-Oper sehr interessiert und Mendelssohn soll Ähnlichkeiten zu »Fidelio« herausgehört haben.


    Trotz dieser künstlerischen Erfolge musste sich Cherubini in Paris mancherlei Kränkungen und Zurücksetzungen gefallen lassen; Napoleon war da wegen eines Wortwechsels über musikalische Dinge etwas nachtragend, weil sich Cherubini mehrmals recht selbstbewusst geäußert hatte und darauf bestand, dass er von Musik mehr verstehe als der Kaiser. Heute würde man sagen, dass Cherubini eine Auszeit nahm; er zog sich zeitweilig ganz von der Musik zurück und gab sich botanischen Studien hin, für die er eine große Neigung besaß. Da seine nächsten Opern »Anacréon« und »Achille á Scyros« wenig Anklang fanden, traf es sich günstig, dass das Kärntnertortheater in Wien bei ihm wegen einer Oper anfragte. Im Sommer 1805 traf Cherubini in Wien ein. Er hatte seine Opern »Lodoïska« und »Der Wasserträger« mitgebracht, die mit großem Erfolg aufgeführt wurden. Am 26. Februar 1806 fand die erste Aufführung seiner für Wien geschriebenen Oper »Faniska« statt. Sein neues Werk wurde vor allem von der musikalischen Prominenz Beethoven und Haydn begeistert aufgenommen, konnte sich aber im Folgenden nicht auf den Spielplänen halten. In wörtlicher Rede wurde der Nachwelt überliefert, dass Beethoven seinen Kollegen Cherubini als: »den ersten dramatischen Komponisten seiner Zeit« bezeichnete und der schon greise Haydn sagte ihm, als er ihn kurz vor seiner Abreise in Wien besuchte: »Lassen Sie mich in musikalischer Hinsicht Ihren Vater heißen und Sie als meinen Sohn begrüßen«.


    Auch Napoleon weilte zu dieser Zeit in Wien und hatte den Musikus nach Schönbrunn als Dirigent seiner Hofkonzerte befohlen, aber das kurz als verbessert erscheinende Verhältnis zwischen den beiden trübte sich recht bald wieder ein, weil der Komponist mal wieder deutlich machte, dass er, Cherubini, mehr von Musik versteht als der große Feldherr, was dem stolzen Napoleon missfiel, der vermutlich glaubte, dass wer Macht hat auch automatisch recht hat. Die politischen Verhältnisse zwangen Cherubini wieder nach Frankreich zurückzukehren, im April 1806 traf er in Paris ein. Die Situation wird - in einem Buch das 1914 herauskam - so dargestellt: »Aber er wurde vom Kaiser, der ihm nun auch seine Schönbrunner Äußerungen nachtrug, wiederum so sehr hintenangesetzt, daß er in nervöse Abspannung verfiel und die Musik ganz aufzugeben beschloß«. In dieser Situation wandte sich Cherubini abermals seinen botanischen Studien zu und zeichnete Kartenblätter. 1808 wurde Cherubini vom Prinzen Chimay auf dessen Landsitz eingeladen. Nun sollte in Chimay eine Kirche eingeweiht werden und man fragte bei dem Erholung suchenden Cherubini an, ob er nicht bereit sei zu diesem Ereignis eine Messe zu schreiben, und so entstand dann auf dem Landschloss die 1809 vollendete F-Dur-Messe, bei der trotz des strengen Palestrinastils, nicht ganz verborgen bleibt, dass dessen Schöpfer vordem die Theaterwelt mit Opern beglückt hatte. Aber Cherubini war wieder dorthin zurückgekehrt, wo er als 13-Jähriger begonnen hatte, seine Opernkompositionen traten in den Hintergrund. Dennoch schrieb er im gleichen Jahr noch die Oper »Pygmalion« und noch einige Opern, die keinen Erfolg brachten - so war beispielsweise »Les Abencerages» in Jahre 1813 ein totaler Misserfolg, dennoch ist auch dieses Cherubini-Werk auf CDs erhältlich. Sein letztes größeres Opernwerk mit dem Titel »Ali Baba« entstand 1833; hier hatte Cherubini Resteverwertung betrieben und auf sein früher liegengebliebenes Werk »Koukourgi« sowie einen Marsch aus »Faniska« zurückgegriffen. Hector Berlioz, der zu Cherubini ein etwas angespanntes Verhältnis hatte, nannte es eines der schwächsten Dinge, die Cherubini geschrieben hat, aber auch von dieser Oper existiert eine CD mit so prominenten Sängernamen wie Teresa Stich-Randall und Alfredo Kraus.


    Folgt man dem Text älterer Literatur, hat Cherubini - neben kleineren Kirchenkompositionen - insgesamt elf große Messen geschrieben; schaut man in neueren Werkverzeichnissen nach, sind hier unter Messen lediglich Missa solemnis Nr. 1 und 2 sowie Requiem c-Moll und d-Moll aufgeführt, auch sein Opernschaffen wird mitunter weniger umfangreich dargestellt als es eigentlich war. Luigi Cherubini lebte in einer politisch sehr bewegten Zeit. So vergingen von der Hinrichtung Ludwig XVI. bis zum Staatsakt für den Verblichenen gerade mal drei Jahre. Am 21. Januar1796 dirigierte Cherubini im musikalischen Rahmenprogramm der Feierlichkeiten den Chor »Racheschwur dem Königsthum«. Etwa zwei Jahrzehnte später fand zur Ehrung des jetzt wieder hochangesehenen Ludwig XVI. die Uraufführung von Luigi Cherubinis Requiem Nr. 1 in c-Moll in der der Abteikirche zu St. Denis im Norden von Paris statt; es war ein Auftragswerk von Ludwig XVIII., der seinen Bruder auf diese Weise ehrte. Dieses Requiem war ein Werk, welches später auch von Robert Schumann und Johannes Brahms bewundert wurde. Beethoven schätzte dieses Requiem so sehr, dass er eine Aufführung bei seiner eigenen Beisetzung wünschte, was dann auch geschah. Dieses Requiem weist die Besonderheit auf, dass hier die sonst üblichen Solostimmen nicht zu hören sind. Einzig der Erzbischof von Paris mäkelte Jahre später an dem Werk herum, dass auch Frauenstimmen zu hören waren, wollte ihm überhaupt nicht gefallen und er verbot die Aufführung. So musste sich der inzwischen 74-jährige Meister noch einmal bemühen und komponierte in den Jahren 1834 bis 1836 das Requiem d-Moll für Männerchor und Orchester, das dann endlich im März 1838 in Paris aufgeführt wurde.


    Cherubini komponierte unter sehr verschiedenen politischen Verhältnissen - er schuf Hymnen für die Revolution und das berühmte Requiem unter der Restauration. Auch Napoleons Sturz durfte er noch erleben, als allerding das Konservatorium geschlossen wurde, verlor er zunächst seine Stellung. Aber bei der Neueröffnung unter dem Namen einer königlichen Musikschule konnte er hier wieder lehrend tätig sein und 1822 stand er dann als Direktor an der Spitze dieser Institution und war, was die administrativen Dinge betraf äußerst pingelig. Luigi Cherubini hatte viel geleistet, seine Kräfte ließen nach, er musste um seine Entlassung aus dem Konservatorium bitten. Eine geplante Reise in seine alte Heimat, nach Florenz, konnte wegen der Cholera nicht mehr stattfinden. Er starb am 15. März 1842 und stand im zweiundachtzigsten Lebensjahr. Es soll ein großes Begräbnis gewesen sein, wunschgemäß erklang bei der Trauerfeier das Requiem von Luigi Cherubini.


    cherubinicm2ja1.jpg


    Praktischer Hinweis:

    Das Grabmal von Luigi Cherubini befindet sich auf dem Pariser Friedhof Cimetière du Père-Lachaise / Division 11. Man geht vom Haupteingang auf der Avenue Principale eine kurze Strecke von etwa 100 Metern geradeaus, biegt dann rechts in die Avenue du Puits ab, um von dort (WC) der etwas aufsteigenden Avenue Casimir Périer zu folgen, bis man zur Nahtstelle zwischen Division 6 und 13 kommt, dort biegt man links ab und gelangt so zum Feld 11. Die gesamte Gehstrecke vom Haupteingang aus beträgt etwa 400 Meter.



    Einmal editiert, zuletzt von hart ()

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • ... während Mozart und seine Werke einem breiten Publikum bekannt sind, ist Cherubinis Werk heute weitgehend vergessen, aber einige seiner Kompositionen genießen immer noch eine gewisse Exklusivität.



    Aus der doch beachtlichen Vielzahl von Veröffentlichungen sollen hier ganz bewusst nur wenige CDs als optische Ergänzung zum vorigen Text gezeigt werden - vielleicht eine Anregung sich selbst auf die Suche nach Cherubinis Musik zu machen ...cherubinicddjck2h.jpg

    Eine wichtege Aufnahme mit Maria Callas


    cdcherubinifvfj0o.jpg


    Eine Aufnahme mit dem 32-jährigen Fritz Wunderlich


    4005kktp.jpg

    Eine Aufnahme vom November 2010

    Einmal editiert, zuletzt von hart ()

  • Hanne-Lore Kuhse - *28. März 1925 Schwaan (bei Rostock) - † 10. Dezember 1999 Berlin


    kuhsesoloqej2q.jpg

    Zum heutigen Geburtstag von Hanne-Lore Kuhse


    kuhseaehkvs.jpg


    Vor neun Jahren wurde hier im Forum ein Beitrag über Hanne-Lore Kuhse eingestellt, wo es einleitend hieß: »Hanne-Lore Kuhse wurde 1925 in Müritz geboren und verstarb 1999 in Spree«, es ist einfach unglaublich, was da so alles geschrieben wird; Rüdiger Winter stellt das in »OPERALOUNGE« ein bisschen besser dar und schreibt, dass die Sängerin in Schwaan an der Müritz geboren wurde - hier ist Müritz zu korrigieren, denn wie mir von Schwaanern mitgeteilt wurde, die mit Hanne-Lore Kuhse noch getanzt haben, liegt Schwaan an der Warnow und nicht an der Müritz; als weitere Information soll angefügt werden, dass Schwaan etwa 20 Kilometer südlich der Hansestadt Rostock liegt. In Schwaan lebte die Sängerin in der Warnowstraße 8.


    Ihre Gesangskarriere begann im Kirchenchor von Schwaan; in dieser Zeit wurde sie auch schon am Klavier unterrichtet; glaubt man den Nachschlagewerken, dann saß schon das vierjährige Mädchen am Klavier, und die Zwölfjährige an der Orgel. Aber dann wurde man offenbar auf die außergewöhnliche Stimme aufmerksam, denn ab 1941 wird eine Gesangsausbildung bei Charlotte Mentzel in Rostock angezeigt, welche dann am Konservatorium in Rostock und am renommierten Sternschen Konservatorium Berlin, sowie in Sommerkursen bei Paul Lohmann in Potsdam fortgesetzt wurde; man darf hier von einer gründlichen Ausbildung sprechen.

    Ab 1951 musste sich Hanne-Lore Kuhse dann auf der Opernbühne bewähren und stieg als Debütantin am Theater in Gera gleich groß ein - als Leonore in »Fidelio«. 1952-1959 war sie am Staatstheater Schwerin, einem Haus mit siebenhundertdreißig Plätzen. Dort erschien dann 1958 der neue Generalmusikdirektor Kurt Masur, der über die Abläufe an seinem neuen Haus folgendes berichtete: »Und wir hatten das Glück, die große Hanne-Lore Kuhse bei uns zu haben, leider nur noch für ein Jahr«. Masur hatte sie gleich bei einer Wiederaufnahme von »Fidelio« auf der Bühne erlebt; danach kam seine erste Schweriner Neueinstudierung »Don Carlos« von Verdi, Hanne-Lore Kuhse sang die Elisabeth. Daneben war sie noch als Titelheldin in »Iphigenie auf Tauris« und als Turandot zu hören; nach einer glänzend gesungenen Senta wurde sie zur Kammersängerin ernannt, zur jüngsten der DDR. Dann setzte sie1959 ihre Karriere in Leipzig erfolgreich fort. Ein schönes Zeugnis der Zusammenarbeit vom Masur und Kuhse kann man heute noch als CD erwerben, die aus einer Langspielplatte hervorging, welche fast Deckungsgleich ist.


    Erstmals in der Spielzeit 1964/65 wurde Hanne-Lore Kuhse an die Staatsoper Berlin verpflichtet, das heißt, sie war jetzt Ensemble-Mitglied. Aber als sie noch fest in Schwerin engagiert war, gastierte sie bereits zwei Mal als Leonore in »Fidelio« an der Berliner Staatsoper, die damals zwar noch im Admiralspalast einquartiert war, aber gastierte dann auch im April nochmals 1956, als das Gebäude der Staatsoper wieder zur Verfügung stand, als Leonore in »Fidelio«. Seit der Spielzeit 1964/65 hatte hier Generalmusikdirektor Otmar Suitner das Sagen, was - so hat es zumindest den Anschein - für die weitere Entwicklung Hanne-Lore Kuhses keine ideale Konstellation war. In diesen und den folgenden Jahren schlich sich so ganz allmählich ein Stil ein, den man heute pauschal mit Regietheater bezeichnet. Suitner war mit dem Komponisten Paul Dessau eng verbunden und die Gattin Dessaus war Ruth Berghaus; man könnte noch bis Brecht gehen, aber das würde dann doch zu weit führen ...


    Wenn man einmal von der Lady Macbeth absieht, ging an der Staatsoper so manche große Opern-Sache an Frau Kammersängerin Kuhse vorbei. Unter Suitner sang sie 1965 Beethovens IX. , im Sommer 1966 unter Helmut Koch Mendelssohns »Elias« und es gab im Herbst 1967 einen Liederabend im Apollo-Saal mit ihr. Im Herbst 1969 das »Mansfelder Oratorium«, ein weltlich ausgerichtetes Oratorium, und dann bis in die 1970er Jahre hinein immer mal wieder Lieder, ein Genre, das Hanne-Lore Kuhse pflegte und nicht nur so nebenbei mal mitnahm; Gott sei Dank blieb einiges davon der Nachwelt erhalten. Wenn man jedoch so über die Berliner Jahre von Frau Kuhse drüber schaut, gewinnt man den Eindruck, dass ihr auf der Höhe ihres Könnens im Ausland mehr Wertschätzung entgegengebracht wurde als in der angestammten Heimat. Sie sang oft in skandinavischen Ländern, war aber auch in Paris, London und sogar in Amerika live zu erleben und hätte es auch an die »Met« in New York geschafft, man darf vermuten, dass die damalige Bürokratie der Sache nicht gewachsen war, aus welchen Gründen auch immer, eine Kuhse-Schülerin sagt aus, dass die Stasi damals verhinderte, dass eine Einladung der »Met« Hanne-Lore Kuhse erreichte. Ein gutes Verhältnis hatte sie zu dem primär als Operndirigent arbeitenden Erich Leinsdorf mit dem sie gerne zusammenarbeitete und der sie immer wieder für große Rollen anforderte und deshalb sang sie auch mit weltberühmten Kolleginnen und Kollegen wie beispielsweise Ingrid Bjoner, Plácido Domingo, Tom Krause, Jess Thomas, Jon Vickers, Ramón Vinay... , um nur einige große Namen zu nennen; nicht zu vergessen, der ihr aus heimatlichen Gefilden wohlbekannte Heldentenor Ernst Gruber, der mit ihr in Amerika war, welcher eigenartigerweise nie in Bayreuth sang, obwohl er eigentlich unbedingt dort hingehörte, aber das ist ein anderes Thema ...


    Ein ganz besonderes Kapitel im Leben der Hanne-Lore Kuhse war ihre freundschaftliche Zusammenarbeit mit dem schwarzen Schaf der Familie Wagner, Friedlind Wagner. Deren Brüder Wieland und Wolfgang verstanden es einzurichten, dass Friedlind mit der Festspielleitung nichts zu tun hatte, aber ließen der Schwester die Spielwiese »Bayreuther Festspiel-Meisterklasse«, was bedeutete, dass Friedlind eine fast unwahrscheinliche Reisetätigkeit absolvierte, um auf der ganzen Welt begabte Nachwuchsleute für ihre sehr weitgehenden und aufwändig gestalteten Kurse (nicht nur Vokalisten, auch Dirigenten, Korrepetitoren, Bühnenbildner und Architekten) ausfindig zu machen. Diese Meisterklassen schafften eine Zeitspanne von 1958 bis zum Jahr 1967, dann war aus finanziellen Gründen Schluss, zumindest vorerst. Als Friedlind finanziell wieder flüssig war, wollte sie ihre Meisterkurse in England wieder aufleben lassen. 1974 hatte sie dort ein hochherrschaftliches Haus nebst Park erworben. Die für 1975 geplante Meisterklasse musste zwar auf 1976 verschoben werden, aber immerhin gab Hanne-Lore Kuhse hier1975 einen Liederabend, und was Friedlind besonders wichtig war, die Aufführung eines Werks ihres Vaters, die Oper »Der Friedensengel« von Siegfried Wagner. Das Stück wurde am23. November 1975 in der Londoner Elizabeth Hall konzertant aufgeführt und wurde vom Rundfunk übertragen; Familienmitglieder der Wagners waren aus drei Generationen angereist. Als Gesangssolisten standen Raffaele Polani, Martha Mödl und Hanne-Lore Kuhse zur Verfügung; es war die erste Aufführung der Oper in voller Länge. 1976 gab es dann wieder eine Meisterklasse, in der Dozentenliste steht auch Hanne-Lore Kuhse, die für Gesang und Interpretation zuständig war. Die »Saturday Night Events«1978 strahlten in die Bevölkerung aus, die aufgefordert war für die Veranstaltungen Kuchen zu backen. Musikalisch wichtig war, dass hier Hanne-Lore Kuhse im Juli vier Liederabende und acht Meisterklassen gab. Die Zusammenarbeit von Friedlind Wagner und Hanne-Lore Kuhse ist bereits 1966 in Form von zwei Vinyl-LPs dokumentiert, die Friedlind Wagner damals zugunsten des Stipendienfonds der Bayreuther Festspiel-Meisterklasse produzieren ließ - es ist die Aufnahme eines Liederabends im Markgräflichen Opernhaus zu Bayreuth vom 27. August 1966; die Sängerin war Hanne-Lore Kuhse. In der Literatur steht manchmal, dass Hanne-Lore Kuhse auch in Bayreuth sang, was natürlich faktisch stimmt, aber in aller Regel ist damit ein Auftritt auf der Festspielbühne gemeint; dass sie auch dort hätte bestehen können, wird kein Stimmenkenner bestreiten.

    Wie bereits erwähnt, war die Kuhse zu einer Zeit Mitglied der Berliner Staatsoper, als da auch Sängerinnen wie zum Beispiel Ludmila Dvořáková und die glamouröse Celestina Casapietra Ensemblemitglieder waren undh auch über beachtliches Können verfügten und ebenso international gefragt waren. Eine solitäre Stellung wie einst in Schwerin war in einem solchen Umfeld eben nicht möglich, andere hatten die größeren Premierenauftritte, wenn man mal von Kuhses Lady Macbeth 1964 absieht, wo sie die Lady über einen Zeitraum von sechs Jahren sang. Während sie in New York City, Philadelphia und Boston die ganz großen Sachen singt, leistet sich die Berliner Staatsoper den Luxus, die Stimme des Falken in »Die Frau ohne Schatten« mit Hanne-Lore Kuhse zu besetzen. Zum Ende der 1970er Jahre läuft ihre Bühnenkarriere an der Berliner Staatsoper aus, studiert man die Besetzungsunterlagen, dann war ihr vorletzter Auftritt in diesem Haus am 26. Dezember 1977, ihr letzter Auftritt soll als Kartenlegerin in »Arabella« im April 1981 gewesen sein. Hanne-Lore Kuhse war nun 56 Jahre alt und hielt es für richtig zukünftig lehrend tätig zu sein. Bereits 1973 erhielt sie eine Gastprofessur an der Musikhochschule Weimar, der 1974 eine Professur an der Musikhochschule Berlin folgte.

    Nach Aussagen von Mitbürgern hatte die Sängerin trotz weltweiter Aktivitäten immer ein gutes Verhältnis zu ihrer Heimatstadt, was sie auch dadurch zum Ausdruck brachte, dass sie auch als Weitgereiste immer mal wieder gerne Plattdeutsch sprach, in einem Beitrag für ein Buch kommt Frau Kammersängerin so zu Wort: »Wenn ik weiten will, wat ein för´n Minschen is, denn räd ik platt-dütsch mit em. Ik heff ümmer dat Gefäuhl, man versteiht sik bäder, so von Minsch to Minsch« Als sie 1999 starb, richtete man für die Sängerin in ihrer Heimatgemeinde eine Trauerfeier aus, in deren Verlauf aus dem Lautsprecher Hanne-Lore Kuhses Stimme mit der Arie der Almerina aus Händels »Rinaldo« erklang. Anlässlich ihres zehnten Todestages verleiht ihr die Stadt Schwaan posthum die Ehrenbürgerschaft. Es war ihr Wunsch für immer in ihre Geburtsstadt zurückzukehren.


    friedh.schwaanjpg3yje7.jpg


    Praktischer Hinweis:

    Friedhof Doberaner Straße 31 in 18258 Schwaan. Grab in Block 2A, Reihe 9, Nr. 17. Man geht vom Eingang aus eine kurze Strecke bis zur Kapelle (deren Dach auf dem Foto sichtbar ist) und hält sich dann links.


    Dank: Mein besonderer Dank gilt den Herrn Ralf Badenschier von der »Bützower Zeitung« und Fritz Wolbring, die bei der Grabsuche die wesentlichen Hinweise gaben.


    -------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------


    Eine kleine Auswahl des musikalisch Hinterlassenen von Hanne-Lore Kuhse:


    cdh-l.kuhse7pkkm.jpg


    cd-h-lkuhse-liederg7khu.jpg


    cdkuhse1vakkt.jpg

  • Ferruccio Busoni - *1. April 1866 Empoli - † 27. Juli 1924 Berlin


    busoniby0jsg.jpg


    Zum heutigen Geburtstag von Ferruccio Busoni


    p114020692koq.jpg


    Die Grabanlage in Friedenau besteht aus einer sich konisch nach oben verbreiternden Pfeilerstele mit quadratischer Grundfläche, die mit der bereits 1922 entstandenen Bronzeplastik »Genius« oben abschließt. Kolbes Genius war ursprünglich für ein Denkmal des ermordeten Außenministers Walter Rathenau gedacht, beim Tod Busonis griff Kolbe diese Gestaltungsidee wieder auf.


    kolbedetailzqjh3.jpg


    busoniby0jsg.jpg


    Ferruccio Dante Michelangelo Benvenuto Busoni, hieß der Knabe, wenn man es ganz genau nimmt; die Eltern hatten schon einiges in die Namensgebung für ihr einziges Kind investiert. Es musste einfach ein Wunderkind sein, denn die Eltern waren ja auch schon was Besonderes; der Vater ein italienischer Klarinettenvirtuose, die Mutter eine deutschstämmige Pianistin aus Triest. Die Geburt des Wunderkindes fand im etwa 20 Kilometer westlich von Florenz gelegenen Empoli statt, hinter den Begriff »Kind« muss man ein dickes Fragezeichen setzen, denn das elterliche Musiktraining ließ eigentlich Kind-sein nicht so recht zu. In seiner frühen Kindheit war der Junge mit Mutter und Großvater oft alleine, während der Kindesvater häufig monatelang als Musiker unterwegs war. Die Mutter gab dem Sohn Czernys Etüden zur Aufgabe, der Vater hat ihn dann später an Bach herangeführt und Bach wird ihn ein Leben lang begleiten. Auf welche Art das Wunder Busoni zustande kam, schilderte das Wunderkind im Erwachsenenalter selbst recht anschaulich, nämlich so:


    »Der Vater zeigte darin eine ganz unbeschreibliche Energie, Strenge und Pedanterie, so, dass er imstande war, vier Stunden des Tages neben mir sitzen zu bleiben und jeden Finger zu kontrollieren. Da gab es kein Ausruhen. Die einzigen Pausen wurden durch die Ausbrüche seines ungeheuer zornigen Temperamentes hervorgerufen, welche einige Ohrfeigen und reichliche Tränen im Gefolge hatten. Alles dies endete mit schließlicher Versöhnung - um Tags darauf von neuem zu beginnen«.


    Die rustikale Pädagogik des Vaters war insofern erfolgreich, dass er den Kleinen schon der Öffentlichkeit präsentieren konnte, als dieser das achte Lebensjahr noch nicht ganz erreicht hatte, das Debüt des kleinen Ferruccio fand am 24. November 1873 im Schiller-Verein zu Triest statt. Und dann war es auch nicht mehr weit zu Franz Liszt, welcher der »Wohlgeborenen Frau Anna Weiss-Bussoni« im März 1877 brieflich mitteilte, dass ihm mehrere seiner Bekannten von dem elfjährigen Wunderkind berichtet hätten und er schlug der Mutter einen Vorstellungstermin vor. Der umsichtige Vater hatte 1875 einen Wohnsitzwechsel von Italien nach Wien organisiert, wo man auch mit einflussreichen Leuten wie zum Beispiel Anton Rubinstein, Eduard Hanslick und der Salonniére Sophie von Todesco sowie anderen wichtigen Leuten der Musikwelt zusammentraf, die den außergewöhnlich begabten Jungen unterstützten und förderten. Erste Kompositionsversuche sind zwar auch schon ab Busonis Debüt als Klaviervirtuose bekannt, aber ernsthafte Kompositionsstudien führten ihn zu Wilhelm Mayer nach Graz. Nach triumphalen Konzertreisen wurde Busoni bereits 1881 Mitglied der Regia Accademia Filarmonica di Bologna, wo schon 1770 Wolfgang Amadeus Mozart in die Kontrapunktkomposition eingeführt wurde.


    Bereits im Teenageralter war er auf diesen hohen Stand des Könnens gelangt; Busoni war nun soweit selbst Unterricht zu erteilen. Der junge Mann war schon 1883 in Wien mit Johannes Brahms in engen Kontakt gekommen, aber das Einvernehmen der beiden war dann etwas getrübt, dennoch stattete Brahms den jungen Kollegen generös mit einem Empfehlungsschreiben an Carl Reinecke in Leipzig aus, der damals im Musikleben der Stadt eine Bedeutende Rolle spielte. Leipzig war damals ein bedeutendes Musikzentrum und so traf er dort eine Reihe von Musikern, die heute einen bedeutenden Namen haben: Tschaikowski, Grieg, Mahler ... Auf Anraten des Musiktheoretikers Hugo Riemann ging Busoni dann nach Helsinki, um in Kontakt mit Jan Sibelius und Armas Järnefelt zu kommen. In Helsinki wirkt er dann als Klavierprofessor am Konservatorium, wo er die um vier Jahre ältere Gerda Sjöstrand - die Tochter eines Bildhauers - trifft; bereits eine Woche nach der ersten Begegnung erfolgt die Verlobung und da der Klaviervirtuose ständig unterwegs ist, feiert man die Hochzeit in Moskau; man kann es gleich vorweg nehmen, die Verbindung hält lebenslang. Und diese Beziehung ist durch ein wahres Konvolut an Briefen und Postkarten unwahrscheinlich reichhaltig dokumentiert. Sehr oft hat Busoni seine Texte mit aussagekräftigen Illustrationen versehen; diese zeichnerische Zweitbegabung vererbte Ferruccio Busoni seinem 1900 geborenen Sohn Rafaello, der sich als Illustrator einen Namen machte. Zu der Korrespondenz der Eheleute ist noch zu bemerken, dass Ferruccio stets die Anrede: »Liebe Frau Gerda« gebrauchte.


    Busoni reist viel; er ist Ortsveränderungen seit seiner Jugend gewohnt: Triest, Wien, Graz, Leipzig, Helsinki. In Moskau gewann er 1890 den Rubinsteinpreis für sein Konzertstück op. 31 a. Natürlich winkte Amerika, der zweite Sohn, Benvenuro, wurde 1891 in Boston geboren. Schließlich erkor die Familie 1894 Berlin zum Lebensmittelpunkt; zu dieser Zeit war Busoni ein international anerkannter Künstler ohne materielle Sorgen, was auch in seinem üppig ausgestatteten Heim zur Geltung kam; da waren nicht nur Bilder von Umberto Boccioni zu sehen, sondern eine beachtliche Bibliothek von 5.000 Büchern, darunter eine Reihe von Prachtbänden. In der Wohnung am Viktoria-Luise-Platz Nr. 11 modifiziert Busoni die Werke Bachs für das Klavier des 20. Jahrhunderts und streitet mit Arnold Schönberg, den es dann in letzter Konsequenz ablehnt. Stets kämpft Busoni mit Tradition, Gegenwart und Zukunft - er sucht die etablierten Tonsysteme zu erweitern, sieht den allzu forschen Fortschritt aber auch durchaus kritisch; das Gute der Vergangenheit einfach beiseite zu wischen, war seine Sache nicht. Busoni hatte ja schon recht früh auf seine Kompositionen aufmerksam gemacht, er wollte mehr sein, als nur ein reproduzierender Künstler. Immerhin schuf Busoni mehr als dreihundert eigene Kompositionen, wobei die für Klavier im Zentrum stehen, Busonis herausragendstes und populärstes Werk dürfte wohl das 1910 entstandene Klavierwerk »Fantasia contrappuntistica« sein, aber in dieser Zeit - es war die Wintersaison 1910/1911 - konnte Busoni, anlässlich einer Konzertreise in die USA, in New York auch die von seinem Freund Gustav Mahler aufgeführte »Turandot Suite« genießen, denn wie es heißt, hat Busoni diese Aufführung als »vollkommen« bezeichnet. Von seinen insgesamt fünf Opern fand man vor allem die 1912 entstandene »Brautwahl« und »Doktor Faust« (die er nicht selbst vollenden konnte) auf Bühnen in Berlin, München, Salzburg ...


    Der Erste Weltkrieg war für Busoni eine echte Zäsur; er ist schließlich Italiener ohne deutsche Staatsbürgerschaft; das Land seiner Geburt stand im Krieg mit seiner Wahlheimat. Er reist zunächst nach Amerika, es ist seine vierte Reise dorthin, als Direktor des Liceo Musicale in Bologna, der er nominell war, lässt er sich für die Amerikatournee beurlauben. Aber trotz der Wirrnisse in seiner angestammten Heimat, kam ihm auch bei diesem Amerikaaufenthalt zum Bewusstsein, wie wertvoll ihm die europäische Kultur war. Als er im September 1915 wieder europäischen Boden betrat, begab sich der nunmehr Fünfzigjährige freiwillig ins ungeliebte Exil nach Zürich, wo er sich in der Scheuchzerstraße 36 niederließ. In Zürich war Volkmar Andreaes für Busoni eine wichtige Bezugsperson geworden, denn dieser sorgte dafür, dass der so gewichtige Musiker in das kulturelle Leben der Stadt eingebunden wurde. Für Busoni war dieses Exil dergestalt eine sonderbare Sache, dass er den Schweizern zwar dankbar war, dass er hier sein durfte, aber unsäglich darunter litt, dass sein aus Berlin gewohnter Lebensstil nicht nach Zürich übertragen werden konnte. Es gab hier dann auch finanzielle Engpässe, die jedoch daraus resultierten, dass er, wie gewohnt, teure Bücher - in Zürich hat er etwa 1.000 gekauft -, Gemälde, eine Glasharfe und so weiter anschaffte; auf diese Weise zerrann ihm das Geld unter den Händen. Zürich war ihm viel zu eng, er jammerte, dass ihm die Stadt kaum was zu bieten hatte und die gesamte Schweiz war für ihn wie ein Sanatorium. Ein intellektueller Kreis sollte hier etwas Linderung bringen: Otto Klemperer, Othmar Schoeck, Ermanno Wolf Ferrari, Franz Werfel, Rainer Maria Rilke, Ernst Bloch ... sind nur einige Namen aus Busonis Schweizer Freundeskreis. Als weiterer Rettungsanker bot sich die Korrespondenz an; so soll er in seiner Exilzeit - seinen Angaben zufolge - 5.000 Briefe geschrieben haben, das wären drei pro Tag gewesen.

    Im September 1920 kehrt Busoni als Dr. hc. nach Berlin zurück, die philosophische Fakultät der Universität Zürich hatte Busoni im September 1919 damit geehrt.


    Nach fünf Jahren Schweizer Exil hatte ihn endlich ein Ruf aus Berlin erreicht. Busoni sollte die Leitung der Meisterklasse an der Preußischen Akademie der Künste übernehmen. Unter den fünf Studenten, die der Meister annimmt, befindet sich auch Kurt Weill. Der Herr Professor empfängt seinen Schülerkreis stets montags und donnerstags; wie Schüler berichten, werden die avisierten anderthalb Stunden immer weit überschritten. Sein »Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst« bietet reichhaltigen Diskussionsstoff. Busoni sieht in der Zukunft neue Musikinstrumente und Klangerzeuger und meint: »Nach welcher Richtung führt der nächste Schritt? Ich meine, zum abstrakten Klange, zur hindernislosen Technik, zur tonlichen Unbegrenztheit«. Er ging die Sache auch praktisch an und entwickelte Pläne für ein Drittelharmonium, aber als dieses Instrument fertiggestellt war, lebte Busoni nicht mehr, es wurde erst ein Jahr nach seinem Tod fertig.


    In den letzten zwei Jahren seines Lebens waren gesundheitliche Schäden nicht mehr zu übersehen; sein Freund Jakob Wassermann berichtet: »Als ich ihn im Dezember 1922 zum letzten Mal sah, war er 56 Jahre alt und ein Greis, das edle Gesicht zerwühlt, der Mund merklich verpresst, die wunderbar gebaute Stirn von schneeweißem Haar gekrönt, angerührt von der Todeskrankheit bereits«. Wein und Zigarren gehörten zu seiner Vorstellung von Lebensqualität, als er nach drei Jahrzehnten endlich einen Arzt konsultierte, ignorierte Busoni dessen Nikotin- und Alkoholverbot. Der Pianist Gottfried Galston hat den Krankheitsverlauf bis zum Ende akribisch festgehalten, es ist beeindruckend, wie faktenreich das Leben von Ferruccio Busoni der Nachwelt erhalten ist. Am Sonntag, 27. Juli 1924 ist dieses reichhaltige Leben morgens zwischen 4 und 5 Uhr zu Ende gegangen. Am Mittwoch, 30. Juli fand um 12:00 Uhr in der Akademie am Pariser Platz die Trauerfeier für geladene Gäste statt; Frau Gerda soll nicht anwesend gewesen sein, weit die Eheleute das so vereinbart hatten.


    Der große Busoni war tot und die finanzielle Situation der Nachgebliebenen war prekärer als man bei so einem gefragten und auch überaus fleißigen Mann vermutet; da kamen ja Einnahmen von verschiedenen Seiten, aber finanziell strategisches Denken lag diesem Künstler fern, ein sehr gehobener Lebensstandard genügte ihm. Da waren nun aber die Auswirkungen des Ersten Weltkrieges, die Einschränkungen des Konzertierens, Sparmaßnahmen der Musikverlage und nicht zuletzt die Inflation, welche große Teile des Vermögens vernichtet hatte. Als er im Alter von 58 Jahren starb, mussten Ehefrau Gerda und die Söhne Benvenuto und Raffael die wertvolle Bibliothek versteigern lassen. In den 1950er Jahren verkaufte der Sohn dann auch das vom Vater 1912 so begeistert erworbene Bild »Die wachsende Stadt«, das nun im MoMA zu sehen ist.


    Der Bildhauer Georg Kolbe entwarf 1925 im Auftrag des Preußischen Ministeriums für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung ein Grabdenkmal für Busoni. An seinem Wohnhaus brachte man anlässlich seines 100. Geburtstages eine Gedenktafel an, auf der in bronzenen Lettern unter seinem Namen die drei Begriffe: MUSIKER DENKER LEHRER, stehen. Ferruccio Busoni wird in der Rückschau als universelle und schillernde Künstlerpersönlichkeit gesehen. Ausgehend von seiner Klaviervirtuosität war er Pädagoge, Herausgeber und Bearbeiter von Musik, Komponist und Schriftsteller. Man spricht von einer spannungsvollen Doppelgesichtigkeit. Einerseits hatten ihn die Möglichkeiten des in Amerika gebauten Telharmonium - das er aber nie selbst gesehen hatte - fasziniert andererseits stand er der Möglichkeit sich ein Telefon anzuschaffen reserviert gegenüber, obwohl man 1900 schon von Berlin nach Paris telefonierten konnte. Wie Frau Gerda berichtete, benutzte Busoni weder Telefon noch Schreibmaschine und ignorierte weitgehend elektrische Gegenstände; aber eine Ausnahme von der Regel gab es doch, er ließ sich einen privaten Aufzug zum fünften Stockwerk seiner Wohnung einbauen.


    zubusoni1hkww.jpg


    Haupteingang zum Friedhof an der Stubenrauchstraße


    Praktische Hinweise:

    Busonis Ehrengrab befindet sich auf dem Friedhof Stubenrauchstraße in Berlin-Friedenau an zentraler Stelle im vorderen Eingangsbereich. Vom Eingang Stubenrauchstraße aus benutzt man den zweiten Weg, der nach rechts abbiegt und hat dann in wenigen Schritten das Gräberfeld 6 erreicht, wo sich das Grab befindet. Wer öffentliche Verkehrsmittel (U9) benutzt, steigt an der U-Bahn-Station »Bundesplatz« aus.

  • Lieber Hart!

    Da ich Deine Texte immer gerne und mit Gewinn lese, musste ich gleich an Dich denken, als ich die Saisonvorschau der RSB für die Spielzeit 2019/20 durchsah.

    Da wird ein Projekt angekündigt, das Dich vielleicht interessieren könnte:


    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Lieber Caruso,

    zunächst bedanke ich mich für Deinen Hinweis, möchte jedoch darauf hinweisen, dass es auf Berliner Friedhöfen einige Musikergräber gibt, die dem breiten Publikum verborgen bleiben, was sich an einigen Beispielen aufzeigen ließe. Weil der letzte Friedhofsbesuch (Beitrag 608) in Berlin-Friedenau war, möchte ich dies auch an diesem Beispiel darstellen: Während auf dem Friedhof an der Stubenrauchstraße im Eingangsbereich auf die Ehrengräber von Ferruccio Busoni, Marlene Dietrich, Helmut Newton und einige andere Personen hingewiesen wird, bleibt der einst bekannte Geiger Gerhard Taschner unerwähnt. Vielleicht bewirkt diese neue Berliner Initiative, dass dem einen oder anderen Künstler wieder mehr Beachtung geschenkt wird, wenn man offiziell über Friedhöfe geht.


    bus.-tasch62jd1.jpg

    Ganz in der Nähe von Busonis Grabanlage befindet sich das Grab von Gerhard Taschner, es ist der graue Stein, auf den die Spitze des rostfarbenen Bäumchens zeigt.

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Interviebanner 1 Gelbe Rose
  • Irene von Chavanne - *18. April 1863 Graz - † 27. Dezember 1938 Dresden


    chavanneavdjlx.jpg


    Zum heutigen Geburtstag von Irene von Chavanne


    chavannebiejxj.jpg


    chavannedetailcxjxc.jpg

    Hier ist der 27. Dez. als Sterbetag in Stein gemeißelt


    Sowohl das Große Sängerlexikon als auch das Österreichische Biografische Lexikon und viele andere Publikationen - man kann sagen die meisten - geben den Sterbetag der Kammersängerin mit dem Datum des 26.12.1938 an, aber in Stein gemeißelt steht auf dem Grab der 27. Dezember. Das Geburtsdatum der Irene von Chavanne ist nicht vom Grabstein abzulesen, also muss man diesen 18. April 1863 aus der Literatur übernehmen.


    Sie kam aus gutem Hause, wie man so sagt, der Vater war k. k.Major i. R. Joseph Ludwig Edler von Chavanne. Tochter Irene entspross der 1862 geschlossenen zweiten Ehe des Vaters mit Juliana Edle von Krisch. Über Kindheit und Jugend ist nichts bekannt, in der Literatur erscheint sie erstmals mit dem Hinweis, dass Irene von Chavanne eigentlich Pianistin werden sollte, aber ihr Klavierlehrer Wilhelm Mayer, der auch komponierte und teilweise unter dem Pseudonym W. A. Rémy wirkte, der jungen Frau riet ihre auffallend schöne Altstimme ausbilden zu lassen; die Kaiserin Elisabeth von Österreich (Sisi), soll die musikalische Ausbildung finanziell unterstützt haben. Sie begann ihr Gesangsstudium zunächst bei dem Bariton Johannes Ress und setzte die Ausbildung dann bei der belgischen Mezzosopranistin Désirée Artôt de Padilla in Paris fort. Den letzten Schliff bekam sie in Dresden von Adelina de Paschalis-Souvestre, - die vormals Adelina Jakubowicz hieß - eine »Alleskönnerin«, was den Stimmumfang betraf, die auf der ganzen Welt zuhause war. Diese erfahrene Sängerin hatte ihre ursprünglich in Lemberg betriebene Singschule nach Dresden verlegt.


    Irene von Chavanne debütierte 1885 als Orsini in Donizettis »Lucrezia Borgia« gleich an der renommierten Dresdner Hofoper und hielt diesem Haus über ihr gesamtes Leben als Sängerin die Treue; Gastspiele führten sie 1890 an die Wiener Hofoper und das Opernhaus Leipzig. In Dresden gingen in dieser Zeit eine Menge Uraufführungen über die Bühne: Felix Draeseke, Reinhold Becker, August Bungert, Leo Blech, Max von Schillings ... hatten seinerzeit Werke geschrieben, welche damals erfolgreich aufgeführt wurden, aber heute weitgehend unbekannt sind. 1900 sang sie in der Dresdner Premiere der Oper »Samson et Dalila« von Saint-Saëns die Dalila und erregte mit der Gestaltung dieser Rolle so großes Aufsehen, dass man sie zu einem Gastspiel nach Paris einlud, aber die Sängerin verzichtete auf den Auftritt an der Pariser Grand Opéra. Im November 1901 war Chavanne bei der Uraufführung des Einakters »Feuersnot« von Richard Strauss dabei, aber das sächsische Königshaus konnte an dem von Strauss ironisch in Musik gesetzten Werk keinen Gefallen finden und setzte das Stück kurzerhand ab. Eine weit größere Sache war für Irene von Chavanne die am 9. Dezember 1905 in Dresden stattfindende Uraufführung von »Salome«, wo ihr die Rolle der Herodias anvertraut war. 1908 gastierte sie auch an der Berliner Hofoper. Auch die Klytämnestra in der Strauss-Oper »Elektra«, die Amneris in »Aida«, Azucena in »Troubadur«, die Brangäne in »Tristan und Isolde«, die Ortrud in »Lohengrin« und natürlich die Carmen, zählten zu ihren erfolgreichsten Rollen.


    In dieser Zeit war Ernst von Schuch in Dresden tonangebend, mehr als vierzig Jahre wirkte er in Dresden und leitete eine Vielzahl von Uraufführungen an der Dresdner Hofoper. Der Dirigent war seit 1875 mit der bedeutenden Koloratursopranistin Clementine von Schuch-Proska verheiratet, und das Ehepaar hatte fünf Kinder. Die eheliche Zweisamkeit erfuhr eine erhebliche Belastung als sich Herr von Schuch so sehr in Liebesbande mit der Hofopernsängerin Irene von Chavanne verstrickte, dass er seine Frau Clementine um »Freilassung aus der Ehe« gebeten hatte, aber Frau Clementine lehnte das rundweg ab und widersprach einer Scheidung.


    Im Jahre 1915 beendete Kammersängerin Irene von Chavanne ihre Karriere und wurde Ehrenmitglied der Dresdner Oper. Die Stimme der 45-jährigen Sängerin blieb der Nachwelt in einer Ensemble-Aufnahme von 1908 noch erhalten.


    Praktischer Hinweis:

    Das Grab befindet sich auf dem Alten Katholischen Friedhof in Dresden, Friedrichstraße 54 .

    Der Friedhof ist überschaubar, das Grab befindet sich an einer Mauer und ist deshalb leicht zu finden. Auf dem gleichen Friedhof wurde auch Carl Maria von Weber bestattet.

  • Ella Pancera - *15.August 1870 Wien - † 10. Mai 1932 Bad Ischl


    Ihr eigentlicher Taufname war Gabriele; auf dem Grabstein der Pianistin finden sich beide Vornamen, aber ELLA PANCERA steht oben etwa dreimal größer als Gabriele Haenel, ihr dritter Ehename direkt darunter. Bei den oben angegebenen Lebensdaten handelt es sich um keinen vom Schreiber verursachten Tippfehler - praktisch nennen fast alle Publikationen das Geburtsjahr 1876 - , ganz bewusst wurden die Daten für diesen Beitrag dort entnommen, wo sie in Stein gemeißelt und vergoldet sind.


    panceraoriginalz5k8r.jpg


    Zum heutigen Todestag der Pianistin Ella Pancera


    panceradetailb8ejom.jpg


    panceradetailazdj3a.jpg


    pancera-bste8ukt0.jpg


    Aber nicht alle Texte sind in Stein gehauen, also muss man sich auch an Gedrucktes halten und kann nur hoffen, dass das diese Überlieferungen einigermaßen stimmen ... Demnach stammte die Großmutter der Pianistin, Marie Pancera, geborene Cary, aus Marseille und war eine Nichte der Königin Julie von Neapel, der Herzogin Maria von Albufera und Königin Desideria von Schweden.

    Gabrieles Mutter unternahm einiges, um ihre begabte Tochter ins rechte Licht zu rücken. Die Ausbildung des Mädchens war solide. Den ersten Unterricht erhielt sie am Privatlyzeum Institut Hanausek und danach am Wiener Konservatorium bei Kapazitäten wie Julius Epstein, Theodor Leschetizky und Josef Vockner.

    Panceras nächste Station war Weimar, wo sie vom wohl besten Liszt-Schüler, Bernhard Stavenhagen, unterrichtet wurde. Die PR-tüchtige Mutter Gabrieles verstand es später dann auch ihre Tochter in die Nähe von Franz Liszt zu rücken, was verständlich wird, wenn man sich die damalige Situation vor Augen führt, die uns der Kritiker Eduard Hanslick überliefert. Hanslick zählt in Wien namentlich - auch Ella Pancera ist dabei - ein Dutzend »Concertgeberinnen« auf und gibt seiner Befürchtung Ausdruck, dass seine Liste unvollständig sei. - im Jahresbericht des Wiener Conservatorium sind 446 Klavierschüler aufgelistet, das ist die Hälfte der gesamten Schülerzahl; und Hanslick beobachtet: »Die wenigen Pianisten vom starken Geschlecht verschwanden hinter dem Aufgebot concertirender Damen«.


    Wie es heißt, hatte die 13-jährige Pancera ihren ersten öffentlichen Auftritt und unternahm in der Folgezeit sehr erfolgreiche Konzertreisen durch Europa. Ein besonderes Highlight scheint in Wien die Aufführung des zweiten Klavierkonzerts op. 83 von Johannes Brahms gewesen zu sein, das sie im Alter von 17 Jahren absolvierte.


    Im Salzkammergut, in Ischl, hatte Gabriele mit Mutter und Großmutter schon seit ihrem vierzehnten Lebensjahr die Sommerfrischen genossen; in dem aufstrebenden Ort, der sich ab 1906 Bad Ischl nannte, gab es in den Sommermonaten eine beachtliche Prominentendichte. Dazu gehörten auch die Herren Professoren Theodor Leschetizky und Josef Vockner, Bruckners Nachfolger am Wiener Konservatorium. Noch heute erinnert im westlich vom Stadtzentrum gelegenen Ortsteil Ahorn ein Gedenkstein an Professor Theodor Leschetizky und ein schöner Aussichtspunkt ist auch nach ihm benannt. Leschetizky war einer der berühmtesten Klavierpädagogen und kam als 15-Jähriger erstmals mit seinem Vater nach Ischl, wo er schon drei Jahre später mit Giacomo Meyerbeer zusammenarbeitete, dem in der Ischler Sommerfrische die Musik des Krönungsmarsches seiner Oper »Der Prophet« einfiel.


    Vockner, Panceras Theorielehrter, erwarb 1887 ein Grundstück, das zwischen Brennerstraße und Concordiastraße liegt, und errichtet eine Sommervilla mit zwei Wohnungen.

    Das Haus war damals architektonisch so interessant, dass es in der Fachzeitschrift »Der Bautechniker« im Jahr 1892 als »empfehlenswertes Vorbild zu einem idealen Zweifamilien-Wohnhause für österreichische Curorte und Sommerfrischen« als mustergültig beschrieben wurde. Dieses stattliche Haus benötigte damals weniger als ein Jahr Bauzeit: Baubeginn Herbst 1889 - Bezug im Juli 1890. Diese etwas ausführliche unmusikalische Schilderung ist dem Umstand geschuldet, dass Ella Pancera 1909 das Haus ihres einstigen Lehrers kaufte, welches nach dem Tod der Pianistin als privates Museum betrieben wurde.

    Bevor es jedoch zu dem Hauskauf kam, war eine fulminante Karriere aufzubauen und zu bewältigen. Zeitzeugen beschreiben die junge Frau als äußerst temperamentvolle, fast wilde Künstlerin, die weniger mit feinen Tönen als vielmehr mit virtuosem Feuer beeindruckte und so nicht dem Klischee einer weiblichen Pianistin entsprach. Ihr männlicher Anschlag wird in vielen Kritiken hervorgehoben. Eine erste große Tournee führt sie1890 durch Österreich und Deutschland, wo es ihr gelingt das Publikum zu Begeisterungsstürmen hinzureißen. Die clevere Mutter bereitet die Auftritte ihrer Tochter hervorragend vor, indem sie die besten Konzertkritiken zu einem Büchlein binden lässt, das sie vor neuen Konzerten an die Rezensenten verteilt, damit diese wissen wer da kommt und nicht etwa auf die Idee kommen etwas Negatives zu schreiben. Aber da tat sie wohl etwas zu viel des Guten; man bemerkte die Absicht und war verstimmt. Die Herren fanden, dass es etwas zu weit geht, wenn in dem Büchlein steht, dass Ella Pancera als die würdigste Nachfolgerin Franz Liszts unter allen Pianistinnen der Gegenwart in der musikalischen Welt bezeichnet wird. In einer Kritik war dann auch zu lesen:

    »Wir bedauern daher, die zweifellos begabte, aber dem Größenwahn verfallene Pianistin für eine Zeit nicht mehr ernst nehmen zu können«. Und es werden auch Ratschläge erteilt, die so lauten: »dass sie auch mehr geistige Sammlung gewinne und ihre Kunst nicht nur kräftig, sondern auch tiefer fasse. In den technischen Stürmen, welche sie mit Anpassung an große Virtuosenart heraufbeschwört, gelang sie immer noch nicht zu feinerer rhythmischer Empfindung und zu seelischer Erregung«.


    Aber die auf dem Podium Erfolgreiche reiste weiter nach Russland, wo sie ebenfalls Beifallsstürme entfachte, die jedoch in Großbritannien noch gesteigert wurden, weil ihr dort die Ehre zuteilwurde für Queen Victoria ein Konzert auf Schloss Balmoral zu geben. Nach dem Konzert überreichte man der Künstlerin als Erinnerungsstück eine Diamantbrosche mit den Initialen der Königin - das war schon was, in dieser Zeit! Und ihr Spiel gefiel offenbar so gut, dass es ein halbes Jahr später ein da capo, diesmal auf Schloss Windsor, gab, wobei die Pianistin als Souvenir einen silbernen Bilderrahmen mit dem Porträt der Königin mit nach Hause nehmen durfte, das dann später einen Ehrenplatz in der Villa erhielt.


    pancera-plakatmdkqp.jpg


    Der Klavierfabrikant Julius Blüthner hatte Ella Pancera schon 1892 einem prachtvollen Flügel zur Verfügung gestellt; 1898 stellte sich Julius Blüthners Sohn Max als Ehemann zur Verfügung und heiratete Ella in der evangelischen Kirche zu Wien; ein halbes Jahr zuvor hatte man sich während Ellas erfolgreichem Aufenthalt in England verlobt. Die Firma Blüthner konnte es einrichten, dass just zum Hochzeitstermin auch der 50.000ste Flügel ausgeliefert werden konnte, eine großartige Leistung, wenn man bedenkt, dass Blüthner im Bereich hochwertiger Instrumente angesiedelt war.


    Die jung verheiratete Pianistin hatte 1899 noch ihr Debüt am Leipziger Gewandhaus, wovon der Nachwelt eine Kritik erhalten ist:

    »Ihrem Temperament angemessen, fasste Frau Blüthner-Pancera das Schumann’sche Concert mit kräftigeren Händen, als die Tradition es will, an, aber nach dem erspielten mächtigen Beifall zu schliessen hat sie dem Werke mit ihrer stark subjectiven Auffassung zu einer viel bedeutenderen Wirkung verholfen, als manche weniger feurige Kunstschwester mit all ihrer heiliggehaltenen Tradition. Dagegen wohl Allen zu Danke und Genuss hat unsere neueste musikalische Berühmtheit die übrigen Stücke gespielt, in deren Vortrag sich natürliche Grazie und eine Virtuosität, die wirklich Fangball mit allen technischen Schwierigkeiten spielt, harmonisch vereinigten, sodass der Applaus kein Ende nehmen wollte und nur durch eine Zugabe, die schon oben angeführte Tausig’sche Transcription beschwichtigt werden konnte«


    Aber mit der Heirat wurde es auch still um die Künstlerin Elle Pancera; es war damals gesellschaftlicher Konsens, dass eine verheiratete Frau sich um das Häusliche kümmert und nicht als Bühnenkünstlerin Karriere macht; Ausnahmen bestätigen die Regel. Als von der Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner im Januar 1900 eine Anfrage wegen eines Konzertes kommt, antwortet ihr Frau Blüthner, geborene Pancera:

    »Es tut mir in der Seele leid, dass ich Ihre liebenswürdigen Zeilen nicht zusagend beantworten kann - und es fällt mir wahrhaft schwer, der gewinnendsten Liebenswürdigkeit mit einem ›nein‹ entgegentreten zu müssen - aber liebste, verehrteste Baronin - das wäre alles leicht zu arrangieren, wenn nicht die Reise selbst zu machen wäre, wozu man doch, wenn man verheiratet ist, schwerer kommt als früher«.

    Es gibt noch andere Beispiele, die nahelegen, dass die Rolle einer Nur-Ehefrau wohl nicht dem Ideal von Ella Pancera entsprach. Tatsache ist, dass diese erste Ehe der Pianistin 1910 geschieden wurde.


    Im Nebel der Geschichte liegt, wieso Max Hesse (1858-1907), der Gründer eines Leipziger Verlages, Gabriele Blüthner zu seiner Universalerbin einsetzte. Nach ihrer Scheidung von Max Blüthner mochte oder konnte sie ihre einstige Erfolgskarriere als Pianistin nicht fortsetzen, die Pause war zu lang. So widmete sie sich mit ganzer Kraft dem Verlag der sich auf musikwissenschaftliche Werke spezialisiert hatte. Die Verlagsbesitzerin heiratet nun erneut; der Angetraute ist der um 14 Jahre jüngere Dr. Johann Krill, ein Gymnasialprofessor aus Eger, der offensichtlich am Verlagswesen Gefallen findet, denn in einer Publikation ist davon die Rede, dass er den in Leipzig gegründeten Verlag seit 1915 in Berlin leitet und auch Kontakte zu dem Musikwissenschaftler Alfred Einstein hatte.


    Diese zweite Ehe hat bis 1923 Bestand, dann erfolgt die Trennung, Frau Krill-Pancera überlässt ihrem Gatten den Verlag und macht erneut eine Zäsur. Ein neuer Mann erscheint auf der Bildfläche, es ist der um 21 Jahre jüngere Ingenieur Willy Haenel, der bei den Berliner Gaswerken angestellt ist. Bei der Trauung in Berlin macht sich Gabriele Krill schlagartig um sechs Jahre jünger, sie gibt an 1876 geboren zu sein; wie das im Detail über die Bühne ging ist nicht bekannt, in der Literatur heißt es dazu lediglich »Das Standesamt Charlottenburg akzeptiert diese Fälschung.«

    Am 27. März 1929 hob Ella Pancera-Haenel noch Ernst Kreneks Sonate für Klavier op. 59 aus der Taufe, welche der Komponist im Sommer zuvor fertiggestellt hatte; die Uraufführung des Werks fand im Grotrian-Steinweg-Saal zu Berlin statt.

    In den letzten Jahren war Ella Pancera nur noch selten ins Salzkammergut gekommen, aber mit der dritten Eheschließung kam wieder Leben in die Bad Ischler Villa, das Paar wählte Bad Ischl zum ständigen Wohnsitz. Noch acht Jahre lebt die Pianistin als Gabriele/Ella Haenel in ihrer Villa, dann wird das Haus zum privaten Museum. Dass ihr dritter Ehemann später, durch neue politische Verhältnisse begünstigt, üble Geschäfte macht, muss sie nicht mehr erleben.


    Praktische Hinweise:

    Der Friedhof in 4820 Bad Ischl liegt an der Grazer Straße.

    Vom Eingang aus geht man geradeaus und findet das Grab etwa in der Mitte des Friedhofs.


    friedh.b.ischljpg85ka0.jpg

    Friedhofseingang Bad Ischl


    pancdakm8.jpg

    Museumseingang

  • Otmar Suitner - *16. Mai 1922 Innsbruck - † 8. Januar 2010 Berlin


    p1140230d3kh9.jpg


    Zum heutigen Geburtstag von Otmar Suitner


    Otmars Eltern gehörten eher zu der Kategorie »kleine Leute«. Der Vater entstammte einem Bauernhof im Oberinntal und die Mutter kam aus einer italienischen Eisenbahnerfamilie; die Eltern hatten sich in einem Innsbrucker Lazarett kennengelernt. Es war die Zeit der Nachwehen des Ersten Weltkriegs und der Inflation. Der später berühmte Dirigent kokettierte dann schon mal in besseren Kreisen mit seiner einfachen Herkunft und sagte im Tiroler Idiom: »I bin hoalt a Tiroler Bauernbuab«. Der heranwachsende Otmar hörte nicht etwa den Eltern ständig beim Musizieren zu, wie das in Musikerbiografien oft zu lesen ist, ein Klavier oder gar ein Konzertflügel gehörte nicht zum Inventar der Suitners. Aber ein Musikinteresse war dergestalt vorhanden, dass das Volkslied permanent im täglichen Gebrauch war, wobei man hier den Verwandtschaftskreis mit einbeziehen kann. Aber Vater und Sohn zeigten auch musikalische Interessen die über das Volkslied hinausgingen, wenn sie zusammen nach der östlich von Igls gelegenen Hohenburg (nahe Innsbruck) zogen, um Eugen d´Albert, der in einer Villa Klavier spielte, zu lauschen, allerdings nicht in der Villa; Vater und Sohn standen stundenlang unterm geöffneten Fenster, von wo die Töne der Liszt- Rhapsodien ins Freie gelangten. Wilhelm Backhaus, der mal für kurze Zeit auch Schüler von Eugen d´Albert war, gab in Innsbruck ein Konzert, das den Knaben so beeindruckte, dass für ihn schon im Einschulungsalter der Wunsch reifte auch einmal Pianist zu werden.



    Die Eltern strebten für ihren Sohn keine Wunderkind-Karriere an, aber sie unterstützten ihn in seinen musikalischen Bemühungen im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Otmars Vater hatte den bescheidenen Wunsch, dass des Sohnes Klavierspiel sich so weit entwickeln möge, dass ihm Otmar einmal seinen Lieblingswalzer »Rosen aus dem Süden« von Johann Strauß vorspielen konnte. Also erlernte Otmar das Klavierspiel bei einem Lehrer, der seinen begabten und ehrgeizigen Schüler dann auf eine höhere Ebene weiterreichen musste. 1938 bis 1941 besuchte Otmar neben dem Gymnasium die Innsbrucker Musikschule, welche später die Bezeichnung Konservatorium erhielt.

    Schließlich studierte Otmar Suitner bei Fritz Weidlich, dem Leiter der Innsbrucker Musikschule, der mit der Aufnahme zunächst noch zögerte, aber bald war zu hören, dass hier eine besondere Begabung heranwuchs; der 16-Jährige hatte eine Stufe erreicht, die es ihm ermöglichte mit dem Orchester des Landestheaters zu konzertieren. In seinem ersten öffentlichen Auftritt brachte er Carl Maria von Webers Konzertstück f-Moll op. 79 zu Gehör, ein Stück, welches dann in seinen späteren Konzerten immer wieder auf dem Programm stand.
    1940 bis 1942 studierte Suitner am Mozarteum in Salzburg bei dem Komponisten und Pianisten Franz Ledwinka ebenfalls Klavier. Nach kleinen Anfangsschwierigkeiten erlernte er bei Clemens Krauss Dirigieren. 1942 bis 1944 war er am Tiroler Landestheater Innsbruck Ballettrepetitor mit Dirigierverpflichtung. Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass der 24-jährige Otmar Suitner nicht unwesentlich an der Gründung der Bregenzer Festspiele beteiligt war, als diese auf zwei im Bodensee dümpelnden Kieskähnen 1946 ihren bescheidenen Anfang nahmen, hatte Suitner Programmvorschläge ausgearbeitet. In der Folgezeit machte er dann jedoch hauptsächlich als Pianist von sich reden, als er Auftritte in Wien, Rom, München und anderen bedeutenden Orten absolvierte.


    Clemens Krauss machte dem jungen Mann dann deutlich, dass es mit Demus, Gulda oder Badura-Skoda eine große Zahl herrlicher Pianisten gibt und meinte, dass er in der Bundesrepublik Deutschland als Dirigent bessere Chancen habe. Also machte er sich mit seiner Frau Marita, deren Vater komponierte und ein Schüler Franz Schrekers war, zunächst auf den Weg nach Dortmund, wo er auch ein gutes Orchester vorfand, aber Opfer einer politischen Klüngelei wurde. So zog er 50 Kilometer südlich weiter ins Bergische Land. 1952 wurde Suitner Musikdirektor in Remscheid und leitete dann ab 1957 das Pfalzorchester, das sich heute Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz nennt und in Ludwigshafen am Rhein seinen Sitz hat. Dort hatte er bedeutende Vorgänger wie beispielsweise Franz Konwitschny, Heinz Bongartz oder Karl Maria Zwißler. Suitner leitete das Orchester vom September 1957 bis August 1960, wobei er mit seinem Orchester nicht nur Rheinland-Pfalz bespielte, sondern auch in Berlin, Hamburg, München und international auch in Italien und Griechenland auftrat und in diesen frühen Dirigentenjahren mit dem Pfalzorchester die legendäre Maria Callas begleitetet haben soll, genauere Fakten dazu werde in der mir zugänglichen Literatur allerdings nicht genannt.


    Sein guter Ruf war bis nach Dresden gedrungen, wo er bei der Dresdner Staatskapelle schon einige gute Gast-Dirigate abgeliefert hatte. In Kurt Masur war zwar ein Mitwettbewerber um diese Position vorhanden, aber als Masur zum Probedirigat nach Dresden kam, war ihm klar, dass sich das Orchester mitsamt der Administration insgeheim bereits für Suitner entschieden hatte. Politische Köpfe in der BRD - und auch die Verwandtschaft des Dirigenten - konnten damals nicht verstehen, dass einer da rüber in den Osten geht; auch Suitners Familie meinte: »Jetzt hoat er sich mit dem Teufel verbündet«. Man darf vermuten, dass diese Leute keine große Ahnung davon hatten, was es für einen jungen Dirigenten bedeutete ein so traditionsreiches Orchester zu dirigieren - Richard Wagners königliche »Wunderharfe« -, die Liste der »jüngeren« Vorgänger beeindruckt: Ernst von Schuch, Fritz Busch, Karl Böhm, Joseph Keilberth, Rudolf Kempe, Franz Konwitschny, Lovro von Matačić. Dass Suitner dann nur bis 1964 bei der Dresdner Staatskapelle blieb, sorgte dort für einigen Unmut, aber auch andere bedeutende Künstler vollzogen einen solchen Wechsel nach Berlin, auch das hatte eine gewisse Tradition.


    1964 bis 1991 (mit einer vierjährigen Unterbrechung) war Otmar Suitner Generalmusikdirektor der Staatskapelle an der Berliner Lindenoper, wo zunächst einige Aufbauarbeit zu leisten war, denn von den einhundertfünfzig Musikern der Berliner Staatskapelle waren ihm nur noch siebenunddreißig geblieben, die anderen hatten sich infolge des Mauerbaus westlich orientiert. Es war eine imponierende Leistung, aus diesem Trümmerhaufen wieder ein beachtenswertes Orchester entstehen zu lassen. Und es gelang ihm schließlich mit insgesamt 26 Dienstjahren einen Rekord aufzustellen. Natürlich blieb sein Wirken nicht auf Berlin beschränkt; er verstand es durchaus sich auch international Gehör zu verschaffen, nur im westlichen Deutschland war Suitner relativ unbekannt, was wohl auch seinen Grund darin hatte, dass hierzulande Herbert von Karajan alles medial überstrahlte. Aber auch in Bayreuth war dem überragenden Wagner-Dirigenten Suitner nicht der durchschlagende Erfolg beschieden, den er, rein fachlich gesehen, hätte haben müssen. Zwar dirigierte er bei den Festspielen in den Jahren 1964 bis 1967 »Tannhäuser«, »Der fliegende Holländer« und »Der Ring des Nibelungen« in Inszenierungen von Wieland Wagner, aber die ursprünglich langfristige Planung endete mit dem Tod Wielands.


    In seiner Berliner Zeit kommt es zu einer engen Zusammenarbeit mit dem um 28 Jahre älteren Paul Dessau, dessen Werke »Puntila« (1966), »Einstein« (1974) und »Leonce und Lea« (1979) von Suitner uraufgeführt werden, was natürlich sowohl bei der Kulturbehörde als auch beim Publikum keine Begeisterungsstürme hervorrief. Paul Dessau war aber immerhin Sozialist, den die Oberen zwar im Auge hatten, der aber im Grunde in der richtigen politischen Richtung dachte. Ganz anders lag der Fall bei Hans Pfitzner, dessen deutschnationale Haltung auch im Westen Unverständnis hervorrief, und was in der DDR natürlich noch in weit stärkerem Maße der Fall war. Aber für Suitner stand fest, dass Pfitzners »Palestrina« selbstverständlich auch an der Berliner Staatsoper zu Gehör zu bringen ist. Man tastete sich vorsichtig heran, vermittelte das Werk 1979 zunächst in einer konzertanten Aufführung, um dann 1983 eine Szenische »Palestrina«-Aufführung nachzuschieben.


    Natürlich schielte Suitner auch zur westlichen Konkurrenz rüber, wo Walter Felsenstein viel beachtete Aufführungen zustande brachte. Als Suitner am Berliner Ensemble eine Inszenierung von Ruth Berghaus sah und dabei musikalische Bewegungen ausmachte - Frau Berghaus hatte schließlich Tanz studiert - ging er zu Helene Weigel, um nachzufragen ob Ruth Berghaus auch mal an der Staatsoper inszenieren dürfe. Die Weigel sagte: »Natürlich, wenn sie will« Der Gedanke scheint nicht abwegig, dass dies die Geburtsstunde des »Regietheaters« gewesen sein könnte ...


    Vorher war hier der solide langjährige Chefregisseur Ehrhard Fischer für die Staatsoper prägend, dann kam Ruth Berghaus, von der Kammersänger Siegfried Lorenz einmal sagte: »Sie hat der Staatsoper Triumphe und Skandale beschert«; letzteres zum Beispiel beim »Freischütz« 1970, wo es so hoch herging, dass der Vorhang fallen musste. Zusammen mit Suitner entstanden neun Opern, darunter die bereits erwähnten Opern Dessaus. »Puntila« hatte Felsenstein übrigens als unspielbar abgelehnt.


    Wer im Westen nicht verstehen konnte, dass Suitner ausgerechnet in einem Staat lebte, aus dem viele weg wollten, aber nicht durften, sollte bedenken, dass Generalmusikdirektor Suitner selbstverständlich über außergewöhnliche Privilegien verfügte; das Größte dürfte gewesen sein, dass er Österreicher war und hingehen konnte, wo er wollte. Den von westlicher Presse geschilderten Luxus, hätte der dann weltberühmte Dirigent im Westen luxuriöser haben können, aber das war Suitners Sache nicht. Natürlich wurden auch im Osten außergewöhnliche künstlerische Leistungen herausgestellt und mit Preisen versehen, wobei es im Falle Suitner zu grotesken Situationen kam. Suitner war mehrfacher Nationalpreisträger der DDR und hatte das so erworbene Geld - als guter Katholik, der er war - der Kirche gestiftet, in einem Fall zum Wiederaufbau der Dresdner Silbermannorgel, aber auch für die Chorknaben wurde gespendet. Hieraus resultierte, dass Otmar Suitner 1973 von Papst Paul VI. zur Privataudienz gebeten und zum Träger des päpstlichen Gregoriusordens wurde

    Otmar Suitner war in allen musikalisch interessanten Weltteilen ein gern gesehener Gast, es wäre müßig, hier nun eine Menge Städte aufzuzählen, aber seine zahlreichen Aktivitäten im skandinavischen Raum, sowie in Wien und Tokio sollten doch besonders erwähnt werden. 25 Jahre blieb er Göteborgs Symphonikern verbunden, was für Suitner ein wichtiger Punkt war. Zu Wien entwickelte sich eine eigenartige Beziehung; Anfang der 1970er Jahre ließen die meisten Wiener Feuilletonisten kein gutes Haar an Suitners Dirigaten, wenn er in Wien dirigierte, aber von 1977 bis 1990 war er dann schließlich Professor für Dirigieren an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien. Eine absolute Erfolgsgeschichte war Suitners Engagement in Japan, wo er zwischen seinem Debüt am Nikolaustag 1971 und dem Abschied am 23. November 1989 immerhin 117 Konzerte leitete und zum Ehrendirigenten des NHK ernannt wurde; mit dem japanischen Rundfunk-Sinfonieorchester NHK gastierte er in den Musikzentren des Landes und erreichte dadurch eine große Popularität im Land der aufgehenden Sonne.


    Aus gesundheitlichen Gründen musste Otmar Suitner 1990 sein Amt vorzeitig aufgeben, er litt an der parkinsonschen Krankheit. »Stardirigent Otmar Suitner führte ein Doppelleben«, stand dann im Jahr 2009 so oder ähnlich, als Headline in vielen Zeitungen; das interessiert die Leute, egal ob sie Anhänger von E oder U-Musik sind. Die FAZ bemerkte dazu einmal: »Streng genommen war er vor allem mit der Musik verheiratet.« Was war geschehen? Igor Heitzmann hatte einen Film mit dem Titel «Nach der Musik« gemacht. Es war ein Film über seinen Vater, der nur sporadisch - meist zum Wochenende - zu Hause auftauchte und manchmal wochenlang überhaupt nicht.

    In Bayreuth hatte Suitner die vierundzwanzigjährige Germanistikstudentin Renate Heitzmann kennengelernt, sie war Praktikantin im Festspielbüro, der Dirigent war damals vierzig. Zu Silvester 1971 kam Sohn Igor Heitzmann zur Welt. Beide Frauen wussten voneinander, am Ende gewährte die Jüngere Hilfestellung, als es nötig wurde. Der Film von Igor Heitzmann wurde preisgekrönt. Ihre letzten Lebensjahre verbrachte das Ehepaar Suitner in einer Berliner Altenresidenz.


    Praktische Hinweise:

    Dorotheenstädtisch-Friedrichswerderscher Friedhof, Berlin Ortsteil Mitte. Der Zugang befindet sich in der Chausseestraße 126, 10115 Berlin. Vom Friedhofseingang geht man etwa 100 Meter geradeaus auf die Martin Luther-Statue zu, nur 15 Meter dahinter findet sich das Grab von Otmar Suitner, gekennzeichnet durch eine auf der Erde liegende Steinplatte und einer grünen Plakette.


    schildsuitnervrjre.jpg


    luther-standbuck7n.jpg

    In unmittelbarer Nähe dieser Statue befindet sich das Grab von Otmar Suitner.

  • Manuel Garcia - *21. Januar 1775 Sevilla - †10. Juni 1832 Paris


    garciacandiag1kl0.jpg


    Zum heutigen Todestag von Manuel Garcia


    Im Vordergrund, links des Weges, Garcias Grab - etwa dort wo man die Personen sieht, befinden sich die Gräber von La Fontaine und Moliére.


    garciaa5ykbu.jpg

    Die Inschrift ist kaum noch lesbar.


    Eigentlich mit vollem Namen Manuel del Pópulo Vincente Rodriguez Garcia, und man sollte noch hinzufügen: »der Ältere«, denn sein Sohn gleichen Namens, ein Bariton und Gesangspädagoge, hat ähnliche Berühmtheit erlangt, wie der Vater.


    Nach seiner Ausbildung als Chorknabe an der Kathedrale von Sevilla, debütierte Manuel Garcia 1798 als Tenor in Cadiz in einer Tonadilla, das ist im spanischen Kulturraum eine kurze Musikkomödie von etwa zehn bis zwanzig Minuten Dauer. Garcia war auch als Komponist begabt und schrieb selbst solche Stücke, wie beispielsweise »El Preso« oder »El Poeta calculista«. Wenn der gefeierte Sänger seine Lieder zum Besten gab, begleitete er sich gewöhnlich mit der Gitarre.


    Als ganz junger Mann heiratete Garcia eine Sängerin und Tänzerin, aber diese Ehe hatte keinen Bestand, wobei zu bemerken ist, dass Ehescheidungen damals im katholischen Spanien eigentlich nicht vorgesehen waren, sogar die Inquisition interessierte sich für diese Angelegenheit und es soll zu skandalösen Vorfällen gekommen sein. Man vermutet, dass die Altistin Josefa Ruiz-Garcia aus der ersten Verbindung stammt. In zweiter Ehe heiratete Manuel Garcia die spanische Schauspielerin und Sopranistin Joaquina Garcia- Sitchéz, was in Frankreich möglich war. Es dürfte in der Geschichte der Gesangskunst einmalig sein, dass ein Ehepaar drei Kinder zur Welt brachte, die als Gesangssolisten Weltberühmtheit erlangten; es waren dies: Maria-Felicia Malibran-Garcia, die später als »die Malibran« gefeiert wurde, Pauline Viardot-Garcia, die mit Clara Schumann befreundet war, und den Bariton Manuel Garcia, der hauptsächlich als Gesangspädagoge große Berühmtheit erlangte.


    1808 kam Manuel Garcia mit seiner Gattin nach Paris, ihr Söhnchen war schon 1805 in der spanischen Provinz geboren worden. In Paris begann dann die eigentliche große Karriere des Manuel Garcia. Im Théâtre-Italien debütierte er sogleich erfolgreich in der Oper »Griselda« von Ferdinando Paër.

    In den Jahren 1811 bis 1816 war er an italienischen Bühnen beschäftigt, zunächst hatte man ihm in Neapel die Position eines führenden Tenors beim königlichen Kapellchor angeboten. Aber Garcia bemühte sich auch um eine Ausbildung im typischen italienischen Belcantostil, den ihm Freund Ansani vermittelte. 1813 sang er in der Uraufführung der Oper »Medea in Corinto«, die an der Mailänder Scala stattfand und damals sehr erfolgreich war.

    Eine freundschaftliche Beziehung entwickelte sich zu Gioacchino Rossini, der gerade im Begriff war zu einem der berühmtesten Opernkomponisten aufzusteigen. Im Oktober 1815 sang Garcia am Teatro San Carlo in Neapel den Norfolk in »Elisabetta Regina d´Inghilterra« und im Februar 1816 am Teatro Argentina in Rom den Grafen Almaviva in »Almaviva ossia l´inutile precauzione«, eine Oper, die heute unter dem Titel «II barbiere di Siviglia« bekannt ist, aber unter diesem neuen Titel erst in Bologna aufgeführt wurde.

    Die Uraufführung stand unter keinem guten Stern, der Bassist erlitt einen blutigen Bühnenunfall und eine Katze lief durchs singende Ensemble. Auch Manuel Garcia gab Grund zu Missfallensäußerungen des Publikums - er hatte zu Beginn des ersten Aktes statt der Serenade des Grafen - »Ecco ridente in cielo« - eine von ihm selbst komponierte spanische Romanze vorgetragen, wobei er sich auf der Gitarre selbst begleitete und ihm während des Vortrages eine Saite riss.

    Weit erfolgreicher war der Sänger dann in dieser Rolle als er 1818 am King´s Theatre in London den Grafen Almaviva gab. In den 1820er Jahren gastierte er oft und erfolgreich in London, war aber auch wieder in Paris zu hören.


    Im Spätherbst 1825 wagte Manuel Garcia mit seiner Familie eine Opernreise nach Nordamerika; von Liverpool aus ging es nach New York; im Wesentlichen bestand das Ensemble aus Familienmitgliedern, nur drei Stimmen wurden noch zusätzlich engagiert. Vater Garcia war mit seiner Familie während der Überfahrt ständig am Proben, wie der Nachwelt durch Berichte von Mitreisenden überliefert ist. Garcias Sohn und die Tochter Maria hatten die Jahre zuvor bei ihrem Vater eine gründliche musikalische Ausbildung durchlaufen. So ging am 26. Mai 1826 - erstmals in Nordamerika - im Theatre New York »Don Giovanni« über die Bühne, wobei der alte Lorenzo da Ponte, der Verfasser des Librettos, im Publikum saß. Das Familienoberhaupt sang die Titelpartie, seine Gattin sang die Donna Elvira, Tochter Maria die Zerlina und Sohn Manuel jr. den Leporello. Neben »Don Giovanni« brachte die Operntruppe auch noch andere Werke zur Aufführung, so auch die Oper »Otello« von Rossini, eine stete Glanzrolle für Vater Garcia.

    Insgesamt brachte man es auf 79 Vorstellungen und es waren mehr als 56.000 Dollar in die Kasse geflossen, und es lagen Einladungen nach New Orleans und Mexiko vor. Aber Familie und Ensemble traf ein schwerer Schlag, denn Tochter Maria wollte vermutlich dem väterlichen Druck entfliehen und hatte sich - achtzehnjährig - mit dem um 27 Jahre älteren scheinbar wohlhabenden Bankier François Egéne Malibran in eine Ehe geflüchtet.


    Manuel Garcia reiste nun ohne die hochbegabte Tochter mit seiner Operntruppe nach Mexiko weiter, wo man sich unter zunächst schwierigen Anfängen von 1827 bis 1828 aufhielt. Garcia hatte zwar in Mexiko den Vorteil, dass er die Landessprache beherrschte, konnte sich aber nicht nur auf sein Singen konzentrieren, sondern fungierte als Impresario, Bühnenmaler, Dirigent, Chorleiter, Komponist und einiges mehr ... Als man feststellte, dass das Notenmaterial auf der Reise irgendwie verloren gegangen war, schrieb Garcia-pére die Noten zu »Don Giovanni« aus dem Gedächtnis auf und ließ die Blätter sogleich kopieren; er durfte darauf vertrauen, dass wohl keine Kenner des Stückes im Publikum saßen; und weil er gerade so schön am Schreiben war, verfuhr er mit Rossinis «II barbiere di Siviglia« und »Otello« in der gleichen Weise. Als er dann schließlich bemerkte, dass das Publikum die italienische Sprache nicht verstand, übersetzte er den Text kurzerhand in die ihm vertraute Landessprache.

    Im Land kamen politische Unruhen auf, was Garcia bewog wieder nach Europa zurückzukehren; die Überfahrt sollte von Vera Cruz aus angetreten werden und der Tross wurde von Soldaten eskortiert, weil man Überfälle befürchtete. Was man befürchtet hatte trat ein, im Tal von Rio Frio überfielen Räuber den Treck und machten mit den »Beschützern« gemeinsame Sache. Schließlich konnte man froh sein das Leben gerettet zu haben. Eine relativ geringe Geldmenge hatte Garcia in seinem Gürtel verborgen, aber der Betrag reichte gerade, um die Überfahrt nach Europa zu bezahlen. Auf der Überfahrt brachte Garcia-pére seiner jüngsten Tochter Pauline spanische Volkslieder bei, aus dem Kind wurde später eine berühmte Sängerin.


    Als sich die Garcias wieder in Paris eingerichtet hatten, wurde Manuel Garcia zwar wieder jubelnd empfangen, aber sowohl er als auch das Publikum bemerkte, dass die strapaziöse Reise an den Kräften gezehrt hatte und der alte Stimmglanz nicht mehr vorhanden war. Der fünfundfünfzigjährige Garcia verabschiedete sich von der Bühne, um sich für den noch kurzen Rest seines Lebens seinen Schülern zu widmen. Meist begleitete die zehnjährige Pauline bei Gesangsstunden am Klavier. Allerdings hatte sich Garcia-pére schon weit früher lehrend betätigt, nämlich 1824 in London, wo er so eine Art Gesangsakademie gegründet hatte, und es gibt auch von ihm das Druckwerk »Exercises and Method for Singing«.


    Manuel Garcia-pére hat nicht nur als Sänger und Gesangspädagoge eine große Lebensleistung erbracht; er war auch Komponist von immerhin 51 Opern, die er in drei verschiedenen Sprachen schrieb - 22 in spanischer Sprache, 21 in italienischer und 8 in französischer Sprache. Daneben noch Ballette, Lieder, Romanzen und Kammermusik. Laut großem Sängerlexikon soll der Sänger im August 1831 in einer Buffo-Rolle der Oper »Le vendemie di Xeres« zum letzten Male auf der Bühne gestanden haben.

    Ein Darmleiden hatte seinem Leben ein Ende gesetzt. Da zu dieser Zeit die Cholera in Paris wütete, machte man um das Ableben des prominenten Sängers kein großes Aufheben; in der Zeitung stand die Notiz: »M. Garcia, Künstler des Théatre Italien, ist gestorben. Beisetzung morgen Dienstag. Der Trauerzug beginnt beim Sterbehaus, Rue des Trois-Fréres Nr. 9, mittags.«


    Heutzutage beachten die meisten Friedhofsbesucher das Grab von Manuel Garcia in der Division 25 des Friedhofs Le Pére Lachaise nicht, die in Stein gehauene Inschrift ist nicht mehr einwandfrei zu lesen, aber man weiß um seinen Wunsch, dass er auf seinem Grab keine andere Inschrift haben wollte, als die Worte: »Yo che soy contrabandista«. Das Ziel der meisten Friedhofsbesucher in diesem Teil von Père-Lachaise befindet sich ebenfalls auf der linken Seite des Weges, es sind die wie auf einer Bühne präsentierten Sarkophage von La Fontaine und Moliére.


    Praktische Hinweise:

    Das Grabmal von Manuel del Pópulo Vicente Garcia befindet sich auf dem Pariser Friedhof Cimetière du Père-Lachaise / Division 25. Man geht vom Haupteingang auf der Avenue Principale zunächst geradeaus und orientiert sich dann geringfügig rechts und geht auf der Avenue Saint Morys weiter geradeaus bis zur Querung der Avenue Transversale I. Dort wendet man sich nach rechts und kommt zu dem relativ kleinen Gräberfeld (Division) 25. Eine geringe Abkürzung bietet sich an, wenn man die Avenue Saint Morys etwas vor der Querung der Avenue Transversale I nach rechts verlässt und zwischen den Gräberfeldern 24 und 26 hindurchgeht. Die gesamte Gehstrecke vom Haupteingang aus beträgt etwa 500 Meter.

  • Joseph Martin Kraus - *20. Juni 1756 Miltenberg am Main - † 15. Dezember 1792 Stockholm


    kraus_gravqaka9.jpg

    Foto von Holger Ellgard - Zum heutigen Geburtstag von Joseph Martin Kraus

    Die Grabinschrift lautet:
    Hier ruht das Irdische von Kraus das Himmlische lebt in seinen Tönen.


    Joseph Bernhard Kraus, der Vater des Komponisten, war Kurmainzer Beamter, und so ergab es sich, dass die Familie in das etwa zwölf Kilometer entfernte Amorbach übersiedelte, wo der Vater Stadtschreiber war und der kleine Kraus die ersten drei Jahre seiner Kindheit verbrachte. Die Stellung des Vaters brachte es mit sich, dass man schon 1761 weiterzog, über Osterburken nach Buchen. die Gegend in Nordosten Baden-Württembergs nennt man umgangssprachlich noch heute mit einigem Humor »Badisch Sibirien«; als Joseph Martin Kraus dort heranwuchs, hatte das dergestalt eine reale Bedeutung, weil dieser Landstrich durch besonders harte Wintermonate, dünne Besiedlung und wirtschaftliche Rückständigkeit bekannt war. Buchen im Odenwald, wo der junge Kraus seine eigentliche Kinder- und Jugendzeit verbrachte, liegt etwa dreißig Kilometer von seinem Geburtsort Miltenberg entfernt.


    In Buchen besuchte er die Schule und bereits seine Lehrer an der Lateinschule entdeckten seine musikalische Begabung, die Kantor Wendler und Rektor Pfister im Rahmen ihrer Möglichkeiten förderten. Ab 1768 besuchte Joseph Martin Kraus das Jesuitengymnasium in Mannheim, einer Stadt, in der Mozart - damals noch ein siebenjähriges Kind - schon vor ihm, nämlich 1763 kurz zu Gast war und 1777 nochmals die Stadt besuchte und immerhin 176 Tage hier weilte. Dies sei nur erwähnt, um aufzuzeigen, dass damals in Mannheim musikalisch gesehen schon Besonderes geboten wurde; Wolfgang und sein Vater waren Bewunderer der »Mannheimer Schule«, unter der Regierung des kunstliebenden Kurfürsten war hier eine bedeutende Musikmetropole Europas, also kein schlechtes Umfeld für jemand der an Musik interessiert ist. Das Mannheimer Gymnasium hatte auch ein Musikseminar (Seminarium musicum), das etwa mit einer heutigen Musikklasse an einem Gymnasium vergleichbar ist. Dort wirkte der Jesuit Alexander Keck, der dem jungen Mann aus dem Odenwald eine gute musikalische Grundlage angedeihen ließ.


    Man vermutet, dass der junge Kraus auf den Wunsch seines Vaters hin Anfang 1773 ein Studium der Rechtswissenschaften in Mainz begann, aber noch im gleichen Jahr nach Erfurt wechselte. 1775/76 unterbrach er seine Studien, um nach Buchen zurückzukehren, wo sich sein Vater einer Anklage wegen Amtsmissbrauchs gegenübersah; inwieweit der angehende Jurist seinem Vater beistehen konnte ist nicht bekannt, Tatsache ist jedoch, dass man die Anklage fallen ließ und der Sohn seine Studien wieder aufnehmen konnte.

    Der während des Prozesses von der Studienarbeit befreite Kraus nutzte diese Zeit, um ein dreiaktiges Trauerspiel zu schreiben und kirchenmusikalische Werke zu komponieren. Es entstanden ein Requiem, ein Tedeum, zwei Oratorien und eine Motette.

    Nach dieser Vakanz in Buchen setzte er sein Studium zwar fort, jedoch nicht in Erfurt, sein neuer Studienort war nun Göttingen geworden. Da sich dort Kontakte zum Hainbund - einer respektablen Vereinigung von Dichtern - entwickelten, wurde er auch literarisch tätig, schrieb daneben aber auch noch einige Oratorien.


    Als Kraus in Göttingen den schwedischen Kommilitonen Carl Stridsberg kennen lernte, begeisterte er sich für die schwedischen Verhältnisse, die Künstlern dort größere Möglichkeiten einräumten und gab sein Jura-Studium - gegen den Willen seiner Eltern - auf. Am 26. April 1778 verließen die beiden Freunde Göttingen und trafen, nachdem sie ihre Reise für eine Woche in Kopenhagen unterbrochen hatten, am 3. Juni 1778 in Stockholm ein. Kraus hatte sich entschlossen den Musikerberuf zu wählen und unternahm den Versuch, als Musikus eine Anstellung am Hof von König Gustav III. zu bekommen. Mozart ist fast zeitgleich in Mannheim in einer ähnlichen Situation, wo er monatelang in der Stadt weilt und auf eine Anstellung beim kunstsinnigen Kurfürsten hofft, aber sich diese Hoffnung schließlich zerschlägt.

    König Gustav III. von Schweden hatte das Bestreben die schwedische Hauptstadt in eine Kulturmetropole zu verwandeln - man nannte ihn den »Zauberer auf dem Thron« - die mit Paris, London, Wien und Rom auf gleichem Niveau stehen kann; durch die Berufung von Architekten, Bildhauern, Malern, Dichtern und Komponisten aus ganz Europa suchte er eine eigene schwedische Stilrichtung zu schaffen. Und Kraus erging es in Stockholm besser als dem Kollegen Mozart in Mannheim, denn ihm wurde eine solche Stelle zugesagt, aber für den Neuankömmling ergaben sich dann doch einige Schwierigkeiten im kulturellen Establishment von Stockholm Fuß zu fassen, was zur Folge hatte, dass es für den Jungkomponisten in den zwei, drei ersten schwedischen Jahren finanziell eng wurde; seine Taschenuhr wanderte ins Leihhaus und einige Male mussten ihm die Eltern unterstützend unter die Arme greifen und Geld schicken. Und Heimweh hatte der junge Mann auch, wenn er das Geld dazu gehabt hätte, wäre er wieder zurück nach Deutschland gegangen; seine Gedanken sind überliefert: »Wenn ich an dem Meere so abends auf und ab gehe, ... dann ist das Heimweh.«


    Nach entbehrungsreichen Jahren besserte sich seine Lage, weil man in Stockholm feststellte, dass da ein junger Deutscher war, der etwas von Musik verstand; der Mainzer Hofkanzler Anselm Freiherr von Bentzel half da etwas nach, sodass man Kraus in die Königliche Musikalische Akademie aufnahm. Als es 1780 an der königlichen Oper in Stockholm zu einem Wechsel an deren Spitze kam, wurde Kraus unverzüglich damit beauftragt die Oper »Proserpin« nach einem Entwurf von König Gustav III. zu komponieren. Das Libretto wurde einem schwedischen Dichter übertragen, wobei es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Kraus und dem Librettisten kam; aber der königliche Sekretär, der Kraus etwas protegierte, konnte zwischen den Kontrahenten vermitteln. Dieser königliche Kompositionsauftrag war so angelegt, dass es eine Art Probearbeit werden sollte, weil man sehen, beziehungsweise hören wollte, was dieser junge Deutsche kann. Die Uraufführung des einaktigen Werks fand deshalb nicht auf der Hauptbühne der Stockholmer Oper, sondern auf Schloss Ulriksdal in der Nähe von Stockholm am 1. Juni 1781 vor dem König und seinem Hofstaat statt; die musikalische Leitung hatte der Komponist selbst. Die Aufführung war ein voller Erfolg; Kraus wurde zum Assistenz-Kapellmästare des schwedischen Hofes ernannt, bekam ein Jahresgehalt von 300 Dukaten und wurde auf eine mehrjährige Bildungsreise durch Europa geschickt; vielleicht hatte Kraus den Umfang seiner Reise zunächst unterschätzt, denn als er mit einigem Stolz seinen Eltern vom Erfolg seiner Uraufführung berichtete, heißt es da: »... ist die Gnade, dass ich auf des Königs Kosten eine kurze Reise durch Deutschland, Frankreich und Italien machen muss - nicht um Musik zu studieren wie der König sagte, sondern blos die neuere Einrichtung der Theater zu beschauen.« Es kommt drauf an, was man unter »kurz« versteht, letztendlich dauerte diese Reise vier Jahre.
    Gustav III. wollte sowohl das schwedische Bildungssystem als auch die Theaterlandschaft in seinem Land erneuern; Kraus sollte mit neuen Ideen an den schwedischen Hof zurückkehren. Beinahe wäre er auch noch zu der Ehre gekommen, dass eine von ihm komponierte Oper - »Aeneas i Carthago«, so der Titel - am neuen Opernhaus zur Aufführung gelangte, aber als Kraus seine Oper zur Hälfte komponiert hatte, floh die Sängerin der Hauptpartie und man eröffnete dann das Haus mit einer Oper des Dresdners Johann Gottlieb Naumann. Durch all das hatte sich die geplante Reise um zwei Jahre verschoben, aber am 7. Oktober 1782 war es dann endlich so weit, über Stralsund, Rostock, Berlin, Frankfurt, Mainz ... gelangte Kraus auch wieder nach Mannheim, wo er noch vielen vertrauten Gesichtern begegnete; natürlich machte er auch noch einen Abstecher in seinen vertrauten Odenwald und besuchte Eltern und Freunde und soll damals auch für die neue Stumm-Orgel der Benediktinerabtei die Motette »Stella coelis« komponiert haben. Dann ging es weiter in den Süden, wo es in Regensburg zu einem zehntägigen Aufenthalt kam, wobei ihm zu Ehren täglich Konzerte am Hof des Fürsten Thurn und Taxis gegeben wurden.

    Nach Wien gelangte Kraus auf der Donau, ein Schiff brachte ihn von Linz nach Wien, wo er sofort Zugang zu einem angesehenen Personenkreis erhielt. Schon am Ankunftstag, das war der 1. April 1783, besuchte Kraus das Burgtheater. In Wien traf er Albrechtsberger, Salieri, Reichardt ... und 14 Tage nach seiner Ankunft, wohl den für ihn Wichtigsten, den er über die Maßen verehrte: Christoph Willibald Gluck.

    Kraus blieb bis zum Herbst in Wien, um von hier aus zum nicht allzu weit entfernten Schloss Esterhazy weiterzureisen, wo ihm damals von dem etwa fünfzig Jahre alten Haydn großes Lob zuteil wurde; der Nachwelt ist überliefert, dass Haydn nach Kraus´ Tod geklagt haben soll: »Welcher Verlust ist nicht dieses Mannes Tod! Ich besitze von ihm eine seiner Sinfonien, die ich zur Erinnerung an eines der größten Genies, die ich je gekannt habe, aufbewahre. Ich habe von ihm nur dieses einzige Werk, weiß aber, dass er noch anderes Vortreffliches geschrieben hat. »


    Von Wien aus ging es zunächst nach Graz und von dort zur Hafenstadt Piran am Adriatischen Meer, um Venedig per Schiff zu erreichen. In Venedig begeisterte ihn die dort gesehene Malerei weit mehr als die gehörte Musik, so dass er konstatierte: »Man kann alle Tage etliche Opern hören, aber selten was Gutes«.

    In Bologna hatte er wohl engeren Kontakt mit Giovanni Battista Martini, der damals als höchste musikalische Instanz galt und eine beachtliche Bibliothek von 15.000 Bänden besaß; so etwas konnte der Bildungsreisende Kraus nicht auslassen. Giovanni Battista Martini gab sogar den Auftrag, dass Kraus für die berühmte Sammlung der Academia filarmonica porträtiert wurde.


    In Florenz traf Kraus auf Gustav III., der mit seinem Gefolge über Rom bis nach Neapel reiste. Etwas verwundert liest man in der Literatur »Sie nahmen an der Christmette des Papstes in S. Maria Maggiore teil und am 2. Januar gewährte ihm der Papst Pius der VI. eine Audienz.« - besonders katholikenfreundlich war man ja in Schweden nicht, aber es ergaben sich in dieser Zeit geringfügige Erleichtertungen.

    Nachdem man sich in der Gegend um Neapel tüchtig umgesehen hatte, was einem etwa zweimonatigen Aufenthalt entsprach, begab man sich zum Hafen von Livorno, um von dort aus zunächst per Schiff nach Marseille zu gelangen, und auf dem Landweg Paris zu erreichen. Für einen mehrere Wochen währenden Abstecher nach London reichte die Zeit auch noch. Der König und sein Musikant sollen 1785 an den Händel-Säkularfeiern in London teilgenommen haben, aber welche Art von Feierlichkeiten das war, wird leider nicht erläutert.


    Im August 1786 betrat Kraus wieder deutschen Boden, besuchte seine Schwester in Frankfurt am Main und fuhr mit ihr zu seinem letzten Besuch der Eltern nach Amorbach im Odenwald; Ende Dezember war Joseph Martin Kraus wieder in Stockholm; er konnte nun damit beginnen, die auf der langen Reise gewonnenen Erkenntnisse in der praktischen Theaterarbeit umzusetzen. Von Gustav III. wurde er zum Direktor der Königlichen Musikakademie berufen und nur wenige Wochen später zum »Ordinarie Capellmästare« ernannt. In dieser Position verdoppelte sich sein Gehalt, wobei auch die Aufgaben wuchsen, denn er war nun dazu verpflichtet, neben seinen eigenen Kompositionen auch fremde Werke einzustudieren und aufzuführen. Der nun Vielbeschäftigte klagte in einem Brief an die Eltern, dass er sein Tagewerk als Zuchthausarbeit empfinde und dass sein Schweiß nach Noten stinkt.

    Was seine eigene Kompositionen betrifft, waren das Bühnenmusiken, aber auch seine aufwändigste Oper »Aeneas i Carthago«, an der er von 1781 bis 1790 arbeitete. Teile dieser fünfstündigen Oper hatte er auf seiner Reise schon Meister Gluck in Wien vorgespielt. Die Uraufführung dieses gewaltigen Werkes erfolgte erst im November 1799 am Königlichen Theater in Stockholm; da war der Komponist längst gestorben. Seine Oper war auch in neuerer Zeit nie ganz vergessen, 2006 fand eine Gesamtaufführung am Stuttgarter Opernhaus statt.


    In der Nacht vom 16. zum 17. März 1792 kam es im Stockholmer Opernhaus im Rahmen eines Maskenballs zu einem schrecklichen und spektakulären Zwischenfall. Schwedische Adlige verübten auf den Schwedenkönig Gustav III. ein Attentat. Als der König den Saal betrat wurde er von vielen Maskierten umringt - einer der Maskierten klopfte dem König auf die Schulter und sagte: »Bon jour, beau masque«... das war das verabredete Zeichen für Jakob von Anckarström, der Gustav III. von hinten in den Rücken schoss.

    Ein echter Opernstoff, den Daniel-Francois-Esprit Auber in seiner Oper »Gustave III. ou Le bal masqué« bereits 1833 verarbeitete und Guiseppe Verdi zog 1859 mit seinem bekannter gewordenen »Un ballo in maschera« nach. Aus politischen Gründen musste Verdi allerdings die Handlung in die USA verlegen; so wurde aus Gustav III. Graf Richard, Gouverneur von Boston.


    Kraus war bei dem Attentat zugegen; Gustav III. hatte den Schuss zwar zunächst überlebt, starb aber wenige Tage später, am 29. März 1792, an den Folgen der Verletzungen. Für den Hofkomponisten stand nun die traurige Plicht an, Trauermusiken für seinen Förderer und Gönner zu schreiben; es war die »Symphonie funébre« (wie sie später genannt wurde) für die Aufbahrung des Leichnams und eine Trauerkantate für die Beisetzung. Über diese Trauersymphonie sagte Joseph Haydn: »Welche Tiefe der Gedanken - welch klassisches Talent.«

    Noch im gleichen Jahr folgte Joseph Martin Kraus, der seit Jahren an Lungenschwindsucht litt, seinem Dienstherrn in den Tod, er starb am 15. Dezember 1792 und wurde auf der Halbinsel Tivoli im Norden Stockholms beigesetzt.

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Hans Beirer - * 23. Juni 1911 Wiener Neustadt - † 24. Juni 1993 Berlin


    Zu diesem Grabbesuch muss man so eine Art Vorwort schreiben, denn es war sozusagen ein Wettlauf mit der Zeit, um sich noch ein Bild von der letzten Ruhestätte eines Künstlers zu machen, der nicht nur in Berlin, sondern auch in Hamburg, Wien und anderswo über einen langen Zeitraum herausragende Leistungen vollbrachte.

    Auf Anfrage teilte die Verwaltung des Berliner Waldfriedhofs Zehlendorf mit, dass an dem Grab keine Nutzungsrechte mehr bestehen, sodass das Grab bereits abgeräumt sein kann ... So vergänglich ist künstlerischer Ruhm; in Wien wäre so etwas nicht vorstellbar. Nachdem etwas dürre Flora beiseite geräumt war, entstanden diese Bilder.


    beirerb2skmy.jpg

    Zum heutigen Todestag von Kammersänger Hans Beirer


    beirer-schildchenwnkf1.jpg


    Trotz der weltweiten Aktivitäten des Sängers in meist tragenden Rollen und einer viele Jahre währenden Karriere, derentwegen er sich selbst als »letzten Dinosaurier der Opernwelt.« bezeichnete, fand das alles keinen adäquaten Niederschlag auf Tonträgern.

    Claus-Dieter Schaumkell schrieb in seinem Nachruf auf Hans Beirer: »Da seine markante, strahlkräftige Stimme beim bloßen Hören dem Ohr keineswegs auf Anhieb schmeichelt, haben ihn leider die großen Schallplattenfirmen links liegen gelassen.»


    Wenn man sich mit dem Leben von Hans Beirer beschäftigt, findet man nichts über Kindheit und Jugend, es steht lediglich geschrieben, dass er einer bürgerlichen Kaufmannsfamilie entstammte. Im weiteren Verlauf sind die Quellen nicht ganz klar - mal ist die Rede davon, dass er ein Medizinstudium begann, bevor er Sänger wurde, andere Publikationen berichten von einem begonnenen Chemiestudium, sei´s drum, das spielte dann in diesem Künstlerleben keine Rolle mehr.


    Hans Beirer wurde in der oberösterreichischen Stadt Wiener Neustadt geboren, einer Stadt, die etwa 60 Kilometer südlich der Landeshauptstadt Wien zu finden ist. Sein Gesangsstudium begann er mit 22 Jahren an der Wiener Musikakademie bei dem Tenor Tino Pattiera und Paul Neuhaus. Als lyrischer Tenor debütierte er1936 am Landestheater in Linz als Hans in Smetanas Oper »Die verkaufte Braut«. Bereits ein Jahr später war Beirer international zu hören; 1937 bis 1939 konnte man ihn auf den Bühnen der Theater in Basel und St. Gallen erleben.


    Dann wurden die Zeiten unruhig, Beirer konnte am Mellini-Theater in Hannover noch als Operettentenor auftreten, bevor auch dieses Haus in Schutt und Asche fiel; dann wurde Beirer zum Militärdienst eingezogen. Dennoch war es ihm möglich, im Theater am Nollendorfplatz in Operettenrollen aufzutreten. 1943 hatte er es - als die Theater schon in den letzten Zügen lagen - an die Städtische Oper Berlin geschafft, wo er noch sein Debüt als Nando in »Tiefland« haben konnte, dann ging es dem vermeintlichen »Endsieg« entgegen, an Theaterspielen war bald nicht mehr zu denken.


    Als sich die Kulturszene nach dem Ende des großen Krieges allmählich wieder zu normalisieren begann, wirkte Hans Beirer bei der Uraufführung von Werner Egks Oper »Circe« mit. Beirer wollte sich jedoch auf längere Sicht nicht nur mit lyrischen Partien begnügen. Wenn man sich auf die Informationen von Ilse Elisa Zellermayer, einer renommierten Opernagentin, verlassen kann, hat Hans Beirer bei Kammersänger Michael Bohnen darum gebeten, dass dieser ihn als Gesangsschüler annimmt, um der Tenorstimme etwas mehr Gewicht zu geben. Diese Zusammenarbeit war offensichtlich von Erfolg gekrönt. Aber die Namen Bohnen und Beirer tauchen auch in einem anderen Zusammenhang in der Geschichte des Berliner Opernlebens auf; der Schüler soll seinen Lehrer verleumdet haben; konkret ist festzustellen, dass wegen einer Aussage Beirers bei der britischen Militärbehörde, wo er Bohnen wegen angeblicher Verstrickung mit den Nazis anschwärzte, Bohnen von seinem Intendanten-Posten beurlaubt wurde. Als Beirer im September 1949 seine Vorwürfe in einer eidesstattlichen Erklärung zurückzieht, ist das für Bohnen zu spät.


    So richtig begann die Karriere Beirers im Theater des Westens, wo die Städtische Oper in den ersten Nachkriegsjahren Asyl genoss. Hier sang er Turridu, Lyonel, Don Ottavio und ähnliche Rollen. Im echten Heldenfach probierte sich Beirer gerne zunächst in internationalen Gefilden aus. So konnte man ihn im Februar 1949 in Rom hören, wo er unter Serafin neben Maria Callas seinen ersten Parsifal sang. Etwa ein Jahr später sang Beirer unter der Stabführung von Karl Böhm erstmals den Tannhäuser, wobei ihm Renata Tebaldi zur Seite stand. Zu seinem ersten Stolzing bemühte sich Beirer zur New York City Opera. Erst nach diesen Erfolgen in der Fremde, zeigte er sein heldisches Stimmvolumen auch in Berlin - als Tannhäuser.

    Mit der Aufführung von Giuseppe Verdis Otello stand am 1. September 1962 der Deutschen Oper Berlin ein gewaltiges Ereignis ins Haus; man hatte den Weltstar Renata Tebaldi für die Rolle der Desdemona verpflichten können, was als kleine Sensation zu betrachten war, weil sie nur wenige Gastspiele in europäischen Städten gab; Hans Beirer sang die Titelpartie und der junge Bariton William Dooley war als Jago mit dabei - diese Aufführung ist sogar als DVD zu bekommen.


    Wenn Hans Beirer in Deutschland sang, dann fanden diese Aufführungen meist in Berlin und Hamburg statt, wobei man natürlich Bayreuth zur Festspielzeit nicht vergessen darf. Eine erkleckliche Zahl seiner Berliner Anhänger reiste regelmäßig in die Hansestadt, wenn er dort sang. In Bayreuth gab es dann die Rivalität zwischen Wolfgang Windgassen und Hans Beirer, wobei letzterer wohl über das bessere »Material« verfügte. In den fünf Jahren 1958 bis 1962 hatte man ihn unter Knappertsbusch als Parsifal verpflichtet; unter Sawallisch gab Beirer 1959 den Tristan und erzählte 1961 von seiner Reise nach Rom.


    Seine weltweiten Verpflichtungen hier aufzählen zu wollen ist müßig, er sang an fast allen einschlägig bekannten Häusern - in Mailand, Rom, Neapel, Paris, Brüssel, London, Buenos Aires, New York, aber vermutlich nicht an der »Met«...

    Anhand der Zahlen am Beispiel der Wiener Staatsoper wird in etwa deutlich, was dieser Mann künstlerisch geleistet hat: Hans Beirer sang in den Jahren von 1949 bis 1986 insgesamt 443 Mal an der Wiener Staatsoper, am häufigsten als Herodes in der Strauss-Oper »Salome«, diese Rolle gestaltete er erstmals am 2. Juni 1973 an diesem Haus und zum letzten Male am 19. Dezember 1986. Als Wagnerscher Heldentenor stand er 152 Mal auf der Bühne der Wiener Staatsoper. Aber Beirer wollte nicht nur auf den Wagner-Tenor festgelegt werden, ab und an schlüpfte er auch mal wieder in die Rolle des Alfred in der »Fledermaus« oder des Koloman Zsupán im »Zigeunerbaron«.


    Zu einer heißen Sache, die von der Presse auch für opernfernes Publikum entsprechend aufbereitet wurde, war eine von Lorin Maazel dirigierte »Fidelio«-Aufführung geworden. Die Presse war sich ob des Vorgangs uneins. Während die »Berliner Morgenpost« von »Beirers Missgeschick« berichtete, beschuldigte »Bild« den Dirigenten Maazel, der meist ohne Partitur dirigierte, dass es dieser versäumt habe, den richtigen Einsatz zu geben. Beirer gab der »Deutschen Presse-Agentur« zu Protokoll, dass sich der Unmut des Publikums keineswegs gegen ihn gewandt habe, und meinte - ohne den Namen Maazels zu nennen - »Richtig ist vielmehr, dass vom Dirigenten des Abends für die Partie des Florestan kein oder kein sichtbarer Einsatz gegeben worden war.« Maazel beauftragte sogar einen Anwalt mit der Wahrung seiner Interessen.

    Pacta servanda - im Nissay-Theater zu Tokio mussten die beiden wieder miteinander musizieren, man gab »Der fliegende Holländer«.


    Eine etwas eigenartige »Fidelio«-Aufführung hatte Beirer einmal 1966 in Amerika erlebt, als die Deutsche Oper Berlin als Geste für Amerika in der DAR Constitutions Hall zu Washington D. C. »Fidelio« aufführte. Zu dieser Aufführung war nicht das gesamte singende Personal aus Berlin angereist, sondern nur die Solisten, die in der Annahme waren, dass es sich um eine konzertante Aufführung handeln würde, weshalb sie Frack und Abendkleid im Gepäck hatten. Neben Beirer als Florestan sang Gladys Kuchta die Leonore. Nun wurden die Solisten davon überrascht, dass sie ihren Dienst im normalen Straßenoutfit verrichten mussten, das Ganze hatte damals schon so einen Hauch von Regietheater. Der Chor war also nicht aus Berlin angereist, sondern bestand aus Studierenden der Howard University; eines dieser Chormitglieder war damals Jessye Norman - knappe sieben Jahre später sollte sie in Berlin Beirers Elisabeth in »Tannhäuser« sein.


    Ähnlich wie bei Beirers Auftrittsorten, wo formuliert ist, dass er fast an allen bekannten Orten gesungen hat, kann man pauschalieren, dass er unter fast allen bedeutenden Dirigenten gesungen hat und in aller Regel mit hochrangigen Partnerinnen und Partnern auf der Bühne stand. Wer ständig und lange da oben steht, wird natürlich auch kritisiert. Wie Eingangs bereits erwähnt, bezeichnete sich Beirer als »letzten Dinosaurier der Opernwelt. Karl Löbl griff dies mit seiner spitzen Feder in der Kritik einmal auf und schrieb: »Hans Beirer bewegt sich wie ein Dinosaurier an der Rampe, sollte aber den Othello spielen.«

    Es ist auch das Grab von Terry Beirer, einer kroatischen Sopranistin, die ihre Gesangskarriere nicht weiter verfolgte und stattdessen die Karriere ihres Mannes managte. Hans Beirer sagte einmal, dass es seine Frau gewesen sei, die darauf aufmerksam machte, dass seine Stimme noch weiter entwicklungsfähig sei.

    Der Tenor selbst vertrat die Auffassung, dass man der Stimme durch falsches Markieren schaden könne und meinte: »Die Stimme st ein Muskel. der arbeiten muss und auch gerne arbeitet, wenn er richtig behandelt wird.«


    Die Beirers lebten gesundheitsbewusst, in ihrer Gegenwart durfte nicht geraucht werden und es war Frühsport angesagt. Das Paar hatte 1936 geheiratet, fast hätte man noch die Diamantene Hochzeit feiern können.

    Auch auf Reisen waren die beiden oft gemeinsam unterwegs. In den späten Sängerjahren konzentrierte sich Beirers Tätigkeit im Wesentlichen auf Berlin und Wien, er reduzierte seine Auftritte, zeigte aber immer noch Heldisches, wenn er gefordert war; bei der Aufführung einer »Götterdämmerung« in Berlin stürzte der schon über siebzigjährige Sänger und sang trotz schwerer Rippenverletzungen die Partie noch zu Ende. Einige Jahre vorher begab es sich, dass der Dirigent Horst Stein - und der konnte singen - Beirers Part exakt vorsang, als dieser aus dem Takt geraten war. In einem so langen Sängerleben an exponierter Stelle, geht eben auch manchmal was daneben. Seinen Beruf beschrieb Hans Beirer einmal folgendermaßen:


    »Das Leben eines Sängers ist ein sehr strenges und beinahe asketisches Leben; der Sängertberuf st kein Beruf wie ein anderer, der ein angenehmes Privatleben ermöglicht, sondern der Sängerberuf ist eine Berufung.«


    Kammersänger Hans Beirer, der am 23. Juni 1911 als Johann Beirer geboren wurde, starb einen Tag nach seinem Geburtstag, am Johannistag 1993.


    Praktische Hinweise:
    Waldfriedhof Zehlendorf, Wasgensteig 30, 14129 Berlin im Bezirk Steglitz-Zehlendorf - Feld 024 Nr. 45 (Abt. 3 U 50)

    Ab Ab Bahnhof Wannsee verkehrt ein Bus mit einer Haltestelle an diesem Friedhofstor. Man geht den breiten Weg ein Stück geradeaus und findet rechts das Gräberfeld 24.


    zehlend.-einghdkn9.jpg

    ----------------------------------------------------------------------------------------------------------


    salomeowjux.jpg















    Einmal editiert, zuletzt von hart ()

  • Lieber "hart",


    sei bedankt für deinen hochinteressanten Beitrag zu Hans Beirer.


    Ich erlaube mir folgende kleine Ergänzungen und Korrekturen:


    So richtig begann die Karriere Beirers im Theater desWestens, wo die Städtische Oper in den ersten Nachkriegsjahren Asyl genoss. Hiersang er Turridu, Lyonel, Don Ottavio und ähnliche Rollen.

    Aber um 1950 auch schon Meyerbeers Vasco rauf und runter, zudem den Radames in "Aida" und den Pedro in "Tiefland", gleichzeitig aber auch noch den Froh im "Rheingold". Am 25.11.1951 sang er in Berlin auch den Tannhäuser.

    Sarafin

    Serafin?

    Guiseppe Verdis

    Giuseppe Verdis

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Aber um 1950 auch schon Meyerbeers Vasco rauf und runter, zudem den Radames in "Aida" und den Pedro in "Tiefland", gleichzeitig aber auch noch den Froh im "Rheingold". Am 25.11.1951 sang er in Berlin auch den Tannhäuser.

    Lieber Stimmenliebhaber,

    mit Deinen Ergänzungen, um die ich auch wusste, bin ich einverstanden; zwar dachte ich mir. dass dies mit der Bemerkung »und ähnliche Rollen« abgegolten sei, aber Du hast Recht, denn die von Dir genannten Rollen machen Beirers Anlauf zum Helden noch deutlicher klar.


    Meine Generation sollte eigentlich schon wissen wie man Tullio Serafin schreibt, denn zu meiner Jugendzeit sang im Radio noch jeden Tag irgendwer unter ihm ...


    Und mit Verdis Vorname ist das so eine Sache ... das kommt davon, wenn man schreibt wie man spricht ...

  • Paul Dessau - *19. Dezember 1894 Hamburg - 28. Juni 1979 Königs Wusterhausen



    Heute ist der 40. Todestag von Paul Dessau


    pauldessaunkkn5.jpg


    dess.-berghausupjea.jpg

    Das gemeinsame Grab von Paul Dessau und Ruth Berghaus


    Es wäre fast ein Wunder gewesen, wenn aus dem kleinen Paul kein Musiker geworden wäre, denn Urgroßvater und Großvater waren Kantoren der Israelitischen Gemeinde in Hamburg. Dann war da noch ein Onkel, der an der Königlichen Oper unter den Linden die Geige spielte und ein Cousin war erfolgreicher Operettenkomponist.

    Unter diesen Umständen ist es etwas verwunderlich, dass Pauls Eltern keinen musikalischen Beruf ausübten; des Vaters Beruf wird in der Literatur sehr unterschiedlich dargestellt: Zigarettenarbeiter, Betreiber eines kleinen Tabakladens in der Nähe des Hafens oder Zigarettenfabrikant; es kann also festgestellt werden, dass Pauls Vater etwas mit Tabak zu tun hatte. Vater Sally Dessau lebte mit seiner zweiten Frau Louise und dem einzigen Sohn Paul in bescheidenen Verhältnissen in Hamburg, in unmittelbarer Nähe des »Michel«.


    Aber im familiären Kreis muss eine musikalische Atmosphäre geherrscht haben, denn Paul Dessau berichtete selbst, dass er mit Schubert-Liedern und Wagner-Arien groß wurde, und in der Familie wurde stolz weitererzählt, dass Paul schon im Alter von drei Jahren den Prolog aus »Bajazzo« gesungen habe. Mit diesem Auftritt hatte der Prolog-Sänger auch für sich zunächst festgelegt, dass er einmal den Sängerberuf ergreifen wird. Daraus wurde allerdings nichts, weil der sechsjährige Paul eine Geige bekam und Verwandte dafür sorgten, dass der Junge ordentlich unterrichtet wurde. Als Elfjähriger trat Paul Dessau als Geigenvirtuose in Altona an die Öffentlichkeit.


    Erste Kompositionsversuche macht er auch da schon, aber 1909 beginnt Dessau am Klindworth-Scharwenka-Konservatorium in Berlin ein Studium mit dem Hauptfach Violine. 1913 erhält er am Hamburger Stadttheater eine Anstellung als Korrepetitor, sein Chef war damals Felix von Weingartner und Arthur Nikisch schaute ab und an auch mal vorbei. Was der junge Dessau damals in seiner Hamburger Zeit lernte, schätzte er im Nachhinein so ein: »... ich durfte während der Proben hinter ihm sitzen und lernte dabei mehr als in allen Konservatorien zusammen.« Seine nächste Station ist das Tivoli-Theater in Bremen, wo er für kurze Zeit als zweiter Kapellmeister im Sommer 1914 tätig wird und erstmals eine Operette dirigiert. Unheilvolle Zeiten zogen auf, 1915 musste er den Dirigentenstab aus der Hand legen und bekam stattdessen ein Schießgewehr. In den Schützengräben der französischen Front lernte er die Schrecken des Krieges kennen und verabscheute von nun an alles was mit Militär zu tun hatte, fand sich dann aber doch in einer Militärkapelle wieder, in die er verletzungsbedingt versetzt wurde.


    Nach Kriegsende arbeitete Paul Dessau in der Saison 1918/19 als Schauspielkapellmeister und Komponist unter Intendant Erich Ziegel an den Hamburger Kammerspielen. In den Jahren1919 bis 1923 war Dessau am Opernhaus Köln als Solo-Korrepetitor und Kapellmeister unter Otto Klemperer tätig, woraus sich eine lebenslange Freundschaft zu Klemperer ergab. Ab seiner Kölner Zeit beschäftigte sich Paul Dessau kompositorisch mit Vokal- und Instrumentalwerken. Dann wird er am Stadttheater Mainz Erster Kapellmeister. Auch privat tat sich etwas, im Juni 1924 heiratet er die Schauspielerin Gudrun Kabisch.


    1925 erhielt er mit seinem »Concertino für Solo-Violine mit Flöte, Klarinette und Horn« den renommierten Preis des Musikverlags Schott für in Donaueschingen aufzuführende Kammermusikwerke. Und schon wurde er von Otto Klemperer weiterempfohlen; diesmal an die Städtische Oper Berlin, wo er unter Bruno Walter tätig war; er selbst sagte dazu: »Ich war sehr unbeliebt bei Walter, denn ich habe ihm nie Elogen gemacht - ich kam von Klemperer und war das nicht gewohnt.« Daher verließ er schon 1926 das Opernhaus nach einem Konflikt mit Walter, um sich fortan als freischaffender Künstler zu betätigen; Paul Dessau hatte nun Familie, Anfang 1926 kam Tochter Eva zur Welt. Dessau wandte sich auf unterschiedlichen Ebenen dem Film zu, so war er zum Beispiel Kapellmeister eines Kinoorchesters; für Filme im Berliner Erstaufführungskino »Alhambra« schrieb er illustrative Begleitmusik und eigenständige Kompositionen; allerdings war dann die Zeit der Stummfilme bald vorbei, aber Dessau fand danach im Film-Metier andere Möglichkeiten.


    Will man chronologisch vorgehen, ist in dieser Zeit festzuhalten, dass Paul Dessau anlässlich des Kammermusikfestes Baden-Baden im Jahre 1927 erstmals Bertolt Brecht traf, mit dem ihn im weiteren Leben dann so viel verband. 1929 bekam Tochter Eva noch ein Brüderchen, zu dem Paul gesellte sich ein Peter. Der Nachwuchs konnte gut ernährt werden, denn Papa Paul war als freischaffender Künstler gut im Geschäft; bereits 1930 hatte sich Paul Dessau zu einem führenden Tonfilm-Komponisten entwickelt. Als sich 1933 die politischen Verhältnisse in Deutschland schlagartig änderten, wurde es für Paul Dessau eng, denn er war gleich doppelt gefährdet, weil er Jude und Sozialist war. Ausgerechnet bei den Tonaufnahmen zu dem Film »SOS Eisberg«, bei dem so prominente Namen wie Leni Riefenstahl und Ernst Udet mitwirkten, kam es zu Differenzen zwischen Dessau und einem Orchestermusiker, der Mitglied bei der SA war. Paul Dessau hielt es für angebracht recht schnell zu verschwinden und emigrierte über die Schweiz nach Frankreich, wo er zunächst mit seiner Familie in einer etwa 20 Kilometer nordwestlich von Paris gelegenen Kleinstadt lebte. Seinen Lebensunterhalt verdiente er in dieser Zeit weiterhin mit Filmmusik, aber auch als Kopist und Musiklehrer. Insbesondere seit dieser Zeit fließen zunehmend politische Aspekte in sein musikalisches Schaffen ein. Da waren zum Beispiel Lieder für die internationalen Brigaden des spanischen Bürgerkriegs. Sein 1936 entstandenes Lied - nach einem von seiner Frau geschriebenen Text - »Thälmann-Kolonne« fand durch die Interpretation von Ernst Busch eine weite Verbreitung. Nicht immer stand »Dessau« drauf, wenn »Dessau« drin war, Paul Dessau verwendete die Pseudonyme Peter Daniel und Henry Herblay und hinter dem Textdichter Paul Ernst verbarg sich Gudrun Kabisch, Dessaus Ehefrau.
    Ein anderer Teil seiner kompositorischen Arbeit war religiöser Art; Paul Dessau besann sich seiner jüdischen Herkunft und komponierte zahlreiche Werke auf hebräische Texte. Ab 1936 geht Dessau mit Hilfe des polnischen Komponisten und Musikpädagogen René Leibowitz zur Zwölftontechnik über; in Amerika findet er dann eine »erste Adresse« ...


    1939 verließ er Frankreich in Richtung Amerika, wo ihn die dortige Filmindustrie nicht mit offenen Armen empfing. Mühsam musste er sich seinen Lebensunterhalt zusammenstoppeln; unter anderem war er Musiklehrer in einem Kinderheim und arbeitete auf einer Hühnerfarm, die Wohnverhältnisse waren ganz bescheiden, nasse Wände inklusive, von seiner Frau war er inzwischen geschieden. 1941 konnte er seine schon in Paris begonnenen Kantate »Les Voix« auf dem Musikfest der »Internationale Gesellschaft für Neue Musik« in New York zur Uraufführung bringen. In Los Angeles traf er Arnold Schönberg und ab 1942 arbeitete er mit Bertolt Brecht in New York und Hollywood zusammen. Es entstanden Schauspielmusiken, Chorwerke und viele Lieder. An der Musik für das berühmte Brecht-Stück »Mutter Courage« wurde jahrelang auch durch andere Komponisten herumexperimentiert, heute hört man das, was von Paul Dessau nach Brechts Wunsch modifiziert wurde. Dichter und Komponist verstanden sich auch deshalb so gut, weil Dessau an den Brecht-Texten keinen Bedarf an Veränderungen anmeldete. In der amerikanischen Emigration schrieb Dessau auch sein bedeutendes Oratorium »Deutsches Miserere« nach einem Brecht-Text. Im Februar 1948 ging Paul Dessau - noch in USA - eine zweite Ehe mit der Schriftstellerin und Dramaturgin Elisabeth Hauptmann ein; dann kehrten die Neuvermählten im Juli des gleichen Jahres nach Europa zurück; allerdings nicht auf dem direkten Wege, sondern über Paris und Zürich; im November 1948 wurde man in Berlin sesshaft, und zwar im Osten der Stadt. Die zweite Ehe Dessaus wurde bereits 1951 wieder geschieden.


    Auch das Opernwerk »Die Verurteilung des Lukullus« war nicht so einfach über die Bühne zu bringen. Die Uraufführung fand 1951 statt und löste eine heftige kulturpolitische Debatte aus.


    Paul Dessau geriet zwar einerseits mehrfach mit der Kulturbürokratie in Konflikt, wurde jedoch andererseits auch als Künstler entsprechend ausgezeichnet. So wurde er 1952 in die »Deutsche Akademie der Künste (Ost)« gewählt und 1959 in der DDR zum Professor ernannt. Antje Ruge, eine Schauspielerin vom Deutschen Theater Berlin ist in den Jahren 1952 bis 1954 die dritte Ehefrau von Paul Dessau. Und schließlich kommt es 1954 noch zu einer vierten und letzten Eheschließung mit der Ausdruckstänzerin Ruth Berghaus, die aus Brechts Dunstkreis stammte und als Theaterregisseurin von sich reden machte. Frau Berghaus, seit 1962 eine stramme Parteigängerin, zerschlug nicht nur Porzellan im herkömmlichen Opernbetrieb, sondern war natürlich an den Werken ihres Mannes ganz besonders interessiert. Der dritte im Bunde war der langjährig an der Staatsoper wirkende Dirigent Otmar Suitner, der Dessaus Kompositionen schätzte und förderte. In Suitners Berliner Zeit kommt es zu einer engen Zusammenarbeit mit dem um 28 Jahre älteren Paul Dessau, dessen Werke »Puntila« (1966), »Einstein« (1974) und »Leonce und Lena« (1979) von Suitner uraufgeführt werden. Diese Opern fanden bei der Kulturbehörde keinen besonderen Anklang und beim Publikum hielt sich die Begeisterung auch in Grenzen. Aber Paul Dessau war immerhin ein echter Sozialist, einer den die Oberen zwar im Auge hatten, der aber im Grunde in der richtigen politischen Richtung dachte. In stetiger Zusammenarbeit mit Bertold Brecht war Dessau maßgeblich am Aufbau des Kulturlebens der DDR beteiligt, was auch in den Schauspielmusiken zu »Mutter Courage und ihre Kinder«, »Der gute Mensch von Sezuan« und »Der kaukasische Kreidekreis« deutlich wird.


    Nach dem überraschenden Tod von Brecht im August 1956 war Paul Dessau ein ganz wichtiger Partner weggestorben, der praktisch nicht zu ersetzen war. In den folgenden Jahren wandte er sich wieder stärker der Zwölftonmusik zu, was ihm die Aufmerksamkeit der nachwachsenden Generation sicherte. Musik für Kinder war ihm über viele Jahre ein wichtiges Anliegen; er sah diese Arbeit durchaus praktisch und unterrichtete zwischen 1962 und 1975 deshalb auch an der Zeuthener Grundschule. Paul Dessau starb nach einem ereignisreichen Leben. Er soll testamentarisch festgelegt haben, dass er in einem schlichten Holzsarg beerdigt wird, nur mit einer roten Fahne bedeckt und ohne die Genossen der Partei. Wie weiter berichtet wird, trugen Freunde den Sarg vor Sonnenaufgang zum Grab auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof. Eine andere Quelle berichtet dagegen nüchtern: »Der Komponist und Dirigent Paul Dessau, Mitglied der Akademie der Künste der DDR, stirbt 84-jährig im Krankenhaus zu Königs Wusterhausen. Seine Urne wurde auf dem Kirchhof der Dorotheenstädtischen / Friedrichswerderschen Gemeinde, Chausseestraße beigesetzt.«


    Praktischer Hinweis:

    Dorotheenstädtisch-Friedrichswerderscher Friedhof, Berlin Ortsteil Mitte. Der Zugang befindet sich in der Chausseestraße 126, 10115 Berlin. Vom Friedhofseingang geht man etwa 100 Meter geradeaus auf die Martin Luther-Statue zu, biegt aber schon kurz vorher links ab.

    Einmal editiert, zuletzt von hart ()

  • Milosz Magin - * 6. Juli 1929 Łódź - † 4. März 1999 Bora Bora


    Heute vor 90 Jahren wurde der Pianist, Dirigent, Komponist und Musikpädagoge Milosz Magin geboren


    magin1btjtr.jpg


    magin2mxj3u.jpg


    Milosz Magin wurde in der polnischen Stadt Łódź geboren, die bei seiner Geburt etwa um die 600.000 Einwohner zählte. Sein Musikstudium absolvierte er am Konservatorium in Warschau, wo er neben seinem Klavierstudium gleichzeitig auch Violine, Cello und Tanz studierte. Margerita Trombin-Kasuro war seine Klavierlehrerin; für Musiktheorie waren andere Lehrer zuständig, die noch immer, vor allem in der polnischen Musikwelt, einen guten Namen haben. Der eine war Jan Adam Maklakiewicz, den Magin als seinen geistigen Vater betrachtete und dessen kompositorisches Werk auch heute noch Bedeutung hat, der andere Kazimierz Sikorski, welcher vielen aufstrebenden und später anerkannten Musikern den Weg wies. Milosz Magin muss ein guter Student gewesen sein, denn als er 1957 sein Studium abschloss, wurde er mit Preisen für Klavier und Komposition bedacht.


    Aber das war in einer Zeit, als Ost-Künstler nicht einfach in die Welt ausschwärmen und Karriere machen konnten; Magins Aktivitäten waren im Wesentlichen auf Polen und Russland beschränkt. Aber er konnte an Wettbewerben im Westen teilnehmen, weil sein Land schon stolz war, die Leistungsfähigkeit ihrer Künstler der Welt zu präsentieren. Nachdem er sein Studium abgeschlossen hatte, nahm er erfolgreich am Klavierwettbewerb Vianna da Motta in Lissabon und verschiedenen anderen Wettbewerben teil.


    Milosz Magin heiratete die Pianistin Idalia Skonieczna und aus dieser Verbindung gingen zwei Töchter hervor. Nach den damaligen politisch bedingten Gepflogenheiten konnte das Paar nicht einfach zusammen gen Westen reisen; wie man in fremdsprachigen Publikationen lesen kann, muss es ihnen gelungen sein die bürokratischen Hindernisse zu überwinden, sodass eine Familienzusammenführung im Westen gelang. Magin hielt sich zunächst für ein Jahr in Portugal auf; auch Aufenthalte bei Verwandten in England und Deutschland sind bekannt.


    1960 entschloss man sich dazu Paris als Lebensmittelpunkt zu wählen, wie das Magins großer Landsmann Frédéric Chopin - den Magin in besonderem Maße verehrte - schon im Herbst 1831 getan hatte. Von Paris aus startete Milosz Magin zu seinen weltweiten Konzerttourneen, war aber auch lehrend am Conservatoire Rachmaninoff und an der International Music University Paris tätig. Es liegen vielfältige Aussagen von Schülern vor, die seine hervorragenden pädagogischen Fähigkeiten rühmen. Unter seinen Schülerinnen uns Schülern befinden sich berühmte Namen wie zum Beispiel Isabelle Oehmichen, eine französische Pianistin, die acht Jahre bei ihm studiert hatte und für die er seine dritte Sonate schrieb, oder Jean-Marc Luisada.


    1963 traf Milosz Magin ein schwerer persönlicher Schlag. Als er nach einem Konzert nach Hause fuhr, verletzte er sich bei einem Autounfall erheblich, sein linkes Handgelenk war gebrochen. So etwas dauert, aber 1968 waren seine Finger wieder so zu gebrauchen, dass er für Decca das gesamte Werk Chopins aufnehmen konnte. Aber Magin war schließlich neben seiner Pianisten-Tätigkeit auch noch Komponist, und in dieser Eigenschaft entstand 1965 seine »Musique des Morts«, wo er beim Komponieren noch einmal seine Fahrt im Ambulanzwagen nach dem Unfall an sich vorüberziehen ließ. Milosz Magin hinterließ ein beachtliches Werk unterschiedlicher Kompositionen, wenn man bedenkt, dass das Komponieren nicht seine Haupttätigkeit war und er auch für andere Instrumente schrieb; da sind auch Konzerte für Violine, Cello und Klarinette dabei, auch ein Ballett, Vokalmusik und zwei Symphonien ... noch immer befinden sich seine Kompositionen im Repertoire bekannter Interpreten.


    Mit Unterstützung seiner Frau gründete Milosz Magin 1985 den Internationalen Klavierwettbewerb - Milosz Magin. Dieser Wettbewerb sollte vor allem der Förderung junger Talente dienen, aber auch der polnischen Musik gewidmet sein. Magin wurde zwar in Frankreich weit besser wahrgenommen als in seinem Heimatland Polen, aber er hing zeitlebens sehr an seiner Heimat, was auch in seiner Musik zum Ausdruck kommt, in seinen Werken finden sich viele Anklänge an polnische Folklore.


    Milosz Magin starb am 4. März 1999 - kurz vor dem siebten Wettbewerb, der seinen Namen trägt - überraschend an einem Herzinfarkt auf einer Konzertreise in Tahiti auf dem Atoll Bora Bora.


    Praktischer Hinweis:

    Das Grabmal von Milosz Magin befindet sich auf dem Pariser Friedhof Cimetière du Père-Lachaise / Division 13. Man geht vom Haupteingang auf der Avenue Principale eine kurze Strecke von etwa 100 Metern geradeaus, biegt dann rechts in die Avenue du Puits ab, um von dort (WC) der etwas aufsteigenden Avenue Casimir Périer zu folgen, die zwischen Division 13 und 14 Richtung Kreisel führt, aber man wendet sich bereits am Ende von Division 8 nach links Die gesamte Gehstrecke vom Haupteingang aus bis zum Grab Milosz Magin beträgt etwa 400 Meter, nur wenige Schritte weiter - im Gräberfeld 11 - ist das Grab von Frédéric Chopin.


    -----------------------------------------------------------------------------------------


    chopin-maginhzjur.jpg





  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Interviebanner 1 Gelbe Rose
  • Gerhard Taschner - 25. Mai 1922 Krnov (Tschechien) - † 21. Juli 1976 Berlin


    taschnera59kbq.jpg


    Zum heutigen Todestag von Gerhard Taschner


    taschnerbq8j0t.jpg


    Der Geburtsort von Gerhard Taschner liegt in der Region Mährisch-Schlesien (Moravskoslezský kraj) an der Grenze zu Polen; früher hieß dieser Ort einmal Jägerndorf.


    Der kleine Gerhard kam ziemlich »vorbelastet« zur Welt; mit allen Vor- und Nachteilen, die solche Veranlagungen mit sich bringen. Seinen Vater hatte er nie so richtig kennengelernt, denn seine Eltern trennten sich schon etwa eineinhalb Jahre nach der Eheschließung, wobei die Mutter die treibende Kraft war, denn sie verstand es auch zu verhindern, dass sich Vater und Sohn kennerlernen konnten. Mama Margarete soll eine sehr gute Geigerin gewesen sein, und so fiel es ihr natürlich auf, dass das Söhnchen außergewöhnliche musikalische Fähigkeiten besaß.


    Es wäre naheliegend gewesen, dass die Mutter die Ausbildung des kleinen Gerhard übernimmt, aber nun betrat Franz Hein die Szene, das war Gerhards Großvater mütterlicherseits. Dieser Großvater war nicht irgendein Großvater, sondern eine bedeutende Persönlichkeit der lokalen Musikszene und auch darüber hinaus, denn er hatte eine weithin bekannte Musikschule gegründet; er spielte die erste Geige im wahrsten Sinne des Wortes ... Im Alter von vier Jahren endete Gerhards Kindheit, das muss man so sehen, weil es heißt, dass Franz Hein »ein strenger, vielleicht auch zu strenger, Lehrmeister war«. Das trug natürlich Früchte, die Entwicklung ging in Richtung »Wunderkind«. Als Gerhard sieben Jahre alt war, steckte man ihn in ein Rokoko-Kostüm - und da stand er nun in Prag bei einem öffentlichen Konzert auf der Bühne, sah Klein-Mozart zum Verwechseln ähnlich, und spielte Mozarts Violinkonzert Nr. 5 in A-Dur KV 215. Muss man es noch erwähnen? Fachpresse und Publikum waren begeistert. Aber Franz Hein war auch ein so erfahrener Musiker, dass ihm bewusst war, dass er dem Siebenjährigen nichts mehr beibringen konnte.


    Im Alter von acht Jahren reichte man den Jungen an den berühmten - damals zweiundsiebzigjährigen - Jenö Hubay in Budapest weiter. Aber das funktionierte dann aus verschiedenen Gründen nicht so, wie sich das Mutter und Großvater vorgestellt hatten. Der Junge kam sich in dieser großen Stadt verloren vor und verstand die Sprache nicht; zudem sollte er dort noch die beiden ihm fehlenden Volksschuljahre nachholen. Im Nachhinein meinte der erwachsene Taschner, dass er damals einfach zu jung gewesen sei, um das aufzunehmen, was ihm Hubay hätte vermitteln können.


    Im Folgenden kommt der zehnjährige Taschner nach Wien, wo er die Bundesrealschule besucht und praktischerweise in Schulnähe wohnt. Wenn bei Schulfeiern das Streichquartett auftrat, spielte der Direktor die zweite Stimme, während Taschner die erste Stimme vorbehalten blieb. 1936 verließ er diese Schule mit einem mittleren Bildungsabschluss und konnte sich noch ein Jahr ohne Doppelbelastung nur seinem Musikstudium widmen. Von 1932 bis 1937 war Taschner Schüler am Neuen Wiener Konservatorium in der Klasse von Professor Adolf Bak, den Taschner außerordentlich schätzte, dennoch nahm er zusätzlich noch privaten Unterricht bei dem damals sehr bedeutenden Geiger Bronislaw Huberman. Zum Jahresanfang 1937 verließ Taschner das Konservatorium mit dem Prädikat »Mit Auszeichnung«, da war er noch keine fünfzehn Jahre alt. Allerdings hatte er bis zu diesem Zeitpunkt auch schon einige beachtliche öffentliche Auftritte absolviert, wie zum Beispiel in einem Sinfoniekonzert der Wiener Symphoniker, wo er als Solist auftrat.


    Adolf Bak hatte die politische Entwicklung gut beobachtet und war 1937 entschlossen wieder nach Amerika zurückzukehren; seinem Schüler machte er den Vorschlag ihn in die USA zu begleiten und unterbreitete ihm auch die Option eventuell dort zu bleiben. Die Modalitäten dieser Überseereise sind nicht ganz klar, es sind verschiedene Versionen dazu im Umlauf; klar ist jedoch, dass er mit seinem Lehrer drüben war und die Mutter dazu die Erlaubnis geben musste, denn der Sohn war ja noch nicht volljährig. Was immer Bak auch geplant haben mag, es wurde nichts draus, denn Margarete Taschner befürchtete wegen der Sudetenkrise einen drohenden Krieg und rief ihren Sohn zurück. Nach seiner Rückkehr 1938 sind keine besonderen musikalischen Ereignisse überliefert, interessant wird es erst wieder als er sich 1939 um eine freiwerdende Stelle eines Konzertmeisters bei beim Stadttheater Brünn (damals Hauptstadt von Mähren) bewarb und diese Stelle auch bekam, weil er mit seiner Qualität gegenüber den anderen Mitbewerbern punkten konnte; im September 1939 trat er seine erste Stelle als Orchestermusiker an, was allerdings nicht ganz reibungslos von statten ging, denn Qualität erzeugt nicht nur Bewunderung, sondern ruft auch Neider auf den Plan. Da es fachlich kaum etwas zu bekritteln gab, versuchte man es im privaten Umfeld, er solle was mit einer Jüdin gehabt haben, ein Umstand dem damals einiges Gewicht beigemessen wurde. Aber der zweite Kapellmeister, Dr. Richard Treiber, hatte am Haus so viel Autorität, dass er sich für Taschner erfolgreich einsetzen konnte. (Dass ich am Grab von GMD Dr. Richard Treiber alle paar Tage vorbeigehe, ist ein grotesker Zufall). Richard Treiber bemühte sich, seinem Jungen Orchestergeiger zu weiterem Aufstieg zu verhelfen. Treiber verstand es, Hermann Abendroth - der damals Dirigent des Gewandhausorchesters Leipzig war - zu einem Gastdirigat mit dem Orchester des Stadttheaters nach Brünn zu bekommen. Im Rahmen dieses Konzertes spielte dann der 19-jährige Taschner das Violinkonzert op. 77 in D-Dur von Johannes Brahms; Abendroth gab seiner Bewunderung Ausdruck. Aber Taschners nächster Schritt führte ihn nicht etwa nach Leipzig, sondern direkt nach Berlin zu Furtwängler. Abendroth hatte Furtwängler umgehend auf seine Brünner Entdeckung aufmerksam gemacht, und noch im gleichen Monat wurde Taschner zum Probespiel nach Berlin eingeladen. Mit der Wiedergabe der Chaconne von J. S. Bach wurde er bei den Berliner Philharmonikern anerkannt; nach seinem Vortrag spendeten die meisten Orchestermitglieder mächtig Beifall und Furtwängler soll spontan gesagt haben: »Taschner, Sie werden mein erster Konzertmeister«. Taschners Vertrag ist mit dem 1.7.1941 datiert, wegen der Orchesterferien war der Dienst aber erst ab September anzutreten. Mit Beginn der neuen Konzertsaison muss Gerhard Taschner in Berlin mächtig Furore gemacht und sowohl Publikum als auch Fachpresse begeistert haben, was heute noch nachzulesen ist. Das alles war auch Herbert von Karajan nicht entgangen, der ihn für das Orchester der Staatsoper als Sonderkonzertmeister zu finanziell weit besseren Bedingungen abwerben wollte, aber Taschner konnte dies nicht locken. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Staatsoper finanziell weit besser ausgestattet war, als die Philharmoniker unter städtischer Regie.


    Auch privat tat sich für Taschner in Berlin etwas; im März 1943 heiratete er die um sechzehn Jahre ältere Pianistin Gerda Nette-Rothe, die sich wegen Taschner scheiden ließ. Herr Rothe erschien dann zur Hochzeit seiner ehemaligen Gattin mit einem Blumenstrauß und blieb dem Paar freundschaftlich verbunden. Im August 1943 wurde Töchterchen Daniela in einem Luftschutzbunker in Brandenburg geboren. Frau Taschner war aber nicht nur Hausfrau und Mutter, sondern war auch noch - trotz ihrer beiden Kinder - in der Lage ihren Mann bei den Vorbereitung seiner Konzerte künstlerisch zu unterstützen, wie zum Beispiel auch 1944 bei einem Sibelius-Konzert in Helsinki, von dem der hochbetagte Komponist sehr beeindruckt war. - Aufnahmen mit Gerda & Gerhard Taschner sind übrigens heute noch als CD auf dem Markt.


    cdgerdagerhardl2k7f.jpg


    Es war Krieg, und was für einer! Jeder Mann wurde gebraucht; die Militärbürokratie hatte auch - schon in Brünn - ein Auge auf den jungen Geiger im wehrfähigen Alter geworfen. Da Taschner in seiner Berliner Anfangszeit viele unterschiedliche Adressen hatte: mal wohnte er im Hotel, dann war er wieder bei dem einen oder anderen Kollegen untergebracht ... , gab es bei den verschiedenen Berliner Erfassungsbehörden ein großes Durcheinander, hohe und höchste Stellen waren mit dem Fall befasst. Letztendlich hatte man aus Taschner einen Funker gemacht, und er soll in dieser Position eine gute Figur gemacht haben. Furtwängler besuchte seinen Konzertmeister mehrmals in der Kaserne, und als sich Taschner einmal beim Gewehrreinigen einen Finger verletzte, nahm er ihn sofort mit zu seinem Arzt und erreichte auch, dass dabei einige Tage Krankenurlaub heraussprangen. Aber Taschner musizierte auch bei höchsten Stellen, zum Beispiel mehrmals abends im Hause des Rüstungsministers Albert Speer. Wenn er dann erst nach Mitternacht zurück in seine Kaserne kam, erhielt er morgens, wenn der Unteroffizier vom Dienst die Kameraden aus den Betten scheuchte, eine Sonderbehandlung - »Der Geigenfritze ... weiterpennen«, hieß es da. Einige Zeit später, genauer gesagt am 11. April 1945, verließ Familie Taschner in Begleitung eines von Speer beauftragten Offiziers Berlin in Richtung Süddeutschland, nach Thurnau, einem Ort, den man schon dem Dunstkreis von Bayreuth zurechnen kann.


    Auch während des Krieges war Taschner international unterwegs und musizierte in der Schweiz, Italien, Spanien, Portugal, Frankreich, Belgien, Niederlande, Dänemark, Schweden, Finnland, Slowakei, Ungarn, Jugoslawien, Rumänien, Bulgarien und auch im Generalgouvernement Böhmen und Mähren.


    Nach dem zweiten Weltkrieg fand sich Taschner dann im »Vereinshaus Kulmbach« zu einem Konzert ein oder gab einen Violinabend in Ansbach. Größere Perspektiven eröffnete ihm mal wieder Dr. Richard Treiber, der unmittelbar nach Kriegsende in seiner Heimat musikalisch aktiv geworden war - er hatte die Gesellschaft der Musik- und Kunstfreunde Heidelberg gegründet - lud Taschner zu zwei Konzerten ein, die sehr gut beim Publikum ankamen; der musikalisch prominenteste Zuhörer war Wolfgang Fortner - das sollte Folgen haben ... Nach dem ersten Taschner-Konzert lud Fortner, der in Heidelberg wohnte, das Ehepaar Taschner zu sich nach Hause ein; es ist noch anzumerken, dass Frau Taschner eine Studienkollegin von Fortner war. An diesem Abend kam dann auch die unbefriedigende Wohnsituation der Taschners in Bayern zur Sprache, was Fortner spontan veranlasste Gerda und Gerhard Taschner mit nach Rüdesheim zu nehmen. Der Komponist war mit Dr. Carl Jung befreundet, welcher ein beachtliches Weingut besaß und nicht nur etwas von Wein verstand - er war der Erfinder des alkoholfreien Weins - , sondern auch »nebenbei« Musik studiert hatte und Orgel, Klavier und Cello spielte. Die Boosenburg, ein schlossähnlicher Besitz der Familie Jung, war mit der Zeit zu einem kulturellen Treffpunkt geworden, insbesondere für Musiker. Als das Ehepaar Taschner im Februar 1946 mit Fortner dort eintraf, waren Walter Gieseking und Ludwig Hoelscher schon da; an den drei folgenden Tagen sollten die »Musiktage in Schloss Boosenburg« abgehalten werden und man gewann Taschner zur Mitwirkung, die fruchtbar war; die Taschners kamen bereits einen Monat später wieder und wohnten in einem Gasthaus, um sich im Rheingau intensiv nach einer Wohnung umzusehen, was jedoch keinen Erfolg brachte. Das führte zu der Überlegung, dass man drei Räume, die bislang als Abstellkammern gedient hatten, entrümpelte und für Wohnzwecke herrichtete; Familie Taschner hatte damit endlich eine Bleibe gefunden.


    Es war eine Idee des Hausherrn in einem Konzert nur Werke für Klaviertrio zu spielen und sich damit ganz offiziell als Trio-Gemeinschaft vorzustellen. Nach einem Probelauf in der Boosenburg fand das eigentliche offizielle Debüt am 27. März 1947 im Neuen Theater in Rüdesheim statt. Im Mai des Jahres startete dann das Trio zu einer Konzertreise durch Deutschland.


    cdtaschner-triouhjvl.jpg

    Auf der Boosenburg entstand auch Fortners Konzert für Violine und Orchester unter tatkräftiger Mitwirkung Taschners; ein Werk, das Fortner Gerhard Taschner gewidmet hatte. Die Entstehung des Werks gestaltete sich nicht einfach, denn es gab zwischen den freundschaftlich verbundenen Männern erhebliche musikalische Dissonanzen, die sich bis in die eigentlichen Proben zur Uraufführung hinzogen, wobei zwei verzweifelte Dirigenten den Taktstock niederlegten, so dass Wolfgang Fortner schließlich sein Werk selbst dirigieren musste; es wird kolportiert, dass Taschner bei einer der vielen Auseinandersetzungen mit erhobenem Bogen auf seinen Freund losgegangen sei und erregt gerufen habe: »Wolfgang, du kennst ja dein eigenes Stück nicht«. Dennoch fand die Uraufführung am 16. Februar 1947 mit dem Orchester des Südwestfunks in Baden-Baden erfolgreich statt und wurde in der Folgezeit von bedeutenden Orchestern unter namhaften Dirigenten wie zum Beispiel Scherchen, Hollreiser, Rosbaud, Furtwängler ... aufgeführt.


    Die Familie Taschner hatte es in Rüdesheim gut und Gerhard Taschner war mit dieser Situation ganz zufrieden, aber Gerda Taschner versuchte so um 1950 von dort wegzukommen und plante eine Übersiedlung nach Berlin. Trotz seiner Abwehrhaltung meinte Taschner schließlich: »Dann fahr´ du nach Berlin und verhandle!« Gerda Taschner kannte nicht nur Fortner von früher, sondern auch Werner Egk. Egk war damals Leiter der Musikhochschule und hatte die Möglichkeit für den Ehemann eine Professur an der Hochschule in Aussicht zu stellen. Nun ging Egk mit frau Taschner auf Wohnungssuche. In Pichelsdorf , Bezirk Spandau, wurde man fündig; es fand sich dort ein Häuschen, in welchem - Dank guter Beziehungen Gerda Taschners - auch recht bald ein Steinway stand. Ab dem 16. August 1950 war Familie Taschner wieder in Berlin gemeldet. Aber kaum hatte man sich im neuen Heim eingerichtet, eröffnete Taschner seiner Frau: »Ich konzertiere nicht mehr mit Dir!« Sie hatte ihm dann noch einen guten Pianisten besorgt, dann trennten sich die Wege des Künstlerpaares auch im ganz privaten Bereich. Nach der Trennung von seiner Frau ging Taschner eine mehrjährige enge Verbindung mit Sigrid Gräfin von Berlepsch ein, die etwa bis 1966 dauerte.


    1948 gelang Taschner erstmals nach dem Krieg wieder ein Sprung über die Grenze und er konzertierte in Wien erfolgreich unter Leonard Bernstein, der ihn einerseits gerne mit nach Amerika genommen hätte, wie er sagte, aber hinzufügte: »Damit würde ich dir jetzt keinen Gefallen tun«. 1949 gab es zwischen Taschner und Furtwängler Unstimmigkeiten, weil sich Taschner über den Dirigenten und das Orchester negativ geäußert hatte, was Furtwängler zu Ohren gekommen war. In den Anfängen der 1950er Jahre Konzertierte Taschner noch auf hohem Niveau mit vielen namhaften Dirigenten und auffallend viel mit Joseph Keilberth. Nun war auch wieder ungehindertes Reisen möglich, Konzertreisen führten ihn bis nach Südamerika.


    Wer vermutet, dass Taschner eine besonders wertvolle Geige besaß, sieht sich getäuscht; er spielte auf einem Instrument aus der Werkstatt des Berliner Geigenbauers Pliverics, die etwa für tausend Mark zu haben war. Als ihm einmal im Verlauf seiner Karriere eine Stradivari zur Verfügung gestellt wurde, spielte er damit nur ein einziges Konzert und gab das kostbare Instrument mit den Worten zurück: »Auf dem Ding kann ich mich selber nicht hören.«


    Ab Januar 1950 hatte Taschner eine Professur an der Musikhochschule Berlin als Honorarprofessor, ab 1955 als außerordentlicher Professor und schließlich ab 1970 als ordentlicher Professor. Von seiner Zeit als Hochschullehrer liegen unterschiedliche Berichte vor; wenn man diese studiert, gelangt man zu der Ansicht, dass er das sehr engagiert tat, aber seinen Schülern allerdings einiges abverlangte. Einmal hatte sich eine Schülerin über Professor Taschner beschwert, dass er zu hohe Ansprüche stelle; er verlange schon im zweiten Semester, dass man Spiccato spielen könne! Also wurde Taschner wegen dieser Beschwerde zum Direktor bestellt, wo er sich mit den Worten verteidigte: »Dies ist doch eine Hochschule für Musik und nicht für Technik. Das müssen die doch schon können, wenn die zu mir kommen. Es ist nur liebenswürdig von mir, dass ich denen das auch noch beibringen will.« Taschners Unterricht beschränkte sich nicht auf die Hochschule, sondern häufig bestellte er die ihm Anvertrauten auch zu sich nach Hause, wo dann gemeinsam gegessen und getrunken wurde. Oft waren die Gespräche so interessant, dass sie sich bis in die Morgenstunden hinzogen. Sicher war auch Sport ein Gesprächsthema, denn der Herr Professor interessierte sich für einige Sportarten, insbesondere für Fußball, wo er sogar eine Mini-Karriere beim Rüdesheimer VfR vorweisen konnte. Taschner fuhr dann seine Schüler einzeln nach Hause, wenn keine Möglichkeit mehr bestand dies mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu tun. Bei all diesem Engagement ist jedoch festzustellen, dass aus Taschners Schülern kein prominenter Geiger hervorgegangen ist.


    Natürlich war er auch in seiner Zeit als Pädagoge viel konzertierend unterwegs; sein letzter Auftritt soll 1963 in München gewesen sein. Bei einem folgenden Duo-Abend wartete das Publikum dann vergeblich auf den Auftritt des Virtuosen, ein Sprecher trat an die Rampe und verkündete, dass Gerhard Taschner leider aus gesundheitlichen Gründen absagen musste. Etwa 1956 stellten sich bei Taschner erhebliche, vom Rücken ausgehende Beschwerden ein. Kenner der Materie hatten herausgehört, dass der berühmte Geiger immer mehr von seiner sonst gewohnten Sicherheit verlor. Taschner selbst hatte natürlich auch bemerkt, dass vieles nicht mehr ging und suchte nun verstärkt Trost im Alkohol, was in seinem näheren Umfeld schon in der Rüdesheimer Zeit als Problem erkannt wurde, aber nun besorgniserregende Ausmaße annahm.


    In seinen letzten unschönen Lebensjahren wurde er von der japanischen Pianistin Kayo Tatebe, einer privaten Schülerin Taschners, betreut. Sie lebten von Ende 1969 bis zu seinem Tod zusammen. Seine Lebensgefährtin übernahm die häusliche Pflege, bis eine Einweisung ins Klinikum Steglitz nicht mehr zu umgehen war. Im Alter von nur 54 Jahren starb Gerhard Taschner am 21. Juli 1976 nach mehrwöchigem Krankenhausaufenthalt; die Ärzte hatten eine schwere Leberzirrhose im Endstadium diagnostiziert.


    Auf dem Grabstein sind - oberhalb des Namens und der Lebensdaten - die Anfangstakte der Solovioline aus dem Adagio des Violinkonzertes von Dvorak angebracht.


    Praktische Hinweise:

    Das Ehrengrab von Gerhard Taschner befindet sich auf dem Friedhof Stubenrauchstraße in Berlin-Friedenau; der Friedhof liegt inmitten eines Wohngebiets. Vom Eingang Stubenrauchstraße aus benutzt man den zweiten Weg, der nach rechts abbiegt und hat dann in wenigen Schritten das Gräberfeld 6 erreicht, wo sich das Grab von Ferruccio Busoni befindet, das durch eine gut sichtbare Stele auffällt. Vonhier aus sind es dann nur noch wenige Schritte zum Grab von Gerhard Taschner, welches sich im Gräberfeld 22 befindet.


    stubenrauch-eingangddjbc.jpg

    Friedhofseingang an der Stubenrauchstraße


    p11402060ukrt.jpg


    Rechts der Busoni-Stele erkennt man im Hintergrund den grauen Stein von Taschners Grab

  • Lieber Hart!

    Zu einer heißen Sache, die von der Presse auch füropernfernes Publikum entsprechend aufbereitet wurde, war eine von Lorin Maazeldirigierte »Fidelio«-Aufführung geworden. Die Presse war sich ob des Vorgangs uneins.

    Zu der 'heißen Sache' habe ich als Ohren- und Augenzeuge der Aufführung einen kleinen Bericht eingestellt. Ich wollte das nicht in diesem Gräber-Thread tun, da ich das eher unpassend fand. Stattdessen habe ich im Beirer-Thread geschrieben. Leider ist es dadurch wohl Deiner Aufmerksamkeit entgangen.

    Macht ja nichts. Aber zumindest hinweisen wollte ich Dich doch darauf! Hans Beirer – Nur zweite Wahl?


    Beste Grüße

    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Leider ist es dadurch wohl Deiner Aufmerksamkeit entgangen.

    Lieber Caruso,

    Deine Annahme ist schlicht falsch, denn das hatte ich sehr wohl gelesen, und zwar sehr interessiert, weil meine Schilderung dieser Vorgänge ja nicht aus eigenem Erleben stammte. Wenn man so etwas dann aus Zeitungsartikeln oder Büchern abschreibt, sollte man vorsichtig sein, damit man nichts übertreibt. Deinem wertvollen Erlebnisbericht zufolge, war das ja schon mehr als ein kleiner Zwischenfall; danke, für diese reine Quelle!

  • Lieber Hart!

    Deinem wertvollen Erlebnisbericht zufolge, war das ja schon mehr als ein kleiner Zwischenfall; danke, für diese reine Quelle!

    Es war in der Tat mehr als ein gewöhnlicher Schmiss! Es war eine veritable Havarie. Und es hatte etliche Langzeitfolgen.

    Was in den Zeitungen damals zu lesen war, stammte zumeist nicht von wenig erfahrenen Musikkritikern. Die haben sich teilweise bei Stammbesuchern erkundigt, was da eigentlich schief gelaufen ist. Darum habe ich auch gerne die Gelegenheit genutzt, die Vorgänge mal genau zu beschreiben, als ich in Deinem Thread eine Anspielung auf das Ereignis fand,


    Beste Grüße

    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Clementine von Schuch - *24. Juli 1921 Dresden - † 29. Juni 2014 Berlin


    Beim Namen Schuch kann man schon mal ins Straucheln kommen; ausgehend vom »Urvater« Ernst von Schuch, der ein sehr berühmter Dirigent war (1846-1914) tragen mehrere Sängerinnen diesen Namen. Die wohl berühmteste der Damen war die Gattin des Dirigenten, Clementine von Schuch (1850-1932), der man - der Unterscheidung wegen - oft ihren Geburtsnamen Proska beifügt.


    clementinev.schnjj5h.jpg


    Zum heutigen Geburtstag von Clementine Edle von Schuch


    clementinev.sch.ajpg9hk10.jpg


    Die 2014 verstorbene Clementine Edle von Schuch trug den Vornamen ihrer Großmutter, war also deren Enkelin. Ihre Eltern waren Hans Schuch, der von Kindesbeinen an gesundheitlich angeschlagen war, aber von einem Orchestermitglied seines Vaters zu einem Cellisten ausgebildet wurde und noch zu Lebzeiten seines Vaters an der Hofkapelle in Dresden angestellt wurde; später arbeitete er als Cello-Lehrer am Musikkonservatorium in Dresden. Die Mutter, Valeria Koslerova, war Balletttänzerin aus dem königlich sächsischen Ballettensemble und entstammte einer angesehenen Prager Familie - Valerias Schwester heiratete Klaus Pringsheim, den Bruder von Katja Pringsheim, es ergaben sich so Kontakte zur Familie Thomas Mann.


    Clementine war das einzige Kind ihrer Eltern. Da im Zweiten Weltkrieg das Haus von Hans und Valeria durch Bomben zerstört wurde, mussten sie Unterschlupf bei der jüngsten Schwester von Hans suchen, das war die Sängerin Liesel von Schuch. Auch Liesel von Schuch war eine bekannte und erfahrene Sängerin und so gestaltete es sich, dass die Tante das Kind ihres Bruders ausbildete.


    Noch zu Kriegszeiten hatte Clementine von Schuch ein Engagement am Theater in Königsberg. Von 1945 bis 1947 sang sie an der Staatsoper Dresden und wechselte dann 1947 an die Komische Oper Berlin, deren Mitglied sie bis in die sechziger Jahre blieb. Das Große Sängerlexikon von Kutsch/Riemens stellt die Tätigkeit der Sängerin wie folgt dar:


    » Auf der Bühne übernahm sie zumeist mittlere und kleinere Partien aus allen Bereichen des Opernrepertoires, darunter die Mercedes in »Carmen«, die Antonia in »Tiefland« von d'Albert, die Annina im »Rosenkavalier«, die Frugola in Puccinis »Il Tabarro«, die Hortense in »Die Wirtin« von R. Mohaupt und den Sebastian in »Was ihr wollt« von A. Kusterer. Auch als Konzertsängerin erfolgreich aufgetreten.«


    Clementine von Schuch war also eine Sängern, welche nicht ständig an den bedeutenden Musikzentren der Welt in Erscheinung trat. Ihre Stimmlage wird mit Sopran/Mezzosopran angegeben, was bedeutet, dass sie vielseitig einsetzbar war. Ohne Sängerinnen und Sänger solcher »mittleren und kleineren Partien«, die man auch als Comprimarii bezeichnet, würde kein Opernhaus etwas zustande bringen, auch solchen Künstlern sollte man entsprechenden Respekt und Anerkennung zollen, was hiermit, stellvertretend für viele andere. getan wird.



    Praktischer Hinweis:

    Berlin, Friedhof Lichterfelde (Ortslage Lichterfelde-West), Moltkestraße 42.

    Man geht vom Eingang aus etwa 80 Meter geradeaus und wendet sich dann nach rechts, wo man das Grab nach etwa 30 Metern links des Weges findet.


    lichterfeldeeingypj43.jpg


    Der Friedhofseingang

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Heute habe ich mir einen langgehegten Wunsch erfüllt und das Grab von Walter Felsenstein besucht. Während viele Gräber bedeutender Künstler, die zu DDR-Zeiten in Ost-Berlin wirkten, leicht aufzufinden und zu besuchen sind, nicht selten auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin, liegt das Grab von Walter Felsenstein weit abgelegener: auf dem Friedhof des Ortes Kloster, Hauptort auf der Ostseeinsel Hiddensee. Das Grab liegt in Nähe der Kirche, oben an einem relativen Hang, an dessen unteren Ende das Grab das Dramatikers Gerhart Hauptmann liegt. Wenn man von dort hangaufwärts sieht, thront der schwarze Grabstein, auf dem oben der Name Walter Felsensteins eingraviert ist, quasi über allem.


    Ich habe zwar selbst einige Fotos geschossen, bin aber zu dumm, diese hochzuladen, also stelle ich zwei bereits vorhandene Internetfotos der Grabstätte ein.

    wpid-grab-walter-felsenstein.jpgAKG399250.jpg


    Und hier noch ein Foto der Grabstätte von Gerhart Hauptmann:


    9813817.jpg


    Mehr bekomme ich hier jetzt leider nicht hin.


    Wer Walter Felsenstein nahe kommen möchte, sollte sich diese einstündige Doku nicht entgehen lassen:



    P.S.: Gerade erst sehe ich, dass der unvergessene Harald Kral hier im 7. Beitrag dieser Rubrik bereits vor sechs Jahren an das Felsenstein-Grab auf Hiddensee erinnert hat. Ich denke, dass er mit der Wiederholung dieser Erinnerung durch mich einverstanden wäre, nicht nur, weil die Fotoverlinkung seines damaligen Beitrags nicht mehr funktioniert.


    Der Musiker Gräber

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Walter Felsenstein hatte zwar viel mit Musik zu tun, sehr viel sogar, aber dass er Musiker war? Also halten wir fest, dass er die Abläufe auf der Bühne dirigierte ...

  • Lieber Stimmenliebhaber,

    2006 weilte ich mal in Kloster und hatte natürlich auch diese Gräber besucht und mich über Hauptmanns Weinkeller sachkundig gemacht. Interessant war auch, wie neidisch die Manns auf die Hauptmanns waren ... , das hat jedoch alles nichts mit Musik zu tun ...


    Den ZEIT-Artikel hätte ich gerne kommentiert, aber dann haben wir auch in diesem ansonsten friedlichen Thread eine Regietheater-Diskussion. Gerade bin ich auf dem Weg nach Hamburg; nach Rückkunft werde ich etwas über das Grab von Reynaldo Hahn schreiben, der eindeutig Musiker war und mit einem bekannten Literaten zu tun hatte, so kommen wir wieder zum Thema Musiker-Gräber zurück ...

  • Lieber "hart",

    in den Weinkeller im Gerhart-Hauptmann-Haus bin ich gestern natürlich auch hinabgestiegen. :)

    Im Übrigen bin ich der Meinung, dass das Musiktheater Walter Felsensteins mit dem heutigen Regietheater GAR NICHTS mehr zu tun hat. :hello:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Interviebanner 1 Gelbe Rose