Der schlimmste Schurke in der Oper

  • Hallo liebe Taminoaner,


    ich möchte auch mal versuchen, einen thread zu starten, da ich am Wochenende mit meinem Bruder eine (von gutem Rotwein und gegensätzlichen Vorlieben - Wagner/Mozart) geprägte Diskussion über dieses Thema hatte.


    Wer ist denn nun der größte, verabscheuungswürdigste (kann natürlich ein Widerspruch sein?) Schurke in der Oper?


    Ich möchte mich mit meiner Ansicht zunächst zurückhalten.


    Beste Grüße aus Leipzig
    Misha

    res severa verum gaudium


    Herzliche Grüße aus Sachsen
    Misha

  • Ich kenne die richtig blutigen Verdi-Opern zu schlecht (dito die Barockopern, aber da sind die intirgante Schurken meistens eh chancenlos und nciht wirklcih schurkisch, Ariodante müßte ich nochmal hören) aber meine spontanen Kandidaten ohne lange nachzudenken, wären:


    der Herzog (Duca) in "Rigoletto"
    Scarpia in Tosca


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hallo,


    die Antwort hängt wahrscheinlich auch stark von persönlichen Einschätzungen der jeweiligen "Straftaten" aus. So ist für mich der Duca kein wirklicher Schurke, er tut nichts, was Herzöge und Frauenhelden im Lauf der Jahrhunderte nicht immer wieder ganz selbstverständlich gemacht haben, ist also kein herausragendes Negativbeispiel. Allerdings gibt es bei Verdi einige andere echte Anwärter:


    Francesco (Franz Moor - Masnadieri)
    Macbeth (gemeinsam mit seiner Lady)
    Wurm (Luisa Miller)
    Jago


    Bei Mozart ist es schwierig, da die Figuren zu vielschichtig sind, als dass man sie leicht einteilen könnte. Am ehesten noch Don Giovanni, mit Abstrichen Monostatos.


    Bei Wagner haben wir Ortrud, Alberich, Mime und Hagen, eventuell noch Melot.


    "Einzeltäter" wären noch Don Pizzarro (Fidelio), Kaspar (Freischütz) und Scarpia.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • ...eine schwierige Frage - zumindest, wenn man "objektiv" die (Todes-)Opfer nachzählen müsste, die ein Schurke innerhalb einer Oper zu verantworten hat.


    Subjektiv finde ich auch den Scarpia aus der "Tosca" am schurkigsten, wohl, weil er so ziemlich alle klassischen Merkmale des Bösewichts in sich vereint.
    Mit "Schurken" wie Monostatos oder dem Duca aus "Rigoletto" oder auch Verdis Macbeth hat man während der Oper ja noch so etwas wie Mitleid an einigen Stellen, weil sie ja zum Teil auch ihre menschlichen Seiten mit all ihren Skrupeln und Widersprüchen offenbaren, bzw. ihr Wedegang zum Bösewicht ja einigermaßen nachvollziehbar dargestellt wird.


    Der Scarpia hingegen ist von Anfang an einfach nur ein mieser Typ, ohne sympathische Züge! (Und eine tolle Rolle obendrein :])


    Ansonsten fiele mir noch der Tolomeo aus Händels "Giulio Cesare" als Schurke ein, der barockopernuntypischerweise den 3. Akt ja auch nicht überlebt - verdienterweise.... :D


    Und wenn man es streng beurteilt, dürften sämtliche "Mefistofeles" in allen Faust-Opern ja eigentlich ebenfalls als Verkörperung des Bösen schlechthin als klassische Schurken durchgehen - wenn sie nur nicht über weite Strecken allesamt so unterhaltsam und sympathisch wirken würden ;)

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Zitat

    Original von Theophilus
    die Antwort hängt wahrscheinlich auch stark von persönlichen Einschätzungen der jeweiligen "Straftaten" aus. So ist für mich der Duca kein wirklicher Schurke, er tut nichts, was Herzöge und Frauenhelden im Lauf der Jahrhunderte nicht immer wieder ganz selbstverständlich gemacht haben, ist also kein herausragendes Negativbeispiel.


    Scarpia macht auch nichts, was diktatorische Polizeichefs nicht immer mal wieder gemacht hätten.... :evil:
    ...Du hast völlig recht, ich finde gerade dieser Art Machtmißbrauch unerträglich (und Gilda liebt das Ar.... auch noch!), während ich für andere Schurken Sympathie empfinde, etwa einen ewigen Zweiten wie Jago.
    Don Giovanni ist IMO interessanter als der Duca, den mag ich lieber, u.a. weil ihm während der Oper ja kein einziges Abenteuer wirklich gelingt, er immer auf der Flucht ist. Der Mißerfolg macht ihn sympathisch und das schlitzohrige Vermeiden des Erwischtwerdens hat etwas.


    Zitat


    Bei Wagner haben wir Ortrud, Alberich, Mime und Hagen, eventuell noch Melot.


    "Einzeltäter" wären noch Don Pizzarro (Fidelio), Kaspar (Freischütz) und Scarpia.


    Bei Wagner haben die "Bösewichter" eigentlich meistens meine Sympathie :D (von Ortrud mal abgesehen): Alberich und seine Verwandtschaft sind aufs Übelste hintergangen worden und wehren sich so gut sie können (zugegeben nicht gerade fair....), besonders Mime ist aber eigentlich ein armes Schwein. Ebenso Monostatos. Kaspar ist (wie die meisten Schurken) recht flach, eigentlich nur eine Marionette Samiels. Hunding dagegen ist nichtmal ein richtiger Schurke, nur ein brutaler Depp.
    Pizarro ist o.k., aber er muß noch ein wenig üben, bis ein Scarpia aus ihm wird.... :D


    viele Grüße


    JR

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    (Bob Dylan)

  • Hallo,


    für mich ist der Scarpia vielleicht der widerlichste Schurke der Operngeschichte: nicht bloß hinterlistig, sondern auch noch brutal, korrupt und auf eine sadistische Art lüstern. Ein egomaner Vampir, der sich am Haß ("Come tu mi odi! Cosi, cosi ti voglio!") und am Leid ("Piu forte, piu forte!" - man muß hören, mit welch obszöner Anzüglichkeit Tito Gobbi das während der Folterszene herausstößt) seiner Opfer ergötzt und labt. Der Mann dürfte, wenn er denn gelebt hätte, ein durch und durch pathologisches Sexualleben gehabt haben.


    Kurz dahinter Jago. Er richtet seinen "Chef" durch ein feines Gespinst von Andeutungen, Mutmaßungen und Halbwahrheiten zugrunde, nur weil der ihn bei der letzten Beförderung übergangen hat. Das tut er aber auf wirklich meisterhaft abgefeimte Weise. Hier können selbst heutige "Mobbing"-Experten noch was lernen... Ansonsten ist er ein Zyniker ohne Glauben, dazu noch ein ziemlich brutaler Ehemann.


    Dann folgt für mich der Großinquisitor aus "Don Carlos". Verdi hat die katholische Kirche seiner Zeit verabscheut und das merkt man dieser apparatschikhaften Figur an. Der blinde, fast neunzigjährige Beichtvater Phillips II. vereint alle negativen Eigenschaften, die man der damaligen Kirche zuschreibt: fanatisch, erstarrt, unbarmherzig, freudlos. Er ist der dunkle Schatten auf der Seele Phillips, der dessen aufkommende menschliche Gefühle im Keim erstickt und aus Staatsraison Menschenopfer fordert. Dabei macht er Phillip auf sehr unmißverständliche Art und Weise klar, wer in Spanien wirklich das Sagen hat und wer nicht. Zurück bleibt ein gebrochener König.


    Dahinter folgen dann bei mir noch:


    - Don Pizarro aus "Fidelio" (eiskalter Machtmensch, der über Leichen geht; fast schon eher ein Archetyp als ein Charakter)


    - Macbeth (wobei die Lady die treibende Kraft hinter den Morden ist und ihren Mann, den verständliche Skrupel und Ängste plagen, fast zur Macht prügeln muß)


    - Kaspar ("Freischütz"): dem im Dreißigjährigen Kriege endgültig zur empfindungslosen Bestie verrohten und mit dem Teufel im Bunde stehenden Landsknecht gelingt es fast, den unsicheren Kollegen und Rivalen Max in dessen Unglück zu stürzen. Am Ende hilft Samiel, wie immer, doch nicht.


    - Hagen ("Götterdämmerung"): nur zum Zwecke der Vernichtung Siegfrieds gezeugt, erfüllt dieser sich selbst hassende Racheroboter unbeirrt und listenreich seine Mission; dabei erledigt er seinen Halbbruder Gunther gleich mit, der ihn schon durch dessen bloße Existenz an seine dunkle Herkunft erinnert


    - Ortrud aus "Lohengrin" (das "böse, politische Weib": "Segne mir Trug und Heuchelei..." usw.)


    - Don Carlo di Vargas ("Forza del Destino"), der in fanatischem Rachedurst selbst kurz vor seinem Tode der Schwester nicht verzeihen kann und sie ersticht


    Andere Kandidaten wie etwa Alberich, Mime, Graf Luna ("Trovatore") oder Renato ("Ballo") sind widersprüchlichere Charaktere und haben teilweise aufgrund erlittenen Unrechtes für ihr Handeln sogar ein wenig Nachsicht verdient.


    Und der "Fürst der Finsternis" ist, wie MarcCologne so richtig bemerkte, zumindest bei den Italienern und Franzosen ein so eleganter Mann von Welt, daß man ihm eigentlich nicht gram sein kann... :stumm:


    Und der Don Giovanni... Na ja, vielleicht kein Sympathieträger, aber doch die Art von Mann, vor der Mütter ihre Töchter immer meist vergeblich warnen, weil sie eben viel anziehender wirken als Stubenhocker wie Don Ottavio. Ohne solche Schurken ist die Welt blasser, flacher und ärmer, trotz allem (siehe das Schlußbild der Oper, wo graue (Spieß-)Bürgerlichkeit triumphiert).


    Grüße


    GiselherHH


    @ Theophilus: Ich hoffe, Du hast noch trockene Füße...

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Hallo Giselher


    Zitat

    Ich hoffe, Du hast noch trockene Füße...


    Ja, aber nur deshalb, weil ich sie hochhalte....
    Aber Spass beiseite, 150l/m² Wasser nahezu an einem Stück sind alles andere als lustig und manche Landesteile hat es ziemlich schlimm erwischt. Bei dem Wetter könnte man trübsinnig werden....


    Zurück zum Thema:


    Wie schon Misha zur Entstehung des Threads bemerkte, könnte man hier trefflich diskutieren, da ja jede Figur ihre spezifischen Eigenheiten besitzt, die dann von verschiedenen Betrachtern durchaus unterschiedlich eingeschätzt werden können. Wenn ich mir den Titel des Threads anschaue, fällt mir spontan eine Teilung der angeführten Personen in zwei Kategorien ein: die wirklich bösen, deren gesamtes Handeln negativ zu werten ist und jene, die durch spezielle Umstände in eine Lage geraten, die mehr oder wenig zwangsläufig zu einer großen Untat führt. Jago und Scarpia gehören in die erste, Renato in die zweite Kategorie. Es erhebt sich die Frage, ob Personen der zweiten Kategorie überhaupt berechtigt sind, für den Titel vorgeschlagen zu werden.


    Bei jenen Figuren, die nicht einfach zu klassifizieren sind, muss man genauer hinsehen, wobei persönliche Ansichten eine Rolle spielen. So finde ich bei Alberich und Mime nicht viel widersprüchliches, sie gehören für mich locker in die erste Kategorie.
    Schwieriger wird es bei Don Carlo di Vargas, der anfangs noch verständlich reagiert, dessen Wahn aber etwas Krankhaftes entwickelt, bis er zum Schluss nur noch von Prinzipien statt von menschlichen Regungen getrieben wird.
    De Großinquisitor? Heikel, heikel, eigentlich ist er ein Sinnbild der damaligen gesellschaftlichen Zustände, im Speziellen Repräsentant einer grauenvollen Fehlentwicklung innerhalb der katholischen Kirche, man könnte ihn auch als persönliches Gewissen des Königs sehen, aber er ist nicht wirklich eine handelnde Figur, sondern eher Katalysator. Auf jeden Fall diskussionswürdig... (und wenn nur aus dem Grund, weil er in einer der großartigsten Szenen der Operngechichte vorkommt).


    Ganz anders Graf Luna. Er ist der "Bösewicht" im Trovatore, weil in so einem Stück einer der Bösewicht sein muss. Aber ich erinnere mich zurück an eine Live-Fernsehübertragung aus der MET (ja, so etwas gab's vor Äonen öfters!), wo Sherril Milnes in einem Pausengespräch darauf angesprochen wurde, wie er sich denn in der Rolle dieses Bösewichts gefalle. Er meinte ganz gut, insbesondere wo er der Meinung sei, dass Graf Luna eigentlich gar kein Bösewicht sei - "He's just doing his job". Diese etwas hemdsärmelige Einschätzung mag im ersten Moment zu vereinfachend ercheinen, aber im Grunde hat er Recht. Graf Luna tut die ganze Oper lang nichts, was ihn zu einem Bösewicht machen würde. Wir dürfen nicht vergessen, dass Krieg herrscht, und er mehr als einmal unliebsame Bekanntschaft mit dem Feind Manrico macht, den er schließlich auch für den Tod der geliebten Frau der eigenen Partei verantwortlich machen muss. Seine Hinrichtung ist formal begründet. Aber der Zuseher sieht die Geschichte aus einer anderen Perspektive, für ihn ist Graf Luna immer der Störfaktor in der Liebe zwischen Leonore und Manrico, und wir ahnen aus den Erzählungen in der Oper die komplizierten Bande zwischen den handelnden Personen...


    Bei Don Giovanni bleibe ich auch nach etwas Sinnieren bei meiner Meinung. Deine Argumente sind nicht von der Hand zu weisen, aber es fehlt etwas. Ich möchte Don Giovanni Giacomo Casanova gegenüberstellen. Beide sind als große Liebhaber vor dem Herrn bekannt, dennoch recht unterschiedliche Charaktere. Casanova ging es nicht primär um die Verführung, sondern mehr um die Sinneslust. Auch er wird so manches Herz gebrochen haben, aber der Großteil seiner Eroberungen wird sich mit angenehmen Gefühlen an die Begegnung mit ihm erinnert haben. Anders Don Giovanni, sicher ein großer Könner auf seinem Gebiet, zählt für ihn schließlich nur mehr die Eroberung. Eine Begegnung mit ihm ist eine kurze Zeit höchster Wonnen, dem unweigerlich der Katzenjammer folgt. Don Giovanni endet als Statistiker der Sinneslust, obwohl er sich selbst nicht so sieht. Er ist letztlich ein zutiefst destruktiver Charakter, der überwiegend unglückliche Seelen auf seinem Weg hinter sich lässt.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Die schlimmsten Verbrecher sind für mich die, für deren handeln es keinerlei auch nur ansatzweise nachvollziehbare Ursachen/Motivationen gibt und die auch (fast) keine menschlichen Züge mehr an sich haben.


    Insofern ist der Scarpia nicht unpassend (wobei ich die "Tosca"-Charaktäre für zu melodramatisch-schablonenhaft halte); anders als Jago oder die Macbeths, Luna, Giovanni, Hagen und viele genannte.


    Meine Favoriten wären da eher Ramfis (Aida) und insbesondere der Großinquisitor aus dem "Carlos", den ich für die grauenvollste und unmenschlichste Person der Opernliteratur halte. Und dass es sich jeweils um Vertreter der Kirche handelt ist vermutlich auch kein Zufall.

  • Hallo martello


    Zitat

    Die schlimmsten Verbrecher sind für mich die, für deren handeln es keinerlei auch nur ansatzweise nachvollziehbare Ursachen/Motivationen gibt und die auch (fast) keine menschlichen Züge mehr an sich haben.


    Genaugenommen können solche Figuren gar nicht auf die Bühne gebracht werden, da sie dramaturgisch nicht verwendbar sind. Daher kann man auch bei jedem Opern-Bösewicht durchaus nachvollziehbare Gründe ihres Handelns finden.


    Bei Scarpia sind wir uns bislang alle einig, ein echter Bösewicht - aber der schlimmste Schurke auf der Oper?
    Schauen wir uns die Geschichte einmal aus seiner Sicht an: Rom im Jahre 1800. Politisch wirre Zeiten, wenige Jahre zuvor haben die Folgen der Revolution Frankreich entvölkert, seit Jahren herrscht Krieg in Europa, und zur Zeit wird auch in Italien gefochten. Scarpia ist Polizeichef in Rom, für ein ungeliebtes Regime, und der Widerstand regt sich auch schon sichtbar in der Stadt. Die "Kacke ist am Dampfen", wie man so schön sagt. Scarpia hat alle Hände voll zu tun, um einigermaßen für "Recht und Ordnung" zu sorgen. Außerdem weiß er heute nicht, ob er noch morgen als Polizeichef aufwachen wird, oder ob in der Nacht schon feindliche Truppen die Macht übernehmen werden. Da ist keine Zeit, um politische Gegner mit Samthandschuhen anzugreifen, der kurze Prozess ist die bevorzugte Handlungsweise. Das Besondere in unserer Geschichte ist lediglich, dass Scarpia die Gelegenheit bekommt und ergreift, die Arbeit mit dem Vergnügen zu verbinden. No na, auslassen wird er sie. Der Opernbesucher bekommt lediglich die kleine Befriedigung, dass Scarpia sich letztlich doch in einem entscheidenden Punkt verkalkuliert. Bösewicht ja, aber eigentlich nichts Besonderes, wenn man das historische Umfeld einbezieht. Daher meine ich, dass Giselhers Charakterisierung Scarpia zu sehr vom heutigen Standpunkt aus betrachtet, wo er in der Tat mehr zu einem Monster mutiert. Aber ich möchte darauf hinweisen, dass es keine 70 Jahre her ist, dass die Scarpias bei uns rudelweise herumliefen, und es gerade mal 15 Jahre her ist, dass 100km südlich von uns Dinge passiert sind, gegen die Scarpias Taten die eines Waisenknaben waren. Die Scarpias sind immer unter uns, man darf ihnen nur keine Gelegenheit geben, aus ihren Löchern herauszukommen.


    Da ist z.B. Jago von einem anderen Schlag. Es gibt keinen plausiblen Grund für die Handlungsabfolge des Otello, als der Wille Jagos. Er hätte sein Problem ganz anders lösen können, aber er wählt aus eigenem Antrieb und ohne Not eine ganz teuflische und verwerfliche Art und Weise. Das macht ihn für mich zu einem besonderen Bösewicht.


    Deine persönlichen Favoriten sind wieder ein Kapitel für sich. Sie sind ja keine Bösewichter an sich sondern lediglich Repräsentanten dafür, dass eine an sich löbliche und positive gesellschaftliche Entwicklung pervertieren kann und ab einem gewissen Punkt mehr Schaden als Nutzen bringt, frei nach dem Motto "Ein Teil von jener Kraft, die stets das Gute wollte, und doch das Böse schafft".

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Muß mich aus Zeitmangel leider kurz fassen, meine "Favoriten" sind:


    Pinkerton (ein besonders perfider "Sextourist")
    Scarpia (weniger wg. seiner faschistischen Methoden, als wg. seines oben schon geschilderten Sadismus)
    Der Großinquisitor (sowohl im Carlos als auch in Il prigioniero)

    res severa verum gaudium


    Herzliche Grüße aus Sachsen
    Misha

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  • Hallo Theophilus,


    das Abstoßendste an Scarpia sind ja gar nicht mal seine Methoden als Polizeichef, die, wie Du ja beschrieben hast, nicht nur damals gang und gäbe waren, sondern es teilweise leider auch noch heute sind - nein, das "Monströse" an dieser Figur liegt für mich in der sadistischen Freude am Leid seiner Opfer, das ihn - ich gestatte mir einmal diesen Ausdruck - erst richtig "geil" macht. Der Reiz Toscas liegt ja für Scarpia nicht nur darin, eine berühmte Sängerin ins Bett zu kriegen, sondern die widerstrebende, sich vor ihm ekelnde Freundin seines Feindes durch Gewalt zu besitzen, sie zu brechen:


    "Auf diese Stunde habe ich gewartet.
    Schon verzehrte mich
    die Liebe zu der Diva!
    Aber soeben sah ich dich,
    wie ich dich nie zuvor sah!
    Deine Tränen waren Lava für meine Sinne,
    und dein Blick,
    der mich mit Hass durchbohrte,
    brachte meine Gier zum Rasen!
    Geschmeidig wie ein Leopard
    umschlangst du den Geliebten,
    ah, in diesem Augenblick
    schwor ich, du würdest mein! ..."


    Und eben dieses Amalgam aus Geilheit, Brutalität und Sadismus ist es, die Scarpia für mich zum schlimmsten Schurken der Opernbühne werden läßt.


    Der Großinquisitor ist im "Don Carlos" zwar keine direkt handelnde Figur, aber bereits das düstere Grollen des Orchesters bei seinem Auftritt kündet von der Atmosphäre des Schreckens und Terrors, die der böse Geist des Escorial verbreitet und vor der letztlich auch der König kapituliert. Ich glaube, daß es kein Zufall ist, daß Verdi ihm keinen Namen gegeben hat. In den vielen Jahrzehnten seines Amtes ist er so mit ihm verwachsen, daß es nur noch den "Großinquisitor" gibt und keinen Menschen dahinter (falls es den je gegeben haben sollte). Und so ist es nur folgerichtig, daß ihn als "Beichtvater" die Seelenqual des Menschen Philipp nicht interessiert, sondern allein, den König wieder "auf Kurs" zu bringen, auf den Kurs des Vatikan, dessen Interessenvertreter in Spanien er ist. Der Großinquisitor als kaum noch lebendige menschliche Hülle stellt so etwas wie die Verkörperung einer für menschliche Belange blind gewordenen Macht dar, die nur noch unterwerfen will. Vielleicht ist er damit kein Schurke im herkömmlichen Sinne, sondern etwas noch Schrecklicheres und Unheimlicheres.


    Noch zum Don Giovanni. Bei aller destruktiver Energie und Selbstsucht hat er doch Klasse, versprüht Charme und besitzt die Grandezza des alten Adels, der, wie er, als dominierender Faktor schon bald von der Bühne abtreten sollte. Interessanterweise gibt es ja keinen gleichwertigen männlichen Gegenspieler im Stück, der ihm das Wasser reichen könnte: Masetto riecht zwar den Braten, ist aber schon wegen seiner niedrigen Herkunft nicht ebenbürtig, der Commendatore handelt am Ende als Abgesandter höherer Mächte und Don Ottavio ist ein ziemlich lethargischer Verfechter der Interessen Donna Annas - kein Wunder, daß sie ihn am Ende nicht will, sondern lieber (zunächst für 1 Jahr) ins Kloster geht. Don Giovanni bildete das faszinierende Zentralgestirn im Leben der anderen Personen, sie kreisten wie Planeten um ihn. Und nun, da er zur Hölle gefahren ist, sind sie aus ihrer Bahn geworfen und so hilflos wie Marionetten, die man von ihren Fäden geschnitten hat. Der laute (falsche) Jubel des Schlusses über den bestraften Bösewicht soll vielleicht die Leere in ihnen übertönen, die von jetzt an in ihrem grauen und langweiligen Leben herrscht, eine Lücke, die zu schließen sie selbst nicht die nötige Energie besitzen.


    Grüße


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Hallo!


    Ich schließe mich der Mehrheit hier an: Scarpia!
    Dicht gefolgt von Pizarro und Jago.


    Komisch, Macbeth und Don Giovanni sehe ich überhaupt nicht als "Schurken", dazu sind ihre Figuren zu archetypisch. Mephisto wird hier ja sicher auch niemand nominieren.


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Die Einordnung von Jago bei Teophilus kann ich nicht ganz nachvollziehen (vielleicht blockiert hier aber auch der Shakespeare-Fan in mir zu sehr den Opern-Fan) - sein Handeln ist - von einem schlechten Charakter ausgehend - in jeder Sekunde nachvollziehbar. Von jemand zurückgesetzt, den er als minderwertig ansieht - wie soll der sonst reagieren?

  • Hallo martello,


    du hast mich falsch verstanden (oder ich habe es nicht deutlich genug formuliert). Natürlich ist Jagos Handeln nachvollziehbar. Im Gegensatz zu den meisten anderen hier genannten Bösewichtern entspringt sein Handeln aber seinem eigenen, freien Willen. Ihn zwingt keine Staatsräson, er muss keine Familienehre wiederherstellen, muss nicht für sein Leben ein anderes opfern, muss auch nicht für seine persönliche Ehre aus Rache den vermeintlichen Liebhaber seiner Frau ans Messer liefern, muss keinen politischen Gegner mundtod machen und wird auch nicht unwiderstehlich von persönlicher Gier getrieben, nein - er wurde einmal ungerecht behandelt und führt eiskalt einen ganz persönlichen Rachefeldzug. Und zwar einen perfekt geplanten und nicht im Affekt verwirklichten.


    Er und Ortrud sind die wirklichen Bösewichte, weil sie es bewusst und aus eigenem Antrieb heraus sind. Alle anderen handeln unter zum Teil großen äußeren und inneren Zwängen, was sie nicht entschuldigt oder freispricht, aber ihr böses Wesen vielleicht doch etwas reduziert.
    Alberich und Mime sind auch nicht viel besser, eine Meinung mit der ich offensichtlich aber ziemlich alleine dastehe, was vielleicht noch näher auszuführen wäre. Man sieht schon, über Bösewichte lässt sich trefflich diskutieren.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo, Martello!


    Zitat

    Original von martello
    Die Einordnung von Jago bei Teophilus kann ich nicht ganz nachvollziehen (vielleicht blockiert hier aber auch der Shakespeare-Fan in mir zu sehr den Opern-Fan) - sein Handeln ist - von einem schlechten Charakter ausgehend - in jeder Sekunde nachvollziehbar. Von jemand zurückgesetzt, den er als minderwertig ansieht - wie soll der sonst reagieren?


    Ist die Frage wirklich ernst gemeint? Ich bin selbst großer Shakespeare-Fan und bin mir gaaaaanz sicher, daß Shakespeare Jagos Reaktion nicht als "angemessen" beurteilt sehen möchte. Nachvollziehbar ist sie natürlich. Aber Jago ist schon mit der fieseste Intrigant, den man sich vorstellen kann.


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Nein, von angemessen würde ich auch nicht reden.


    Allerdings zeigen sich gerade bei Shakespeares Verbrechern unheimlich fein herausgearbeitete Charakterzüge und der Versuch, das gesamte Handeln einer Figur aus dem Charakter hinaus zu entwickeln und zu erklären ohne dabei dumpf-böse Klischees (wie bei Scarpia) auftürmen zu müssen. Jago oder auch Richard III. zeichnen sich aber auch durch eine intellektuelle Brillianz aus, die für mich ein gewisses Maß an Bewunderung - beinahe Sympathie - seitens des Autors diesen Figuren gegenüber andeutet, dem ich mich nicht ganz entziehen kann.
    Vielleicht bin ich da etwas abseitig veranlagt, aber diesen Typ Verbrecher mag ich irgendwie (die Ortrud übrigens auch).

  • Hi


    Zitat

    Jago oder auch Richard III. zeichnen sich aber auch durch eine intellektuelle Brillianz aus, die für mich ein gewisses Maß an Bewunderung - beinahe Sympathie - seitens des Autors diesen Figuren gegenüber andeutet, dem ich mich nicht ganz entziehen kann.
    Vielleicht bin ich da etwas abseitig veranlagt, aber diesen Typ Verbrecher mag ich irgendwie (die Ortrud übrigens auch).


    Deine Einschätzung ist dir unbenommen, aber die Frage war ja nach dem größten Schurken, und nicht, ob auch der ein gewisses Mass an Sympathie bekommen kann. Das wäre eigentlich schon ein passendes Nachfolgethema!

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Wobei man dann noch darüber zu sprechen hätte, welche (nicht geringen) Unterschiede zwischen dem Jago Shakespeares und dem Jago Boitos bestehen...

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Unbedingt in diese Auflistung gehört auch


    John Claggart, master at arms
    (Benjamin Britten, "Billy Budd")


    - wer einen anderen (physisch) zerstören will, (nur) weil dieser erstmals in ihm menschliche (homosexuelle?!) Gefühle in ihm weckt, hat sich hier zumindest eine Erwähnung verdient. Wobei es sich auch hier wieder um eine hochkomplexe Charakterzeichnung handelt, die nur beim ersten Auftritt - auch musikalisch - an den monolithischen Großinquisitor im "Carlos" erinnert.

  • Was ist mit der sadistischen Kabanicha (Janácek, "Kat'a Kabanowa")?
    Und vielleicht noch Barnaba (Ponchielli, "La Gioconda").
    Ansonsten schließe ich mich meinen Vorpostern an: Scarpia, Il Grande Inquisitore, John Claggart.


    Wobei ich das Duett König-Großinquisitor für eine der besten Stellen (dramaturgisch wie musikalisch) bei Verdi halte. Auch der Vergleich zwischen Schiller und Verdi hat es in sich. Gegen das Verdi-Monster ist der Schiller'sche Großinquisitor ja richtig lieb! :D

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  • Mildernde Umstände!


    Der Scarpia von Sherrill Milnes ist mir weitaus symphatischer als der
    Macho-Pelz. Scarpia hat Tischkultur. Zur Dekoration gehören Tischwaschbecken und Armleuchter. Herr Schumacher muss durchgreifen können.


    Die Tosca (im Film die Kabaivanska) ist auch nicht viel besser
    als ihr Widersacher. Hinterrücks sticht die Schurkin einfach zu,
    anstatt es zunächst erst einmal mit einem Haftverschonungsantrag
    zu versuchen. :D:


    Ein bisschen anders verhält es sich mit dem Barnaba. Es gehört
    schon etwas dazu, eine blinde Mutter zu ersäufen. Igitt!


    Man bedenke aber auch hier die Mitschuld des Opfers. Die Mutter soll ihn vorher beleidigt haben. Scheint in der Familie zu liegen! La Gioconda
    flaumt ihn an: "Volesti il mio corpo, demon maledetto", anstatt
    zu sagen: "Kleiner, ich glaube ich bin nicht die Richtige für Dich" : :O:


    :angel:

  • Meine Lieben,


    Solange es um Menschen geht à la Scarpia oder Jago, lassen sich immer Argumente gegen banales Schwarzweiß und Milderungsfaktoren finden. Das absolute Schurkentum ist daher nur bei richtig beelzebübischen Inkarnationen vorhanden. Dazu gehört sicherlich Lindorf/Coppélius/Dapertutto/Dr.Miracle aus "Hoffmanns Erzählungen". Der Samiel scheidet aus, denn der tritt ja als quasi echter Teufel auf.


    Allerdings ist es normalerweise spannender, über schillernde Charaktere zu diskutieren als über eindeutige, oder? Also habe ich mir gedacht, ich befördere diesen Thread wieder ins Rampenlicht.


    LG


    Waldi

  • Lieber Waldi.


    Zitat

    Der Samiel scheidet aus, denn der tritt ja als quasi echter Teufel auf


    Warum scheidet er aus? Kann man ihn nicht als höhere oder von mir aus auch tiefste Gewalt betrachten und demzufolge als den Schurken überhaupt?


    LG


    Maggie

  • Sicher, liebe Maggie, aber was soll man dann noch viel über ihn sagen, wenn er sich als das böse Prinzip schlechthin ganz offen deklariert. Hoffmanns Gegner hingegen tarnen sich in Menschengestalt. Ich habe das Gefühl, mit dem Schurken, wie er hier gemeint ist, versteht man jemanden, der noch die Wahlmöglichkeit zwischen gut und böse hat und sich dementsprechend entscheidet. Der Teufel hat diese Freiheit nicht mehr, allenfalls seine Großmutter in manchen Märchenerzählungen.


    LG


    Waldi

  • Lieber Waldi,


    Zitat

    Hoffmanns Gegner hingegen tarnen sich in Menschengestalt.


    Genau das ist der Harken. Sie tarnen sich, aber wer sind sie in Wahrheit. Sie (Lindorf/Coppélius/Dapertutto/Dr.Miracle) sind keine anderen Lebewesen, sondern nur der Teufel in Menschengestalt. Das heißt also, auch sie haben keine Wahlmöglichkeit mehr zwischen gut und böse.


    Ok, möglicherweise wird in diesem Thread nicht der Schurke der Schurken gesucht, sondern nur sein schlimmster Vertreter. In dem Fall fällt mir natürlich der Vertreter Samiels, oder besser ein abhängiges Opfer, ein unglückliches Opfer, ein Anhänger wie man es auch immer betrachtet ein, Kasper. Er ist ein Mensch der sehr wohl die Wahl hatte sich für gut oder böse zu entscheiden.


    Ach übrings: In welchem Märchen hat des Teufels Großmutter die Wahl gut zu sein? :D


    LG


    Maggie

  • Luca Lombardi hat eine Oper mit dem Titel "Dmitri" geschrieben. Die beiden Protagonisten: Schostakowitsch und Stalin. Stalin wäre natürlich als einer der großen Verbrecher des 20. Jahrhunderts ein Kandidat für den größten Schurken in der Oper. Wobei solche realen Personen gegenüber fiktiven Personen "außer Konkurrenz" laufen müssten.


    Hitler scheint derzeit zwar für eine verfilmbare Person der Geschichte gehalten zu werden, aber es gibt meines Wissens noch keine Oper, in der er auftaucht (Theaterstücke schon, u.a. von Achternbusch).


    Grüße,


    Heinz

  • Zitat

    - Macbeth (wobei die Lady die treibende Kraft hinter den Morden ist und ihren Mann, den verständliche Skrupel und Ängste plagen, fast zur Macht prügeln muß)


    Hallo GiselherHH,


    für mich ist gerade Macbeth der schlimmere von beiden! Ein ganz übler Heuchler, der keine Verantwortung übernehmen will und sich daher (zuerst) von der Lady zum Jagen tragen lässt! Er will zwar, überlässt aber erstmal ihr die Initiative. Er begeht den Mord am König und jammert (hinterher!!) über das Blut an seinen Händen, daß alle Ozeane nicht mehr wegwaschen können. X(
    "verständliche Skrupel und Ängste" sehe ich da nicht, nur Machtgier gepaart mit der Angst vor den möglichen Konsequenzen. Diese verliert sie aber im Lauf der Oper immer mehr! Je weniger er zu fürchten hat desto leichter mordet es sich eben. Und desto weniger benötigt er die Lady!!




    Scarpia ist allerdings auch einer meiner "Lieblingsschurken". Ein echter Sadist, der mit seinen Opfern gerne Katz und Maus spielt.



    Misha nannte ja auch schon Linkerton. Auch so einer, der alles mitnimmt und dann "ganz erschüttert" ist was für Folgen sein Handeln hat. Allerdings sehe ich ihn nicht als Bösewicht im eigentlichen Sinne, sondern "nur" als gedankenlosen Tropf (komisch, daß sich das Bild der Amerikaner im Ausland in den letzten 100 Jahren rein gar nicht verändert hat :D ).



    Ich finde aber auch Turandot recht "schurkisch". Als Kalaf würde ich jedenfalls erstmal unter dem Bett nachsehen bevor ich mich in selbiges lege. Womöglich liegt da doch noch ein kleines Hackebeilchen rum! :D


    Das wars erst mal.


    Gruß
    Regina

    2 Mal editiert, zuletzt von regtim ()

  • Das ist ja wohl die absolute Unverschämtheit, Ketzerei, Blasphemie und überhaupt, daß man hier als übler Schurke geführt wird, wo man den lieben langen Tag nichts tut, als Spanien vor dem Bösen zu bewahren! Aber die Strafe wird kommen, Johannes läßt grüßen!


    Die Fieslinge aus Hoffmanns Erzählungen würde ich auch bedenken, ebenso den Basilio aus dem Barbier (das motivlos Böse, wenn auch nicht dräuend)!


    Was ist mit Klingsor? Oder die für mich vielleicht zynischste Spielernatur, Don Alfonso aus Cosi? Herodias?


    Da wird einem ja übel vor Sünde! Ich ziehe mich jetzt zur Reinigung zurück.


    LG,



    Christian

  • Bevor Ihr Euch alle vom Bösen reinigt, schaut mal in das gerade laufende Rätsel über Luder. Da gibt es eine ganze Reihe von exzellenten Kandidatinnen, die ich aber derzeit nicht verraten darf, indem ich sie hier nominiere. :stumm:



    :hello: Riddleamus

  • Der schlimmste Schurke in der Oper


    Hallo zusammen,


    sicher nicht der allerschlimmste in der Oper schlechthin, aber eigentlich auch ein widerlicher Bursche – und das immerhin in einer Komödie - ist der Orpheus aus Hoffmanns „Orphée aux enfers“.


    Wieso eigentlich? – Nun, die Tatsache, dass seine Ehe in Trümmern liegt, ist ja nicht so außergewöhnlich. Und er lässt sich wider eigenen Wunsch sogar erweichen, sich bei Jupiter über die Tatsache zu beschweren, dass ihm seine weiß Gott längst nicht mehr geliebte Euridice in die Unterwelt entführt wurde – aber genau hier liegt der Haken: wenn er ja wenigstens auch nur ein Hauch von einem Kerl wäre, würde er sagen, dahin ist dahin, und möge sie sich doch mit Pluto vergnügen.
    Aber was ihn treibt zu versuchen, sie zurück zu holen, ist die öffentliche Meinung. Sicher sieht er in seinem geistigen Auge schon die Schlagzeilen der „Yellow Press“, wenn er nicht alles Menschenmögliche tut, um sie da herauszuholen, und wie das doch seiner Gesangskarriere schaden wird. Und am liebsten wäre ihm von Anfang an genau das, was dann ja auch passiert: er tut sein „Bestes“, aber gegen die Götter ist das nicht „genug“. Und auf diese Weise ist er Gott sei Dank das verdammte Weib los, das sein Gesinge längst nicht mehr ertragen, viel weniger bewundern konnte, aber zugleich ist er – in der öffentlichen Meinung! – der tragische Held, dessen Auflehnung gegen die Götter gescheitert ist. Was für eine Chance, zum Superstar des Jahres zu werden!


    Und so gesehen gibt es für Euridice ein Happy End: diesen elenden, charakterschwachen, publicity-geilen Tenortyp ist sie los, und sie darf Karriere als Bacchantin machen mit hoffentlich guter Unterstützung durch den Oberboss, mit dem sie auch sonst einigen Spaß haben wird. - O tempora, o mores!


    Gruß
    Pylades

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