Richard Strauss in Garmisch-Partenkirchen
Heute vor 70 Jahren starb Richard Strauss in seinem Haus in Garmisch-Partenkirchen
Von der Villa aus ist natürlich die gesamte Bergkette von der Alpspitze links bis zur Zugspitze rechts zu sehen.
Als Richard Strauss in den Jahren 1907 bis 1908 seine Villa in Garmisch erbauen ließ, waren die Gemeinden Garmisch und Partenkirchen noch getrennt, der Doppelname kam erst 1935 zustande. Wenn man heute durch Garmisch-Partenkirchen Richtung Mittenwald > Innsbruck fährt, liegt der Stadtteil Garmisch rechts der Straße, linker Hand findet man das mehr rustikale Partenkirchen. Dass sich Strauss so etwas leisten konnte, hatte mit seiner Oper »Salome« zu tun, die im Dezember 1905 am Königlichen Opernhaus zu Dresden uraufgeführt wurde, wobei es 36 Vorhänge gab, aber die bürgerlichen Kritiker entsetzt waren. Auch Kaiser Wilhelm II. machte sich Sorgen, dass diese exotisch-erotische Oper dem bisher guten Ruf des Komponisten schaden könnte, aber Strauss stellte recht praktisch denkend fest: »Von diesem Schaden konnte ich mir die Garmischer Villa bauen«. Familie Strauss nutzte das Haus, welches heute die Adresse Zoeppritzstraße 42 hat, zunächst als Sommerfrische, denn Strauss war damals noch Kapellmeister und Generalmusikdirektor der Berliner Hofoper unter den Linden. Nach dieser Tätigkeit wohnte er bis zu seinem Lebensende in diesem Haus.
Die meiste Zeit konnte er in dieser Abgeschiedenheit friedlich und zufrieden wohnen, aber es gab auch Aufregungen, die nicht alleine auf die berühmten Skatrunden im Erker beschränkt waren. Als die Gemeinde plante, in der Nähe seines Anwesens eine Sportanlage zu bauen, richtete er ein Protestschreiben an die Gemeinde. Noch prekärer wurde es für Strauss, als man1943 notleidende Menschen in seiner geräumigen Villa einquartieren wollte; der Komponist empfand das als Zumutung und wandte sich erfolgreich an hochrangige Entscheidungsträger, um dies zu verhindern.
Am 29. April 1945 marschierten US-Truppen in Garmisch ein und stellten fest, dass man sich in diesem stattlichen Haus einquartieren könnte. Die Abläufe werden unterschiedlich dargestellt. Strauss selbst glaubte sich zu erinnern, dass er sich den GIs als Komponist des »Rosenkavalier« vorgestellt habe, worauf sie sich sofort entfernt hätten. Damals beteiligte Amerikaner berichteten dagegen, dass die Familie Strauss den Soldaten Essen servierte, während der Meister Klavier gespielt habe, aber dennoch hätte die Familie das Haus für einige Stunden verlassen müssen. Dass die Strauss-Familie ihr Haus wieder unbehelligt nutzen konnte, hatte sie wohl dem Erscheinen des Musikwissenschaftlers Alfred Mann zu danken; es war der Sohn der Pianistin Edith Weiss-Mann, die in die USA emigriert war. Und dieser Alfred Mann wusste natürlich ganz genau, wen er da vor sich hatte und erinnerte sich: »Als ich die große. imposante Gestalt des achtzigjährigen Mannes im Türrahmen auftauchte, kam es mir so vor, als würde sich vor meinen Augen ein Kapitel der Musikgeschichte öffnen«. Dieser ergriffene Strauss-Verehrer hatte Beziehungen nach ganz oben, das Haus erhielt den Status »off limits«
Die Verehrung für Meister Strauss war bei einem weiteren Besucher, der dann am 15. Mai vorbeischaute, nicht ganz so ausgeprägt; obwohl er sich hätte auch mit dem Namen Mann vorstellen können, tat er dies wohlweislich nicht und wollte das Gespräch lieber inkognito führen. Es war Klaus Mann, der älteste Sohn von Thomas Mann, der sich und seinen Gefährten als »zwei amerikanische Korrespondenten« vorstellte. Diese Vorstellung war durchaus korrekt. denn Klaus Mann war1943 amerikanischer Staatsbürger geworden und zog als publizistische Nachhut der US-Armee durch Europa, wo ihn natürlich der Zustand seiner zerstörten Geburtsstadt München ganz besonders interessierte. Von hier aus nach Garmisch-Partenkirchen reisend, erlebte er dann im gepflegten Garten der Strauss-Villa ein idyllisches Kontrastprogramm und den 83-jährigen Komponisten, welcher nicht groß davon berührt schien, was draußen in Welt, jenseits der Garmischer Stadtgrenze, so alles passiert war. Er schilderte den Korrespondenten Klaus Mann und Curt Rieß seine Schwierigkeiten, die er während der NS-Zeit mit seiner Oper »Die Liebe der Danae« hatte, welche einfach ignoriert wurde, auch echauffierte er sich nochmals gegenüber den Journalisten über die damals angedachte Zumutung ihm Bombengeschädigte in sein Haus zu setzen, und seine jüdische Schwiegertochter jammerte, weil man ihr in dieser unseligen Zeit das Jagen und Reiten verboten hatte. Seine Eindrücke von der Situation im zerstörten Deutschland veröffentlichte Klaus Mann in der Armeezeitung »The Stars and Stripes«. Dass die Lebensspanne von beiden Gesprächspartnern 1949 enden würde, hätte wohl niemand gedacht, der alte Strauss überlebte Klaus Mann sogar um einige Monate; Mann starb am 21. Mai in Cannes, Richard Strauss am 8. September 1949 in seiner Garmischer Villa, nachmittags um 14:12 Uhr. Die Trauerfeier mit Staatsakt fand auf dem Münchner Ostfriedhof statt; abschließend wurde - so wie sich das Richard Strauss gewünscht hatte - das Intermezzo aus dem »Rosenkavalier« gespielt.
In seinem Garmischer Haus hat Richard Strauss die meisten seiner Werke komponiert; quasi nach Stundenplan; drei Stunden vormittags und drei Stunden am Nachmittag. die Villa ist jedoch für die interessierte Öffentlichkeit nicht zugänglich, das bleibt ausgesuchten Journalisten und Prominenten vorbehalten.
Das Richard-Strauss-Institut
Eingang zur Villa Christina
Strauss-Interessierte werden auf eine andere Villa im Ortsteil Partenkirchen verwiesen; es ist die schon vor der Strauss-Villa im Jahre 1893 erbaute »Villa Christina« des Mannheimer Zigarrenfabrikanten und Partenkirchner Ehrenbürgers Ludwig Mayer-Doß am Kurpark von Partenkirchen. Dieser hatte das stattliche Haus der Marktgemeinde Partenkirchen vermacht, die es als Kurhaus nutzte. Seit 1999, dem 50. Todestag des Komponisten, wurde hier, in der Schnitzschulstraße 19, das Richard-Strauss-Institut eröffnet.
Das Haus ist so konzipiert, dass sowohl Strauss-Kenner als auch Nicht-Kenner auf ihre Kosten kommen. Wenn auch das Gebäude selbst mit dem Komponisten nichts zu tun hatte, kann es durch den heute allgemein üblichen Museumsstandard einen allumfassenden Überblick und auch tiefere Einblicke in das Leben des Komponisten geben. Da gibt es Multimedia-Präsentationen, eine umfangreiche CD / DVD-Sammlung, eine Hörbar mit fast allen seinen Werken und eine entsprechend Notensammlung. Stolz weist man darauf hin, dass nirgendwo sonst so viel Material über Richard Strauss zu finden ist wie in Garmisch-Partenkirchen.
Diese wenigen Bilder können nur einen kleinen Eindruck vermitteln ...