Liebe Forianer,
Ich bekenne mich durchaus zum technischen Fortschritt, zu jenem in der Medizin und generell Naturwissenschaften.
Anders sieht es bei mir schon aus, wenn mir jemand erklären will, "Musik unserer Zeit" wäre jener der Barockmusik, Wiener Klassik oder Romantik überlegen, man wäre "vorangeschritten" evolutionär oder "revolutionär", jedenfalls sei man geradezu "verpflichtet" "Musik unserer Zeit" zu hören.
Ein immer wieder gehörtes Argument ist hier, die Neue Musik wäre wesentlich "gewagter" und "komplexer" sowie, sie "überschreite Grenzen" und "breche Tabus"
All das betreite ich ja nicht - indes behaupte ich, sie wäre schwerer verdaulich - und in etlichen Fällen sogar ungenießbar.
Hier verschanzt sich die Avantgarde gerne hinter Begriffen wie "intellektuell" und man "müsse sich von herkömmlichen Gesetzen der Ästetik" natürlich verabschieden.
Gegenfrage: Warum eigentlich ?
Gegenargument: Auch in der Küche sind gewährleistet weniger Komplexität oft bessere Ergebnisse als "gewagte Kompositionen"
So wurde die Klassikszene langsam aber sicher abgewürgt.
Man wird mir erklären, es gäbe dieses oder jenes Festival, wo zeitgenössisches bejubelt werde. (stets mit dem Zusatz - "vor allem von der Jugend !")
Dem möchte ich entgegenhalten, daß es sich zumeist um mit viel Krampf und Subventionen hochgehaltene "Events" handelt, und daß ein Teil der Besucher lediglich aus ujenem Grund jubelt, weil er glaubt, mit dieser neuen Musik sei eine neue Weltordnung eingeläutet, die die alte wie ein Wirbelwind hinwegfegt. Die Motive sind vielfältig - ich unterstelle etlichen (aber durchaus nicht allen) dieselben Motive, die auch für die "neue Rechtschreibung" gelten: Die trügerische Hoffnung, man würde in Zukunft solch eine Verwirrung in diesen Fragen erleben, daß man richtig und falsch - gut und schlecht nicht mehr auseinanderhalten kann. Diese Leut kennen zumeist kaum was von Mozart, Schubert und Mendelssohn sind ihnen bestenfalls dem Namen nach bekannt. Auch wenn ich jetzt (bewußt) überzeichne - tendenziell stimmt die Richtung.
Jahrelang haben sich Komponisten, die "im alten Stil" komponierten verstecken müssen. Sie "entdeckten" Werke aus der Vergangenheit,
die sich dann irgendwann als von ihnen im 20. Jahrhundert geschrieben herausstellten, sie stellten ihre Werke als "Scherz" dar (Franz Xaver Frenzel) und waren im kleinen Kreis erfolgreich dabei.
In letzter Zeit schein aber die Szene in Bewegung:
Immer öfter finden sich junge (!!) Komponisten und brechen das Tabu der Wiederbelebung von tonaler schöner Musik nach alten Vorbildern (wobei natürlich sehr persönliche Einflüsse in die Kompositionen einfließen - es handelt sich nicht um pures Kopieren des Stiles eines Komponisten) Diese Generation traut sich das, was meine verabsäumt hat - Ihren persönlichen Geschmack wider den "Zeitgeist" durchzusetzen.
Die Zündschnur ist gelegt -
die Lunte ist entzündet -
der Thread ist eröffnet.
Beste Grüße aus Wien
Alfred