Claudio Monteverdi: IL RITORNO D'ULISSE IN PATRIA

  • Ich habe meiner Harnoncourt-Einspielung inzwischen eine weitere hinzufügen können, die allerdings nicht im Handel erhältlich ist:


    IL RITORNO D'ULISSE IN PATRIA
    In italienischer Sprache - Bearbeitung von Erich Kraack (1958)
    Live-Aufnahme aus dem Funkhaus des NDR Hannover (1967), 2 CDs


    Heinz Hoppe (Tenor) Ulisse
    Anna Reynolds (Mezzosopran) Penelope
    Theo Altmeyer (Tenor) Telemach, Eurimacos (Das Glück im Prolog)
    Elizabeth Harwood (Sopran) Melantho, Pallas Athene (Die Liebe im Prolog)
    Birgit Finnilä (Alt) Ericleia (Die menschliche Schwachheit im Prolog)
    Peter Lagger (Bass) Antinoos, Poseidon, (Die Zeit im Prolog)
    Hans-Otto Kloose (Bariton) Pisandros, Eumaios
    Naan Pöld (Tenor) Anfinomos
    Alber Weikenmeier (Tenor) Iros
    Wolfgang Büttner (Sprecher)
    Rundfunkorchester Hannover des NDR
    Musikalische Leitung Hans Georg Ratjen


    Puristen werden bei dieser NDR-Produktion von 1967 die Nase rümpfen und die Augenbrauen hochziehen, von HIP ist bei Kraack natürlich keine Spur! Allerdings war die Historische Aufführungspraxis damals nur wenigen Eingeweihten ein Begriff, steckte noch im Entwicklungsstadium.


    Der Abendroth-Schüler Erich Kraack definierte seine Arbeit folgendermaßen:
    „Ich habe mich in meiner Instrumentierung um eine gewisse Distanzierung vom üblichen Orchesterklang bemüht. Die heute nicht mehr gebräuchlichen Instrumente lasse ich unberücksichtigt. Dem Streicherensemble gebe ich den Hauptauftrag (…) Die Buntheit des Renaissance-Orchesters, das weithin auch von zufälligen Gegebenheiten abhing, und in dem der Kapellmeister weitgehende volle Arrangierfreiheit hatte, habe ich mit Blockflöten, Trompeten, Flügelhörnern, Englischhorn (für Zinken und Schalmeien), Posaunen und Pauken anzugleichen versucht, ohne damit antike Imitationen zu beabsichtigen. Die Zupfinstrumente, Cembalo und Harfe, müssen unausweichlich obligat bleiben - nicht nur wegen der Klangfarbe, sondern weil das improvisatorische Begleitelement von ihnen abhängt. Es sei aber hier vermerkt, dass die Spieler an diesen Fundament-Instrumenten ihre Continuo-Begleitung auch improvisatorisch entstehen lassen, dass sie in meiner Bearbeitung lediglich nach der von Monteverdi überlieferten Bassstimme und der Gesangslinie ihren Part Extempore spielen, ohne also eine von mir ausgearbeitete Stimme zu benutzen.“


    Der damaligen Rundfunksendung ging eine Einführung voraus, in der es (auszugsweise zitiert) heißt: „Der nicht eingeweihte Hörer muss wissen, dass von einer Partitur Monteverdis nicht die Rede sein kann, dass uns nur die notdürftig, ohne Bezifferung oder Instrumenten-Angaben, aufgezeichnete Bassstimme als Begleitung der Gesangsstimme überliefert ist. Gerade in den Spätwerken Monteverdis fehlen noch mehr Anhaltspunkte als im „Orfeo“. Dagegen finden sich dynamische Zeichen und Vorschriften für den Vortrag häufiger. Jedenfalls fällt dem Bearbeiter und Klangregisseur ein wesentlicher und großer Teil der Arbeit zu, die man gemeinhin als Komposition bezeichnet. Vergessen dürfen wir nicht, dass die Welt Monteverdis, die Menschen, Kirchen, Paläste, Künstler, die Malerei der Renaissance, eine gänzlich andere ist, als beispielsweise die Johann Sebastian Bachs. Dass man also auch die in solch weit voneinander geschiedenen Welten geborenen Musikwerke nicht mit einem ideologischen Sammel-Begriff „Alte Musik“ etikettieren kann, um sie mit den gleichen Praktiken zu interpretieren (…) In der musikalischen Kunst vor allem, muss die lebendige Beziehung zu den großen Werken der Vergangenheit immer wieder durch ständige Bemühung jeder Generation neu und gewandelt zu erhalten versucht werden, damit die Musik ihre regeneratorische Kraft behält.“


    Das alles berücksichtigt, ist die Kraack-Bearbeitung durchaus ein Ereignis - vor allem, wenn man sich dabei das beeindruckende Solistenensemble ansieht und -hört. Und das ist ohne Ausnahme fähig, große (alte) Oper lebendig werden zu lassen. Das fehlende Libretto fällt zunächst nicht ins Gewicht, denn der großartige Schauspieler Wolfgang Büttner rezitiert den Handlungsverlauf mit seiner eindringlichen Stimme aus dem Original-Text von Giacomo Badoaro. Schwierig ist es da schon eher, die häufig eingesetzten Tenöre zu unterscheiden, wenn man die Stimmen nicht mehr im Ohr hat. Ich beispielsweise habe keine Probleme, den Ulisse von Heinz Hoppe zu erkennen, muss aber bei den übrigen Tenören passen, weil ich nicht weiß, welche Rolle gerade Einsatz hat. Eine weitere CD, die einen Zusammenschnitt mit dem Tenor Theo Altmeyer als Telemach, Eurimacos und das Glück (im Prolog) enthält, bietet mir immerhin die Möglichkeit, diesen großartigen Sänger (den ich bisher nur als Oratoriensänger bewunderte) auch einmal als Opernsänger zu hören.


    Beeindruckend für mich aber der Bassist Peter Lagger, der mir bisher unbekannt war, der hier einen großartigen Poseidon und einen verschlagenen Antinoos (einen der Bewerber um die Hand Penelopes) gibt. Stark in ihrer stimmlichen Präsenz sind für mich Anna Reynolds als Penelope, Elizabeth Harwood (in verschiedenen Rollen) und Birgit Finnilä (ebenfalls verschiedene Rollen übernehmend).


    Über den Dirigenten dieser Aufnahme, Hans Georg Ratjen, mir bislang unbekannt, fand ich einen ZEIT-Artikel aus April 1962, in dem die Bemühungen der Wuppertaler Oper um das Werk Monteverdis (in den Bearbeitungen von Erich Kraack, einem Schüler des Dirigenten Hermann Abendroth) gewürdigt werden. Das damals in Wuppertal tätige Team wird mit Hans Georg Ratjen und Hans Drewanz (Dirigenten), Georg Reinhardt (Regie), Erich Walter (Choreographie) und Heinrich Wendel (Bühnenbilder) angegeben. Alle hier genannten Künstler waren später unter der Intendanz von Grischa Barfuss an der Rheinoper in Düsseldorf/Duisburg tätig. Außerdem bestätigte damals der Musikkritiker der „Stuttgarter Zeitung“ (Horst Koegler), dass die Wuppertaler Monteverdi-Aufführungen „erfreuliche Erkenntnisse“ und einen „ganz erstaunlichen Qualitätszuwachs“ durch eine „dramatisch-theatralische Überzeugungskraft, wie man sie (…) keineswegs für möglich gehalten hätte“, erbrachten.


    Vielleicht gibt es Forenmitglieder, die hier ihre „Ulisse“-Aufnahmen besprechen möchten?

    .


    MUSIKWANDERER

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  • Das Wuppertaler Team ist damals nach Düsseldorf gewandert und hat die für mich größte Zeit der Rheinoper geschaffen: Grischa Barfuß (Intendant), Georg Reinhardt (Regie), Heinrich Wendel (Bühne) und Erich Walter (Ballett). Diese waren verantwortlich für den Monteverdi - Zyklus, wobei außer Ratjen auch Hanns-Martin Schneidt und Günther Wich dirigiert haben. Gespielt wurde die von musikwanderer beschrieben Kraack - Fassung, die durchaus ihre Meriten hatte.
    Der zweite große Wurf der Ära Barfuß war dann der große Janacek - Zyklus, dirigiert von Peter Schneider und inszeniert von Bohumil Herlischka. Außer den leitenden Kräften gab es auch noch ein festes Ensemble mit hervorragenden Sängern. Dieser Zeit traure ich doch sehr nach. Ob das etwa noch einmal wiederkommt, dass eine Oper wie die Rheinoper 50 Stücke im Repertoire hatte, fast jeden Tag gespielt wurde und ein bestimmtes Niveau nie unterschritten wurde?

    Gebt Bier den Unglücklichen und Wein den betrübten Seelen, dass sie trinken und ihre Armut vergessen (Sprüche 31,6f.)

  • Als Düsseldorfer hatte ich die Gelegenheit, die Oper in der oben angeführten Fassung mehrfach auf der Bühne zu erleben.
    Monteverdis "Rückkehr des Odysseus" kannte ich allerdings schon von einer früheren Schallplatteneinspielung aus Münster, die für mich bis heute das Maß aller Dinge geblieben ist:


    Die Besetzung:


    Claudio Monteverdi:
    IL RITORNO D'ULISSE IN PATRIA
    Aufnahme: 1963, Studio
    Dirigent: Rudolf Ewerhardt
    Santini Kammerorchester Münster


    Rollen und Sänger
    Anfinomo: André Peysang
    Antinoo: Eduard Wollitz
    Ericlea: Margarethe Bence
    Eumete: Helmut Kretschmar
    Giove: Bernhard Michaelis
    Giunone: Polyna Savridi
    Iro: Bernhard Michaelis
    Minerva: Antonia Fahberg
    Nettuno: Eduard Wollitz
    Penelope: Maureen Lehane
    Pisandro: Reinhold Bartel
    Telemaco: William Whitesides
    Ulisse: Gerald English


    Erschienen ist die Oper seinerzeit bei der FONO-Schallplattengesellschaft Münster unter FSM 37016-8 (3 LP),
    Prof. Dr. Rudolf Eberhardt hat in gleicher Besetzung auch die "Krönung der Poppea" eingespielt.



    Auf CD scheint es die Opern wohl nicht zu geben.


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Ich habe die Salzburger Henze-Version auf DVD und liebe sie sehr, wobei das eher der Produktion (das war Hampe) als der Musik geschuldet ist. Eigentlich ist mir nämlich eine "klassischere" Version durchaus lieber.


    Aber da fällt mir jetzt ein, wie ich - ich glaube, es war 2009 - mal vor Wonne hüpfte: Das Prinzregententheater in München hatte "Ulisse" mit Sir Thomas Allen auf dem Programm. Ich bestellte flugs und ohne Rücksicht auf Verluste Tickets, sammelte am entsprechenden Tag mein musikbegeistertes Mütterlein ein und gurkte mit ihr nach München. Und dann staunten wir Bauklötzchen. Das Bühnenbild glich nämlich dem Bahnhofswartesaal in Wanne-Eickel, Telemachos war mit Ray Ban Sonnenbrille und Playboy Bunny (inklusive Hasenöhrchen) als Freundin unterwegs und der "Bettler" Ulisse rollte nicht nur im Rollstuhl umher, sondern hätte sich in dem Kostüm unter jede Münchner Brücke setzen können - die Obdachlosen dort hätten ihm vermutlich wortlos die Flasche hingehalten und gedacht: "Der arme Kerl hat 'n Schluck nötig!" Allen hat trotzdem großartig gesungen, aber ich habe nach einer Weile einfach die Augen zugemacht - und damit war's dann ein Hochgenuss.


    Sycorax
    "Davon hätte ich gerne eine CD ..."

  • Ich habe die Salzburger Henze-Version auf DVD und liebe sie sehr, wobei das eher der Produktion (das war Hampe) als der Musik geschuldet ist. Eigentlich ist mir nämlich eine "klassischere" Version durchaus lieber.


    Aber da fällt mir jetzt ein, wie ich - ich glaube, es war 2009 - mal vor Wonne hüpfte: Das Prinzregententheater in München hatte "Ulisse" mit Sir Thomas Allen auf dem Programm. Ich bestellte flugs und ohne Rücksicht auf Verluste Tickets, sammelte am entsprechenden Tag mein musikbegeistertes Mütterlein ein und gurkte mit ihr nach München. Und dann staunten wir Bauklötzchen. Das Bühnenbild glich nämlich dem Bahnhofswartesaal in Wanne-Eickel, Telemachos war mit Ray Ban Sonnenbrille und Playboy Bunny (inklusive Hasenöhrchen) als Freundin unterwegs und der "Bettler" Ulisse rollte nicht nur im Rollstuhl umher, sondern hätte sich in dem Kostüm unter jede Münchner Brücke setzen können - die Obdachlosen dort hätten ihm vermutlich wortlos die Flasche hingehalten und gedacht: "Der arme Kerl hat 'n Schluck nötig!" Allen hat trotzdem großartig gesungen, aber ich habe nach einer Weile einfach die Augen zugemacht - und damit war's dann ein Hochgenuss.


    Sycorax
    "Davon hätte ich gerne eine CD ..."


    Die Henze-Version habe ich in zwei Aufnahmen, einmal die Salzburger - Uraufführung unter Jeffrey Tate und eine WDR-Produktion 2012 aus den Herner Tagen für alte Musik.
    Ich schätze Henze als Komponisten nicht, aber die Bearbeitung des Ulisse und die Bearbeitung der Wesendoncklieder für Kammerorchester sind großartig.

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  • Da hier doch große Kenner am Werk sind -


    bin ich ziemlich enttäuscht, daß man hier so gar keine stichhaltige Empfehlung für Neueinspielungen des originalen Ulysses findet. Was interessieren mich all die schrecklichen modernen Einrichtungen. Ich habe den Ulysses unter Spering in Düsseldorf vor Augen und daher zumeist meine Probleme mit den Sängern, die im Barockfach meist zu gewandt und glatt wirken für die mit Monteverdi mögliche Hochdramatik. Das gilt womöglich auch für Prégardien unter Jacobs (die Aufnahme habe ich heute schließlich doch, zugunsten von viel herrlicher Chormusik, u.a. von Gabrieli) stehen gelassen, nachdem der Orfeo von Jacobs mich nur zum Teil befriedigt hat.


    Erstaunlich, daß es, jenseits von Harnoncourt und Gardiner, überhaupt so wenige Einspielungen der Monteverdiopern gibt (vielleicht wird man auf Blu-Ray fündig ...) Ich halte Jacobs übrigens trotz alledem für eine sehr gute Wahl



    :hello:

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    - uns bliebe gleich die heilge deutsche Kunst!

  • Ich habe jede Menge toller Monteverdi-Aufnahmen, bloss noch nicht die Zeit gehabt, sie hier vorzustellen. Meine Referenz z.B. für den Orfeo ist Jordi Savall, der wie der alte Monteverdi selbst auftritt. Dazu dann die Garrida-Aufnahmen und und und. Aber wie gesagt, ich habe im Moment noch ein paar andere Projekte.


    Der Düsseldorfer Zyklus in der Regie von Christof Loy war das letzte Mal, dass ich einen Monteverdi gesehen habe. Das war schon überragend.


    Übrigens: wie gut, dass du wieder schreibst, lieber farinelli.

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  • Zitat

    (von farinelli): meine Probleme mit den Sängern, die im Barockfach meist zu gewandt und glatt wirken für die mit Monteverdi mögliche Hochdramatik.

    Diese liessen sich möglicherweise mit Harnoncourts zweiter, in Zürich entstandenen Einspielung umgehen; allerdings wurde das Werk gekürzt, zudem ist die Instrumentierung recht "kreativ". Ob solcherlei Umstände bereits die Kriterien einer "modernen Einrichtung" erfüllen?


    Zitat

    (von dr.pingel): Übrigens: wie gut, dass du wieder schreibst, lieber farinelli.

  • Hallo,


    normalerweise mag ich keine Sampler – diesen aber schon, weil:


    Es geht um die Geburt der Oper – um Orfeo – und wie neben Monteverdi (m .W. der bekanntesten - auch besten? - Vertonung) noch weitere 9 Komponisten aus der Zeit Monteverdis mit dem Stoff musikalisch umgegangen sind.
    Das Booklet ist sehr lesenswert; mit Nicolas Achten und den Scherzi Musicali gibt es bei YouTube schon Einspielungen, aber nicht die CD, die kam erst 2014 auf den Markt.


    Das Instrumentarium: Theorben, Chitarrone, Barockgitarre, pedallose Harfe, Cembalo, Truhenorgel, Virginal, Zinken, Gamben, Lirone (Gambe mit freischwingenden Saiten), Violone (Bauart zwischen Gambe und Kontrabass),Violine. Die Instrumentalisten sind Meister ihres Fachs.


    Ganz allgemein ergeben Zupfinstrumente – insbesondere Theorbe/Chitarrone – mit Zinken (in verschiedenen Stimmlagen) und Gamben einen besonders reizvollen Klang; zu einzelnen Stücken noch Detailhinweise:
    Nr. 2 von Tarquinio Merula – N. Achten (Bariton mit etwas “Countereinschlag”) begleitet sich selbst auf der Theorbe! (Was damals üblich war.)
    Nr. 3 von Emilio Cavalieri – der helle Klang des Virginals in Kontrast zur Theorbe.
    Nr. 5 von Luigi Rossi – heute würde das als südamerikanischer Rhythmus „durchgehen“ – sehr inspirierend
    Nr. 6 von Monteverdi – Solist N. Achten (mit Stimmverzierungen, die auch in der Marienvesper zu hören sind) sich selbst begleitend, mit zusätzlichen Instrumentalisten
    Nr. 8 von Monteverdi – wird von ihm – nur anders instrumentiert – in der Marienvesper verwendet
    Nr. 9 von Alessandro Piccinini – ein Toccata nur mit Zupfinstrumenten, ein Hörgenuss
    Nr. 10 von Monteverdi – N. Achten mit Theorbe und Truhenorgel
    Nr. 19 + 20 von Antonio Sartorio (ca. 1630 -1680) – weibl. Sopranstimmen waren erlaubt, nicht aber in Kirchen bzw. bei sakralen Werken
    Nr. 26 von Luigi Rossi – die ganze Klangvielfalt und -Pracht kommt hier zu beeindruckender Wirkung.


    Ich kann die CD aufs allerbeste empfehlen.


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Lieber Zweiterbass,


    die habe ich auch schon ins Auge gefaßt. Obwohl auch ich Sampler nicht mag. Und Rossis Orfeo habe ich mal in Wuppertal auf der Bühne gesehen, suche immer noch eine gute Aufnahme. "Il pianto die Orfeo" ist dennoch toll.


    Da wir gerade bei den Lamentationen sind:



    Auf dem Label naive hat das griechische Ensemble Latinitas nostra mit der Mezzosopranistin Romina Basso unter dem Titel "Lamento" eine grandiose Auswahl an dramatischen Solokantaten eingespielt, Lamenti u.a. della regina di svezia (Rossi) und in morte die maria stuarda (Carissimi). Enfesselte Theatralik.


    Ich habe mir nun doch den Jacobs-Ulisse mit Prégardien gekauft; und wegen Bernarda Fink:



    Im Zentrum steht auch hier "Il pianto di Maria" von G.B. Ferrandini, das schon A.S. von Otter mit Musiqua Antiqua eingespielt hat (Händel, Marian Cantatas & Arias, DGG Archiv; offenbar nicht mehr erhältlich). Im Vergleich spielt "Il giardino armonico" weniger glättend als Goebels (kaum gefällig klingendes) Ensemble; die Tonmalerei des Martyriums Jesu wird auf die Spitze getrieben, und auch die Instrumentalwerke sind ungeheuer konzentriert und expressiv.


    Ein Wort zum Ulisse - er kann mich nicht ganz überzeugen. Liegt das am Ende an Monteverdis Musik? - Ideal für meine Ohren klingt folgende, ungeheuer sorgfältige und prachtvolle Einspielung:



    Einschränkend muß ich sagen, daß ich bloß etwa eine halbe Stunde hineinhören konnte und die CDs - sie waren völlig zerkratzt, was mir, bei geöffnet erstandener Ausgabe, nicht im Traum eingefallen wäre - wieder zurückgegeben, das ganze aber gleich neu bestellt habe. Eine geschlagene halbe Stunde, ohne irgendwie aus der Musik zu fallen, ist bei Frühbarockopern schon eine ganze Menge.


    :hello:

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  • Der Rossi in Wuppertal ist damals von Achim Freyer inszeniert worden, wie Ponnelle Künstler (Bühnenbild, Kostüme) und Regisseur. Er hat ja auch Satyagraha inszeniert. Moderne Regie in einer Art, die ich Symbolismus nennen würde, aber kein RT. Eine Aufnahme von Rossis Oper suche ich auch schon lange, es scheint keine zu geben. Dieser ganze thread beweist übrigens, dass Monteverdi schon ein Riese war, der aber auf den Schultern von anderen Riesen stand.

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  • Lieber farinelli,


    ich habe zwar von Monteverdi 2 Aufnahmen der Marienvesper (Taverner/Parrott und eine 2-er LP-Box von Telefunken/Das Alte Werk), aber noch keine von Orfeo, den ich "nur" in den 60-iger Jahren in einer Aufführung im Schlosstheater Trottningholm erlebt habe.


    3 CD-Aufnahmen stehen nun bei mir in der Vorauswahl:
    eine aus 2006 Ensemble Venexiana
    eine aus 2003 mit Bostridge (wegen Bostridge, das Ensemble?)
    eine aus 2012 mit Taverner/Parrott (der in tieferer Lage singen lässt?)


    Kannst Du mir bessere Einspielungen empfehlen?


    Danke und
    viele Grüße
    zweiterbass

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  • Für mich ist die Referenz bei Orfeo Jordi Savall (eine DVD). Und für die Marienvesper die Aufnahme unter Ralf Otto,

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  • Lieber Zweiterbass,


    ich habe mir den Orfeo unter René Jacobs gekauft; außerdem habe ich die alte Original-Telefunken (schwarzes Label) der Harnoncourtaufnahme (damals sicher bahnbrechend) sowie eine DVD der Ponelle-Inszenierung, die ich inzwischen verschenkt habe. Ist mir zuviel optisches Brimbamborium. Ich kenne auch die Gardiner-Aufnahme, die ich auch verschenkt habe und eigentlich nur wegen A.S. v. Otter (Messagera) gekauft hatte.


    Ich weiß nicht, ob man den Orfeo so singen kann, daß ich weinen würde. Bei Rossi war das live möglich, Monteverdi ist u.U. eine Spur äußerlich, venezianisch-prachtvoll und verspielt, wie die Malerei seiner Zeit. Die meist flotten Tempi, mit denen man seiner vokalen Virtuosität Rechnung trägt, erreichen mich nicht immer. Savall mit der wunderbaren Montserrat Figueras (Battaglie e Lamenti, Lamento di Arianna), aber etwa auch die Pluhar mit Nuri Rial und Jaroussky (Theatro d´Amore, Pur ti miro) zeigen, daß es anders geht, langsam und ausdrucksvoll, con delicatezza. Ich bevorzuge für die Musik des 16. und 17. Jh. eher die Zeitlupe, eher Victoria, eher geistlich als weltlich, eher die Marienvesper als die Poppea.


    Vermutlich hat Dr. Pingel recht damit, Savall zu empfehlen. Den Anfang habe ich mal gesehen, mir würde schon eine SACD davon reichen.


    :hello:

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  • Lieber farinelli,


    nachdem ich keine DVD will, ist nun die CD mit La Venexiana in meinem Merkzettel bei JPC gelandet - wenn ich die Box habe, melde ich mich.
    Viele Grüße
    zweiterbass

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  • Claudio Monteverdi (1567-1643)

    Il ritorno d'Ulisse in patria


    Trailer

    Stéphane Fuget hat hier mit seinem Barock-Ensemble Les Épopées im Schloss von Versailles die Oper »Il ritorno d’Ulisse in patria« von Claudio Monteverdi hervorragend aufgenommen.

    Zitat von Klaus Kalchschmid 16. Oktober 2022

    Il Ritorno d'Ulisse in Patria, urauf­ge­führt mutmaß­lich 1740, ist die vorletzte Oper des 74-jährigen Claudio Monte­verdi und von seinem Epoche machenden Erst­ling L’Orfeo (1607) denkbar weit entfernt. Wie an der Baye­ri­schen Staats­oper vor ein paar Jahren spielen gerade einmal 14 Musiker von Les Épopées in der jüngsten Einspie­lung unter der Leitung von Stéphane Fuget. Mit exzel­lenten Sängern werden sie dem Recitar cantando, dem Singenden Spre­chen, so geist­sprü­hend und span­nungs­ge­laden gerecht, dass man meint, es sei eine Live­auf­nahme.

    Dieses wunderbare Ensemble, angeführt von Valerio Contaldo als Ulisse und Lucile Richardot als Penelope * ist bis in kleine Rollen exquisit und von der Charakteristik der Stimmen her vortrefflich besetzt: Ambroisine Bré (Fortuna, Ericlea, Melanto,) Filippo Mineccia (L’Humana fragilitá, Pisandro,), Alex Rosen (Tempo, Nettuno, Antinoo), Marie Perbost (Amore, Giunone), Juan Sancho (Giove, Telemaco), Marielou Jacquard (Minerva), Cyril Auvity (Eumete), Jörg Schneider (Iro), Pierre-Antoine Chaumien (Eurimaco) und Fabien Hyon (Anfinomo) entwickeln in den unterschiedlichen Rollen markante Figuren aus Fleisch und Blut.

    *Die Darbietungen der beiden sind für meine Ohren sogar atemberaubend !


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)