Ernst Krenek - Die Streichquartette

  • Kaum ein anderer Komponist hat das 20. Jahrhundert und seine musikalischen Entwicklungen derart umfassend durchschritten wie der 1900 in Wien geborene und 1991 in Palm Springs verstorbene Komponist Ernest Krenek. Mit seiner Jazzoper "Jonny spielt auf" hatte er in den 20er Jahren einen der glänzenden Erfolge der Epoche, galt aber spätestens seit der Machtübernahme als "Kulturbolschewist" und emigrierte 1938 in die USA. Krenek hat in praktisch in allen Musikstilen des 20. Jahrhunderts komponiert und weit über 200 Werke hinterlassen. Ich erinnere mich dunkel an ein Konzert in den 1980er Jahren mit einem Spätwerk, bei dem u.a. Staubsauger und Schreibmaschinen zum Einsatz kamen. Krenek hat eine 1250 Seiten (!) umfassende Autobiographie geschrieben - Im Atem der Zeit - die auf meiner Leseliste steht.
    Hier soll es um seine Streichquartette gehen, von denen er acht hinterlassen hat. 1-4 entstanden in kurzer Folge zwischen 1921 und 1923, einer Phase erstaunlicher Produktivität, in der auch die eindrucksvolle 2. Symphonie entstanden ist. 5-7 entstanden zwischen 1930 und 1944 und kennzeichnen den Abschied von der Tonalität. Das letzte ist von 1980.
    Es gibt bisher nur eine Gesamtaufnahme vom Sonare Quartett bei MDG. Das Petersen Quartett begann Anfang des neuen Millenniums mit einer neuen, die aber auflösungsbedingt leider ;( nicht über zwei Folgen hinausgekommen ist. Das Petersen-Quartett spielte einfach in einer anderen Liga als das Sonare Quartett.


  • Das 3. Streichquartett entstand 1923 und ist Paul Hindemith gewidmet, zu dem Krenek ein nicht ungetrübtes, wohl von Eifersüchteleien gekennzeichnetes Verhältnis hatte. Das Werk wurde 1923 vom Amar-Quartett mit Hindemith an der Bratsche uraufgeführt. Alban Berg schreibt an seine Frau: "Ernst Kreneks 3. SQ rüttelt wieder die Gemüter auf, und ich muss sagen, das ist ein famoser Kerl. Vom ersten bis zum letzten Ton fesselnd, voller Einfälle - und guter, bedeutender Einfälle; ein großes Vergnügen das anzuhören. Auch alle anderen, Zemlinsky z.B. waren begeistert. Hindemith... war bittersüß."
    Das 25-minütige fünfsätzige Werk steht stilistisch irgendwo zwischen Schönberg, Hindemith und Bartok und ist tatsächlich sehr hörenswert. Die famose Interpretation durch das Petersen Quartett dürfte vermutlich für lange Zeit Referenz bleiben. Ich kann nur empfehlen: kaufen, wer weiß wie lange es diese CD noch gibt.


  • Ich hatte mal eine von den Sonare-CDs, die ich dann weitergegeben habe, weil ich mit der Intonation des Ensembles nicht zufrieden war - heute bin ich nicht mehr so heikel und überlege manchmal, mir die Box zuzulegen, da die Streichquartette doch recht schön die verschiedenen Gesichter dieses Komponisten zeigen sollten? Mit der cpo-Sinfonienausgabe bin ich auch nicht zufrieden, somit schaut es schlecht aus bezüglich Krenek-Zyklen bei mir. Aber warum muss man denn immer "alle" haben wollen?