Richard Strauss: Ariadne auf Naxos ( Hamburg, d. 19.11.2013 )

  • Vorweg muß erwähnt werden, das das Haus noch nicht einmal zur Hälfte ausgelastet war, was angesichts dieser hochkarätigen Besetzung schade bis ärgerlich war.
    Die Phihlarmoniker Hamburg klangen unter dem Dirigat von Axel Kober stellenweise etwas schwammig und leider wenig differenzier, zu dem war auch das Tempo stellenweise etwas zu rasch.
    Marina Markina geriet in der Rollen aus Komponist stellenweise leider hörbar an ihre Grenzen, auch vermochte sie es leider nicht diese Rolle emotional in die Zuschauerränge glaubhaft hinüber zu tranzportieren, was sehr schade war, da sie trotz allem hervorragend gesungen hat.
    Jürgen Sacher als Tanzmeister hingegen hatte hier seine Chance wahrgenommen und seine Rolle hervorragend gestalltet.
    Über Franz Grundheber muß gesagt werden, dieser Mann ist schlicht und ergreifend ein Phänomen, wie er angesichts seines doch schon leicht fortgeschrittenen Alters immer noch eine so hervorragend gesangliche Leistung abrufen kann, unangestrengt, einfach nur toll.
    Levante Páll als Haushofmeister mit seiner nonchalanten arroganten Art, man muß es einfach sagen, es ist immer wieder eine Freude ihn in dieser Rolle erleben zu dürfen.
    In jeder Ariadne die ich bisher mit ihm erleben durfte, ein Highlight im ersten Akt.
    Olga Peretyatko als quirlige Zerbinetta hatte leider an diesem Abend keinen sehr leichten Stand gehabt, gesanglich hervorragend und auch darstellerisch einfach wunderbar.
    Katja Pieweck, man muß es einfach so formulieren, sie kam, sang und siegte nach Punkten in beiden Akten.
    Die Bühnenpräsenz dieser Frau ist einfach unglaublich, mit wenigen Handbewegungen und zurückgenommener Mimik beherschte sie die gesamte Szene und spielte so mit das gesamte Ensemble an die Wand, hier erlebte man was es heißen kann wenn die Ariadne im ersten Akt sagt:" Welten hoffe ich."
    Peter Seifferts Bachuss litt stellenweise unter einer leichten Angestrengtheit, ich weiß die Rolle ist extrem undankbar und zum Ende, nachdem er in einer gesangpause auf der Bühnen einen kleinen Plausch mit Katja Pieweck abhielt, mußte er noch einmal ordentlich nachdrücken um zu verhindern das ihm ein Ton entgleitet.
    Hierzu muß angemerkt werden , man kann in Hamburg sofern man auserkoren worden ist, im zweiten Akt quasi als Laienstatist, Publikum auf der Bühnen spielen und gewinnt somit einen kleinen Eindruck wie es hinter den Kulissen so zugeht.
    Sie Sofleusse sitz hier auf der Bühne macht ihre permanenten Einwürfe allerdings in einer Lautstärke, das man sich als Bühnenzuschauer nicht gestört fühlte.
    Im großen und ganzen ein gelungener Abend ud wie schon bemerkt, schde das nur wenige die Chance ergriffen haben dieses miterleben zu können.

  • Lieber Sven Godenrath,


    Danke für Deinen Bericht. Es ist traurig zu hören, daß bei einer Besetzung mit Peter Seiffert, Franz Grundheber und Olga Peretyatko das Hamburger Haus nicht gut besucht war. Von den mitunter sowohl in Musik als auch Handlung /text recht sperrigen Strauß-Opern ist die Ariadne in meinen Augen eine der "leichteren" Opern. Und auf Grund der Handlung, wo ja "Theater im Theater" gespielt wird, kann man ja auch mit v o r s i c h t i g e n Regieeinfällen beide Seiten der Regieliebhaber bedienen.


    Leider hast Du nichts zur Inszenierung gesagt, aber der Tatsache, daß der Komponist auftritt und nicht gestrichen ist, entnehme ich, daß die "Wiener Fassung" und nicht die "Stuttgarter" gegeben wurde. In Vorbereitung der Theateraufführung im Hause des reichen Besitzers hätte auch ich nichts dagegen, wenn das im hier und heute spielt. Ich würde aber schon Wert darauf legen, daß die "Oper" nicht verlegt wird, sondern auf der Insel verbleibt, auf welcher die von Theseus verlassene Ariadne lebt und vom Sterben träumt. Mir sind für das Finale herrlich eindringliche Bilder in Erinnerung - mit Optimismus verbreitendem Sonnenuntergang als Höhepunkt. Bacchus erlöst Ariadne.


    Wie hat der Regisseur das gestaltet? Wie hat er das Schauspiel, welches in den Augen des Komponisten eine niedere Form des Theaters darstellen sollte ("Die Musik ist eine heilige Kunst"!), das gemacht. Als Possenspiel, mit Charakter zur Peinlichkeit, zur Clownerie? Ganz ernst kann den Schauspiel (oder besser Singspiel mit Harlekin, Truffaldino usw) ja nicht gemacht werden, aber zuviel Posse dient dem Stück auch nicht.


    Von den Sängern ist mir hier in der Provinz Katja Pieweck nicht bekannt. Sie muß gut sein, denn "Es gibt ein Reich" kann zu Herzen gehen. Auch die mörderischen Koloraturen der Zerbinetta werden immer gemessen werden an der jungen Gruberova, und so weit ist Frau Peretyatko wohl noch nicht. Das wunderbare Schlußduett ist einer der Höhepunkte Straußscher Musik. Peter Seiffert habe ich eigentlich zugetraut, den "Gott" gut zu singen. Ich beneide Dich, daß Du eine meiner Lieblingsopern sehen konntest.


    Übrigens wußte ich gar nicht, daß Franz Grundheber noch aktiv ist. Er war ja einer führenden Verdi-Baritons in D, ich habe ihn erlebt als Holländer in Dresden - ist lange her - da war er noch richtig gut.


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Lieber Sven,
    an der Rheinoper ist es auch nicht viel anders, wenn die Ariadne auf dem Spielplan steht. Beim letzten Besuch habe ich ungefähr 250 Besucher gezählt, was schade war weil damals Marlies Petersen die Zerlinetta gesungen hat. Wir haben zum Glück noch die alte Fassung, dürfte die gleich sein die vorher an der Wiener Staatsoper zu sehen war. Die Ariadne ist leider eine Oper nur für Kenner.

  • Lieber La Roche!


    Das Problem war nicht , das Olga Peretyatko keine wunderbare Zerbinetta war, im Gegenteil sie war gesanglich hervorragend.
    Das "Problem" war "Katja Pieweck", die mit ihrer unwahrscheinlichen Bühnenpräsenz schlicht und ergreifend einfach im Mittelpunkt stand auch wenn sie fast gar nichts machte.
    Am einfachsten läßt sich das vielleicht vergleichen wenn man an Maria Becker denkt , spärliche Gesten, zurückhaltende Mimik und dennoch beherrrschte sie damit einfach die gesamte Bühne ( ich hatte das Glück Maria Becker zweimal im Ernst Deutsch Theater, in Ipsens Gespenster und in Regina Madre, erleben zu dürfen )
    So etwas kann man glaube ich nicht erlernen.


    Eine Insel in der Beziehung gibt es nicht, es gibt eine leere Bühne auf der Bühne einzig gefüllt durch das Personal der beiden Stücke die auf und Abtreten.
    Allerdings gibt es nachher ein Schiff das hereingezogen wird und auf welchem sich Bacchus und Ariadne dann näher kommen.
    Der Haushofmeister trägt einen Headset und scheint wohl eher für die Sicherheit zuständig zu sein-.
    Also modern aber dennoch amüsant und kurzweilig.
    Die alte Hamburger Inszenierung war hier vielleicht Gegenständlicher, diese hier ist dafür in vielerleih Hinsicht amüsanter, ohne das es klamaukig oder plakativ witzig ist, nach der Holzhammermethode, Achtung bitte alle lachen in dreizig Sekunden kommt der nächste Witz.
    Ich entscheide immer noch gern selber, wann ich lachen möchte und wann nicht und ich besitze sehr viel Sinn für Humor, solange er nicht Vordergründig oder primitive ist.
    Insofern kommt diese Inszenierung meinem Verständnis für Humor sehr entgegen.

  • Ich habe "Ariadne auf Naxos" am 14.November, also fünf Tage vorher, gesehen und einen etwas anderen Eindruck gewonnen.
    Allerdings war Katja Pieweck an dem Abend erkrankt, ihre Rolle hat sehr kurzfristig und sehr überzeugend Karine Babajanyan übernommen. Ich fand die Zerbinetta Olga Peretyatkos gesanglich und darstellerisch hervorragend. Auch Peter Seiffert wirkte in der schweren Rolle beeindruckend, auch nicht angestrengt.
    Der Besuch war übrigens deutlich besser als fünf Tage später, wenn auch nicht annähernd ausverkauft.

  • Warum sollte man sich diese inhaltlich weniger interessante und musikalisch (für mich) ohne großen Erinnerungswert bleibende Oper ansehen? Sie bietet 4 erstklassigen Sängern eine Bühne für potentielle Jubelstürme, einem Mezzosopran (Komponist), einem Tenor (Bacchus; beide nur mit kurzen Passagen) einer Koloratursopranistin (Zerbinetta, mit der wohl anspruchsvollsten Koloraturarie überhaupt) und einem lyrisch-dramatischen Sopran (Ariadne).

    Marina Markina blieb mit etwas grell klingender Stimme unter den emphatischen Möglichkeiten der Partie des Komponisten und die mittlerweile berühmte Olga Peretyatko konnte ihre nicht sehr große, sonst schön klingende, warme runde Stimme nicht recht zur Geltung bringen und durchstand ihre Arie eher soubrettenartig. Peter Seiffert sang den Bacchus großartig. Nun zu Katja Pieweck als Ariadne, die in dieser Serie nach krankheitsbe­dingten Absagen zum ersten und letzten Mal auftrat. Allein Sie lohnte schon den Eintritt. Ihr Sopran (eigentlich ist sie ein Mezzosopran) klingt in der Mittellage wie ein silbern schimmernder, langsam, aber mächtig fließender, breiter, nicht enden wollender Strom. Berückende Piani mit einem charismatischen Klang, den man allenfalls noch von Margaret Price in Erinnerung hat, ließen die Ohren an ihren Lippen hängen. Was wäre sie für eine Isolde. Mit Wagners Klangwogen verflöchte sich diese Stimme zum goldenen Zopf. Vom Klangbild her erinnert Pieweck auch an die 1999 früh verstorbenen Sabine Hass. Was vielleicht noch fehlt, ist der silberne Höhenglanz; dann wäre Katja Pieweck im lyrisch-dramatischen Fach konkurrenzlos. Warten wir die Entwicklung ab.
    Das Damenterzett war klangschön, die früher von mir nicht so geliebte Stimme von Gabriele Rossmanith (Echo) stach positiv hervor.
    Auch Christoph Pohl (Harlekin) sang mit kräftigem, angenehm klingenden Bariton. Nicht zuletzt sei Franz Grundheber in der kleinen Rolle als Musiklehrer erwähnt, der trotz seiner 76 Jahre immer noch über elektrisierenden baritonalen Höhenglanz verfügt.
    Dirigiert hat Axel Kober.

    Oper lebt von den Stimmen, Stimmenbeurteilung bleibt subjektiv

  • Übrigens wußte ich gar nicht, daß Franz Grundheber noch aktiv ist. Er war ja einer führenden Verdi-Baritons in D, ich habe ihn erlebt als Holländer in Dresden - ist lange her - da war er noch richtig gut.


    Als Holländer habe ich ihn in Hamburg zuletzt vor ca. zwei Jahren gesehen, also mit ca. 75! - Und am 12.12 wird er ebenfalls in Hamburg (hoffentlich) den Vater in Hänsel und Gretel singen.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Warum sollte man sich diese inhaltlich weniger interessante und musikalisch (für mich) ohne großen Erinnerungswert bleibende Oper ansehen? Sie bietet 4 erstklassigen Sängern eine Bühne für potentielle Jubelstürme, einem Mezzosopran (Komponist), einem Tenor (Bacchus; beide nur mit kurzen Passagen) einer Koloratursopranistin (Zerbinetta, mit der wohl anspruchsvollsten Koloraturarie überhaupt) und einem lyrisch-dramatischen Sopran (Ariadne).


    Es gibt mehrere Gründe, sich diese Oper anzuschauen. Als erklärter Regietheatergegener muß ich sagen, daß in dieser Oper zwei Handlungsstränge miteinander verknüpft werden können, wobei ich in der Komödie durchaus Potential sehe, vorsichtig zu modernisieren (die brauchen ja nicht gleich Gasmasken aufzusetzen). Aber der Ariadne-Teil sollte bei mir schon klassisch belassen werden, sonst leidet meine Zustimmung.


    In der Stuttgarter Originalfassung, die in Salzburg ich glaube von Marthaler inszeniert wurde, fällt der Komponist und damit eine der musikalisch schönsten Strauß-Rollen weg. Damit auch die Aussage "Die Musik ist eine heilige Kunst". Das ist wohl nicht so toll gewesen.


    Die Zerbinetta-Arie ist auch für mich schon wegen ihrer Länge und der halsbrecherischen Koloraturen eine der schwersten und schönsten Koloraturarien überhaupt.


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Ich freue mich über die positiven Rezensionen zu Katja Piewecks erster Ariadne. Mir war sie bereits 1995 in einer Figaros Hochzeit-Aufführung der Hamburger Musikhochschule aufgefallen, in der sie eine Marzelline sang, wie ich sie besser nicht gehört habe. Dies lag vor allem daran, dass Katja Pieweck im Grunde eine Zwischenfach-Sängerin ist, ihre Stimme zwischen Sopran und Mezzosopran angesiedelt ist. Schön, dass sie jetzt nach einigen Jahren ihrer Zugehörigkeit zum Ensemble der Hamburgischen Staatsoper Gelegenheit bekommt, sich in großen Fachpartien zu beweisen.


    Grüße aus Finnland
    Peter

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose