Wie soll das denn in der Praxis funktionieren? Es gibt auf dem Spielplan die Publikumsreißer wie die Zauberflöte oder La Traviata und dann kommt so ein Stück, das niemand kennt und mit dem Stoff nichts anfangen kann. Es ist doch klar, was passiert: Die Zauberflöte ist ausverkauft und zur Barockoper findet sich ein esoterisches Häuflein von Barockfreaks ein. Nach spätestens einer Spielzeit wird das Stück dann abgesetzt mangels Interesse. Da muß man schon Anreize bieten, die so eine Aufführung attraktiv machen für einen größeren Publikumskreis.
Die Zauberflöte und die Traviata kannte vor der Uraufführung auch niemand - die Erstaufführung der Traviata war sogar bekanntlich ein eklatanter Misserfolg. Beide Opern haben sich wegen ihrer guten Musik durchgesetzt. Auch heute werden neue Opern geschrieben. Leider will sie aber kaum jemand hören, und sei die Inszenierung noch so großartig - könnte es möglicherweise an der Musik liegen? Und könnte man dann nicht auch den parallelen Umkehrschluss ziehen, dass die ach so tollen neuen Regietheaterinszenierungen nur deshalb toleriert werden, weil die Musik von Mozart und Verdi so großartig ist?