Einar Englund (1916-1999)

  • Einar Englund ist hier im Forum schon öfter erwähnt worden, vor allem Wolfgang (teleton) hat mehrfach auf ihn hingewiesen und ihn sehr positiv hervorgehoben, speziell seine Klavierkonzerte. Hier im thread ab Beitrag 108 findet man bereits einiges über ihn. Er studierte an der Sibelius-Akademie in Helsinki und Bengt Carlson, Martti Paavola (Klavier) und Leo Funtek (Dirigieren). Nach dem zweiten Weltkrieg bis Mitte der 50er Jahre war er als Komponist tätig und in seinem Heimatland sehr erfolgreich. Bedingt durch private Schicksalsschläge und durch die aufkommenden avantgardistischen Kompositionstechniken verstummte er 1956 und setze sein kompositorisches Schaffen erst 1971 mit der 3. Symphonie wieder fort. Danach schrieb er noch zahlreiche weitere Stücke u.a. noch weitere 4 Symphonien. Sein Musikstil blieb immer tonal verhaftet und bewegt sich irgendwo zwischen Neoklassizismus und Nachfolge von Bartok, Stravinsky und Schostakowitsch.

    Die vorliegende CD ist meine erste bewusste Begegnung mit der Musik von Englund. Das Cellokonzert stammt noch aus den 50er Jahren und ist ein klassisch dreisätziges Konzert im neoklassizistischen Stil, eingängig und direkt ansprechend. Wenn die Klavierkonzerte auch so sind, werden sie mir gefallen. Die 6. Symphonie ist 30 Jahre später komponiert (1984) und kommt etwas gewichtiger daher. Eine Chorsymphonie (schon die dritte in dieser Woche, die mir unterkommt, nach Penderecki 7 und Tuukkanen 3) mit 6 Sätzen und Texten nach Aphorismen des Heraklit (auf finnisch!). Die Symphonie beginnt recht düster, hellt sich aber im Laufe der Sätze auf. Der Chor wird sehr "asketisch" eingesetzt, eher als Instrumentarium des Orchesters denn als Gegengewicht zu ihm. Erinnert ein wenig an Stravinsky. Auch Schostakowitsch kommt mir öfter als Bezugspunkt in den SInn. Das zentrale Scherzo ist auch ein rein instrumentaler Satz. Interessantes Werk, dass durch mehrfaches Hören sicher gewinnt.
    Jan-Erik Gustafsson agiert am Cello, Eri Klas leitet das Tampere PO und das ganze wird in gewohnter Ondine-Qualität dargeboten. Dies wird nicht meine einzige Englund CD bleiben.

  • Hallo Lutgra,


    ich finde es sehr angemessen, dass Du für Einar Englund einen separaten Thread aufgemacht hast.
    Bisher hatte ich von einigen Englund-Werken in dem von Dir mit LINK gennanten allgemeinen Thread Die Musik des Nordens berichtet, weil ich mir ohnehin keine grosse Reaktion für Englund erwartete. Inzwischen ist dieser recht erfolgreiche Thread aber doch etwas unübersichtlich geworden, wenn man etwas bestimmtes, wie Englund sucht.

    Zitat

    Die vorliegende CD ist meine erste bewusste Begegnung mit der Musik von Englund.


    Dann kann ich Dir sagen: Es wird für Dich noch besser und interessanter werden (als die o.g. CD mit der 6ten) !


    Die Klavierkonzerte Nr.1 (1955) und 2 (1974) sind hervorragende Werke des 20.Jhd, die wiederum das "ungeniessbar avantgardistische" vermeiden und fassbare moderne Musik ohne Langeweile zu produzieren, die etwa zwischen Bartok, Schostakowitsch und eben Englund "höchstselbst" mit seiner Eigenständigkeit stehen. Im anderen Thread hatte ich auch geschrieben - "es fetzt" - das trifft es.
    Man könnte die Werke rein gefühlsmässig auch neben die Merikanto - KK Nr.2 und 3 stellen. Hörspass pur !



    Matti Raekallio, Klavier; Tampere PO, Eri Klas
    ONDINE, 2002, DDD




    *** Weiterhin die von Schostakowitsch stark beeinflussten Sinfonien Nr.1, 2, 4 und 5.
    Besonders die ONDINE-Aufnahmen sind wirklich hervorragend mit großer Hingabe für den Landsmann interpretiert und die Klangqualität ist absolut erste Klasse, sodass diese ohnehin schon durch die klassischen Vorbilder Schostakowtsch, Prokofieff und Bartok geprägten Werke, nochmals eine Steigerung erfahren. Die Sinfonien Nr.1 und 2 sind inhaltlich stark von den 2.WK-Ereignissen geprägt -was sie eindeutig spannend macht.



    Sinfonien Nr.1 (1946) und 2 (1948),
    Klarinettenkonzert (1991), Flötenkonzert (1985), Violinkonzert (1981)
    FINLANDIA; 1976-1993, ADD/DDD


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    Sinfonie Nr.4 (1976) und Nr.5 (1977), The great Wall of China (1949)
    Tampere PO, Eri Klas
    ONDINE, 2001, DDD



    Entgegen meines Beitrages von 2008 ist diese preiswerte NAXOS-CD auch für die Sinfonien Nr.2 "Blackbird" (1948) und 4 "Nostalgic" (1976) eine ordentliche "Englund-Einsteiger-CD", die auch von der Int gut gelungen wirkt: Detailreich, spannend, gute Klangqualität; mit Nationalbewustsein vom Turku PO unter Panula interpretiert. :!: Deutsches Textheft inclusive - was nicht unwichtig ist um die Musik besser zu verstehen (Von daher gebe ich jetzt auch keine Inhalte daraus wieder ... da steht alles Wichtige drin !).
    Das KK Nr.1 ist aber eindeutig in der o.g. ONDINE-Aufnahme vorzuziehen.
    :thumbup: Die Sinfonie Nr.2 ist bei mir schon ein richtiger Liebling geworden, der bei mir wie ein Ohrwurm wirkt.



    NAXOS, 1996, DDD


    Die Sinfonie Nr.3, 6 und 7 liegen bei mir auch in den ONDINE-Aufnahmen vor. Wenn Englund, dann schon komplett alle 7 Sinfonien ! Aber damit habe mich ich noch nicht so intensiv beschäftigt - was noch nachgeholt wird - warscheinlich fehlt mir da für die erste Begeisterung die letzte Durchschlagskraft.
    Genau das Gleiche empfinde ich bei den Konzerten, die mich bei weitem nicht so vom Hocker gehauen haben, wie ich das bei den KK 1 + 2 und den anderen Sinfonien empfinde.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang


  • So, nach günstigem Einkauf beim Marktplatz habe ich jetzt das erste auch gerade gehört; gefällt mir gut, ich höre auch noch viel Prokofieff, aber dieses KK ist zugänglicher als zumindest Prokofieff 4 + 5. Morgen kommt das zweite dran. Gibt es immer noch gebraucht günstig am Marktplatz!

  • Der finnische Komponist Einar Englund komponierte seine 1.Sinfonie "Sotasinfonia" (Kriegssymphonie) 1946 aufgrund seiner Erfahrungen an der Front im 2. Weltkrieg.


    Im Prinzip war E. Englund mit dieser Bezeichnung "WAR", die dem Werk angedichtet wurde, gar nicht zufrieden. Vom Zeitgeist (1946) und von teils dramatischen Inhalt mit dem "Tanz des Todes" im Scherzo konnte man natürlich gedanklich auf den Krieg schliessen. Aber eine Kriegssinfonie in dem Sinne, wie deutlich bei Schostakowitsch´s Leningrader oder Barber´s Sinfonie Nr.1 spürbar, ist dieses Werk nicht!


    Die Sinfonie Nr.1 (1946) ist zudem sein erstes Orchesterwerk. Und das ist ganz beachtlich gelungen, wenn man bedenkt welch kunstvollen Orchesterfarben und gekonnten unerwarteten Effekte er in das Werk einbringt. Man würde trotz der zahlreich verwendeten Oktavverdoppelungen nie darauf kommen, dass dies ein erstes Orchesterwerk ist.
    Die Sinfonie Nr.2 "Blackbild" (1948) ist ungleich kunstvoller gearbeitet; enthält zudem Ohrwürmer erster Klasse, dem Werk würde ich das Prädikat "Meisterwerk" zuerkennen.


    Die 4 Sätze der Sinfonie Nr.1:
    1. Tempo di marica ma poco pesante
    2. Scherzo (Poco Vivace)
    3. Adagio
    4. Finale Maestoso


    Geamtdauer: 33-34Min.


    *** Englunds 7 Sinfonien sind sehr kontrastreich und haben untereinander hohen Wiedererkennungswert (anders als bei so manchen Vielschreibern, wo sich grob gesehen jede gleich anhört). Nicht jede überzeugt gleich stark; aber Nr.1, 2, 4 und 5 sind grosse Sinfonien des 20. Jhdt, die grösserer Beachtung und Beschäftigung eindeutig wert sind. Genau wie die fantastischen KK Nr.1 und 2!
    :thumbup: Der Hörspass stellt sich bei mir jedenfalls schnell ein, weil das geniessbare Musik des 20.Jhd ist, die es in sich hat. Von Langeweile keine Spur !



    Die Sinfonien Nr.1 - 7 gibt es in den sehr guten CD-Einspielungen mit dem Tampere PO (ONDINE) und den Dirigenten Eri Klass, Ari Rasilainen in Einzelausgaben.
    Die Sinfonien Nr.1 und 2 in den ebenfalls sehr guten Aufnahmen mit Pertti Pekkannen / Turk PO und Helsinki PO (FINLANDIA, 1976/79, ADD) = Abb der Doppel-CD mit einigen Konzerten in Beitrag 2.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Bisher konnte ich mich immer noch nicht durchringen diese ONDINE-CD zu kaufen, weil mir die Sinfonien Nr.1 und 2 auf den CD´s (Abb in Beitrag 2) von FINLANDIA (Nr.1 und 2) Naxos (Nr.2 Blackbird) vorliegen.


    :angel: Ich halte beide Sinfonien von Englund aber für so interessant, megahörenswert - und spannend, dass ich mir auch diese weitere Alternative auf ONDINE zulegen würde. Leider liegt der Preis nach Jahren nun immer noch im Höchstpreisbereich ...



    ONDINE, 1990, DDD


    :?: ... nun weis man nicht ... ist diese Aufnahme noch besser als die auf Finlandia und Naxos ? ...


    ;) Falls diese Frage nicht beantwortet werden kann, so hat dieser Beitrag wenigstens nicht den Sinn verfehlt an diesen grossen finnischen Komponisten des 20.Jhd wieder einmal zu erinnern, indem der Thread "nach oben" geholt wurde.
    :thumbsup: Es lohnt sich voll und ist wieder einmal ein TOP-Beispiel wie viele in unseren Breiten unbekannte Komponisten Meisterwerke geschrieben haben, die an uns vorbeigehen ....... 8o vorbeigehen würden .

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

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  • Einar Englund

    Konzert für Klavier und Orchester Nr.1 und 2

    9:18

    6:20

    6:05

    Nr.2

    9:16

    7:07

    7:23

    Epinikia 7:36

    Matti Raekallio, Klavier

    Eri Klas

    Tampere Philharmonic Orchestra

    Das Klavierspiel von Matti Raekallio ist sowohl technisch als auch Musikalisch über jeden Zweifel erhaben. Das Zusammenspiel mit dem Orchester ist hervorragend und das Klangbild in jeder Beziehung Klasse.


    Musik ist höhere Offenbarung als alle Weisheit und Philosophie. Wem meine Musik sich verständlich macht, der muß frei werden von all dem Elend, womit sich die anderen schleppen.

    Ludwig van Beethoven


    Bruckner+Wand So und nicht anders :)

  • Die Klavierkonzerte Nr.1 (1955) und 2 (1974) sind hervorragende Werke des 20.Jhd, die wiederum das "ungeniessbar avantgardistische" vermeiden und fassbare moderne Musik ohne Langeweile zu produzieren, die etwa zwischen Bartok, Schostakowitsch und eben Englund "höchstselbst" mit seiner Eigenständigkeit stehen. Im anderen Thread hatte ich auch geschrieben - "es fetzt" - das trifft es.
    Man könnte die Werke rein gefühlsmässig auch neben die Merikanto - KK Nr.2 und 3 stellen. Hörspass pur !

    Es freut mich immer wieder, wenn auf den absolut unterschätzten finnischen Komponisten Einar Englund aufmerksam gemacht wird.

    :angel: Das sind nicht nur spannende Klavierkonzerte des 20.Jhd sondern auch astreine Aufnahmen und Interepretationen dieser wertvollen Musik ...

    Gruß aus Bonn, Wolfgang