Dank meines Doktorvaters kam ich gestern in den zweifelhaften Genuss der neuen Staatsopern-Forza, einer weiteren Inszenierung aus dem Bachlerschen-Regietheater-Panoptikum. Martin Kusej, Chef des Bayerischen Staatsschauspiel bekommt einmal mehr Gelegenheit, seine Phantasien auf der Opernbühne auf Steuerzahlerkosten auszuleben. Natürlich ist die Handlung einmal mehr aktualisiert - historische Kostüme des 18. Jahrhunderts? Pfui Deibel - viel zu schön für München. Stattdessen hat sich Frau Heidi Hackl ( der Name ist Programm ) wieder in der Altkleidersammlung bedient, tja nur leider würde die hier als "Kostüme" verkauften Fummel kaum einer freiwillig anziehen. Schon die Ouvertüre war gnadenlos kaputtinszeniert: wir sehen Leonoras Familie beim Suppenlöffeln und Weinsaufen - herrlich intellektuell. Der Rest war Rampensingen nach Regietheatermanier. Dann machte es sich der Chor neben den rauchenden Trümmern des World Trade Centers (!) gemütlich, auch Polizisten waren dabei. Schade, dass man die Feuerwehrmänner vergessen hatte - wenn schon, denn schon. Wirklich süß war, wie die Übertitelungsanlage immer wieder missbraucht wurde, um das Libretto nach Kusejschem Gutmenschentum politisch korrekt zu verfälschen ("morte ai tedeschi" wird zu " Tod dem Feind" )oder um die verfälschenden "Regieeinfälle" vor dem nichtfachkundigen Publikum zu vertuschen. Man verkaufte, um eine ältere Dame mit Opernkenntnissen zu zitieren, das Publikum offenbar für blöd. Weiter ging's: statt in ein Kloster lief das Harteros'sche Leonörchen, die an diesem Abend trotz einiger Schärfen, die einzige staatsopernwürdige Besetzung war, direkt in den Gemeinderaum einer Sekte, wo eine ähnlich gewandete Statistin von vier kräftigen Burschen im hauseigenen Whirlpool untergetaucht wurde.Soso, eine Taufe also. Dass die Harteros danach im trockenen Kostüm den Akt fertig sang, war nur eine der grotesken Lachnummern, die diesen herrlich lustigen Abend garnierten. Und weiter geht's wieder: das Sexsymbol der derzeitigen Opernwelt, alias Jonas Kaufmann, fand sich plötzlich im Afghanistankrieg wieder und orgelte sich mit gaumigem Bariton durch die Alvaro Arie, ein Rollentausch mit dem Carlotto des Abends, Ludovic Tézier hätte vielleicht zu einer interessanten Besetzung geführt. Jedenfalls durften die beiden Herrschaften die eine oder andere Rauferei auf einem Tisch abliefern, davon sah ich aber zum Glück vom rechten ersten Rang nicht viel - der Tisch stand nämlich ebenfalls rechts. Hier, im dritten Akt, ist Herr Kusej in seinem Element und darf mit ekelhaften Einfällen um sich werfen, sodass es nur so kracht. Die arme Nadia Krasteva gab sich in diesem Umfeld gar keine Mühe mehr zu singen, ihr Kreischen passte perfekt zu dem Gruppensex, den man nun bestaunen durfte - damit es richtig munter zur Sache ging, durften die Choristen neben dem V****n, auch mal an der Wodkaflasche nippen und die Oberweite der Preziosilla bewundern. Nene Kusej, du musst noch viel lernen. Ich schlage die Reeperbahn vor : dort ist das Preis-Leistungsverhältnis besser. Und weiter ging's abermals: die Bettler von heute essen ja keine Suppe mehr, sondern balgen sich um Frischhalteboxen. Der Sänger des Melitone machte seine Sache ordentlich und konnte einem wahrlich leid tun, musste er sich doch immer das Gekeife des launischen Sektenführers Guardiano reinziehen. Und was passierte dann? Die Einsiedlerin, das Leonörchen, stöckelte mit High-Heels in einem Haufen von Kreuzen rum, man lachte sich kaputt, das Finale ging in Langeweile unter. Einsiedlerinnen bei einer Sekte schoppen wohl in der Luxusschuh-Boutique, will uns der Regisseur mitteilen. In der Radioübertragung vor zwei Wochen hatte Dirigent Asher Fisch noch lauthals verkündet, Oper sei kein Museum - nun er wird wohl neidisch sein, dass seinem grottenschlechten Dirigat wohl niemals ein solches errichtet werden wird. Ein Claqueur animierte mehrfach die Münchner Schickeria zu Applausstürmen, am Ende war ich froh, dass ich an die frische Luft konnte. Im Restaurant danach führte mich mein erster Weg dennoch erst vorsichtshalber aufs WC - man will ja nicht vor seinem Doktorvater erbrechen. Wohl bekommt's!
München: La Forza del Regietheater am 5. Januar
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Lieber Figarooo,
eine sehr gute Schilderung dieser Exzesse eines überdrehten Regisseurs. Natürlich waren da wieder die - vielleicht gekauften - Claqueure, die die Schickeria, die ohnehin meistens keine Ahnung von dem Werk hat, zum Klatschen anregen mussten. Du tust mir leid, dass du das ertragen musstest. Was hast du denn verbrochen, dass dich dein Doktorvater mit so etwas foltern musste? Jedenfalls ein Bericht, der vielleicht manchen echten Kenner vor dem Besuch dieses Sex and Crime-Schmarrens abhalten kann und damit den Gang aufs WC zum Kotzen erspart. Ich wünsche dir jedenfalls gute Besserung von der Krankheit, die du dir dort geholt hast.
Liebe Grüße
Gerhard -
Hallo Figarooo,
danke vielmals für diese vergnügliche Schilderung eines offenbar gar nicht so vergnüglichen Abends. Da der Sammelthread ja nun schon wiederholt aus fragwürdigen Gründen geschlossen wurde, können wir deine Worte leider nicht mit entsprechend anregendem Bildmaterial untermauern, aber andererseits hast du ja alles schon sehr plausibel erläutert, so dass es dem RT-Erfahrenen an entsprechendem Kopfkino sicherlich nicht gebrechen wird.
Ich könnte wetten, dass jetzt wieder so ein Schlaumeier auftaucht, der uns erklären will, dass die Forza sowieso keine logische Handlung hat, diese zudem auch nicht verständlich und austauschbar ist, so dass dem armen, armen Regisseur ja gar nichts anderes übrig bleibt, als sie zu "deuten". -
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Ich möchte mir hierzu jeglichen Kommentar ersparen. Wer hier noch meint, Bilder würden nichts zu dieser Handlung aussagen, dem spreche ich jede Ahnung von dieser herrlichen Verdi-Oper ab.
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eine sehr gute Schilderung dieser Exzesse eines überdrehten Regisseurs.
Lieber Figarooo, Du tust mir leid, dass du das ertragen musstest.danke vielmals für diese vergnügliche Schilderung eines offenbar gar nicht so vergnüglichen Abends.
Ich möchte mir hierzu jeglichen Kommentar ersparen. Wer hier noch meint, Bilder würden nichts zu dieser Handlung aussagen, dem spreche ich jede Ahnung von dieser herrlichen Verdi-Oper ab.
Liebe Freunde
Ihr habt schon alles gesagt, da muß man nicht viel ergänzen. Vielleicht nur so viel. Wenn es nicht unser geschätztes Mitglied Figarooo wäre, der hier dankbarerweise einen ausführlichen Bericht gibt - man möchte es sonst eigentlich nicht glauben. Unfaßbar, dies an der Bayerischen Staatsoper München, wo man ganz sicher auch noch einen Haufen Geld dafür bezahlen muß. Wie glücklich darf ich doch da sein, daß ich da an einem vergleichsweise dazu "kleinen Haus" im September eine rundum zufriedenstellende "Forza..." erleben durfte. Nicht mal ansatzweise gab es dort eine Verunstaltung![...] -
Ich habe mir am 28.12. den Livestream angetan und habe Figaroos Schilderung nicht mehr viel hinzuzufügen. Auf jeden Fall würde ich Herrn Kusej, gäbe es wie in der Schule Noten zu verteilen, eine sechs geben, weil er das Thema vollkommen verfehlt hat. In dieser Verdi-Oper geht es nicht um Religionskritik oder gar religiösen Fanatismus, sondern in erster Linie um Rassismus. Alvaro ist der Familie Calatrava deshalb nicht willkommen, weil seine Mutter eine Inkaprinzessin war, und der Rachefeldzug des Don Carlo wäre mit "Ehrenmord" treffend umschrieben. So etwas war sicherlich auch im Spanien vor zweihundert Jahren denkbar, eine Zeitverlegung in die Gegenwart war überflüssig, zumal die Assoziationen - 9/11 oder Abu Ghraib nichts zum Verständnis des Stückes beitrugen, eher war das Gegenteil der Fall. Ich jedenfalls hatte den Eindruck, dass sich der Regisseur nicht mehr als oberflächlich mit dem Libretto befasst hatte und es stattdessen nicht abwarten konnte, das Publikum mit seinen neuen "Erkenntnissen" zu beglücken.
Viele Grüße
Mme. Cortese
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Ich gehöre wahrscheinlich hier zu den ganz wenigen, die sich die Mühe gemacht haben, sich diese Inszenierung komplett aus dem Internet herunterzuladen, um sie sich dann in aller Ruhe anzusehen.
Insofern könnte ich hier natürlich wahrscheinlich als einer der ganz wenigen etwas konstruktives hierzu beitragen.
Sowohl zu den gesanglichen Fertigkeit einzelner Sänger am Abend des Livestreams und auch zur Inszenierung.
Nur ganz Ehrlich, ich wüßte gar nicht mit wem ich hier überhaupt irgentetwas diskutieren sollte.
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Soso, Godenrath hat es als Einziger gesehen. Ich dagegen, der drinnen war, wärme lediglich Stranas Meinung auf und bin quasi ihre ferngesteuerte Marionette. Geht's noch???? Ich habe diesen fast vierstündigen Abend durchlitten, der mit Oper, und das wollte ich mit meinen Bericht zum Ausdruck bringen, hat dieser Dreck nicht das Geringste zu tun - obwohl wir in München zum Teil sogar noch ärgeres vorgesetzt bekamen. Die Logik der Regietgeathermafia "Wie kann man etwas verurteilen, wenn man es nicht gesehen hat" hat Godenrath als leere Hülse entlarvt, denn wenn es dann nicht gefällt, ist man ein manipulierbarer Idiot ohne eigene Meinung. Nein Leute, sowas kann man getrost boykottieren ohne rein zu gehen, denn die Bilder sind gegen die Bühne noch harmlos. Helft der Mafia nicht das Haus zu füllen!
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Figarooo,
warum gehst du nicht einfach raus, wenn es dir nicht gefällt? Das wäre wenigstens ehrlich.Genau das habe ich schon mal angemerkt: Hier wird sich von Etlichen gesuhlt in der eigenen Meinung über das "Regietheater" - aber sie verstehen nicht, dass die Welt sich nicht um ihre Meinung dreht. Die Welt ist groß und weit, und sie hat Platz für verschiedenste Meinungen und Handlungen. Ob das nun in der Politik oder Wirtschaft oder im Privatleben ist: stets gibt es die eine oder die andere oder noch eine Seite. Und es ist schlicht nicht richtig - ich würde es darüber hinaus als "unreif" bezeichnen -, die Ansichten anderer nicht gelten zu lassen.
Das Schöne an unserem Leben ist doch: Niemand zwingt uns dazu, etwas zu tun, was wir nicht wollen (jedenfalls nicht im Privatleben). Also auch hier: Was mir nicht gefällt, kann ich umgehen - rausgehen aus dem Opernhaus, oder TV abdrehen. - Punkt.
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Ich wäre wohl hinausgegangen, wenn ich privat in der Oper gewesen wäre. Da es sich um einen Termin mit meinem Doktorvater handelte und dieser auch für andere Doktoranden nach der Vorstellung einen Tisch reserviert hatte, war das nicht möglich!
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Ich wäre wohl hinausgegangen, wenn ich privat in der Oper gewesen wäre. Da es sich um einen Termin mit meinem Doktorvater handelte und dieser auch für andere Doktoranden nach der Vorstellung einen Tisch reserviert hatte, war das nicht möglich!
Hat es denn wenigstens Deinem Doktorvater gefallen? - Vielleicht war das ganze ja auch ein Test, bei welchem man gerade mit dem Verlassen der Vorstellung hätte punkten können! -
Nein, mein Doktorvater sowie seine Frau und die beiden anderen Doktorandinnen fanden die Vorstellung alles andere als toll....wir haben noch lange darüber diskutiert und beschlossen das nächste Mal in den Rosenkavalier in der Inszenierung von Otto Schenk im März zu gehen...
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Figarooo,
warum gehst du nicht einfach raus, wenn es dir nicht gefällt? Das wäre wenigstens ehrlich.Genau das habe ich schon mal angemerkt: Hier wird sich von Etlichen gesuhlt in der eigenen Meinung über das "Regietheater" - aber sie verstehen nicht, dass die Welt sich nicht um ihre Meinung dreht. Die Welt ist groß und weit, und sie hat Platz für verschiedenste Meinungen und Handlungen. Ob das nun in der Politik oder Wirtschaft oder im Privatleben ist: stets gibt es die eine oder die andere oder noch eine Seite. Und es ist schlicht nicht richtig - ich würde es darüber hinaus als "unreif" bezeichnen -, die Ansichten anderer nicht gelten zu lassen.
Das Schöne an unserem Leben ist doch: Niemand zwingt uns dazu, etwas zu tun, was wir nicht wollen (jedenfalls nicht im Privatleben). Also auch hier: Was mir nicht gefällt, kann ich umgehen - rausgehen aus dem Opernhaus, oder TV abdrehen. - Punkt.
Leider gibt es aber auf der Opernbühne deutschlandweit fast nur noch eine Meinung, und die heißt "Regietheater". Das bedeutet, dass Opernliebhaber, die vom Regietheater nichts halten, kaum noch eine Möglichkeit haben, Oper live zu erleben, es sei denn, sie nehmen weite Reisen ins Ausland auf sich, so sie es sich zeitlich und finanziell leisten können.
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Lieber Figarooo,
ich habe mich auch schon die ganze Zeit gefragt, wie es dein Doktorvater von dir verlangen kann, in eine Aufführung zu gehen, zu der du offensichtlich keine Lust hast . Hätte er es nicht auch verstanden wenn du ihm gesagt hättest das du aus persönlicher Überzeugung dir diese Inszenierung nicht ansehen kannst und du wärst dann zum Essen dazugekommen ? Aber ich kann verstehen in welcher Zwickmühle man da ist. Die Eltern meiner Freundin, beides Operetten Fans laden uns jedesmal wenn Operette auf dem Spielplan in den Opernhäusern von NRW steht ( was zum Glück nicht allzu häufig der Fall ist ) ein mit entweder vor oder anschließendem Essen. Da weder meine Freundin noch ich Operetten Fans sind lassen wir das Ganze dann über uns ergehen, trauen uns aber auch nicht Ihnen zu sagen , das wir auf diese Veranstaltungen keine Lust haben, weil wir sie nicht verletzen möchten.
Jetzt aber zum eigentlichen Thema. Ich habe mir als einer der wenigen den Livesteam aufgenommen, was den unschätzbaren Vorteil des Vorspulens hatte. Diese Funktion habe ich auch häufig benutzt. Die Inszenierung hat mir überhaupt nicht zugesagt und die wahnsinns neue Idee die die Kritiker so toll fanden, das der Vater von Leonora auch gleichzeitig Pater Guardian ist, ist überhaupt nicht neu. Das hat Herr Hilsdorf schon in Essen gemacht nur er hat dann noch einen draufgesetzt und die Overtüre erst nach der ersten Szene spielen lassen. Herr Kaufmann ist einfach kein Tenor sondern ein Bariton , was sich in dieser Verdi Partie wieder mal gezeigt hat. Wenn er zusammen mit Herrn Tezier auf der Bühne stand, war stimmlich fast kein unterschied auszumachen. Und dadurch das er kein richtiger Tenor ist, kamen auch seine Arien nicht wirklich zur Geltung., Herr Tezier bot von den Hauptpartien noch die beste Leistung, war mir aber für die Rolle zu lyrisch. Mit Frau Harteros habe ich so meine Probleme. Sie singt zwar immer alles perfekt, berührt mich aber überhaupt nicht. Sie singt immer irgendwie ohne Leidenschaft und erinnert mich an die Puppe Olympia in Hoffmans Erzählung. Das Dirigat von Herrn Fisch war nichtssagend und jeder Kapellmeister hätte das besser hinbekommen.
Lieber Sven kannst du vielleicht den Link wo du den Livestream runtergeladen hast hier reinkopieren ? Dann können die Taminos die das wollen sich die Übertragung noch mal anschauen. Ich hab ihn mir mit der Software Moavie Screen Picture aufgenommen. -
Zitat
Zitat von Tuonela: Also auch hier: Was mir nicht gefällt, kann ich umgehen - rausgehen aus dem Opernhaus, oder TV abdrehen. - Punkt.
Liebe Tuonela,
das ist nach meiner Ansicht zu einfach gedacht. Natürlich kann ich beim Fernsehen abschalten und ich bin froh, dass es diesen Knopf auch gibt. Wenn ich im Opernhaus fortgehe, nachdem man mir das Werk unter seinem wohlklingenden Namen verkauft hat, aber mir stattdessen die irre Fantasie eines überdrehten Regisseurs zeigt, die mit dem Werk überhaupt nichts mehr zu tun hat, ist das schon eine schwierigere Sache. Hier habe ich mein gutes Geld, das mir nicht sehr locker sitzt, für etwas hinausgeworfen, über das ich mich nur ärgern kann.
Ich habe es an anderer Stelle schon gesagt, hier jetzt noch einmal: Der ganze Streit wäre wohl nicht, wenn man dem normalen Opernliebhaber, und das ist nach meiner Erfahrung immer noch die - leider meist resignierende - Mehrheit, den ihm entsprechenden Anteil entsprechenden Anteil an vernünftigen Aufführungen gewähren würde. Aber wo findet man in Deutschland und auch in manchen angrenzenden Ländern überhaupt noch werksgetreue Aufführungen? Und das Fernsehen sendet inzwischen fast auch nur noch diese arg entstellten Aufführungen. Dürfen wir nur noch Gebühren zahlen, haben aber keine Ansprüche ans Programm?
So bleibt also nur noch das Ausweichen auf die DVD, bei der aber inzwischen manche Werke, die man gerne einmal sehen würde, auch nur noch in solche irren Inszenierungen gibt.
Was wäre, wenn alle Mensche resignieren würden und nicht mehr um die gerechten Dinge kämpfen würden? Das wäre, wenn wir nicht mehr protestieren, sondern nur noch den Rat befolgen würden: "Dann schalte doch einfach ab oder gehe hinaus, auch wenn du das Geld, das du für andere Zwecke besser hättest verwenden können, schon für so etwas verschleudert hast."Liebe Grüße
Gerhard -
Lieber Rodolfo, ich teile deine Meinung in allen Punkten und gebe dir auch bezüglich Frau Harteros recht. Gerade wenn man Leotyne Price, von der ich mehrere Aufnahmen dieser Oper besitze, im Ohr hat, die für mich in dieser Partie unerreicht ist, dann muss man den Jubel, den Frau Harteros erhielt, stark hinterfragen. Dennoch war sie für mich an diesem Abend noch mit Abstand die beste Leistung, Herrn Tézier nahm ich seine Rolle nicht ab - er war zu lyrisch und brav. Wenn er Wut spielte, wirkte das sehr aufgesetzt. Wie gesagt,die Duellszenen auf dem Tisch am rechten Bühnenrand, konnte ich von meinem Platz aus kaum sehen. Auch der Sänger der Doppelrolle Marchese/Guardiano klang matt und abgesungen. In der Vorgängerinszenierung 2005, wurde da noch der greise Kurt Moll geboten, der da in einer anderen Liga sang, auch wenn die Besetzung damals sonst auch ziemlich enttäuschend war...mein Doktorvater, geht zwar gerne in die Oper, ist aber kein Experte, ja er sah die Forza zum ersten Mal. Solche Opernbesuche zwischen Doktoranden und Betreuern halte ich für äußerst wichtig, da sie die Beziehung zueinander vertiefen, sodass Absagen in diesem Fall keine Lösung gewesen wäre. Bei allen die mit uns in der Oper waren und die sich im Restaurant über die Aufführung austauschten, überwog die Ansicht, dass im heutigen Opernbetrieb etwas gehörig falsch läuft.....
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Wenn ich im Opernhaus fortgehe, nachdem man mir das Werk unter seinem wohlklingenden Namen verkauft hat, aber mir stattdessen die irre Fantasie eines überdrehten Regisseurs zeigt, die mit dem Werk überhaupt nichts mehr zu tun hat, ist das schon eine schwierigere Sache. Hier habe ich mein gutes Geld, das mir nicht sehr locker sitzt, für etwas hinausgeworfen, über das ich mich nur ärgern kann.
War dir der Name des "überdrehten" Regisseurs vorher nicht bekannt? du hast doch Internet. Da würde ein Blick reichen, um sich vorher über die Aufführung zu informieren. Und "werksgetreue" Aufführungen - was immer das sein soll (die Rezeption hat sich seit Werkentstehung verändert, verändert sich dauernd: also gibt es keine Werktreue) - gibt es genügend, auch da kann man das Internet bemühen. Wenn man das will.ZitatIch habe es an anderer Stelle schon gesagt, hier jetzt noch einmal: Der ganze Streit wäre wohl nicht, wenn man dem normalen Opernliebhaber, und das ist nach meiner Erfahrung immer noch die - leider meist resignierende - Mehrheit, den ihm entsprechenden Anteil entsprechenden Anteil an vernünftigen Aufführungen gewähren würde. Aber wo findet man in Deutschland und auch in manchen angrenzenden Ländern überhaupt noch werksgetreue Aufführungen?
Kennst du die "Mehrheit"? woher weißt du, dass sie resigniert ist? - Wäre sie "resigniert", gäbe es diese so verhassten Aufführungen gar nicht mehr: denn das Opernhaus will auch leben und Karten verkaufen.ZitatUnd das Fernsehen sendet inzwischen fast auch nur noch diese arg entstellten Aufführungen. Dürfen wir nur noch Gebühren zahlen, haben aber keine Ansprüche ans Programm?
Wie "kämpfst" du denn dann gegen die allgemeine Verdummung der TV-Sender, gegen Carmen Nebel & Co, Rosamunde Pilcher & Co? deine Antwort lautet doch sicher: "da schalte ich gar nicht erst ein". Ja, aber dafür zahlst du auch Gebühren. Und nun?ZitatWas wäre, wenn alle Mensche resignieren würden und nicht mehr um die gerechten Dinge kämpfen würden? Das wäre, wenn wir nicht mehr protestieren, sondern nur noch den Rat befolgen würden: "Dann schalte doch einfach ab oder gehe hinaus, auch wenn du das Geld, das du für andere Zwecke besser hättest verwenden können, schon für so etwas verschleudert hast."
"Für gerechte Dinge kämpfen": das ist eine nicht ungefährliche Ansicht. In der großen Weltpolitik führt sie oft genug zu Krieg (und den beobachtet man hier im Kleinen auch!).Die Frage, die du und andere sich stellen sollten: Was ist gerecht, was ist richtig? das, was ich glaube? das hieße dann, die Meinung der anderen ist automatisch ungerecht und falsch, oder die anderen sind resigniert, vielleicht sind sie auch dumm und ignorant ...
Natürlich soll man für seine Meinung eintreten. "Ich gegen den Rest der Welt" halte ich nicht für eine geeignete Maßnahme. "Nicht hingehen, nicht kaufen" sind Maßnahmen. Oder selbst was tun und sich direkt an den Intendanten des heimischen Opernhauses wenden.
Wir sind in unserem Leben mit so vielem konfrontiert, das wir tun oder auch lassen können. Man muss einfach auch mal lassen können.Gruß tuonela
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Wie "kämpfst" du denn dann gegen die allgemeine Verdummung der TV-Sender, gegen Carmen Nebel & Co, Rosamunde Pilcher & Co? deine Antwort lautet doch sicher: "da schalte ich gar nicht erst ein". Ja, aber dafür zahlst du auch Gebühren. Und nun?
Und nun? Bekanntlich kämpfen gegen die Dummheit selbst Götter vergebens und außerdem kann man nicht gegen Alles kämpfen, das verhindern letztlich die Naturgesetze.
Doch um eine Dummheit zu entschuldigen, taugt es nicht, auf eine noch größere hinzuweisen.Persönlich sehe ich allen Grund, mich Mme. Corteses Meinung anzuschließen. Wenn ein Opernregisseur, geblendet von seinem Hass gegen den Katholizismus, die ursprüngliche Handlung verfälscht, hat er schlicht und einfach das Thema verfehlt und verdient dafür Hiebe.
In der Sache will ich ihm gar nicht widersprechen, ich finde es lediglich geschmacklos, seine Wut am falschen Objekt auszulassen. Bei Rolf Hochhuth hätte er sicher etwas Passendes gefunden. -
Zitat
Zitat von Tuonela: War dir der Name des "überdrehten" Regisseurs vorher nicht bekannt? du hast doch Internet. Da würde ein Blick reichen, um sich vorher über die Aufführung zu informieren. Und "werksgetreue" Aufführungen - was immer das sein soll (die Rezeption hat sich seit Werkentstehung verändert, verändert sich dauernd: also gibt es keine Werktreue) - gibt es genügend, auch da kann man das Internet bemühen. Wenn man das will.
Liebe Tuonela,
wie ich deinem Beitrag entnehmen muss, hast du immer noch nicht verstanden oder willst nicht verstehen, worum es hier geht.
Natürlich habe ich die Möglichkeit, mich vorher zu informieren. Deshalb gehe ich und viele meiner Bekannten, aber auch manch einer hier im Forum und wie ich immer wieder in Gesprächen höre eine Menge anderer Opernfreunde nicht mehr in ein Opernhaus, es sei denn, ich habe mich vorher überzeugt, dass mir für mein gutes Geld, das ich sonst für bessere Zwecke verwenden kann, etwas Vernünftiges geboten wird. Aber wo gibt es das noch, außer vielleicht für Crissy, der es nicht so weit nach Liberec hat.
Aber - und muss ich das immer wieder betonen - es geht doch darum, dass wir auch als normale Opernfreunde wieder einmal mit ruhigem Gewissen und, ohne es schnellstens angewidert wieder verlassen zu müssen, in ein Opernhaus gehen können oder auch mal den Fernseher einschalten können, ohne nach kurzer Zeit den Ausschaltknopf bedienen zu müssen.
Insofern geht dein letzter Beitrag völlig ins Leere.Liebe Grüße
Gerhard -
Nein, lieber Gerhard, der Beitrag geht mitnichten ins Leere. Mir ist schon sehr bewusst, dass Du auf Biegen und Brechen versuchst, Deine Meinung als Mainstream darzustellen. Dennoch frage ich mich, was Dich auf die Idee bringt, dass Deine Auffassung oder meinethalben die der "Clique" Mehrheitskonses seien ? Selbstverständlich kann jeder, der meint, dass ihm eine Aufführung nicht gefallen wird daheim bleiben und das Geld in eine DVD investieren. Tue ich ja auch. (Da es mir vor allem um die Musik geht, habe ich auch kein Problem damit, Oper von der Platte zu hören oder konzertant im Konzerthaus). Irgendwann -ginge Deine These auf- wären die Opernhäuser leer. Und mann müsste nachdenken, warum das so ist, ggf. alte Inszenierungen ausgraben.
Sieh es einmal unter dem Aspekt des Marktes: Wenn Monsanto sagt, dass das Saatgut für die Kartoffel Linda nicht mehr produziert wird, wenn Nestle sagt es gibt das Dessert Flair nicht mehr, wenn Stollwerck entscheidet, dass die Helle Damen Schokolade nicht mehr hergestellt wird, dann haben die genannten Unternehmen das Ganze für sich durchkalkuliert und entsprechend entschieden. Und die tun das nicht, das glaube mir bitte, um weniger Kunden zu haben.
Ich verstehe absolut, wenn Dir das heutige Operngeschehen nicht gefällt. Es ist aber nicht unbillig zu erwarten, dass Du Dich mit Verhältnissen abfindest, die vielleicht Dich nicht mehr befriedigen, gleichwohl noch genügend Anhänger haben, um Opernhäuser mit der notwendigen Auslastung zu versehen. Glaube mir bitte eines, lieber Gerhard: die Krise des Theaters ist nicht eine der Inszenierung. Das ist zweitrangig. Die Krise des Theaters und auch die Krise der Kulturverankerung in unserer Gesellschaft ist die mangelnde Akzeptanz von Kultur in der Gesellschaft, weniger die Qualität oder Nichtqualität von Inszenierungen. Vor diesem unser aller gemeinsamen Interesse bedrohenen Hintergrund sind die RT-Debatten hier, vor allem in der Art, wie sie ausgetragen werden, alles andere als eine Ruhmesblatt für uns, die wir unsere Vorstellung von Kultur in der Gesellschaft verankern wollen. Werbung für Oper ist das jedenfalls nicht.
Insofern gebe ich tuonela in jedem Punkt seines Beitrages recht: Basis meiner Antwort auf einen Beitrag ist das geschriebene Wort. Sich mit der dahinter verbergenden Meta-Ebene zu beschäftigen mag gelegentliich Aufgabe von Administration und Moderation hier im Forum sein, nicht aber die der Diskutanten.
Liebe Grüße vom Thomas
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Sorry - aber da kann ich mich schwer beherrschen. RT ist Unkultur - um es nicht schärfer zu formulieren. Und es sit sicher keine Schande für das Forum diese Unkultur zu bekämpfen. Was mich lediglich stört, dass dieser Kampf nicht professionell geführt wird.
Das RT lebt ledigglich noch, weil Kultur - hier pflichte ich Thomas Pape bei - in dieser verproletarisierten Gesellschaft keinen Stellenwert mehr har - oder positiver ausgedrückt - DERZEIT keinen Stellenwert hat. Den Leuten ist Oper eigentlich kein Anliegen mehr. Das ist auch verständlich. Einerseits eine Kunst, die früher dem Adel und dem Bürgertum vorbehalten war, andrereseits heute in den Händen von Leuten , die man nur verachten kann. Wie sagte eine Dame in einem ähnlichen Fall zu mir: "Ich weiß, daß man sowas heute nicht mehr sagen darf - aber es ist und bleibt ein Gesindel"
Das Regietheater ist eine Erfindung von Leuten, die das bürgerliche Theater und die bürgerliche Gesellschaft, sowie jegliche Hierarchie zerstören wollen - eine Gesellschaft ohne Zucht und Ordnung - ein Spiel ohne Spielregeln. ich kann derlei aber auch schreiben ohne Forenmitglieder persönlich anzugreifen und werde persönliche Angriffe auf meine Person einfach ignorieren. Der Adel hat sich einst untereinander duelliert, aber ab einer bestimmten Stufe war man eben nicht satisfactionsfähig.
Ich durfte heute lesen, daß Leute, denen das heutige Theater nicht gefällt ja nicht ins Theater gehen müssen. Das ist eine sehr "eigenwillige" Interpretation. Das RT wird so lange werken bis es die Kunstform Oper umgebracht hat. Dass ein sensationslüsterner Pöbel an Stelle einer elitären Gesellschaft die Opernhäuser füllt ist kein Beweis für den Erfolg des Regietheaters. Daß einige der "großen" Regietheaterregisseure in der Nähe des Kommunismus zu finden sind ist IMO entlarvend genug. Ein altes Sprichwort sagt "Wenn der Gemeine aufs Ross kommt, kann ihn der Teufel nicht derreiten" An dieses Sprichwort erinnere ich mich, wenn ich das sehe was heute als "Kunst" oder Kultur" angeboten wird. Diese Leute haben eigens das (Schimpf?)Wort "Hochkultur" erfunden, weil es für sie schon "Kultur" ist, wenn sie mit Messer und Gabel umgehen können.
Wenn ich jetzt noch über den Anbau von PATENTIERTEN Kartoffelsorten, deren Patent abgelaufen ist schreibe, dann begebe ich mich ins OT und zudem ist unser Forum dann morgen auf der Titelseite vieler Tageszeitungen.
Zur Klarstellung: Ich verwahre mich, daß Mitglieder denen das RT aus welchen Gründen auch immer als Kultur erscheint - persönlich angegriffen werden. Die Moderation wird hier in Zukunft härter durchgreifen. ABER der Angriff auf das Regietheater ist selbstverständlich nicht verboten. Und selbstverständlich wird auch untersagt, daß RT-Gegner als einfältig, ewiggestrig und dergleichen hingestellt werden. In Wahrheit ist es ein Klassenkampf auf kultureller Ebene, der auf der Opernbühne stattfindet, ein Nebenschauplatz gewissermaßen.
Thomas Pape schreibt:"Werbung für Oper ist das jedenfalls nicht." Hier kann ich nur antworten: "Oper in der derzeitigen Form möchte ich gar nicht bewerben. Wenn mich ein junger Mensch fragt, welche Oper er als Einstieg ansehen soll, so sage ich ihm: "Am besten gar keine . Was man heute zu sehen bekommt ist eine Entstellung der Oper"
Tamino ist im öffentlichen Bewusstsein gerade durch seine RT-Gegnerschaft verankert worden - Das sehe ich durchaus positiv.
ALLERDINGS ist es nicht das Einzige was Tamino zu bieten hat - es gibt zahlreiche andere Genres worüber geschrieben werden kann und soll - und wenn ich mit einem Mitglied in Sachen Regietheater keinen Konsens erreichen kann oder auch will - dann schliesst das nicht aus, daß ich mit diesem Mitglied auf einem anderen musikalischen Gebiet harmoniere oder interessante Diskussionen erlebe...mit freundlichen Grüßen aus Wien
Alfred -
Als ich diesen Thread entstehen sah, dachte ich: das neue Jahr fängt ja gut an und fühlte mich sogleich an meine derzeitige Lektüre erinnert. Zum wiederholten Male lese ich die Erinnerungen von Günter Wand "So und nicht anders" und dachte, wie lange dieses Problem schon besteht. Folgende Textstelle mag als Beleg dafür dienen:
ZitatWolfgang Seifert: Der Opernbetrieb der siebziger Jahre war dabei, sich mehr und mehr zu einem vom Zeitgeist geprägten reinen Regietheater zu wandeln, und die Intendanten (vielfach selbst Regisseure) neigten- wie auch die Kritiker- immer stärker dazu, musikalische Probleme gegenüber denen der Inszenierung als zweitrangig zu betrachten. Renommierte Gastregisseure und Sängerstars, die zwar viel Geld kosteten, aber auch Prestige und volle Häuser versprachen, waren für sie jetzt wichtiger als Dirigenten. Und Musiker, die wie Günter Wand darauf beharrten, dass es sich bei der Oper schließlich um Musiktheater handle und deshalb gewisse musikalische Grundvoraussetzungen erfüllt sein müssten, wurden schnell als altmodische Querulanten eingestuft. Aus immer wieder erlittener leidvoller Erfahrung wurde Wand zunehmend skeptsich gegenüber der Oper als noch ernstzunehmender künstlerischer Institution. Sie konnte sich an die für ihn künstlerisch existentiellen Bedingungen von Proben- und Besetzungsabsprachen nicht halten. Am Ende gab er auf, zermürbt von den ihm sinnlos erscheinenden Kämpfen, und nahm mit Bizets "Carmen" in Bern (Regie: Joachim Herz) 1972 endgültig Abschied von der Operntätigkeit, die genau vierzig Jahre vorher so hoffnungsvoll begonnen hatte.
Da kann man mal sehen, wie lange das Geschwür schon wächst.Liebe Grüße
Willi
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Lieber Alfred,
wir sind in vielen Punkten gar nicht so weit auseinander. Grundsätzlich geht die Menschheit den Weg des geringsten Widerstandes.Wir sind uns gewiss einig, dass es des Aufwandes von mindestens 70 min bedarf, um Beethovens 9. zu hören. Ich höre immer wieder das Wort "multitasking". Und muss dann halt sagen: bei der Musik geht das aber nicht. Beim Film ja auch nicht. Das Fernsehn verschleiert das nur mit seinen wertlosen Schrottproduktionen, wo selbst ein billiger Mist wie "Tatort" zum Kult stilisiert wird und die "Bild" zur Zeitung erklärt.
Aber der Musik muss ich schon zuhören. Und einer Oper musikalisch uind intellektuell folgen.
"Was du ererbt von den Vätern, das erwirb, um es zu besitzen." Wie wahr ist dieses Goethe-Wort. Das, was auf uns übnerkommen ist, müssen wir stets auf neue erwerben. Für diejenigen, die Musik lieben, die vielleicht die 9. von Beethoven lieben (oder seine Sonate op. 109) werden diese Werke in ihrem Leben immer wieder präsent sein, im Fortschreiten der Jahre auch anders wahrgenommen werden. All dies ist aber nicht beiläufig zu haben. Es ist auch eine Frage von Prioritäten, die man setzt, oder auch nicht.
Kultur braucht eine wache Aufmerksamkeit. Das gilt für Musik, das gilt für Literatur, das gilt für Film und das gilt auch für Oper.
In dieser Hinsicht haben wir derzeit hier kein Schichtproblem, sondern ein gesamtgeselllschaftliches Problem. Offensichtlich gibt es Interessen, weite Teile des Volkes dumm zu halten. Ein seltsames Paradoxon übrigens: noch nie in der Geschichte der Menschheit war es so einfach, Bildung zu erhalten. Alles das, was uns hier bei Tamino wert und kostbar ist, lässt sich problemlos für günstig Geld erstehen oder noch günstiger in Bibliotheken anhören oder ausleihen oder über das Internet erfahren. Es gibt keine Ausrede für Unbildung.
Wir haben hier im Forum einige Mitglieder, die aus enfachen Kreisen stammen, die nicht von Haus aus eine adäquate Schule besuchen konnten (des Schulgeldes wegen z.B.) und die diesen als Jugendliche empfundenen Mangel spöäter durch Lektüre und Fortbildungen aller Arten versuchten wett zu machen. Denen giltg mein allergrößter Respekt. Ich hatte es da viel einfacher.
Das bringe, lieber Alfred, aber einmal einer satten Jugend bei. Die haben das Bedürfnis gar nicht. Das ist kein Schichtproblem, das ist ein gesamtgesellschaftliches Problem. Mit der fatalen Zusatzdimension, dass auch aus den Elternhäusern kaum noch geschöpft werden kann.
Will unterm Strich heißen, das wir uns natürlich darüber austauschen sollten, wie eine Inszenierung einer Oper aussehen könnte oder sollte. Dass wir Inszenierungen kritisieren, wie wir das ja auch bei Plattenaufnahmen tun. Darüber hinaus müssen wir aber überzeugen können. Gelingt uns da nicht, sehe ich uns auf einer Eisscholle dahintreiben, deren Fläche immer geringer wird.
Liebe Grüße vom Thomas
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Das RT wird so lange werken bis es die Kunstform Oper umgebracht hat.
Fakt ist, lieber Alfred, daß schon seit Jahrzehnten über die Krise der Oper geredet und geschrieben wird. Man beklagt immer wieder, die Oper sei als zeitgemäße, Ernst zu nehmende Kunstform längst tot. Es gehört deshalb zum Selbstverständnis des sogenannten "Regietheaters" (ein durchaus fragwürdiger Begriff, der von der Theater- und Musikwissenschaft als seriös überhaupt nicht allgemein akzeptiert wird), die Oper wieder zum Leben zu erwecken - das Regietheater war und ist also eine Antwort auf eine verbreitete Art von Opernkritik. Jemanden, den man bereits für tot hält, kann man schlecht noch einmal umbringen. Man stirbt nur einmal. In den Topf "Regietheater-Regisseure" werden zudem viele geschmissen, die reichlich wenig miteinander gemeinsam haben.Schöne Grüße
Holger -
Lieber Alfred,
Ich möchte nicht versäumen, Dir herzlich für Deine brilliante Analyse der momentanen Verhältnisse zu danken. Eigentlich müsste Dein Beitrag in jeden Thread, der sich mit dem RT beschäftigt, eingesetzt werden.
Gerade, weil es dabei, wie Du richtig feststellst, "um einen Klassenkampf auf kultureller Ebene" geht, und weil es den Vertretern des RT um die Zerstörung des bürgerlichen Bildungsideals geht, dürfen wir nicht locker lassen und stillschweigend weiterhin diese Ermordungsversuche der Oper über uns ergehen lassen.
Dass die Opernhäuser weiterhin besucht werden (sogar die Brutstätte dieses Krebsgeschwürs, die Komische Oper Berlin hatte in der Homoki-Aera eine Auslastung, wenn sie auch noch so bescheiden war), ist kein Argument; schliesslich sieht man ja auch bei der Entwicklung der Massenmedien, welche Idiotien die breite Masse sich zur Entspannung wünscht.
Deshalb geht auch die fortwährende Forderung fehl, man dürfe erst über eine Inszenierung schreiben, wenn man sie durchlitten habe:
Schon anhand von Bildern lässt sich durchaus konstatieren, ob es sich um eine weitere Abkehr von einer traditionellen Auffassung handelt.
Zu guter Letzt geht es mir auch noch um etwas Anderes, weshalb ich den Kampf gegen das RT nicht aufgebe:
Bis in den 70er Jahren (in Brechtscher Nachfolge) damit begonnen wurde, auch vermittels der Oper eine Gesellschaftsveränderung zu versuchen (das bezeichnet man wohl als Demokratisierung), war die Oper so etwas wie ein Refugium einer geistigen und musikalischen Elite.
Man begab sich festlich gekleidet an einen Ort, der dem "Schönen, Wahren und Guten" reserviert war.
Auch dieses letzte Refugium des sog. Bildungsbürgertums wurde von Sympatisanten der Linken oder gar des Kommunismus mittlerweile mit Erfolg zerstört.
Dies konnte nur deshalb so gründlich geschehen, weil wir so lange geschwiegen und stillschweigend gelitten haben.
Da ich eine Umkehr erreichen will (und die Anzeichen mehren sich, dass ein gewisser Erfolg sich zeigt), kann und will ich nicht länger schweigen. -
Der Adel hat sich einst untereinander duelliert, aber ab einer bestimmten Stufe war man eben nicht satisfactionsfähig.
Als ob der Adelsstand, egal welcher Färbung, Garantie für Irgendetwas wäre?! Ich staune immer wieder, wie weit verbreitet das Schubladendenken ist.Das Fernsehn verschleiert das nur mit seinen wertlosen Schrottproduktionen, wo selbst ein billiger Mist wie "Tatort" zum Kult stilisiert wird
Da wäre zu fragen, wer hinter den öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten (und nicht nur hinter denen!) steckt - und nicht nur steckt, sondern sich in berechnender Absicht versteckt.Es gibt keine Ausrede für Unbildung.
Das ist m. E. keine Frage der Ausrede, sondern eine Frage der Manipulation. Auf der Klaviatur Manipulation wird von sehr, sehr einflussreichen Kreisen äußerst meisterhaft gespielt. Was Manipulation bewirken kann, konnte zuletzt (und deswegen noch in Erinnerung) sehr deutlich im und nach dem "1000-jährigen Reich" erkannt werden - die Manipulation ist aber uralt, nur die Methoden haben sich sehr, sehr, sehr... (bis zur vermeintlichen und teilweise tatsächlichen Unkenntlichkeit) verfeinert.Viele Grüße
zweiterbass -
Das ist der Versuch, den Thread von persönlichen Auseinandersetzungen gereinigt zu "retten".
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Warum fällt mein Beitrag von 10.41 unter die "Zensur"? Ich bitte höflich, diesen Beitrag auch hier lesbar zu machen.
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Hier sehe ich manches ähnlich.
Die Oper wird tatsächlich schon seit Jahren totgeredet und geschrieben.
In den USA erleben wir leider sehr deutlich was passiert, wenn etwas nicht mehr getan wird, was seit Jahrhundert Tradition hat, nämlich das diese Häuser subventioniert werden.
Früher waren es Könige und Fürsten, die die Steuergelder, die mehr oder weniger seriös eingetrieben worden sind, dazu verwendeten um diese Kultur zu erhalten.
Heute ist es der Staat, der mit unseren Steuergeldern dafür gerade steht, das ein Kulturbertrieb überhaupt noch stattfinden kann.
Der Kommentar, alte Inszenierungen über Jahrhunderte laufen zu lassen, halte ich für Unproduktive, denn dann bräuchten wir keine Schulen mehr wo Künste unterrichtet werden.
Spart natürlich eine Menge Geld, daß dann anderwertig ausgegeben werden kann.
Genauso könnte man fordern, daß Mirella Freni und Placido Domingo doch ausschließlich weltweit das Recht haben die Mimi und den Cavaradossi zu singen und alle andere, weil diese in den Augen mancher nicht die Idealbesetzung sind, haben gefälligst ihre Finger von diesen Rollen zulassen.
Sollten sie aber einmal nicht mehr sein, Inszenierungen haben ja auch schon ihre Macher überlebt, dann stellt man halt einen Statisten auf die Bühne und die Stimme kommt von Band.
Das ist aber Utopisch, hoffe ich jedenfalls, denn dann wäre die Oper wirklich ein Museum.
Kunst lebt aber von ihrer ständigen Erneuerung und teilweise auch von einer mehr oder weniger gelungenen aktuellen Umdeutung des Stoffes.
Ich erinnere mich hier an einen Dialog zwischen zwei bildungsfernen Personen im Fernsehen.
"Natürlich habe ich den Romeo und Julia Film mit Leonardo gesehen, einzig die Dialoge fand ich etwas störend, " sinngemäß wiedergegeben.
Ich muß jetzt offen bekennen diesen Film nicht gesehen zu haben, aber es sollen die original Dialoge ( in deutscher Übersetzung ) gewesen sein.
Der Film war meines Wissens ein Erfolg, trotz der aktuallisierten Fassung.
Theater muß sich erneuern, wir leben in eine Demokratie und jeder sollte hier vielleicht auch einmal die Chance bekommen seine Deutung des Stoffe auf die Bühne zu bringen, ob sie uns nun gefällt ist eine ganz andere Sache.
Vielleicht hat dieser Mißerfolg ja auch in gutes , jemand sieht das und sagt sich, daß kann ich besser.
Besucht die dafür vorgesehenen Schulen und macht es vielleicht hinterher tatsächlich besser.
Sofern er natürlich noch die Chance dazu, denn wenn die Bühnen mit Jahrhunderte alten Inszenierungen für die nächsten 100 Jahre blockiert sind, ist dieses Unterfangen aussichtslos.