Kaum ein anderes weltbekanntes Orchesterwerk eines seriösen Komponisten dürfte soviel Missfallensbekundungen auf sich vereinen können, wie Tschaikowskys Ouverture solenelle 1812, op. 49.
Es ist eine Festouvertüre zur Erinnerung an Napoleons Vertreibung aus Russland im Jahre 1812. Es kann freilich kein musikalisches Kriegstagebuch sein, aber der Höhepunkt ist natürlich eine musikalisch dargestellte Schlacht, in der die französische Hymne auf die Zarenhymne prallt, das ganze mit (möglichst echtem !) Kanonendonner und in den Freudentaumel am ende mischt sich möglichst reales Glockengeläut. Ach in unseren Tagen nicht einfach zu realisieren.
Während einer Aufführung im Züricher Hauptbahnhof, so war vor einiger Zeit in den Zeitungen zu lesen, zogen sich einige Musiker wegen der echten Kanonenschläge ernsthafte Gehörschädigungen zu...
Was haltet Ihr von der 1812?
Ich habe meine Probleme mit der Form. Da wechseln sich "gefühlsduselige", langsame, reflektierende Stellen ab mit lärmenden Schlachtenschilderungen. Letztere finde ich durchaus mit Genuß anhörbar. In beiden Teilen nerven mich die penetranten wiederholungen gewisser kurzer Phrasen, gar endlos scheinende Tonrepetitionen.
Wie will man nun die "beste" Aufnahme küren - und welchen wichtigen Stellenwert haben dabei die unvermeidlichen Soundeffekte???
Ist wegen der langweiligen Teile eher die schnellstmöglichste Aufnahme anzuraten?
Ich besitze die Aufnahmen von Ozawa (15:01 - DG, DDD); Karajan (15:26 - DG, ADD) und Bernstein (15:29 - Sony, ADD)
Mich würden die Aufnahmen von Neeme Järvi, Stokoski, Abbado und einigen anderen noch interessieren...
Von meinen drei Aufnahmen finde ich Ozawa am schönsten und auch die Effekte sitzen dort überzeugend.
Zu der Karajanaufnahme ist noch zu erwähnen, daß sie auch sehr interessant ist, da Karajan die Streichereinleitung (ein orthodoxer Choral) nicht etwa von den Streichern spielen lässt, sondern dafür den Don Kosaken Chor Serge Jaroff angeheuert hat. (Angeblich sei Karajan während der Aufnahmesitzung verrückt geworden, da der Chor nicht zu zügeln gewesen sei und die westliche Tonalität auf seine Weise ignoriert hätte...)
So, gespannt auf Euere werte Meinung harre ich der Dinge, Markus