'was mir behagt ist nur die muntre jagd' - jagdmusik im lauf der zeit

  • hallo, als sprößling einer quasi-erbförsterfamilie muß ich mich hier nun auch mal der ureigenen musik meiner vorfahren widmen :D der musik für jagdhorn ...


    und es gibt ja auch im bereich der klassik jagdmusiken in hülle und fülle ... welche kennt und schätzt ihr?


    der titel des threads weist ja schon mal auf bach .... :yes:


    :hello:

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Hallo Klingsor,


    wieder ein schöner, bunter Thread.


    Explizit im Wald und bei der Jagd "spielt" das Scherzo aus Bruckners Vierter Sinfonie (auch wenn das "Programm" nicht allzu ernst nehmen sollte.)


    Dagegen fast etwas weniger konkret: Die "Jagdszene" aus Smetanas "Moldau".


    So, gleich zu Beginn spielverderberisch die bekanntesten Jagdszenen abgehakt, es kommt aber noch mehr von mir. Eins hab ich für den Moment noch:


    In der herrlichen Oper Les Troyens von Berlioz gibt es ein Aktvorspiel, das sich (frei übersetzt) "königliche Jagd" nennt.
    Ich habe das jetzt nicht genau griffbereit, müsste das Vorspiel zum vierten oder fünften Akt sein. Ist eher erotisch als weidmännisch angehaucht, diese musik, soll aber Dido (und Aeneas ?) bei der vergnüglichen Jagd darstellen.

  • Hallo,


    na da fange ich doch glatt mit dem Freischütz an, der zur Gänze in dem Milieu spielt, und in dem Hörner des öfteren prominent vorkommen (Jägerchor).


    Anklänge an eine entfernte Jagd hört man auch auch im 2. Akt Tristan (weitere Stellen bei Wagner lasse ich anderen ;) ).

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Vielleicht weniger offensichtliche Jagdszenen oder Anspielungen:


    in Purcells "Dido und Aeneas" sind sie natürlich auch auf der Jagd, die durch das von den Hexen beschworene Gewitter abgebrochen werden muß (But ere we this perform let's conjure for a storm... to mar their hunting sport...)


    In Händels Giulio Cesare taucht in einer Arie nur ein Vergleich aus der Jagd auf (wie der Jäger das Wild beschleicht usw. "Va tacito..."), was zum Anlass für ein konzertantes Corno da caccia genommen wird, ein ganz famoses Stück!


    Eine großartige, wenig bekannte Haydn-Sinfonie ist #31 "mit dem Hornsignal", darüberhinaus kann man in fast jedem 6/8-Finalsatz von Haydn jagdähnliche Motive finden.


    Die Schöne Müllerin: "Der Jäger", "Die böse Farbe"


    Beginn von Tristan Akt II, Marke geht auf die Jagd


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hallo Klingsor,


    dann wird Dich das hier brennend Interessieren:



    frz. Jagdmusiken aus dem 18. Jahrhundert
    Orchestre de Chambre - Paillard


    allein die pompöse Kantate von Morin ist ein Kaufgrund.
    Daneben sind noch Concertos und Symphonien von Corette und Mouret mit dabei.
    Schlußendlich noch die Jagdszenen aus Hippolyte et Aricie von Rameau


    bei Amazon kannst Du auch reinhören - danach wird sie Dir gehören :D

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Zitat

    Original von Theophilus
    Anklänge an eine entfernte Jagd hört man auch auch im 2. Akt Tristan (weitere Stellen bei Wagner lasse ich anderen ;) ).


    Na, das ist aber nett von Dir... :hello:


    Zu nennen wäre bei Wagner noch der Schluß des ersten Aktes des "Tannhäuser", in der die Jagdgesellschaft des Landgrafen auf den Tannhäuser trifft.


    Dann fällt mir speziell aus Haydns symphonischem Schaffen noch die Nr. 73 "La Chasse" ein, in der dem Titel entsprechend Jagdhörner eingesetzt werden.


    Eine gespenstische "Jagdszene" spielt sich auch im gigantomanischen Spätestromantik-Oratorium "Gurrelieder" von Arnold Schönberg ab ("Erwacht, König Waldemars Mannen wert!").


    Der Empfehlung des Lullisten hinsichtlich der CD mit französischen Jagdmusiken kann ich nur beipflichten. Einiges davon hat eine interessante Wirkung auf Hunde (selbst ausprobiert!).


    Grüße


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Zitat

    Der Empfehlung des Lullisten hinsichtlich der CD mit französischen Jagdmusiken kann ich nur beipflichten. Einiges davon hat eine interessante Wirkung auf Hunde (selbst ausprobiert!).


    Oh ja das hat sie wirklich :D:D:D:D


    Unser Dalmatiner ist da voll drauf abgefahren... :rolleyes:

  • hallo, die cd habe ich natürlich schon laaaange ... :D sie war im eigentlichen auch der grund für den thread ... aber ich finde die jagshörner da schon fast zuuu laut :D


    und das mit den hunden muß ich mal ausprobieren ....


    eine weitere grandiose jagdszene findet sich bei
    haydn im 'herbst' der jahreszeiten ...


    und natürlich bei einem meiner derzeitigen lieblingsstücke:


    dem chasseur maudit von franck ...


    gespenstische musik über den verdammten jäger ...nur zu empfehlen :jubel:

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Ja, dieses Forum ist immer wieder für eine Überraschung gut,
    so habe ich soeben festgestellt, daß meine einzige Einspieliung der Sinfonie Nr 73 von Joseph Haydn lediglich als Langspielplatte existiert...


    ..ein Übelstand der noch diese Woche abgestellt werden soll :)



    Ich möchte meinerseits an eine Oper erinnern, an den Wildschütz von Lortzing, die ja von Jagmotiven geradezu durchsetzt ist.
    Und auch hier werde ich die Gelegenheit ergreifen, dieser Oper einen eigenen Thread zu widmen.


    Beste GRüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo!
    Der dritte Satz des Herbstes aus Vivaldis "Vier Jahreszeiten" beschreibt eine Jagdszene. Dabei werden u.a. das fliehende und später erlegte Wild, Gewehrschüsse und Hundegebell nachgeahmt.
    Viele Grüße,
    Pius.

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Hallo Jörg,


    bei Deiner Art Themen vorzugeben streifst Du ja wirklich alles, was in der Musikgeschichte von Interesse ist. Unter den Stichworten für mein längerfristig angelegtes Vorhaben "Musik und Politik" steht die Jagd an wichtiger Stelle. Da ereignete sich unter dem Titel caccia im 14. Jahrhundert (das in seiner Exzentrizität zutreffend als der „ferne Spiegel“ des 20. Jahrhundert bezeichnet wurde, so Barbara Tuchmann) eine äußerst spannende Entwicklung, von der die Musikgeschichte mächtig durchgerüttelt und aufgelockert wurde. Besonders denke ich an Franscesco Landini, aber auch Oskar von Wolkenstein und Walther von der Vogelweide. (Die vom Lullisten erwähnte französische chasse hat sich hieraus entwickelt.)


    Das Thema Jagd hat hier ganz viele Bezüge: Neue Themen, die in die Musik Einzug hielten. (Natürlich gab es auch damals schon die - uns aus den letzten 100 Jahren wohlvertraute - Kritik, damit sei der Untergang der Musik und ihrer Regeln eingeleitet.) Eine neue Lebendigkeit, die zwar in der vorangegangenen Entwicklung innerhalb der kirchlichen Musik bereits angelegt war, aber doch weit über sie hinausging. Hier wurde zum ersten Mal in der abendländischen Musik eine volle Gleichberechtigung der Stimmen erreicht. In den Anfängen mischte sich in das Vergnügen an der Jagd noch viel Ausgelassenheit der Straße. Das waren noch nicht die dem Adel vorbehaltenen zeremoniellen Jagden, wie sie dann in der Aufklärung zum Beispiel in die Musik von C.P.E. Bach Eingang fanden. Das war eher die reine Lebensfreude, die sich wieder in der Musik Ausdruck zu verschaffen wusste. (Wenn ich hier etwas Falsches schreibe, hoffe ich auf frühzeitige Korrekturen.)


    Und die in der Jagdmusik einander jagenden, miteinander tobenden Stimmen waren die Urform, aus der sich dann über den Kanon die Fuge entwickelte. Fuge bedeutet Flucht. Und Jagd hat die Doppelbedeutung: Jagen und Gejagt-Werden.


    Ich stehe noch ziemlich am Anfang, die ganze Bedeutung der Jagd als Metapher in all ihren musikalischen und politischen Bezügen zu verstehen. Dein Thread kann helfen.


    Nach meinem Lieblingsstück gefragt mache ich natürlich kein Hehl, dass dies das bereits genannte Scherzo aus Bruckners Vierter ist, und hier am liebsten in der Einspielung mit William Steinberg und dem Pittsburgh Sinfony Orchestra, dem gerade dieser Satz ganz außergewöhnlich gelingt.


    Viele Grüße,


    Walter

  • Hallo Walter,


    Zitat

    Besonders denke ich an Franscesco Landini, aber auch Oskar von Wolkenstein und Walther von der Vogelweide. (Die vom Lullisten erwähnte französische chasse hat sich hieraus entwickelt.)


    "Oskar von Wolkenstein"... Ist das der jüngere Bruder des bekannten Minnesängers Oswald von Wolkenstein oder hast Du in letzter Zeit zu viele Polit-Talkshows gesehen? :D;)


    Grüße


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • lieber walter,
    ich fasse dein obiges an mich gerichtetes statement mal als kompliment auf ;)


    generell möchte ich sagen, daß ich deine ausführungen dazu - wie immer!!!! - sehr interessant und intellektuell bereichernd - fast schon beglückend - finde :rolleyes:


    ich wünschte mir auch mehr muse und muße, um solche beiträge zu schreiben . zu meinem eigenen bedauern reicht es immer nur zu kurzen statements :(:(:(


    deshalb: mein besonderer dank, weiter so ...ich lese sie immer wieder gerne und profitiere enorm ( dies gilt aber auch für die beiträge so manch anderer :] ).


    nun zum thema zurück:
    eine wunderbare jagdmusik gibt es auch im 1. akt des dornröschens von tschaikowsky


    :hello:

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • zwar weniger jagdmusik, aber wer das horn an sich liebt: es gibt m.m.n. kaum eine sinfonische musik, die mehr horngetränkt ist als die


    2. symphonie von wilhelm stenhammer (1871-1927). sehr schöne, romantische musik ... :yes:

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Lieber Jörg,


    vielen Dank für das Lob, das ich gern zurückgebe. Seit im Mai Deine Themen auftauchten, empfinde ich das als eine echte Belebung. Sie haben manchmal polarisierende Wirkung: So gibt es Parodien und Seitenthemen, aber das gehört dazu, wenn etwas gewagt wird. Hoffentlich lässt Du Dich davon nicht beirren !


    Auf der Suche nach zusätzlichen Informationen zur caccia war ich auf Bhagwatis „Komponieren im 21. Jahrhundert“ gestoßen und dort auf die Beobachtung: „In der abendländischen Musik könnte man z.B. die Spätzeit des ambrosianisch/gregorianischen Chorals mit seinen komplizierten Melismen und Tropierungstechniken nennen, den modalen Kontrapunkt des 16. Jahrhunderts, die spättonale Harmonik des beginnenden 20. Jahrhunderts - und auch unsere an Musikkonzepten so überbordende Zeit. Interessant ist, dass auf eine solche Zeit der nahezu undurchdringlichen Komplexität oft Musik folgt, die auf verschiedene Weise einfacher, klarer, durchschaubarer ist - auf die Choralkomplexität folgt das Organum, auf den Kontrapunkt die Monodie, auf die Spätromantik Webern und Strawinsky. Der Vorgang scheint klar: nach schwerer Kost folgt leichtere."


    Was das für das 21. Jahrhundert bedeutet, vermag er dann allerdings auch nicht vorauszusagen. Aber genau hier sehe ich Deine Themen: Was bleibt haften, wenn jemand ganz unvoreingenommen und ohne Vorkenntnis und Vorurteil in ein Konzert mit zeitgenössischer Musik geht: Die Erfahrung, welche unbekannten Instrumente dort eingesetzt werden, dass es dort mal ein Getümmel, mal aber auch unerträgliche Leere gibt. Versuche ich jetzt Deine bisher aufgeworfenen Themen zu überblicken, liefern sie einen ersten Ansatz für eine solche Phänomenologie. Und ich kann mir vorstellen, dass Bhagwati recht hat, und die Entwicklung dahin gehen wird, was als unmittelbarer Eindruck erfahren und dann bewusst gestaltet wird.


    Unter diesem Gesichtspunkt wird das Thema Jagd im 20. Jahrhundert mörderisch. Es schlägt um in Menschenjagd, Kesseltreiben, Massenmorden. Gerade diesen Klang hat Steinberg in seiner überhitzten Interpretation des Scherzo von Bruckners 4. Sinfonie getroffen. Und er wird direkt fortgeführt in den Kriegssinfonien von Schostakowitsch, auch das ist Jagd.


    Einmal hellhörig geworden möchte ich weiter das Lied „Aoua! Aoua!“ aus den 1926 komponierten „Chansons Madécasses“ von Ravel ergänzen, in dem er die Menschenjagd auf die Einheimischen in Madagaskar beschreibt.


    Will Musik solche Gefühle fassen, droht sie, sich selbst aufzulösen. Siehe hierzu den lesenswerten Internet-Essay „Avantgarde und Trauma“ von Wolfang-Andreas Schultz in „Die Tonkunst online“.


    Viele Grüße,


    Walter

  • klingsor schrieb:

    Zitat

    und es gibt ja auch im bereich der klassik jagdmusiken in hülle und fülle


    Dafür ist dieser Thread doch noch ziemlich kurz. Deshalb ein paar weitere Jagdmusiken von mir:


    Gossecs: Symphonie à grand orchestre op. 13,3 in D-Dur, La chasse (Concerto Köln!!!)
    Telemann: Ouvertüre in F-Dur TWV 55:F9 "La Chasse"
    Heinichen: Serenata di Moritzburg
    Charpentier: Acteon (Opéra de Chasse)


    Aber am gelungensten finde ich immer noch Johann Friedrich Faschs Concerto "la Chasse", Schüsse und "Die Sau ist tot" inklusive. :yes:



    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • noch gar nicht erwähnt wurde die großartige 'chasse royale' aus den trojanern von berlioz .


    neben der chasse-symphonie gibt es bei haydn auch noch die symphonie 'mit dem hornsignal' .


    gibt es bei saint-saens nicht auch eine sinfonische dichtung namens la chasse du jeune henri IV?


    gute nacht...

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Ein starkes Jagen auf uns
    stellten die Neidinge an:
    Der Jäger viele fielen den Wölfen,
    in Flucht durch den Wald trieb sie das Wild:
    Wie Spreu zerstob uns der Feind.
    Doch ward ich vom Vater versprengt;
    seine Spur verlor ich,je länger ich forschte:
    Eines Wolfes Fell nur traf ich im Forst;
    leer lag das vor mir,den Vater fand ich nicht.


    Siegmund im 1.Akt der Walküre.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Waidmannsheil!


    Es herbstelt nun schon seit ein paar Wochen wieder und trotzdem hat in der aktuellen Jagd-Saison noch niemand hier was im Jagdmusik-Thread hinterlassen?


    Das muss geändert werden! :yes:


    Ich beginne mal bei Joseph Haydn:


    Neben der schon erwähnten schönen Symphonie Nr. 73 in D-Dur "La Chasse" aus dem Jahr 1781 gibt es von ihm auch noch die Symphonie Nr. 31 in D-Dur, die den Titel "Mit dem Hornsignal - Auf dem Anstand" (Kurztitel "Hornsignal") trägt und 1765 komponiert wurde.


    Vor allem der Beginn der Symphonie mit charakteristischen Hornmotiven evoziert sofort Jagdstimmung.


    Im weiteren Verlauf des Werks sind die Hörner zwar stets präsent, aber der erste Satz erinnert mich von allen vieren doch am meisten an Jagdmusik.
    Hervorzuheben ist evtl. noch der Finalsatz dieser Symphonie: Ein ausgedehnter Variationensatz, in dem mehrere Instrumente zu teilweise umfangreichen Soloeinsätzen kommen (darunter z. B. auch so "exotisches" wie ein Kontrabass!) - ein Musterbeispiel für Haydns Freude an Variationssätzen und seiner Instrumentationskunst!



    Neben der hier abgebildeten Harnoncourt-Einspielung aus dem Jahr 1993 habe ich noch eine ebenfalls sehr schöne Aufnahme, die seinerzeit beim Label Berlin Classics erschienen ist (ich finde aber im Moment keine näheren Angaben im Netz zu dieser Aufnahme, evtl. ist sie zur Zeit "not available"...)


    Außerdem sollte man an dieser Stelle den Schutzheiligen der Waidmänner (und Schützen) nicht unerwähnt lassen:


    St. Hubertus



    Sein Namenstag liegt äußerst passend mitten in der herbstlichen Jagd-Zeit - er ist am 3. November.


    Der Legende nach wurde er zum Christentum bekehrt, nachdem ihm beim Durchstreifen des Waldes ein (weißer?) Hirsch erschien, der auf der Stirn - zwischen den beiden Geweihstangen - ein Kruzifix trug.
    Ein Bild, das auf gewissen Flaschen heute ja weit verbreitet ist :wacky:


    St. Hubert lebte zur Zeit Pippins (also im späten 8. Jahrhundert) und gilt als Apostel der Ardennen-Region (da gibt's praktischerweise ja auch viel Wald :D ) - und wird demnach wohl in dieser Gegend auch besonders verehrt. Bin leider kein Belgien-Experte und kann daher nichts dazu sagen, ob es in den Ardennen nun besonders viele "St. Hubert"-Kirchen gibt.... naheliegend ist es zumindest.


    Musikalisch interessant ist die Tatsache, dass der Begriff "Hubertusmesse" eigentlich relativ bekannt und geläufig ist (zur Zeit findet man allüberall immer wieder Hinweise, dass in Kirchen Hubertusmessen gehalten werden) - man versteht darunter eine Messe, in der charakteristische Jagdmusik-Elemente in den musikalischen Ablauf einbezogen werden - am sinnfälligsten natürlich in der Kombination Jagdhorn/ -hörner + Orgel.


    Obwohl ich einige Hubertusmessen kenne, ist auffällig, dass es diese Werke von keinem namhaften Komponisten der Vergangenheit zu geben scheint - dabei hätte ich gerade aus dem 18. Jahhrundert solche Werke in größerer Anzahl erwartet. Schade eigentlich!
    Vermutlich waren diese Hubertusmessen immer stark volkstümlich geprägt und hatten eher improvisatorsichen Charakter, zumal ja der Tonumfang des klassischen Jagdhorns eh nur auf wenige (Natur-) Töne beschränkt war und ist.
    Wahrscheinlich hat sich kein ambitionierter Komponist da herausgefordert gefühlt...?


    Eine schöne CD, die es zur Zeit nicht mehr auf dem Markt zu geben scheint, ist die PHILIPS-Aufnahme mit dem Titel "Grande Messe de Saint Hubert" aus dem Jahr 1991.
    Hornist Hermann Baumann spielt zusammen mit dem Folkwang Horn Ensemble eine von ihm zusammengestellte Hubertusmesse "für Naturhörner, Ventilhörner und Orgel", in der Sätze von französischen Komponisten wie Cantin, Biautte, Dampierre, Tyndare-Gruyer, Rochard und Chalmel enthalten sind. Auf der CD gibt es außerdem noch ein paar weitere Fanfaren und Jagd-Musiken für verschiedene Horn-Kombinationen.


    Alles sehr klangschöne Stücke, die zeigen, wie gut der Klang des Horns mit dem der Orgel zusammengeht.


    Ansonsten kenne ich noch (kürzere) Hubertusmessen, meist Arrangements von Komponisten/ Hornisten aus dem 20. Jahrhundert, darunter z. B. von Josef Zilch ( geb. 1928 ):


    Hubertusmesse für 4 Hörner & Orgel
    (+Haydn: Symphonie Nr. 73 "La Chasse")
    Mitglieder des Bayerischen Staatsorchesters und die Nürnberger Symphoniker



    Auch sehr schön - von der "Machart" her ähnlich:




    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Interviebanner 1 Gelbe Rose
  • Sehr schön und mit virtuosem Tenor- und Horneinsatz veredelt ist das Lied "Queen and huntress, chaste and fair" aus der Serenade für Tenor, Horn und Streichorchester von Benjamin Britten. Das Gedicht stammt von Ben Jonson.

    „People may say I can't sing, but no one can ever say I didn't sing."
    Florence Foster-Jenkins (1868-1944)

  • Salut!


    Da fällt mir gerade die sehr nette Sinfonia da caccia in G-Dur von Leopold Mozart ein. Die Partitur verlangt zu Beginn der Sinfonie ächtes Hundegekläff... und so wurde sie auch eingespielt: :D


    [jpc]7587304 [/jpc]


    Mit enthalten sind die Musikalische Schlittenfahrt, die Sinfonie D-Dur [Eisen D 26], sowie die berühmte Kindersinfonie, die u.a. auch einst Joseph Haydn als Verbrechen angelastet wurde: Mittlerweile wird die Autorschaft mit ziemlicher Sicherheit einem Was was ich, wie das Ding jetzt heißt [ich meine damit jetzt nicht Kozeluh, aber mir fällt der Name gerade nicht ein] unterschoben. Hinweisen möchte ich auch darauf, dass Leopold Mozart, wie seinerzeit üblich, jede Menge an "Programm-Musiken" wie die Schlittenfahrt komponierte und auch sonst für jeden Sch*** zu haben war: Es existiert noch eine Sinfonie D-Dur mit Dudelsack & Drehleier... 8)


    Die Jagd-Sinfonie aber, um die es hier geht, ist dreisätzig:


    • Allegro
    • Andante, piú tosto un poco allegretto. A gusto d'un eco.
    • Menuett. Trio


    Das Allegro beginnt, wie bereits erwähnt, mit Tölengebell, gleich gefolgt von im typischen Chasse einsetztenden Hörnern, es fallen Schüsse [anstelle der Pauken]. Sehr witzig. Im zweiten Satz wird ein Echo [a gusto d'un eco] imitiert, vermutlich jenes der Salzburger Berge. Den Absch[l]uß bildet das Menuett mit sehr hoch gesetzten Hörnern [ :evil: ], ansonsten wenig aufregend.


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Hallo Ulli,


    Leopold Mozarts Jagd-Sinfonie hatte ich auch noch auf meiner Liste - ein schönes Werk, das neben der ganzen äußerlichen Effekte die typische Jagd-Atmosphäre mit charakteristischen Hornsignalen und Natur-Romantik (die gelungenen Echo-Effekte im 2. Satz!) sehr passend in sich vereint.


    Das Werk zeigt - wie viele Leopold Mozart-Werke - den ausgeprägten Sinn für Humor und wirkungssichere Effekte in der Familie Mozart. Wolferl hat nicht nur das musikalische Talent seines Herrn Papa geerbt :yes:


    Die Jagdsinfonie stammt wohl aus den 1750er Jahren und existiert in 2 handschriftlichen Stimmensätzen.


    Das Titelblatt der in Wien bei den Musikfreunden aufbewahrten Abschrift trägt die Aufschrift:
    "Die Jagd-Sinfoni / 4 Violini / 4 Corni ex D / 2 Corni ex G / 2 Violi / eine Kugel Bichse / et / Basso / del Sig. Mozart Leopold"


    .... das dürfte eine der ungewöhnlichsten Orchesterbesetzungen sein, die es zu der Zeit gegeben hat - in der Partitur ist die Kugel Bichse tatsächlich wie ein normales Instrument notiert, ok - viele Töne hat sie nicht zu "spielen" aber immerhin: Ordnung muss sein... :wacky:


    Man kann die Büchse anscheinend auch durch eine Pauke (mit Holzschlegeln zu spielen, damit es besser "knallt") oder ein anderes "Lärminstrument", bzw. durch ein scharfes Pizzicato beim Kontrabass (Saite schnellt dabei aufs Griffbrett zurück) ersetzen.


    Die Hunde, die im 1. Satz außerdem noch auf Kommando zu bellen haben, stellen auch einen äußerst ungewöhnlichen Effekt dar. Gut abgerichtete Jagdhunde können und konnten dies sicherlich ohne Weiteres tun, aber ist das nicht besser was für Freiluftaufführungen? Vielleicht am Ende einer festlich-fürstlichen Treibjagd, wo das Orchester aufspielt, während die Jagdgesellschaft eintrifft und die erlegte Beute auslegt.


    Vom Komponisten gibt es noch einen Vermerk:
    "Erstlich müßen die g horn ganz rauh geploßen werden, wie es nemlich bey der Jacht gewöhnlich und so forte alß immer möglich. item kann auch ein hifthorn da bey sein. Dann soll man etliche hunde haben die bellen, die übrigen aber schreyen zusam ho ho etl. nur aber 6 Tact lng."


    Klingt nach einem ziemlichen Spektakel :wacky: :D
    ("Ho ho ho" ruft anscheinend nicht nur Santa Claus :stumm: )


    Die Anforderungen an die Hörnerstimmen in dieser Sinfonia zeigen, wie hoch das Niveau der Salzburgischen Hornisten damals gewesen sein muss. Ventile, die das Spielen vereinfachen, gab es ja noch nicht :jubel:


    Der Hinweis Leopolds über die "rauh geploßenen Hörner - so forte alß immer möglich" (ich liebe diese Schreibweise von damals!!!) spricht meines Erachtens sehr für eine Freiluftaufführung der Jagd-Sinfonie.


    Neben der von Ulli schon präsentierten CD-Aufnahme mit dem Münchener Kammerorchester unter der Leitung von Hans Stadlmair habe ich auch noch eine PHILIPS-Aufnahme, die mal wieder aus dem aktuellen Katalog gestrichen wurde... :rolleyes:


    Es spielt die Academy of St. Martin-in-the-Fields unter Iona Brown; Solisten an den Hörnern sind u. a. Hermann Baumann, Radovan Vlatkovic und Timothy Brown sowie "Les Trompes de France" mit geradezu erschreckend rauh und ungezügelt klingenden Naturhörnern - die Aufnahme stammt aus dem Jahr 1986.


    Insgesamt eine schöne Einspielung - nur die Hunde kommen bellenderweise gut hörbar vom Band... :no:
    Evtl. hätten die Musiker ersatzweise besser "Ho ho" gerufen :D


    Da es auf dieser CD nicht um Leopold Mozart-Musik geht, sondern um "Concerti da caccia" (so der Titel), findet man außerdem noch


    Jean-Joseph Mouret ( 1682-1738 ): Die Seconde Suite aus den "Suites de Symphonies"


    Johann Friedrich Fasch ( 1688-1758 ): Concerto in D-Dur "Die Jagd", worin im 1. Satz ein quasi minutiöses Programm vorgegeben ist: Von "Der erste Ruff von der Jagd", über "Die völlige Jagd", "Wann die Hunde auff der rechten Fährte sind" und "Wann dem Wild ein Schuß gegeben wird" bis zu "La Morte" (eine kleine teilnahmsvoll-ruhige -hörnerlose- Episode) und "Lustige Jagd" als Abschluss des Satzes.


    und dann gibt es auf dieser CD abschließend noch ein


    virtuoses Concerto in Es-Dur von Leopold Mozart in 3 Sätzen mit einem "La Caccia" betitelten 3. Satz. Ein weiterer Beitrag Leopolds für die exzellenten Salzburger Naturhornisten.


    Hoffen wir, dass diese gelungene Aufnahme bald wieder ihren Weg in irgendeinen Katalog zurückfindet :yes:

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Hallo!


    Beethovens Klaviersonate Es-Dur op. 31 Nr. 3 wird manchmal auch Jagd-Sonate genannt.
    Schuld daran ist der Schlusssatz, der in seinem 6/8-Takt ein wenig an eine Jagd erinnert.



    Gruß, Peter.

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Zitat

    Original von MarcCologne
    Johann Friedrich Fasch ( 1688-1758 ): Concerto in D-Dur "Die Jagd", worin im 1. Satz ein quasi minutiöses Programm vorgegeben ist: Von "Der erste Ruff von der Jagd", über "Die völlige Jagd", "Wann die Hunde auff der rechten Fährte sind" und "Wann dem Wild ein Schuß gegeben wird" bis zu "La Morte" (eine kleine teilnahmsvoll-ruhige -hörnerlose- Episode) und "Lustige Jagd" als Abschluss des Satzes.



    Das Stück mit den Goebel-Players: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: ich habe weiter oben schon darauf hingewiesen.



    :hello:
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Hallo, Peter!


    Zitat

    Original von petemonova
    Beethovens Klaviersonate Es-Dur op. 31 Nr. 3 wird manchmal auch Jagd-Sonate genannt.


    Es gibt keinen Grund, sich das anzugewöhnen. :beatnik:


    Zitat

    Schuld daran ist der Schlusssatz, der in seinem 6/8-Takt ein wenig an eine Jagd erinnert.


    Hmmm, sehr an den Haaren herbeigezogen... :wacky:


    Dann doch eher noch die 3. Sätze von KV 450 und KV 482...


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Zitat

    Original von Pius
    Dann doch eher noch die 3. Sätze von KV 450 und KV 482...


    8o ?( ?( ?( 8o


    Also 458, I lasse ich gerade noch so durchgehen...


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Hallo Pius,


    mir war das auch neu, aber ich habe das aus dem Naxos-Booklet geklaut.
    Und mit viel Fantasie kann man sich auch in dem Satz eine Jagd vorstellen, muss ja nicht immer ein Horn mit dabei sein... :rolleyes:



    Gruß, Peter.

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Tamino Beethoven_Moedling Banner