Georges Bizet Carmen ( Hamburg, d. 29.01.2014 )

  • Auch an diesem Abend trafen die Philharmoniker Hamburg unter der Leitung von Alexander Soddy den richtigen Orchesterklang für diese schon etlichemale heruntergeleierte Oper.
    Noch vor Jahren war es ein Gräul dieses Werk in Hamburg hören zu dürfen.
    Ich erinnere mich hier noch sehr lebhaft an Alicia Nafe und Daphne Evangelatos, für die beide der Begriff Schlaftablette fast schon ein Kompliment für deren künstlerische Leistung in der Rolle der Carmen ist.
    Zwar muß hier erwähnt werden, daß diese Aufführung nicht den ursprünglich von Bizet beabsichtigten Ton der Opera Comique traf wie wir ihn noch aus der frühen Cluytens Aufnahme kennen.
    Auch wurde die Carmen hier nicht als Kunstprodukt verstanden, als welche sie von Teresa Berganza oder Tatiana Troyanos dargestellt wurde.
    Hier wurde Carmen zu einem erlebbaren Wesen mit Fehlern, sie tanzte für Don Jose´, obwohl sie gar nicht tanzen konnte, ferner waren Castagnetten zu hören gewesen, obwohl sie gar keine in den Händen hatte.
    Dennoch war Elisabeth Kulman vom Stimmklang her eine sehr erotische Carmen, sie war nicht enervierend und zickig wie Agnes Baltsa, sondern wie man sie von Leontyne Price oder auch von Beatrice Uria-Monzen noch im Ohr hatte.
    Zudem war sie von schlanker Figur, auch wenn man in den ersten zwei Akten denken konnte hier wurde die Gage gekürzt und sie müße sich hinterher in der Süderstraße noch etwas dazu verdienen.
    In den Akten 3 und 4 durfte sie dann endlich auch mal ein Kleid tragen.
    Der Beginn des zweiten Aktes erinnerte von Tempo her sehr an die spätere Alain Lombard Aufnahme, in deren Verlauf das Tempo langsam gesteigert wurde.
    Hier unterlief Alexander Soddy leider der Fehler, daß er das Tempo zu schnell steigerte und hiermit einen größten Teil der Spannung aus der ersten Arie des zweiten Aktes nahm.
    Lauri Vasar fiel im zweiten Akt als Escamillo in seiner großen Arie leider dadurch auf, daß er gefühlos und ohne Grazie sang.
    Im dritten folgte dann der Totalausfall, immer auf der Suche nach der richtigen Tönhöhe war er ständig eine Schwebung von der Richtigen entfernt.
    Außerdem erinnerte die Stimme zunahmend an den Klang eines Leierkastens.
    Hier hätte ich mir eine Umbesetzung gewünscht, Lauri Vasar als Morales und Victor Rud als Escamillo.
    Liana Aleksanyan war als Michael uncharmant und im Forte viel zu laut und vor allen wenig differenziert.
    Nikolai Schukoff sang zwar in franzöischer Sprache aber leider mit der Manier eines italienischen Tenor, so etwas kann wie zum Beispiel in der Blumenarie oder auch im Schlußduett sehr ergreifend und auch naturalistisch wirken, trifft aber leider nicht den richtigen Tonfall für dieses Werk.
    Die von mir sehr geschätzte Melissa Petit hier als Fame Fatal Frasquita war leider eine Fehlbesetzung, wohingegen Maria Markina als Mercedes voll in ihrem Element war.
    Bei der Gebärdensprache von Victor Rud als Morales, dünne aber klangschöne Stimme, der zwar jede Frau begrapschte, konnte ich mich des Eindruckes nicht erwehren, ob er nicht vielleicht doch eher auf Männer stehen würde und das Ganze nur als Show zur Ablenkung für diese Neigung gedacht war.
    Florian Spiess vermochte als Zuniga gesanglich und darstellerisch zu überzeugen.
    Hervorragend wie immer der Chor der Staatsoper Hamburg und die Hamburger Alsterspatzen.
    Im Großen und Ganzen dank Elisabeth Kulman und dem treffend arangierten neuen Bühnenbild von Mathis Neidhardt ein gelungener Abend.

  • War das Elisabeth Kulmans erste Bühnen-Carmen? Wie war sie stimmlich und gesanglich? Kartenarie stelle ich mir besser vor als die Seguidille etwa. Frage mich ob sie dafür wirklich die stimmliche Flexibilität und Leichtigkeit hat. Die Tiefe und dunkle Farbe für die Kartenarie jedenfalls schon.

  • Ich besitze von Elisabeth Kulman ein Bühnenphoto, das sie als Carmen zeigt. Sie sang 2005 diese Rolle an der Volksoper in Wien (ich glaube, dass die Produktion auf deutsch gesungen wurde).

    Hear Me Roar!

  • Liebe La Gioconda


    Ihre gesangliche Carmendarstellung war keine, die in Anlehnung an die Opera Comique übermittelt wurde.
    Auch scheint Elisabeth Kulman anders als z. B. Marilyn Horn unter Leonard Bernstein kein Koleraturmezzo zu sein, obgleich ihre Stimme eine gewisse Beweglichkeit hatte.
    Daher wählte ich den Vergleich mit Leontyne Price, die ja auch ihre erheblichen Mühen mit Verzierungen hatte, ganz bewußt.
    Sie war erotisch, auf der Gesangsebene, ihre Stimme klang warm und angenehm, dunkel, aber kein Alt und keineswegs schrill in dramatischeren Passagen.
    Sie forcierte auch nicht.

  • Liebe La Gioconda


    Ihre gesangliche Carmendarstellung war keine, die in Anlehnung an die Opera Comique übermittelt wurde.
    Auch scheint Elisabeth Kulman anders als z. B. Marilyn Horn unter Leonard Bernstein kein Koleraturmezzo zu sein, obgleich ihre Stimme eine gewisse Beweglichkeit hatte.
    Daher wählte ich den Vergleich mit Leontyne Price, die ja auch ihre erheblichen Mühen mit Verzierungen hatte, ganz bewußt.
    Sie war erotisch, auf der Gesangsebene, ihre Stimme klang warm und angenehm, dunkel, aber kein Alt und keineswegs schrill in dramatischeren Passagen.
    Sie forcierte auch nicht.

    Hmmm - also ein wenig rauchig, aber nicht zu sehr - nicht "französisch", aber auch keine verismo-Göre.


    Naturalistisch, aber stimmlich ein wenig ungelenk?